Natürlich beklagen die Leute das Gehaltsniveau - aber nicht erst seit letztem Jahr. Das Problem ist - wie eigentlich jedes, das über die Frage hinausgeht, wie man ein Gurkenglas aufbekommt - etwas komplexer und nicht monokausal. Es geht um die Kommerzialisierung des Gesundheitswesens, um Privatisierungen von Krankenhäusern, um Arbeitszeiten und nicht zuletzt aktuell um die Beharrlichkeit, mit der man den Corona-Karren an die Wand fährt - insbesondere dadurch, daß man es für ein gangbares Konzept hält, die Intensivstationen möglichst gründlich mit Covid-Patienten auszulasten.
Übrigens lohnt sich da auch ein Perspektivwechsel. Erinnert sich noch jemand an Ulla Schmidt? Die versprach mal, daß die Versicherungsbeiträge für die Krankenversicherungen nicht weiter steigen würden. Das Volk wr zufrieden. Das bedeutet im Umkehrschluß aber leider, daß man vor allem auf der Ausgabenseite tätig werden muß, d.h. einsparen.
Natürlich könnte man auch den Arbeitskräften in den Pflegeheimen mehr zahlen. Aber das bezahlen am Ende die Gepflegten bzw. die Angehörigen, die sich ohnehin oft schon kaum tragbaren Belastungen ausgesetzt sehen.
Wie gesagt: ganz so einfach ist es nicht. Den Pflexit hätten wir in dem Maße nicht gesehen, wenn das Personal nicht seit April 2020 mit Covid mürbe gemacht worden wäre. Und wenn man sich nicht die vielen kleinen Frechheiten erlaubt hätte. Klatschen statt Geld, Lavendel statt richtigem Lockdown, die Idee des Belastungstests für die Krankenhäuser (© Hendrik Streeck), Diskussionen über angeblich leere oder gar abgebaute Betten und daß vor dem Hintergrund das Personal ja wohl offensichtlich die ruhige Kugel geschoben hätte.
Kurz: mehr Geld wäre sicher gut, stellt sich nur die Frage, wer es bezahlt. Und bringen tut’s von heute auf morgen nichts. Nebenbei: die wenigsten Pflegekräfte haben den Beruf des Geldes wegen, sondern vielmehr der Berufung wegen ergriffen. Die niedrige Bezahlung hätten die wohl noch weggesteckt, aber die Ausbeutung durch Arbeitgeber und Politik halt nicht.