Wieviel Prozent meiner Steuern geht an die Kirche

Hi,
ich bin aus der Kirche ausgetreten und zahle natürlich keine Kirchensteuer.
Trotzdem wird doch ein gewisser Teil meiner Steuern an die Kirchengemeinschaften weitergegeben?
Ich denke da an Bischofsgehälter, Finanzierung kirchlicher Schulen und anderer Einrichtungen.
Es würde mich interessieren wieviel das in etwa ausmacht.

viele Grüße
Susanne

Hallo Susanne,
http://www.spart-euch-die-kirche.de/kirchenfinanzenh…
Die dort genannte Schätzung von etwa 20 Milliarden € staatlicher Subvention der Kirchen beruht vor allem auf dem kürzlich von mir genannten Buch Carsten Frerks. Die Zahlen gelten also in etwa für das Jahr 2000 - in diesem Jahr betrug das Steueraufkommen der Bundesrepublik ( ohne Kirchensteuer versteht sich) ca. 467 Milliarden €. Das heisst, die Kirchen werden zusätzlich zur Kirchensteuer mit etwa 4,3% des gesamten Steueraufkommens der Bundesrepublik subventioniert. Die Kirchen wiederum wenden ca. 8% der Einnahmen aus Kirchensteuer für öffentliche soziale und Bildungsaufgaben (also für nicht rein kirchliche Zwecke) auf. Alles in Allem ein sehr gutes Geschäft … Für die Kirchen, versteht sich.

Freundliche Grüße,
Ralf

Alles in Allem ein sehr gutes Geschäft … Für die Kirchen,
versteht sich.

Wenn das alles ein so gutes Geschäft ist, fragt man sich, warum der Staat nicht all die Aufgaben selber übernehmen möchte, die er an die Kirchen delegiert hat, warum er nicht selber für die Kirchengebäude in seinen Altstädten sorgt, die (unter anderem) Touristen anziehen, warum er nicht selber die Grundstücke erwirbt und Gebäude errichtet, in denen dann Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Altenheime und andere Einrichtungen, die allen zu Gute kommen, untergebracht werden, warum er nicht selber die Ehrenamtlichen motiviert, schult, begleitet, die in diesen Einrichtungen ihren Dienst tun.

Kein Zweifel, der Staat tut auf all diesen Gebieten auch selber viel, und er gibt der Kirche viel Geld. Aber er bzw. die Allgemeinheit bekommt dafür auch viel zurück. Die Kirche leistet an vielen Stellen Dienste für die Allgemeinheit, die über das hinausgehen, was der Staat finanziert, und gleichzeitig profitiert sie natürlich von den öffentlichen Geldern, die sie bekommt. Da das alles letzten Endes jedoch schwer meßbar ist, dürfte es schwierig sein, hier eine Statistik aufzustellen, die wirklich objektiv auf Heller und Pfennig ausrechnet, wer am Ende wem etwas schuldig bleibt.

Gruß, Martinus

2 Like

Hallo Martinus,

Alles in Allem ein sehr gutes Geschäft … Für die Kirchen,
versteht sich.

Wenn das alles ein so gutes Geschäft ist,

das ist eine einfache Rechenaufgabe. Bleiben wir mal beim Jahr 2000, weil wir da ziemlich exakte Zahlen haben. Aufwendungen aus der Kirchensteuer für öffentliche soziale und Bildungsaufgaben: ca. 433 Millionen €. Staatliche Subventionen aus Steuergeldern: 14,15 Milliarden (14 150 Millionen) €. Ergibt ein Plus von grob 13,7 Milliarden €. Zusätzlich zu dem für rein innerkirchliche Zwecke verwendeten Anteil (92%) der Kirchensteuer. Also aus den Steuern, die auch Atheisten, Muslime, Buddhisten usw. usf. zahlen. Das würde ich sogar ein verdammt gutes Geschäft nennen.

fragt man sich,
warum der Staat nicht all die Aufgaben selber übernehmen
möchte, die er an die Kirchen delegiert hat,

Das kann man sich in der Tat fragen. Dazu sollte man mal einfach zuerst eine andere Frage beantworten: Wer genau ist denn hier „der Staat“, der „delegiert“ und finanziert? Nicht zuletzt gewisse Parteien, die das hohe ‚C‘ im Parteinamen tragen.

warum er nicht
selber für die Kirchengebäude in seinen Altstädten sorgt,

Soll das tatsächlich eine Aufgabe sein, die der Staat „an die Kirchen delegiert hat“? Deren Vereinslokale zu pflegen und zu sanieren? Ein solches Verständnis lässt tief blicken …

Übrigens gehören zu den oben erwähnten Subventionen allein im Jahr 2000 40 Millionen € für den Denkmalsschutz sowie von Seiten der Kommunen insgesamt 250 Millionen €, von denen ein großer Teil in den Erhalt von Kirchengebäuden geflossen ist. Hinzu kommen die üblichen Sammlungen und Fördervereine, wo der Bürger zu weiteren privaten Spenden aufgefordert wird, weil die Kirchen ja so schrecklich arm sind …

warum er nicht selber die
Grundstücke erwirbt und Gebäude errichtet, in denen dann
Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Altenheime und andere
Einrichtungen,

