Wer wird mich zu meiner Beerdigung begleiten?

Hallo, Jenny und Barney,

ich mag sie halt manchmal doch sehr, die „Innerösitanischen“!

Fritz

MoinMoin, Ralf:smile:

Er is umegstandn - Er ist hinüber gestanden

Umstehen heißt schlecht werden, verderben: D’ Müich is
umgschtandn.

Da mögen sich zwei wörter aufs schönste miteinander verbunden haben…*lach*

umstehen: b) umkommen, zu grunde gehn, verderben; von menschen wie ‚sterben‘: weilen schon fünff wochen (her ist), dasz kein mensch bey uns umkommen oder umgestanden ist ABELE V. (lt. Grimm)

und *ume* oder *umi* : hinüber…
Also wenn du so willst, ein weisser schimmel:smile:, oder eine bestärkung!

Wir Ösitanier unterscheiden sehr genau zwischen *umkommen* und *ume(a,i)kommen* und eben auch zwischen *umstehen* und *uma(e,i)stehen* (nicht zu verwechseln mit *umadumstehen*lach*)

lieben gruss aus Wien, jenny

http://www.janko.at/Wienerisch/Artikel/eristgestorbe…

da erlaubt sich ein Deutsch-Deutscher eine kleine Mängelrüge:

Ralf hat recht, Jankos Erklärungen sind allerdings bissel lückenhaft, stellenweise auch nicht ganz richtig – paar ergänzende Anmerkungen, ich bin so frei:

„Er hat a Bankl grissn,“ Er ist gestorben [Etymologie?]
wahrscheinlich von mhd. banc = Erhöhung, Hügel. Wer gestorben ist, hat also einen (Grab-)Hügel „gerissen“ = ergattert, sich zu eigen gemacht. (vgl. „ein Mädel _auf_reißen“, „ein Leiberl reißen“)

„Er hat die Stufn packt,“ Er hat die Stufe genommen
stimmt nicht, der Ausdruck „Stufe“ wird im Österreichischen in dieser Bedeutung überhaupt nicht verwendet, man sagt „Stiege“ für beiderlei: Stufe sowie Treppe.

„Er hat se d’ Schleifn gebn,“ Gemeint ist die Schleife auf dem Kranz, der das Grab ziert.
ist Unsinn, „Schleif’n“ ist umgangssprachlich für „Endstation“
wo die Tramway = (früher Pferde-)Straßenbahn in einer Schleife umkehrt. Vor jedem der unzähligen Wiener Friedhöfe am Stadtrand (Neustifter-, Sieveringer-, Döblinger-, Grinzinger-, Zentralfriedhof u.v.a.) lag bzw. liegt heute noch eine Straßenbahn-Endstation. Daher hat die Schleif’n auch ihre spezifische Bedeutung „Endstation Friedhof“

„Er hat den Huaf angsagt,“ [Etymologie? Kartenspiel?]
da hat er recht, der „Huaf“ ist der letzte Stich (bzw. Ablegen der letzten Karte?) (Ultimo) bei irgendeinem Kartenspiel, beim Präferanzen glaub ich.

Neuwirth hat übrigens längst nicht alle wienerischen Redensarten für „sterben“ in seinem Text verwendet, z.B.
„in die Anser-Panier schmeißen“ (=„in Schale werfen“) Einser-Panier = der beste (Sonntags-)Anzug den der Tote zur Beerdigung „anzieht“
„a Brezen reißen“ bildhaft für die bei der Aufbahrung bzw. im Sarg brezelförmig über die Brust gelegten Arme des Toten
„in Gatsch hupfen“ Gatsch = (Erd-)Matsch
usw. usw… _Morituri salutant! :wink: _

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Servus, Michael:smile:

da erlaubt sich ein Deutsch-Deutscher eine kleine Mängelrüge:

Ralf hat recht, Jankos Erklärungen sind allerdings bissel
lückenhaft

was er ja auch zugibt…aber vor allem *hatschen* die hochdeutschen erklärungen m.E. ordentlich! Ich wollte Ralf ja auch keineswegs widersprechen…*lach*

ist Unsinn, „Schleif’n“ ist umgangssprachlich für „Endstation“
wo die Tramway

Hochinteressant und vor allem sehr einleuchtend für eine Wienerin…*lach*

beim
Präferanzen glaub ich.

