Werkverträge z. B. bei Tönnies

Hallo

Kann mir mal jemand kurz erklären, wieso diese Werkverträge eigentlich legal sind, obwohl es sich ganz offensichtlich um Scheinselbständigkeit handelt?

Oder ist Scheinselbständigkeit nicht mehr illegal?

Viele Grüße

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Oh nein!

Die Schlachthöfe kaufen die Leistung „Schlachte 10.000 Schweine“ von einem Unternehmen ein.
Dieses Unternehmen ist der Werkvertragsnehmer, also der Vertragspartner des Schlachthofes.

Und dieser Werkvertragsnehmer, der z.B. in Bulgarien seinen Firmensitz hat, entsendet nun seine Arbeitnehmer nach Deutschland, damit diese dann den Vertrag erfüllen.

Deshalb konnte der Tönnies ja gar nicht wissen, wer da eigentlich für ihn arbeitet, wo die Leute wohnen und wie es um deren Gesundheit steht.

Nachtrag: Der letzte Satz war ironisch gemeint.

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ein osteuropäischer unternehmer schließt einen werkvertrag mit einem deutschen unternehmer ab. leistung: material- und/oder personallieferung. das material produziert er vielleicht selbst oder kauft es zu, mit dem personal schließt er arbeitsverträge.

der osteuropäische unternehmer schließt werkvertäge mit mehreren unternehmen ab.

da ist nichts mit scheinselbständigkeit im spiel.

pasquino

sicherlich stehen jeden morgen 7000 mitarbeiter vor den toren, und werden dann unkontrolliert reingelassen, wenn irgendwo ein arbeitsplatz frei.

selbstverständlich haben unternehmen dieser ordnung personaldaten von jeder person, die das betriebsgelände betritt. mag sein, dass manche mit gefälschten unterlagen zutritt hatten. ändert aber nichts daran, dass tönnies die ermitlungen der behörden durch verzögerte oder abgelehnte herausgabe der daten massiv behindert und verzögert hat.

pasquino

Wenn es nach der SPD geht, stehen ab nächster Woche keine 7000 Mitarbeiter mehr vor den Pforten, sondern der Betrieb schließt und die Fleischproduktion findet im Ausland statt. Die Arbeitsbedingungen und Löhne der 7000 Mitarbeiter werden davon nicht profitieren.

Ja, das ist das Totschlagargument in den letzten Jahrzehnten. Es gibt nur den Haken, dass das schlicht Blödsinn ist. Man kann das sehr leicht durch die Pflicht zur Herkunftskennzeichnung verhindern. Natürlich nicht zum aktuellen Preis. Und auch nur wenn man will. Und wenn die Kundschaft will.

Worin besteht eigentlich der Sinn, angeblich deutsche Arbeitsplätze zu sichern, die dann ausschließlich von ausländischen Betrieben mit ausländischen Arbeitern bei Hungerlöhnen und ausbeuterischen Mietverhältnissen besetzt sind?

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Selbstverständlich haben sie das nicht. Sind nämlich nicht ihre Angestellten. Und Wissen würde Verantwortung bedeuten. Wegsehen ist erheblich einfacher und sicherer. Für den Auftraggeber und die angeblich aufsichtführenden Ämter und Behörden.

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Wobei die Kundschaft wild auf billige Schnitzel ist… Teure Schnitzel werden kaum nachgefragt.

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So ist es. Weshalb die ganze Diskussion mächtig scheinheilig ist.

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Hallo,

in der Vergangenheit haben eher Schlachthöfe in Ländern dichtgemacht, die an D grenzen, da es billiger war, zB dänisches, niederländisches oder französisches Fleisch nach D zu karren und hier zu schlachten.
Deutschland ist in Sachen Fleischverarbeitung innerhalb der EU ein ausgesprochenes Billiglohnland - und zwar seit mehreren Jahrzehnten.
Und die Mißstände sind genauso alt und genauso lange bekannt. Da war immer schon verschärftes Wegschauen und konzentriertes Nichtkontrollieren der Aufsichtsbehörden notwendig, damit das Ausbeutungsmodell überhaupt funktionieren kann.

Alberca

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Naja, dann kauft man eben einen Lockdown mit… bezahlt halt jemand anderes für.

