Wie grau ist 'gritzegrau'?

Hallo,

da benutze ich ein Wort, weiß weder seinen Ursprung zu
erklären, noch kenne ich seine wirkliche Bedeutung.

Wie grau ist „gritzegrau“ und woher stammt dieses Wort?
Schreibe ich es, wie es üblicherweise geschrieben werden könnte?

Darüber lass ich mir aber keine grauen Haare wachsen,
darüber nicht.

LG,
Karin

Wie grau ist „gritzegrau“ und woher stammt dieses Wort?

Ich kenne das Wort auch nicht, aber es ist vermutlich so grau wie klitzeklein klein ist.

Aus dem Türkischen kenne ich auch noch Verstärkungen von Adjektiven:
mavi (blau) wird zu masmavi,
bos (leer [das s wie sch gesprochen]) zu bombos,
beyaz (weiß) zu bembeyaz,
pembe (rot) zu pespembe)

  • das Prinzip ist immer das Gleiche. Aber gibt’s noch mehr Beispiele im Deutschen?
    Und wie sagt der/die Sprachwissenschaftler/in dazu?

Bernhard

Wie grau ist „gritzegrau“ und woher stammt dieses Wort?

Hallo, Bernhard,
ich denke auch, dass es sich bei dieser Bildung um eine Verstärkung handelt. Möglicherweise spielt „Greis“ eine Rolle als „Pate“ für das „gritze-“. Auch möglich ist eine Verbalhornung von franz. „gris“.
Gruß
Eckard

Hoi, Eckard,
ich meine, du bist auf dem rechten Weg!

Der Griesfuchs z. B. und:

_GRIESIG, adj., furchtbar, seltene seitenform zu 1grieselich (s. d.):

grade so garstig,
griesig und grau
R. WAGNER 6, 133;_

und

_ GRIESELICH , adj., sprenkelig, graumeliert; wesentlich obd.: grieselicht zweifarbig, gesprenkelt, von thieren REINWALD henneberg. 2, 55; grieslig, grieselt mischfärbig, buntfärbig UNGER-KHULL 307a; auf einem grawen odder gryselten rosz sitzende SEB. FRANCK beschr. der Türkei (1530) H 1a; grieselt (pferde) und viel weiszes drunter gemengt sind freudig COLERUS hausbuch 243; dazu substantivisch g r i e s e l , m., pferd, das weder scheck noch schimmel ist, aber haare gemischter farbe (schwarz bis rot) hat UNGER-KHULL 307a; grisla, f., kuh mit grau und weisz gemischten haaren BÜHLER Davos 2, 5; weiteres s. unter greisig sp. 92 und 1greis 2 sp. 65, wo zur erklärung des vocals wortvermengung angenommen wird; ist an grieszelich (s. u.) zu denken?_

lässt sich hier noch danebenstellen!

Und natürlich des Gehiemrats „Hauptgeschäft“:

_Mephistopheles: …

Glückzu! den schönen Fraun, den klugen Greisen.

Greif (schnarrend),
NIcht Greisen! Greifen! - NIemand hört es gern,
Daß man ihn Greis nennt. Jedem Worte klingt
Der Ursprung nach, wo es sich her bedingt:
Grau, grämlich, greisgram, greulich, Gräber, grimmig,
Etymologisch gleicherweise stimmig,
Verstimmet uns.

Faust 7092 - 7098_

Scheene Grieß aa and´Karin!

Fritz

Hoi, Eckard,
ich meine, du bist auf dem rechten Weg!

Holla, Fritz,
und nun komme ich Dir auch noch mit dem „Kluge“:

gries Adj »grau«per. reg. (19.Jh.). Wohl entlehnt aus dem frz gris (sic!); es kommt auch eine mundartliche (nicht diphtongierte) Form von obd. Greis in Frage.

… un isch sach noch!
Eckard

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… un isch sach noch!

Sach ich doch ooch, bester Eckard!

