Hexenverfolgung und Evangelien
Hallo Sophii,
Hexenverfolgung widerspricht dem Evangelium!
Dieser Meinung ist der protestantische Prediger Anton Praetorius.
Praetorius (1560-1630) argumentiert in seinem (zunächst pseudonym publizierten) „Von Zauberey vnd Zauberern Gründlicher Bericht“ damit, daß das, was man damals unter Hexerei verstand (es wurde von Heinrich Agrippa von Nettesheim in den 1533 erschienenen „De occulta philosophia libri tres“ ausführlich beschirben) auf Wahnvorstellungen, also Irrtum beruhe und nicht wirklich menschenmöglich sei. Insofern war natürlich die Folter als Bestrafung etwas, das der in den Evangelien verkündeteten Ethik widersprach.
Kennt ihr einige Beispiele für neutestamentliche Bibelstellen aus denen man eben dies herauslesen kann?
Nein. Diese Art von Hexerei wird nicht direkt thematisiert. Sie ist aber indirekt in der Praxis des Exorzismus impliziert, dessen Jesus u.a. laut Markus fähig war. Die „Besessenheit“ durch einen (Schaden zufügenden) Dämon war nicht nur Bestandteil der allen semitischen Kulturen eigenen Krankheitstheorien, sondern auch von besonderen Künsten, auf andere Menschen schädlichen Einfluß zu nehmen. Die jüdische Lilith, israelitische Nachfahrin der babylonischen Dämonin Ardat Lili, ist z.B. eine solche Dämonin.
Dagegen half aber eben der Exorzismus. Von einer Bestrafung oder gar gerichtlichen Verfolgung ist aus dieser Zeit nichts bekannt.
Die alttestamentlichen Erwähnungen von qesem qasam (Orakel praktizieren, Ezechiel 13.23), von nachasch und anan (beides = Zeichen lesen, wahrsagen, 3. Mose 19.26) und die kaschepah (Wahrsagerin, vielleicht auch Giftmischerin, 2. Mose 22.17), konnten in der europäischen Hexenverfolgung als biblische Rechtfertigung nur deshalb herangezogen werden, weil sie mit der inzwischen im Christentum entwickelten Teufelsvorstellung (Teufelspakt usw.) verbunden wurden, die es im Judentum jedoch nie gab.
Gruß
Metapher