Aber bevor die Schweinerei im Ausland stattfindet sehen wir lieber weg und retten doitsche Arrrrbeitsplätze!

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Ein starker Industriezweig, insbesondere die Zucht und Schlachtung von Schweinen und Hühnern. Warum soll man ohne Not einen starken Industriezweig kaputt machen?

Dass die Arbeitsbedingungen wohl nicht die besten sind, will ich aber nicht bestreiten. Moderates Eingreifen mit schrittweiser Verbesserung, ohne Überforderung der Betriebe, das würde sowohl den Beschäftigten als auch der Branche helfen.

Ich bin mir nicht so sicher, ob man das so schnell abtun kann.

Ich würde - angenommen, ich käufte mir überhaupt ein Schnitzel - entweder eins kaufen, bei dem ich hinfahren und gucken könnte, wie seine noch lebenden Verwandten untergebracht sind, oder vielleicht auch ein Wildschweinschnitzel, oder, wenn ich keine Zeit und/oder Geld dafür hätte, eben doch das billigste, weil ich bei den anderen teureren Schnitzeln einfach nicht wüsste, ob da nicht nur die Gewinnmarge höher ist.

Aber wie gesagt, ich bin mir nicht sicher.

Ansonsten, kann es nicht auch sein, dass die meisten Leute, die teurere Schnitzel kaufen würden, es vorziehen, gar keine zu kaufen?

Wie so oft ist Schnelligkeit und reflexhaftes Handeln nicht zielführend. Es handelt sich um ein hochkomplexes Thema, das man nicht mal eben mit „wir machen die Buden zu“, „die haben sich nicht an Regeln gehalten und Kohle auf Rücksicht der Menschen und Tiere gescheffelt“ und „auch da müssen deutsche Standards eingehalten werden“ final abarbeiten kann.

Die 7000 Leute haben in 1300 Wohnungen gewohnt. Macht in etwa 5,5 Menschen in einer Wohnung, die wahrscheinlich nicht 100 Quadratmeter haben wird. Ist das eng? Ja, wahrscheinlich. Haben die Menschen in Bulgarien und Rumänien komfortabler gelebt? Wahrscheinlich nicht. Geht es den Leuten und deren Familien im Ausland wirtschaftlich hier besser, als wenn sie in ihren Heimatländern geblieben wären? Wahrscheinlich schon. Wären die Infektionen ausgeblieben, wenn man die Leute in Einzelzimmern untergebracht hätte? Wahrscheinlich nicht, weil die im Ausland sind, kaum deutsch sprechen und es sich weder leisten können noch wollen, in der Kneipe zusammen zu hocken. Stattdessen hätte man sich reihum in den Einzelzimmern mit sechs oder zehn Mann getroffen und das getan, was man halt so macht: quatschen, trinken, fernsehen. Hätten sich die Leute Einzelzimmer leisten wollen? Wahrscheinlich auch nicht.

Was für eine Tierwirtschaft will man stattdessen? 15 Quadratmeter, Küche, Diele, Bad für jedes Rind und Schwein? Gerne. Ist bestimmt auch artgerechter. Nur braucht man dafür viel mehr Fläche. Mal abgesehen davon, daß das Geld kostet: die Fläche gibts hier gar nicht. Es hat schon seine Gründe, warum die Fleischindustrie in Niedersachsen und im Münsterland so wichtig ist: Land ist dort billig. Aber nicht so billig, daß man da Farmgrößen wie in Brasilien bezahlen könnte. Also werden ein paar dann ein göttliches Leben in Deutschland führen und für die Masse werden die Viecher dann zukünftig billig in Brasilien gezüchtet und von brasilianischen Indios zerhackt.

Das bringt dann natürlich ein paar Landwirte und Fabriken in Deutschland in Schwierigkeiten, die bislang das Futter für die Masthöfe produzierten. Aber dafür entstehen dann in Brasilien viele landwirtschaftliche Betriebe im ehemaligen Regenwald - neben den Farmen für den deutschen Bedarf.

