Wie hebt man sich von der Masse ab?

Guten Abend,

es war nur, was ich auf die Schnelle gefunden hatte - aber gerade Arnies Englisch ist immer wieder Grundlage für Witze. Im Englischen (egal ob AE oder BE) sind Fremdsprachenkenntnisse eh’ die Ausnahme, weil sie ja nicht gebraucht werden und gegenüber Fremden, die Englisch mit einem breiten Akzent reden, ist man höflicher als gegenüber einem „eigenen“. Und da so wenig englische Muttersprachler eine Fremdsprache sprechen, sind bereits wenige Brocken Anlass zur Bewunderung nicht wie bei uns umgekehrt Anlass zur Häme. Das sind da einfach andere Voraussetzungen.

Bei der Diskussion über Kissingers Englisch wird meiner Meinung nach deutlich, dass man gar nicht versteht, warum er überhaupt noch einen Akzent hat - oder umgekehrt: der Akzent wird sehr wohl beachtet und nicht unbedingt positiv. Allerdings ist man höflich, dass, was ich mit dem Kritisieren von „eigenen Leuten“ gemeint habe. Auch ist innerhalb des Englischen die Situation insofern anders, als Englisch von Millionen Menschen mit einem ausgeprägten Akzent gesprochen wird, man denke an fernöstliches Englisch oder indisches Englisch. Auch bei uns machen sich ja in dieser Konstellation nur Affen über den Akzent eines Ausländers im Deutschen lustig.

Aber bei anderen Europäern stehen gute Englischkenntnisse hoch im Kurs und schlechter Akzent ist eben auch Anlaß für Humor (siehe das spanische Beispiel). Gutes Englisch ist eben heutzutage das Handwerkzeug von jemand, der in der Politik oder Wirtschaft erfolgreich sein will und breiter Akzent, der für jemand mit anderer Muttersprache schwer zu verstehen ist, ist keine gute Visitenkarte - für niemanden. Für uns mag deutscher Akzent im Englischen lustig/bieder/plump klingen, für Anderssprachige wirkt es aggressiv und entsprechende Witze sind weit verbreitet. Französischer Akzent im Englischen ist innerhalb einiger Grenzen für uns auch charmant, aber werden diese Grenzen überschritten, wird es unverständlich. Das war, was ich meinte, dass diese Kritik eben nicht etwas ausschließlich Deutsches ist, sondern auch in anderen Nationen durchaus kritisch gegenüber den eigenen Vertretern gesehen wird.

MfG
GWS

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Hallo,

falscher Ansatz! Wenn es nicht gerade darum geht, sich um einen Job zu bewerben, in dem die Fremdsprache der eigentliche Arbeitsinhalt ist, sondern nur „Mittel zum Zweck“, dann kann ein übertriebenes „Herumreiten“ auf den eigenen Fremdsprachenkenntnissen sogar negativ rüber kommen. Denn damit zeigt man, dass man die für die jeweilige Stelle geltenden Prioritäten nicht richtig erfasst hat / bekommt den Versuch unterstellt, mit außergewöhnlich guten Fremdsprachenkenntnissen von Defiziten in den eigentlich wichtigen Qualifikationen abzulenken.

Abgesehen davon geht es in der Praxis tatsächlich nicht darum stundenlang fehlerfreie Monologe in gestochener Sprache zu halten, sondern lediglich darum sich im jeweiligen Fachgebiet hinreichend verständigen zu können/Dokumente lesen und bearbeiten zu können, was nicht unbedingt viel mit der mündlichen Ausdrucksweise zu tun hat.

Hinzu kommt, dass Fremdsprachenkenntnisse einem ziemlichen auf und ab unterliegen können, wenn man diese nicht regelmäßig benötigt. D.h. jemand kann durchaus mit „verhandlungssicheren“ Sprachkenntnissen guten Gewissens auftreten, auch wenn er diese in den letzten Jahren nicht benötigt hat, und daher etwas „eingerostet“ ist, aber innerhalb von ein paar Wochen wieder fit wäre.

Dieses auf und ab beobachte ich z.B. auch bei mir selbst recht extrem. Es gab Zeiten, da hatte ich recht regelmäßig und viel Gelegenheit meine Englischkenntnisse einzusetzen, und da waren die immer von jetzt auf gleich gut verfügbar. Dann brauchte ich sie lange Zeit kaum noch, und als ich sie dann wieder richtig viel brauchte, kam ich mir die ersten Wochen wie ein Depp vor. Kurz darauf habe ich wieder zig Seiten Verträge geschrieben und mit Horden von amerikanischen Anwaltskollegen verhandelt. Dann jetzt mal wieder über ein Jahr kaum Bedarf, und plötzlich eine Telko auf Englisch, peinlich. Gerade liegen hier über 30 Seiten selbst geschriebene Verträge vor mir, die ein Partner jetzt plötzlich lieber auf Englisch hätte. Da überlege ich ernsthaft, ob ich die im Moment selbst übersetze, oder das lieber raus gebe (um dann vermutlich hinterher doch wieder jeden zweiten Satz zu korrigieren). Und trotzdem hätte ich kein schlechtes Gewissen, jederzeit in einer Bewerbung verhandlungssichere Sprachkenntnisse anzugeben. Warum auch?

Gruß vom Wiz

Noch eine kleine Ergänzung:

Mir sind im Berufsleben schon viele Leute mit unglaublich vielen Fremdsprachenkenntnissen begegnet. Das beeindruckt natürlich immer auf den ersten Blick, wenn jemand fünf oder mehr Sprachen fließend spricht. Es dauert allerdings selten lange, bis auffällt, dass es sich hierbei recht regelmäßig um „Schöngeiste“ handelt, die fachlich nicht wirklich viel zu bieten haben (wenn wir jetzt nicht gerade von Leuten sprechen, die tatsächlich mehrsprachig aufgewachsen sind, oder schon eine echte Karriere im Ausland hinter sich haben). Insoweit werde ich immer bei Leuten hellhörig, die in einer Bewerbung so auftrumpfen. Der Anwaltskollege, der tatsächlich in drei Ländern zugelassen ist, und für fünf Sprachen als vereidigter Übersetzer tätig ist, und trotzdem fachlich überzeugen konnte, ist jedenfalls die große Ausnahme. Ein anderer Kollege mit ähnlichem Sprachschatz ist bei mir mal nach sechs Wochen wieder geflogen, weil er den ganzen Tag nur irgendwelche alten Uni-Kontakte quer über die Welt pflegte, und nicht zum Arbeiten kam.

Gruß vom Wiz

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Gelegentlich gehen mir sogar einige Akzente von
Muttersprachlern gehörig auf die nerven. :o

Zuweilen auch die deutschen Akzente von deutschen Muttersprachlern.

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