Beim Tarockieren:smile:
Huafvalat bedeutet alledings *mittlerweile schlecht zu fuss - nach langem hatschen*

Neuwirth hat übrigens längst nicht alle wienerischen
Redensarten für „sterben“ in seinem Text verwendet, z.B.
„in die Anser-Panier schmeißen“ (=„in Schale werfen“)
Einser-Panier = der beste (Sonntags-)Anzug den der Tote zur
Beerdigung „anzieht“
„a Brezen reißen“ bildhaft für die bei der Aufbahrung bzw. im
Sarg brezelförmig über die Brust gelegten Arme des Toten
„in Gatsch hupfen“ Gatsch = (Erd-)Matsch
usw. usw… _Morituri salutant! :wink: _

Hätte ich jetzt zeit, liessen sich sicher noch andere finden… da samma wödmasta:smile:
liebeng russ aus dem bunker, jenny

Seawas Fritz!

Heute habe ich in einem Gedichtband geschmökert:
„Hawedeare“ von Herbert Pirker, ISBN 3-85308-092-8 Buch anschauen

Und daselbst fanden sich zwei zum Thema passende Gedichte:

zenträu

wos mas sea schdiad
aum zenträu
des san de bompfinewara
de ollaweu so a draurigs gsichd mochn
owa nua
weu s dafua a geaschdl griagn

wos mas no mea schdiad
aum zenträu
des san de auto
de duatn einefoan diafn
weu de graxn so schdingn
und weu s in fridn schdean
wo des do a fridhof is

wos mas aum meisdn schdiad
aum zenträu
des is
dass duatn no so vü bloz is

zweites doa

a eangrob aum zenträu
des waa wos
a eangrob aum zenträu
do muasd is gaunze lem drau oaweitn
a eangrob aum zenträu
davo kaunsd nua drama
a eangrob aum zenträu
des haum nua gaunz wenige
owa ans muas da gloa sei
waunsd amoe drin bisd
im eangrob aum zenträu
de wiam
mochn kan untaschid

Hier folgen die Übersetzungen:

Zentral

Was mich sehr ärgert
Am Zentral
Das sind die Leichenbestatter
Die immer so ein trauriges Gesicht machen
Aber nur
Weil sie dafür Geld bekommen

Was mich noch mehr ärgert
Am Zentral
Das sind die Autos
Die dort hineinfahren dürfen
Weil die Vehikel so stinken
Und weil sie den Frieden stören
Obwohl das doch ein Friedhof ist

Was mich am meisten ärgert
Am Zentral
Das ist
Daß dort noch so viel Platz ist

Zweites Tor

Ein Ehrengrab am Zentral
Das wär’ etwas
Ein Ehrengrab am Zentral
Da mußt du das ganze Leben dran arbeiten
Ein Ehrengrab am Zentral
Davon kannst du nur träumen
Ein Ehrengrab am Zentral
Das haben nur ganz wenige
Aber eines muß dir klar sein
Wenn du einmal drin bist
im Ehrengrab am Zentral
die Würmer
machen keinen Unterschied

Zur Erläuterung:
Der „Zentral“ (Zenträu) ist das Kurzwort für den Zentralfriedhof, den größten Friedhof Wiens (größer als die Innenstadt!).
Er ist von einer Mauer umgeben und hat mehrere Tore.
Das zweite Tor führt zu den Ehrengräbern und zur Friedhofskirche (Secessionistischer Stil, Dr. Karl Lueger Gedächtnis-Kirche).

Pfiati
Barney

„a Brezen reißen“ bildhaft für die bei der Aufbahrung bzw. im
Sarg brezelförmig über die Brust gelegten Arme des Toten

Interessant. ich kannte den Ausdruck für „einen unfall haben“ (speziell unter motorradfahrern), nicht unbedingt mit tödlichem Ausgang.

Livia

büdeln
Falls irgendwer wissen will, wie es am *Zenträu* ausschaut:
http://images.google.at/images?q=zentralfriedhof%20&…

-)

jenny

Falls irgendwer wissen will, wie es am *Zenträu* ausschaut:

Und falls irgendwer wissen will, wie es dort zugeht, empfehle ich „Es lebe der Zentralfriedhof“ von Wolfgang Ambros (ehemals Sänger, nunmehr „Austropopper“). War seinerzeit (1974?) ein Geburtstagsständchen zum 100. Geburtstag vom Zentralfriedhof.

Text:
Es lebe der Zentralfriedhof, und olle seine Toten.
Der Eintritt is’ für Lebende heit’ ausnahmslos verboten,
weü da Tod a Fest heit’ gibt die gonze lange Nocht,
und von die Gäst’ ka anziger a Eintrittskort’n braucht.

Wann’s Nocht wird über Simmering, kummt Leben in die Toten,
und drüb’n beim Krematorium tan’s Knochenmork ohbrot’n.
Dort hinten bei der Marmorgruft, durt stengan zwa Skelette,
die stess’n mit zwa Urnen on und saufen um die Wette.