Den * sollst du haben!
Fritz

Blitzeblank
Hallo Eckard,

meine Vermutung ging eher in eine andere Richtung: Bei dieser Art der Verstärkung von Adjektiven (gritzegrau / klitzeklein) wird vor das eigentliche Adjektiv ein Präfix gesetzt, welches
a) mit den gleichen konsonanten anlautet und
b) zumindest hier mit -itze- weitergeht.
Dieses Präfix muss nicht unbedingt einen Sinn geben - ich habe auf die analoge Bildung von Adjektivverstärkungen im Türkischen verwiesen, wo man auch vergeblich nach dem Sinn dieser Vorsilben sucht.
Bei manchen dieser verstärkten Adjektive lässt sich in der Verstärkung noch ein Sinn zusammenreimen („blitzeblank“ - aber auch hier habe ich meine Zweifel, ob tatsächlich der Blitz dahintersteckt oder eine wie auch immer geartete Regel, die ich oben versucht habe zu umreissen).
Es würde mich daher freuen, wenn wir durch vereintes WWW-Brainstorming mal ähnliche Adjektive zusammenstellen, und dann schauen, ob tatsächlich eine Regel dahintersteckt.

Bernhard

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Also dann, Bernhard!

Es würde mich daher freuen, wenn wir durch vereintes
WWW-Brainstorming mal ähnliche Adjektive zusammenstellen, und
dann schauen, ob tatsächlich eine Regel dahintersteckt.

  1. gritzegrau
  2. blitzeblank
  3. klitzeklein
  4. ratzeputz
  5. ratzfatz
  6. picobello
  7. hackedicht

Sind die akzeptabel?

Fritz

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Ritschratsch!
Hallo Fritz,

schön, dass du um diese Zeit noch mit dabei bist.

Einige deiner Beispiele geben Anlass zum Weiterspinnen, auch wenn sie nicht der von mir vermuteten Regel enstprechen. (Bei picobello würde ich eher mal die Romanisten fragen und bei hackedicht ist sicher auch eine andere Wortbildung dabei.)

Aber mir vielen noch Wörter ein wie
Plitschplatsch
Plitzplatz
Ritzeratze bzw. Ritscheratsche

Soweit für heute, mal schauen, wie wir weiterkommen.

Bernhard

meine Vermutung ging eher in eine andere Richtung: Bei dieser
Art der Verstärkung von Adjektiven (gritzegrau / klitzeklein)
wird vor das eigentliche Adjektiv ein Präfix gesetzt, welches
a) mit den gleichen konsonanten anlautet und
b) zumindest hier mit -itze- weitergeht.
Dieses Präfix muss nicht unbedingt einen Sinn geben

In diesem Sinne kann ich aus dem Pfälzischen noch das
-ritzerot (im Sinne von „sehr“, „besonders“)
und das
-blitzeblau ("Ich schlag dich b.)
beifügen.
Gruss
Volker

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Fortsetzung (Nr. 8 bis Nr. 21)
Ich häng’ mich hier dran, Fritz,

damit es nicht so verzettelt!

Es würde mich daher freuen, wenn wir durch vereintes
WWW-Brainstorming mal ähnliche Adjektive zusammenstellen, und
dann schauen, ob tatsächlich eine Regel dahintersteckt.

  1. gritzegrau
  2. blitzeblank
  3. klitzeklein
  4. ratzeputz
  5. ratzfatz
  6. picobello
  7. hackedicht

…8. ruckzuck
…9. grasgrün -->Sprechtest f. Schwaben *agrasgreaagschtrichesgardedeerle*
10. sonnengelb
11. nebelgrau
12. kornblumenblau 13. preußischblau

  1. himmelblau
  2. nachtschwarz
  3. erdbraun
  4. schneeweiß
  5. rosenrot *Assoziation wegen 17.*
  6. feuerrot
  7. knallgelb
  8. knallrot

Was Brauchbares dabei?

Gruß Gudrun

Was Brauchbares dabei?

Ich bin nicht mit allen einverstanden.

Die meisten, die du, Gudrun, nun anfügtest, erfüllen die meiner Ansicht nach gestellten Fordeungen nicht.

Du hast zwar „durch Vergleichswörter gesteigerte Adjektive“ genannt, also solche, bnei denen die „stärkere“ Bedeutung nicht durch Komparativ oder Superlativ oder Elativ ausgedrückt wurd, sondern durch Verbindung mit einem Vergleichswort.

