Wieso sind Schwarzfahrer Straftäter und Mietnomaden nicht?

Hallo,
warum werden Schwarzfahrer im ÖPNV strafrechtlich wegen Erschleichung von Leistungen verfolgt und Personen die eine Immobilie mieten und die Miete nicht bezahlen (sich also auch eine Leistung erschleichen) nicht strafrechtlilch verfolgt?

Im ersteren Fall unterstützt der Staat durch den Straftatbestand der Erschleichung von Leistungen die Verkehrsbetriebe indem die drohende Verurteilung einen abschreckenden Effekt hat.

Bei Vermietern sieht es anders aus, denn in den meisten Fällen wird ein Mietnomade nicht strafrechtlich belangt und es ist sogar sehr kostspielig ihn überhaupt per Zivilklage aus der Wohnung zu bekommen. Wenn er dann nach Jahren herausgeklagt wurde hat sich dieser einen enormen Betrag an eigentlich anfallenden Mietzahlungen gespart (die in einigen Fällen vom Jobcenter dem Mieter überwiesen werden und die er einfach nicht weitergibt) und hat nichts zu befürchten. Klar, theoretisch müßte er dem Vermieter den verschuldeten Betrag erstatten - in der Praxis dürfte dies kaum vorkommen.

Warum diese Ungleichbehandlung?

Gruß
Desperado

Ich schätze mal, das liegt am Nachweis der Betrugsabsicht. Eine Fahrkarte muss ich vor der Fahrt lösen. Kann ich sie mir nicht leisten und steige trotzdem ein, betrüge ich absichtlich.
Die Miete kann man mir stunden, ich zahle halt später, ich zahle in Raten, das Jobcenter zahlt etc., damit ist keine Bezrugsabsicht nachzuweisen

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Wenn z. B. ein Leistungsempfänger vom Jobcenter monatlich Geld überwiesen bekommt und auf dem Bescheid auch klar angegeben ist, welcher Teil davon für die Miete bestimmt ist, aber er dieses Geld einfach für sich selbst ausgibt anstatt Miete zu bezahlen - wie kann man da an der Absicht der Leistungserschleichung zweifeln?

Richtig, wobei das Jobcenter auch direkt an den Vermieter zahlen kann

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Aber erst nachdem sich der Bürgergeldempfänger als unzuverlässig bezüglich der Mietzahlungen erwiesen hat - und bis der Bürokratieapparat des Jobcenters das feststellt, vergeht in der Regel auch noch eine gewisse Zeit.

Die Unschuldsvermutung ist eine der höchsten demokratischen Errungenschaften: Die Schuld muss einem zweifelsfrei bewiesen werden.

Das Recht ist für alle da; und ärgerlicherweise auch für die, die gar nicht daran denken, sich an die Gesetze zu halten. Das ist ein Kollateralschaden der Demokratie!

Man ist natürlich hochgradig angeschmiert, als Hauseigentümer an einen Mietnomaden zu geraten. Deshalb fordern viele Vermieter eine Mietschuldensfreiheitserklärung, die der Vorvermieter ausgestellt hat.

Deine Behauptungen entsprechen nicht der Wahrheit. Bzw. scheint Dir die Rechtsprechung nicht bekannt zu sein. Bzw. entspricht Deine Wahrnehmung nicht der Realität.

Wenn Du Dir die Umgebung des §265a StGB ansiehst, wirst Du feststellen, dass er zwischen vielen anderen Betrugsvarianten steckt. Denn es wurde vom Gesetzgeber 1935 bei der Einführung als Betrug angesehen, die Beförderungsleistung in Anspruch zu nehmen und mit Absicht keinen Fahrschein zu erwerben.

Und das ist der Punkt, indem Du irrst. Wenn man die selben Voraussetzungen anlegt: vor Nutzung der Leistung bereits den Vorsatz zu haben, die Leistung ohne entgelten Ausgleich zu nutzen, finden sich der Fachbegriff des „Einmietbetruges“. Der ist allerdings nicht mit einem einzelnen Paragrafen geregelt wie das „Schwarzfahren“, sondern mit einem ganzen Paket an Paragrafen aus dem sogenannten Mietrecht.