Am Zentralfriedhof is’ Stimmung, wia’s sei Lebtoch no net wor,
weu olle Tot’n feiern heite seine erscht’n hundert Johr’.

Es lebe der Zentralfriedhof, und seine Jubilare.
Sie lieg’n und sie verfeul’n scho durt seit über hundert Jahre.
Drauß’t is’ koit und drunt’ is’ worm, nur monchmol a bissel feucht,
A-wann ma so drunt’ liegt, freut man sich, wenn’s Grablaternderl
leucht’.

Es lebe der Zentralfriedhof, die Szene wirkt makaber.
Die Pforrer tanz’n mit die Hur’n, und Juden mit Araber.
Heit san olle wieder lustich, heit lebt ollas auf,
im Mausoleum spü’t a Band, die hot an Wohnsinnshammer d’rauf.
(Happy Birthday! Happy Birthday! Happy Birthday!)

Am Zentralfriedhof is’ Stimmung, wia’s sei Lebtoch no net wor,
weu olle Tot’n feiern heite seine erscht’n hundert Johr’.
(Happy Birthday! Happy Birthday!)
Es lebe der Zentralfriedhof, auf amoi mocht’s an Schnoiza,
da Moser singt’s Fiakerliad, und die Schrammeln spü’n an Woiza.

Auf amoi is’ die Musi stü, und olle Augen glänz’n,
weu dort drü’m steht da Knoch’nmonn und winkt mit seiner Sens’n.
Am Zentralfriedhof is’ Stimmung, wia’s sei Lebtoch no net wor,
weu olle Tot’n feiern heite seine erscht’n hundert Johr’.

Livia

Hallo Livia

„a Brezen reißen“ bildhaft für die bei der Aufbahrung bzw. im
Sarg brezelförmig über die Brust gelegten Arme des Toten

Interessant. ich kannte den Ausdruck für „einen unfall haben“
(speziell unter motorradfahrern), nicht unbedingt mit
tödlichem Ausgang.

ja, auch Rad- oder Skifahrer „reißn a Brezn“, sie stürzen mehr oder weniger spektakulär.

Seawas
Barney

Falls irgendwer wissen will, wie es am *Zenträu* ausschaut:
http://images.google.at/images?q=zentralfriedhof%20&…

-)

jenny

Seawas Jenny :wink:)

Gute Idee, aber da haben sich doch glatt ein paar Links nach Graz eingeschlichen. Die Google-Suche muß man also noch auf Wien einschränken.
Weu es kaun nur aan Zenträu gebm!!!

Pfiati
Barney

Liebe Leute,
Ja meine lieben Wiener Freunde, meint ihr nicht, ihr habt jetzt euere Morbidität genügend zur Schau gestellt. Geht doch lieber Tauben vergiften im Park!
Mir gruselts, mir gruselts! :smile:

Servas
Eckard

Servas, eckard!

Ja meine lieben Wiener Freunde, meint ihr nicht, ihr habt
jetzt euere Morbidität genügend zur Schau gestellt. Geht doch
lieber Tauben vergiften im Park!
Mir gruselts, mir gruselts! :smile:

a geh! Irgendwann dawischts an jeden. Mia san wenigstens vuabereitet. :wink:

Livia

a geh! Irgendwann dawischts an jeden. Mia san wenigstens
vuabereitet. :wink:

Na, dann, Liebe Livia,
wünsch ich dir halt „a schene Leich!“ (-:

Ich bin von dieser Mobidität (die einen nicht gerade geringen Teil des „Wiener Charmes“ ausmacht) ebenso fasziniert wie abgestossen. Woher kommt dieses Faszinosum des Grauens, diese Freude am im Halse steckenbleibenden Lachen, dieses Spiel mit der Tristesse, gerade in der Wiener Volksseele? Kann man da etwas dazu nachlesen?

Gruß
Eckard

Ich bin von dieser Mobidität (die einen nicht gerade geringen
Teil des „Wiener Charmes“ ausmacht) ebenso fasziniert wie
abgestossen. Woher kommt dieses Faszinosum des Grauens, diese
Freude am im Halse steckenbleibenden Lachen, dieses Spiel mit
der Tristesse, gerade in der Wiener Volksseele? Kann man da
etwas dazu nachlesen?

Hmm, ich denke, es ist halt einfach gewachsen. Genauso stehen z.B. wir Ost-Baiuwaren dem alemannischen Faschingstreiben mit Kopfschütteln und Unverständnis gegenüber. Es gibt zwar in der Zwischenzeit auch sogar einen Faschingsumzug in Wien, der wird aber von der Wiener Wirtschaft veranstaltet und ist im Wesentlichen ein Werbefeldzug. Die Wiener (mit Ausnahme der bezahlten Teilnehmer) stehen daneben und schauen sich das an. Aber vielen (und mir) mutet diese organisierte Fröhlichkeit inklusive Schunkelorgien einfach fremdartig und ein bisschen abartig an. Wie kann man auf Befehl fröhlich sein?

