Die Unmöglichkeit eines ´absoluten Gottes´
Hi Metapher.
Jede theistische Eschatologie, die eine absolute Negation Gottes, also eine absolute, dem Gott äußerliche Gottesferne als möglich denkt - und sei es in dem Mythem einer ewigen, unaufhebbaren Hölle(nqual) - ist mit einem absoluten Gottesbegriff ja nicht vereinbar, weil sie einen Dualismus enthält, der nicht dialektisch „aufgehoben“ (genau das ist ja ein „Heilsgeschehen“) wird.
Ich sehe in diesem Argument ein logisches Problem.
Du sagst, dass sich der Begriff eines absoluten Gottes mit dem Dualismuskonzept nicht verträgt (du wiederholst das in deiner Antwort an Viktor). Tut er das wirklich nicht? Und kann man den christlichen Gott überhaupt „absolut“ nennen? Und wenn ja, schließt dann diese Absolutheit den Dualismus nicht in sich ein, statt ihn, wie du behauptest, auszuschließen?
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Biblischen AT- und NT-Quellen zufolge hat Gott einige absolute Merkmale. Er ist allgegenwärtig (Ps 139,7-12, Jer 23,23-24), er ist allwissend (Ps 139,1-4, Apg 2,23) und er ist allmächtig (Mt 19,26, Hiob 42,2, Jer 32,27).
Heißt das, dass er „absolut“ ist im Sinne eines Nichtdualismus?
Keineswegs.
Denn er ist die „Liebe“ (1 Joh 4,7-8 und 4,16), er ist die „Gnade“ (Röm 4,4-5) und er ist die „Barmherzigkeit“ (Ps 103,8). Das sind Begriffe, die nur in einem dualistischen Kontext Sinn machen. Liebe gibt es nur im Widerspruch zu Hass, ebenso wie die beiden anderen Merkmale ihren Widerspruch voraussetzen, um begrifflich Sinn zu machen. Liebe usw. ist nur dann Liebe usw., wenn zugleich (!) auch die Möglichkeit von Hass usw. gegeben ist.
Es handelt sich dabei um absolute Prädikationen. Gesagt wird ja nicht, dass Gott die Liebe ist, nur solange es das Böse gibt. Wenn er die Liebe „ist“, muss er dies in alle Ewigkeit sein. Wie verträgt sich das mit dem dualistischen Charakter dieser Prädikation?
Ein „absoluter“ christlicher Gottesbegriff ist somit eine Konstruktion, die in klarem Widerspruch zu diesen „Gott“ zugesprochenen Merkmalen steht. Ein „absoluter“ Gott dürfte gar keine derart spezifischen Merkmale haben, um absolut genannt werden zu können. Genau das hat ja die Negative Theologie dazu bewogen, „Gott“ nur negativierend zu beschreiben (als das, was er nicht nicht).
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Abgesehen von dem vorgenannten Problem sehe ich auch das Problem, dass du per definitionem das Absolute in einen Gegensatz zum Dualismus stellst. Kann man das denn? Wieso soll ein Absolutes nicht eine Dualität in sich enthalten? Das Absolute ist bedingungslos, kann also nicht durch Kategorien wie Dualismus usw. eingeschränkt werden. Könnte es das, dann wäre es kein Absolutes, sondern ein Relatives (es stünde in ausschließender Relation zu etwas, das nicht in ihm enthalten ist).
Nun könnte man sagen, ok, dann gibt es eben gar keinen Dualismus, also kann ein solcher das Absolute nicht einschränken bzw. nicht in ihm enthalten sein. Gott ist monistisch. Problem gelöst? Nein. Denn im Christentum ist die Welt nicht „in Gott“, sondern außerhalb von ihm. Das ist ein grundlegender Dualismus. Außerdem gibt es den Dualismus Gut vs. Böse, bzw. Liebe vs. Hass. Siehe oben die dualistischen Prädikationen Gottes.
Genau das widerspricht wieder der (angeblichen) Absolutheit Gottes. Denn das Absolute fasst alles in sich. Tut es das nicht, ist es nur relativ.
Woraus eigentlich zwingend folgt, dass auch der Dualismus ein Teil des „absoluten Gottes" ist, wenn man dessen Wahrheit einmal voraussetzt. Die „Hölle“ könnte dementsprechend ein Teil des Absoluten, also des absoluten Gottes, sein, oder ein Aspekt, oder ein Modus, egal. Die Hölle wäre also nicht „gottfern“, sondern „in Gott“.
Soviel zu deinem Argument betr. Absoluter Gott.
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Was dein Argument betr. „Heilsgeschehen“ angeht, so lässt sich ein globales, alle Menschen einschließendes Heilsgeschehen aus dem NT nicht eindeutig belegen. Paulus z.B. schafft es, in ein und demselben Brief sich widersprüchlich dazu zu äußern:
Pro:
1 Kor 15,28
Wenn aber alles ihm untertan sein wird, alsdann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles untergetan hat, auf dass Gott sei alles in allen.
Contra:
1 Kor 6,9:
Wisset ihr nicht, daß die Ungerechten das Reich Gottes nicht ererben werden? Lasset euch nicht verführen! Weder die Hurer noch die Abgöttischen noch die Ehebrecher noch die Weichlinge noch die Knabenschänder.
Also ist auch das „Heilsgeschehen“ kein Argument, einfach deswegen, weil es als verbindliches Konzept nicht 100prozentig aus den NT-Texten ableitbar ist.
Chan