Warum ist es scheinbar so einfach, einen Wiederholungstäter im Schwarzfahren in den Knast zu bringen, einen Einmietbetrüger aber nicht? Vermutlich weil der Gesetzgeber das Wohnen selbst als deutlich schützenswerter betrachtete als das Fahren mit öffentlichen Verkehrsmittel. Darum sind die Hürden für den anscheinend mit Vorsatz betrogenen Vermieter deutlich höher den vermeintlichen Betrüger los zu werden als für den Fahrunternehmer.

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Im Grunde braucht man dafür nicht viele Paragrafen, sondern einfach nur §263 BGB (Betrug). Das Problem ist halt genau das, was @Morgan_le_Fay beschreibt: wenn jemand ohne Fahrschein ein Verkehrsmittel betritt bzw. vorhandene Fahrscheine nicht entwertet, dem ist Vorsatz viel leichter nachzuweisen als jemandem, der in eine Wohnung einzieht und u.U. erst nach Monaten oder Jahren aufhört, Miete zu bezahlen.

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Die Geschichte fand ich damals schon ein interessantes Experiment:

Ich würde es genau andersherum sehen: Es kann leicht geschehen, dass man wirklich vergisst einen Fahrschein zu lösen. Meiner Oma ist es z. B. passiert, dass sie vergessen hat, dass ihre Monatskarte erst ab 9 Uhr gültig ist als sie einmal früher mit dem ÖPNV gefahren ist.

Ein Mieter der die Miete nicht zahlt obwohl das Geld vom Jobcenter bzw. vom Arbeitgeber überwiesen wurde, wird wahrscheinlich sehr schnell vom Vermieter daran erinnert. Einfaches vergessen scheidet damit schonmal aus.

Wenn die Mieterpartei ein Einkommen unter der Pfändungsfreigrenze hat (die in D relativ hoch ist), kann man den Mieter weder das Einkommen pfänden (auch nicht den Teil, den er eigentlich für die Miete aufwenden müßte) und ihn auch nicht so leicht aus der Mietwohnung bekommen.

Zur Abwägung der Interessen muss man die jeweiligen Lebensumstände berücksichtigen. Warum soll der Obdachlose, der sich im Winter zum aufwärmen in eine Straßenbahn setzt, weniger vor strafrechtlicher Verfolgung geschützt sein wie der Mieter, der sich ohne zu zahlen in einem fremden Haus aufhält?

Natürlich.

Interessant, dass Du die Begründung einfach ignorierst. Wieso bist Du eigentlich in einem Diskussionsforum? Wäre ein Meinungsforum nicht viel praktischer? Dann könnte jeder schreiben, dass er X gut und Y schlecht findet und es gibt keine Debatte darüber und jeder wird mit seiner Ansicht glücklich.

Heute jedenfalls nicht, um mit Dir über Deine Meinung zu diskutieren, die
a) wie eigentlich immer das genaue Gegenteil von dem ist, das alle anderen meinen bzw. wissen und
b) auf falschen bzw. absurden Annahmen basiert (bspw. der, dass sich eine alte Frau, die die Gültigkeit ihrer Fahrkarte nicht präsent hat, gleich strafbar macht oder dass es für Obdachlose nur die Möglichkeit gibt, sich ohne Fahrkarte in eine Straßenbahn zu setzen, um sich aufzuwärmen).

Lass es gut sein. Du hast Deine Meinung und die darfst Du gerne behalten.

Es war ein Beispiel für einen Vorfall der sich auch öfters ereignen kann.

Und ein unpassendes noch dazu, denn einer alten Frau, die tatsächlich eine Monatskarte hat, die Absicht nachzuweisen, das Entgelt für die Beförderung nicht bezahlen zu wollen, ist - wenn nicht andere Umstände hinzukommen - ziemlich aussichtslos.