Beispiel:

Ich bin klug. (Grundform, Positiv)

Steigerungen:

Du bist klüger. (Komparativ)
Du bist die Klügste. (Superlativ)
Dub bist sehr / außerordentlich / besonders klug. (Elativ)
Du bist klug wie eine Schlange. ([biblischer] verstärkender Vergleich)
Du bist blitzgescheit. (Steigerung mit Hilfe eines vorangestellten Vergleichswort)

Von diesen habe ich die Menge gesammelt auf einem Arbeitsblatt für Schüler. Die könnte ich zum Besten geben.

„gritzegrau, blitzeblau, klatschnass, patschnass“ - und solche scheint mir Bernhard gemein zu haben - zeichnen sich dazuhin noch dadurch aus, dass die Vergleichswörter "onomatopoetisch (lautmalerisch) sind. Ich hoffe, du verstehst meine Einschränkung.

Aber dazu mag Bernhard Stellung nehmen.

Gruß Fritz

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Adjektivverstärkung
Hallo Gudrun,

ich suche eigentlich eine andere Art von Verstärkung.
Die meisten von dir beschriebenen Adjektive sind eine genauere Bestimmung nach dem Motto:
Weiß wie der Schnee,
Gelb wie die Sonne,
Grün wie das Gras

Mir geht der Sinn eher nach Verstärkungen, die nach der von mir vermuteten Regel funktionieren, dass die anlautenden Vokale des Adjektivs benutzt werden, um damit ein neues Präfix zu bilden, welches für sich gesehen nicht unbedingt einen Sinn haben muss.
So wie die von Volker genannten Beispiele „ritzerot“ und „blitzeblau“. (Wenn ich mich an meine gestrigen Recherchen im Grimm richtig erinnere, wird zwar „blitzeblau“ auch mit „Blitzen“ in Zusammenhang gebracht, aber auch hier glaube ich nicht so sehr daran.)

Ich gehe für heute, tripp trapp…
Bernhard

Hi Fritz,

und
dann schauen, ob tatsächlich eine Regel dahintersteckt.

  1. gritzegrau
  2. blitzeblank
  3. klitzeklein
  4. ratzeputz
  5. ratzfatz
  6. picobello
  7. hackedicht

Ich denke, 1.-3. geben diese Regel wieder, wenn man sie enger fasst: Sie alle
haben auch eine Alliteration.
Im übrigen kenne ich den Ausdruck als „kitzegrau“ (und zwar durch meine
Schwiegermutter, die in der Oberpfalz geboren und aufgewachsen ist, lange Jahre
in München, aber auch eine Zeit lang in der Schweiz lebte und dort überall Teile
des örtlichen Idioms in ihre Sprache eingebaut hat). Welche Kitze (Reh, Geiß
usw.) sind eigentlich grau?

gruß
Bolo

1 Like

Im übrigen kenne ich den Ausdruck als „kitzegrau“

… da fällt mir eine Freundin ein, die von „kiezgrün“ und „kiezgelb“ spricht …

Gruß
Kreszenz

1 Like

Genial daneben zu sein, …
… Fritz und Bernhard,

Was Brauchbares dabei?

Ich bin nicht mit allen einverstanden.

ist auch eine Kunst! :wink:

Die meisten, die du, Gudrun, nun anfügtest, erfüllen die
meiner Ansicht nach gestellten Fordeungen nicht.

Sehr freundlich formuliert! Ich bin trotzdem geknickt. :frowning:

(lautmalerisch) sind. Ich hoffe, du verstehst meine
Einschränkung.

Dann bliebe ja nur „ruckzuck“ übrig, selbst dabei bin ich mir jetzt nicht mehr sicher, ob es zu der gesuchten Sorte zählt.

Ich behalte Euch im Auge und bin jetzt schon gespannt, was am Ende herauskommt. :wink:

Gruß Gudrun

Sammlung wächst
Hallo allerseits,

ich sehe, unsere Sammlung von Adjektiven wächst.
Ich habe gestern übrigens meiner Freundin aus dem Raum Wetzlar über dieses Thema erzählt - und siehe da, die Wörter „gritzegrau“, „blitzeblau“ und „ritzerot“, die mir als Darmstädter kein Begriff waren, kannt sie alle. Soweit ein kleiner Einwurf zur regionalen Verbreitung.

