Ich mache mir Sorgen über einen vollkommen überbehüteten Klassenkameraden unseres Sohnes, und frage mich, wie man die Mutter mal sanft , aber doch deutlich genug, um eine Wirkung zu erzielen, zum Nachdenken bringen kann?
Der Junge ist übertrieben „gut erzogen“, äußert sich - obwohl kein Überflieger - wie ein gesetzter Professor (bei uns geht es auch nicht wie im Bergwerk zu, aber das ist traurig „filmreif“), traut sich so gar nichts zu, und darf/kann sich auch nicht ausprobieren. weil die Mutter ihn vor jeglichen „Gefahren“ behütet.
Der Bengel ist 12, geht in die 6. Klasse eines Gymnasiums, und soll z.B. „nicht im Wald spielen“, womit eine noch zweistellige Zahl von Bäumen bei uns vor dem Haus gemeint war (ich war schon zu Grundschulzeiten ständig tagelang im Bereich beiderseits der belgischen Grenze ohne Eltern in greifbarer Nähe mit meinen Freunden im Aachener Wald unterwegs). Die drei Kilometer gut mit Radwegen ausgebaute Strecke zu uns darf nur im Auto überbrückt werden. Mama weiß sich dann kaum zu verabschieden, will 1001 Dinge klären, und es darf natürlich „nicht zu anstrengend werden“.
Beim umgekehrten Spielbesuch wird vorher bei uns abgefragt, „ob die Kinder denn bei schlechtem Wetter auch einen Film sehen dürften - aber selbstverständlich nur einen Kinderfilm“, und als Sohnemann zum 12. Geburtstag einen Film mit FSK 12-Freigabe sehen wollte, wurde er schnell auf eine Alternative mit FSK 0 verwiesen, auf die er dann doch lieber verzichtete.
Heute sollten wir angesichts von zwei Freistunden in der Schule anrufen und mitteilen, dass sie unseren Sohnemann dann mit zum Essen zu sich mitnehmen würde, weil es doch „nicht geht, dass die Kinder dann zwei Stunden alleine rum hängen“. Wir haben dass dann einfach ignoriert, weil wir uns nicht lächerlich machen wollten. Die Schule hat mehrere weit verteilte Standorte in der Stadt, und die Kinder müssen ohnehin ständig das Gelände verlassen/wechseln (ja, ich weiß, versicherungstechnisch natürlich immer problematisch, aber wir haben die Freistunden auch immer in der Stadt genossen). Und dass man uns unsere Kinder persönlich vom Personal in die Hände übergeben hat, gab es zuletzt im Kindergarten. Schon in der Grundschule interessierte es niemand mehr, wer von wem vor dem Schultor in Empfang genommen wurde.
Teilweise verständlicher Hintergrund mag sein, dass die Mutter aufgrund der Schwangerschaft vom Vater verlassen wurde, und das Kind mit Oma alleine aufzieht, und nie wieder eine Partnerschaft eingegangen ist. Aber der „liebe Kleine“ ist jetzt in einem Alter, wo er dringend mal einen altersgerechten Umgang braucht, um nicht endgültig zum Gespött Gleichaltriger zu werden. Dummerweise heißt er auch noch wie ein depressiver Roboter aus einem bekannten Film, und wenn das die Runde macht, hat er verloren, weil der Vergleich leider aktuell perfekt passt.
Unser Kontakt zur Mutter ist bislang eher mäßig, wird jetzt aber mehr, da der beste Kumpel unseres Sohnes leider die Schule gewechselt hat, und daher dieser Kontakt mehr Bedeutung bekommen hat. Da das auch die einzige Beziehung ihres Sohnes in der Klasse ist, ist die Mutter jetzt sehr anhänglich. Aber wir wollen ihr Verhalten - zum Wohle ihres Sohnes - nicht „übersehen“. Nächste Woche geht es auf Klassenfahrt, und da geht es jetzt auch schon los, dass sich unser Sohn um den ihrigen kümmern soll, aber natürlich gemeinsam dann „nichts gefährliches“ unternommen werden darf. Da werden wir jetzt schon mal „klare Kante“ zeigen. Aber auch das will natürlich passend verpackt sein.