Natürlich könnten die Deutschen auch zum Großteil Vegetarier werden. Dafür braucht man natürlich auch wieder Flächen, weil die Menschen ja nicht das gleiche essen wie die Tiere, die nun nicht mehr gefüttert werden müssen. Ob man am Ende mehr oder weniger Fläche braucht…? Keine Ahnung. Wahrscheinlich weniger.

Der Punkt ist aber folgender: ja, wir Menschen können uns nachhaltiger ernähren. Das kostet Geld und ggfs. auch Zeit und den Willen zu Veränderung. Aber das ist gar nicht das eigentliche Thema. Das eigentliche Thema ist, daß es zu viele Menschen gibt. In Deutschland und auf der Welt. Man kann 8 Milliarden Menschen nicht nachhaltig und am besten noch regional und ohne Pflanzenschutzmittel und Dünger ernähren.

Und wenn wir nicht auf die Hälfte oder zwei Drittel der Menschen verzichten wollen, dann wird jemand den Preis dafür bezahlen müssen: die Rumänen, die Tiere, das Grundwasser, die Umwelt im allgemeinen usw. usf.

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Ich kaufe teure Schnitzel, vom Kalb, manchmal auch vom Schwein. Manchmal kaufe ich auch billige (abgepackt beim Discounter) Schnitzel, aber eher selten. Aber ums Verrecken würde ich nicht auf das Kaufen von Schnitzeln verzichten, denn ich bin süchtig nach dem Zeug… (habe ich gerade irgendwie komisch doppelt verneint?)

Vielleicht weil er gerade eine ganze Region an den Rande des Lockdowns und in die Quarantäne bringt?

Vielleicht weil die industrielle Tierhaltung für einen enormen Eintrag an Antibiotika in die Umwelt verantwortlich ist und damit auch dafür, dass uns beim Menschen immer mehr Antibiotika als „wirkungslos“ verloren gehen?

Der „starke Industriezweig“ ist vor allem darin stark Kosten zu externalisieren,

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Von der Schädlichkeit der zu vielen Antibiotika weiß ich noch länger als vom Klimawandel, und ich glaube kaum, dass ich irgendwann in meinem Leben ungewöhnlich gut informiert war. - Das ist mindestens 35 Jahre her, und irgendwie tut sich da nichts Wesentliches. Die Resistenzen werden offensichtlich in Kauf genommen, ebenso wie der Klimawandel.

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Das wird halt nicht als Problem wahrgenommen und wenn ich dafür billich Schnitzel bekomme, was stört es mich, wenn das Gesundheitswesen teurer wird?

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Mit Scheinselbstständigkeit hat das nichts zu tun, das wäre dann der Fall, wenn jeder einzelne Arbeiter sich als Selbständiger deklariert und dem Schlachtbetrieb seine Dienste verkauft, tatsächlich aber in die Betriebsabläufe voll eingebunden ist und dem Personal des Schlachtbetriebs gegenüber weisungsgebunden ist. Hier geht es eventuell darum, ob ein echter Werkvertrag vorliegt oder ob es verdeckte Leiharbeit ist. Auch hier sind die Einbindung in die Abläufe und Weisungsbindung entscheidende Kriterien. Da scheinen sich die Firmen aber abgesichert zu haben, z.B. indem auch die Vorarbeiter von der Werkvertragfirma kommen. Ob die Arbeiter bei Leiharbeit besser gestellt wären und ob sie das überhaupt wollen, ist eine andere Frage. Als Leiharbeiter hat man z.B. unter Umständen einen Anspruch auf Übernahme in ein festes Arbeitsverhältnis.

Genau.
Und es wird enger.
Die Entwicklung eines neuen Antibiotikums ist ähnlich der eines neuen Impfstoffes- sie dauert sehr lange, eigentlich noch länger.
Ausserdem wird nicht ausreichend geforscht, weil sich das materiell weit weniger lohnt, als die Forschung an anderen Mitteln.
Gewarnt wird von Fachseite bis hin zur WHO zunehmend dringlich.

Genauso, wie vorhergesagt worden war, dass die nächste Pandemie irgendwo zwischen um die Ecke und am Stadtrand auf uns wartet, wird vorher gesagt, dass dieses Problem auf uns wartet.
Leider hat man dem Menschen mit dem sogenannten freien Willen auch die Selbstverantwortung gegeben…

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