Bernhard

Hallo, zusammen,
ob allerdings die Alliteration so zwingend ist?
ich kenne z.B. auch „knallrot“, „quietschegelb“, „schlohweiß“, „rackerschwarz“.
Es wird wohl schwer werden, hier eine Regel herzuleiten.
Grüße
Eckard

Weitere Funde
Hallo,

das mit der regionalen Verbreitung war ein Schnellschuss meinerseits. Gestern abend sass ich mit Südhessen zusammen, und Begriffe wie gritzegrün, blitzeblau, ritzerot etc. waren ihnen geläufig.
Und heute habe ich doch tatsächlich nach Jahren mal wieder eine Bibliothek heimgesucht, wo die entsprechenden Dialektwörterbücher standen. Insbesondere im Badischen und im Hessischen fand ich etliche Varianten
„blitzeblau“ (plattdeutsch allerdinge nur im Sinne von „stark betrunken“)
„ritzerot“
„gritzegrau“
selbst „britzebraun“ - ein Wort, was wir gestern abend als möglich erachteten aber dann wieder verwarfen - findet sich im Frankfurterischen.
„britzbreit“ soll es im Badischen geben, ebenso „kitzengrau“ - was im Badischen Wörterbuch mit „katzengrau“ in Verbindung gebracht wird.

Ich werde doch einmal eine kleine Zusammenfassung schreiben müssen.

Bernhard

Zusammenfassung gritzegrau, blitzeblau, ritzerot
Hallo

Nachdem ich angeregt hatte, sich doch einmal intensiver um Adjektivverstärkungen nach dem Muster „gritzegrau“, „klitzeklein“, „blitzblank“ Gedanken zu machen, sehe ich mich auch verpflichtet, das Ganze noch mal zusammenzufassen.
Zunächst einmal vielen Dank an alle, die ihre grauen Zellen durchwühltund dazu beigetragen haben.

Demnach gibt es also offensichtlich im Deutschen tatsächlich eine Adjektivintensivierung nach ähnlichen Regeln wie sie auch im Türkischen existieren und in der Literatur als „emphatische Adjektivreduplikationen“ bezeichnet werden. Im Deutschen funktioniert das so, dass ein Präfix gebildet wird, wobei der/die Anfangskonsonant(en) des betreffenden Adjektivs am Anfang steht und ein „itz(e)“ folgt. Onomatopoetisch ist das meiner Meinung nach nicht. Vor allem sind es Farbwörter, die auf diese Weise verstärkt werden:

rot - ritzerot
blau - blitz(e)blau
grau - gritzegrau / kitze(n)grau
grün - gritzegrün / kiezgrün
braun - britzebraun
gelb - kiezgelb
blank - blitzblank
klein - klitzeklein
breit - britzbreit

Das dabei entstehende Präfix muss nicht unbedingt einen Sinn haben. Allerdings bietet sich zumindets volksetymologisch an, dies mit Sinn zu füllen (z.B. „ritzerot“ nach dem Blut, wenn sich jemand ritzt, oder „blitzblank“, weil so glänzend wie der Blitz, das Badische Wörterbuch bringt „kitzengrau“ mit „katzengrau“ in Verbindung …). Auch bei der Herleitung von gritzegrau von „gries“ bin ich nicht so ganz überzeugt.

Das Präfix „blitz“ wird übrigens auch bei anderen Bildungen verwendet: „blitzwenig“, „blitzrot“ - es scheint also schon per se (oder in Anlehnung an einige der oben genannten Beispiele) eine verstärkende Funktion zu haben. Ähnlich übrigens auch das Präfix „ratze-“ wie bei „ratzekahl“, „ratzeputz“, möglicherweise auch bei „ratzfatz“

Weitere Varianten sind „blitzhimmelblau“ oder „ritzefeuerrot“ - wohl Bildungen, die verschiedene Arten von Adjektivintensivierung kombibieren.

Als letztes Fundstück möchte ich auf das südhessische „ritze-ratze-rot“ hinweisen, eine weitere Intensivierungsform, die sich für die anderen Farben nicht nachweisen läßt.

Und schließlich: Wenn das zu türkischen Adjektiven jemand nachlesen möchte: Es gibt zwei Aufsätze, einen von Ö. Demircan in „Studies in Modern Turkish“ (1987) und einen von Ö. Savasci in „Veröffentlichungen der Societas Uralo-Altaica“ 29 (1991). Näheres gerne auf Anfrage.

Bernhard