Wir haben auch starke Einflüsse aus slawischen Ländern, vielleicht spielt das mit bei unserer Neigung zur Melancholie (und zum Granteln). Und wir sind katholisch: Das diesseitige Leben ist voll Sünde und Leid, man kann nur auf das jenseitige hoffen. Und dann ist da noch ein starker jüdischer Einfluss. Vielleicht spielt der auch irgendwie mit. Ich hab ehrlich keine Ahnung.

Naja, und schließlich ist es natürlich ein Vorurteil, und durchaus nicht alle WienerInnen sind so gepolt. Es gibt auch schunkelnde WienerInnen, die dem Thema Tod großräumig ausweichen.

Was ich weiß: Der Zenträu wurde aus sanitären Gründen gebaut: Wien ist ja auch aus vielen Dörfern zusammengewachsen. Die vielen kleinen Friedhöfe rund um die jeweilige Dorfkirchen verseuchten oft das Grundwasser der Gegend. Also verlegte man die Leichen in eine Gegend damals noch vor den Toren Wiens mit geeignetem Boden und ließ nur wenige, bereits auf geeignetem Boden liegende andere Friedhöfe stehen. Deshalb hat er auch einen für Friedhöfe unüblichen eindeutigen Gründungstag.

Livia

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Moin, Eckard,

Mir gruselts, mir gruselts! :smile:

warum denn das? Sterben kann nicht so schlimm sein, sonst würden’s doch nicht so viele Leute tun! (© nicht by mir, sondern by Fredl Fesl).

Gruß Ralf

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Ich bin von dieser Mobidität (die einen nicht gerade geringen
Teil des „Wiener Charmes“ ausmacht) ebenso fasziniert wie
abgestossen. Woher kommt dieses Faszinosum des Grauens, diese
Freude am im Halse steckenbleibenden Lachen, dieses Spiel mit
der Tristesse, gerade in der Wiener Volksseele? Kann man da
etwas dazu nachlesen?

Erwin Ringels tiefenpsychologischer Erklärungsversuch in seinem Opus Magnum „Die österreichische Seele“ http://www.buechertreff.net/topic,2493.html löste bei seinem Erscheinen heftige (kontroverse) Resonanzen aus

über den Wiener „Zenträu“ gibts übrigens eine geläufige Redensart,
zitiert z.B. in dieser WDR-Sendung:
Wien hält den Rekord an Witwen […] Der Volksmund sagt „Der Wiener Zentralfriedhof ist zwar nur halb so groß wie Zürich, aber doppelt so lustig.“ Die Gräber sind hier mit dem städtischen Bus zu erreichen und es geht der Spruch: „Gehen wir Männer begießen am Zentral.“
(Peter Miroschnikoff in „Die lustigen Witwen von Wien“ /WDR 11/03)

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Männer begießen

Die Gräber sind hier mit
dem städtischen Bus zu erreichen und es geht der Spruch:
„Gehen wir Männer begießen am Zentral.“
(Peter Miroschnikoff in „Die lustigen Witwen von Wien“ /WDR
11/03)

Da fällt mir doch spontan die Anekdote ein, die der Herr des Bestattungsmuseums (ja, auch so etwas gibt es in Wien) bei der Führung erzählt hat:

Bei der Beerdigung von Heinz Conrads (sehr beliebter Schauspieler und vor allem Radio- und Fernsehmoderator) zog ein endloser, dichtgedrängter Trauerzug durch den Friedhof. Am Rande stand eine alte Dame, die eigentlich das Grab ihres Mannes besuchen und dort die Blumen gießen wollte, aber durch die Menge einfach nicht durchdringen konnte. Ihr Kommentar: „Na, er wird’s überleben.“

Livia

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ja, auch Rad- oder Skifahrer „reißn a Brezn“, sie stürzen mehr
oder weniger spektakulär.

auch recht illustrativ: „an Stern reißen“ lt. P.Wehle „mit sternförmig von sich gestreckten Gliedern daliegen“ (ich glaub ja eher der „Stern“ kommt vom Funkenschlagen beim aufbrezeln :wink:
„auf de Pfeif’n haun“ = aufs Maul fliegen
oder der Evergreen „an Fritzelack reißen“ nach einem w-w-w-MOD einer ehemals an jeder Greißlerei (=Gemischtwarenhandlung) allgegenwärtigen Email-Reklametafel: http://home.t-online.de/home/Reklameschilder/Suche/F…