Du wirfst hier mal wieder Dinge durcheinander, die nichts miteinander zu tun haben, hast Dich vorher mal wieder nicht wirklich informiert und verstehst daher nicht, worum es bei der Geschichte eigentlich geht! Der Einmietbetrug ist, wie @Pierre bereits geschrieben hat, als Form des Eingehungsbetrugs durchaus strafbar. Somit stimmt also schon mal deine Grundannahme nicht!

Damit es zu einer Bestrafung einer strafbaren Handlung kommt, braucht es aber zunächst einmal die Kenntnis der Staatsanwaltschaft (oft durch die Polizei vermittelt). D.h. jemand muss eine Strafanzeige erstatten. Beim noch (die Strafbarkeit steht aktuell mal wieder zur Diskussion) strafbaren „Schwarzfahren“ sind Opfer mehr oder weniger öffentlich-rechtliche Rechtssubjekte bzw. entsprechend beauftragte Unternehmen. Die sind schon angesichts der Tatsache, dass sie am finaziellen Tropf hängen, daran interessiert Schwarzfahrer anzuzeigen und einen Teil ihrer üblichen Defizite zu erklären. Auch gibt es im öffentlich-rechtlichen Umfeld immer einen etwas größeren Hang dazu, über die eigene Betroffenheit hinaus (eine Strafanzeige bringt kein Geld ins Haus) auch auf die Einhaltung von Recht und Ordnung zu drängen. Und da es sich für diese Betroffenen um Massendelikte handelt, haben die auch entsprechende Leute, die sich hierum hauptamtlich kümmern und automatisierte Verfahren. D.h. so eine Strafanzeige ist von jetzt auf gleich erstattet.

Insbesondere der private Vermieter will am Ende einer solche Geschichte üblicherweise nur eins: Sein Geld, wenn abgesehen von nicht gezahlter Miete nicht viel passiert ist. Er hat keine Fachleute und keine automatisierten Verfahren zur Erstattung von Strafanzeigen, und da eine solche, s.o. kein Geld ins Haus bringt, verzichtet er vielfach hierauf, zumal ein Einmietbetrug in vielen Fällen eine recht komplexe Angelegenheit und eine Strafbarkeit oft nicht nachweisbar ist. D.h. diese Fälle kommen zwar nicht zur strafrechtlichen Verfolgung. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass sie nicht strafbar wären.

Sinn kann die Strafanzeige dann machen, wenn man über Akteneinsicht an eine neue Adresse des Schuldners kommen will. Und wenn jenseits des Einmietbetruges z.B. auch Sachbeschädigungen eine Rolle spielen, dann wird üblicherweise das gesamte Paket angezeigt, und entscheidet sich dann die Staatsanwaltschaft, ob sie hinreichend Aussicht auf Erfolg bei einer Verfolgung des Einmietbetruges sieht.

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Das ist die Theorie, in der Praxis wurden bisher kaum Täter für Einmietbetrug verurteilt. Auch Sachbeschädigung ist schwer einer einzelnen Person nachweisbar wenn mehrere Personen im Anwesen gelebt haben - also wird dies auch in der Praxis häufig im Sande verlaufen.

Bei Schwarzfahrern sieht die Sache anders aus, rund 150.000 Fälle werden pro Jahr strafrechtlich verfolgt.

Warum das so ist, hast Du aber inzwischen verstanden?

Es wurde ja mehrfach erklärt.

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Servus,

das wissen die Kontrollettis, inszenieren aber vor Ort eine möglichst eindrucksvolle Nummer - sonst wäre ihre sporadische Anwesenheit in den Bahnen ziemlich wirkungslos.

Zehn Schritte beiseite hätten sie der Omma, wenn die sich darauf eingelassen hätte, dann gesagt „Nichts passiert, alles halb so schlimm - aber Sie werden auch verstehen, dass wir Ihnen das nicht sagen können, wenn alle kucken und zuhören. Nächstes Mal denken Sie dann dran, nicht wahr?“

Schöne Grüße

MM

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Schön, dass Du genau weißt wie das in der Praxis läuft und C_Punkt das toll findet - während weiter oben die Anzahl der Verurteilungen pro Jahr genannt wurde.

P. S.: Im Falle meiner Oma lief das damals nicht so ab.