Wie die Kirche ihre Grundstücke „erworben“ hat, hat ihr nicht ganz zu Unrecht den Ruf großmaßstäblich organisierter Erbschleicherei eingebracht. Davon abgesehen - die erwähnten Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Altenheime usw. sind Wirtschaftsbetriebe, keine mildtätige Armenfürsorge. Sie tragen sich genau wie profane Betriebe auch aus Leistungsentgelten der Nutzer (Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Kindergartengebühren usw.) sowie aus öffentlichen Zuschüssen. Einschließlich Amortisierung der Investitionskosten. Sie haben als Tendenzbetriebe allerdings ein für den Arbeitgeber sehr komfortables Arbeitsrecht.

warum er nicht selber die Ehrenamtlichen motiviert, schult,
begleitet, die in diesen Einrichtungen ihren Dienst tun.

Dass die Arbeitskräfte in kirchlichen Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser und Altenheimen ehrenamtlich arbeiten, ist mir neu.

Was Ordensschwestern und Diakonissen angeht, so ist deren Selbstausbeutung zugunsten der Kirche ihr Privatvergnügen - wenn man mal außer Betracht lässt, dass sie faktisch als Lohndrücker fungieren. Die Kosten ihrer Ausbildung sind in den oben genannten 433 Millionen € für öffentliche soziale und Bildungsaufgaben mit enthalten.

Gruß,
Ralf

6 Like

Hallo Martinus,

Alles in Allem ein sehr gutes Geschäft … Für die Kirchen,
versteht sich.

Wenn das alles ein so gutes Geschäft ist, fragt man sich,
warum der Staat nicht all die Aufgaben selber übernehmen
möchte, die er an die Kirchen delegiert hat

Es ist ja unten schon angeklungen. Die Kirchen können die Dienstleistungen günstiger anbieten. Das liegt an den geringeren Personalkosten.

Folglich müsste man als Antwort auf deine Frage eigentlich eher die Frage stellen, warum denn die Kirchen den Staat diese Aufgaben nicht selber übernehmen lassen. Der Grund ist - mal etwas polemisch formuliert - Kundenbindung. Man sichert sich dadurch auch zukünftige Einnahmen. Stell dir mal vor, nur eines von 20 Kindergartenkindern kann vom Glauben überzeugt werden und zahlt den Rest seines Lebens Kirchensteuern, was nicht passiert wäre, wenn es in einen konfessionsungebundenen Kindergarten gegangen wäre.

In der Öffentlichkeit kann man es natürlich so aussehen lassen, als sei man einfach nur sozial und mildtätig.

Gruß
Ultra

2 Like

Hallo,
ich vermute es hat wenig Zweck mit dir über deine Argumentation zu Diskutieren, da du hier offensichtlich ein für Dich stabilisierendes Feindbild hast.
Aber selbst dir müsste auffallen, dass deine Zahlen … seltsam sind.

Das fängt schon damit an, dass du angebliche 433 Mio an Aufwendungen für öffentliche soziale und Bildungsaufgaben aus Kirchensteuergeldern mit angeblichen staatlichen Subventionen in Höhe von 14,15 Milliarden verrechnest! Wobei völlig unklar ist wofür diese Subventionen sind. Entsprechende Subventionen werden ja nicht im luftleeren Raum gewährt und sind oft ebenfalls für karitative Tätigkeiten. Hier verrechnest du also mindestens zum Teil z. B. Ausgaben für Kindergärten gegeneinander, die sich in Wirklichkeit ergänzen.

Ich kenne das Buch nicht, aber aus anderen Berechnungen kenne ich die Strategien Leistungen der Kirchen klein zurechnen und die angeblichen Subventionen groß.
Da werden dann etwa die Steuerausfälle für die Steuerfreiheit von Aufwendungen für die Kirche einfach mal dazugezählt - als ob diese Mindereinnahmen des Staates den Kirchen zur Verfügung stünden. Oder es werden einfach mal die Kosten für theologische Universitätsstudiengänge komplett zur Subvention für Kirchen erklärt (komischerweise hält niemand BWL-Studiengänge für Subventionen der Wirtschaft).

Bei der Betrachtung der karitativen Leistungen werden dann nur direkte Zahlungen für spezielle allgemein karitative Einrichtungen berücksichtigt und schlicht ignoriert, dass kirchliche Einrichtungen und Angestellte oft einen mehr oder weniger großen Teil ihrer Tätigkeit für Jedermann leisten. Ob der Trägeranteil an Schulen und Kindergärten u. ä. berücksichtigt wird, weiß ich hier nicht, meistens wird er aber, wie von dir auch, geflissentlich übergangen, inclusive gefälliger Fehlinformationen (die Pflegeentgelte - heute DRGs - für Krankenhäuser enthalten schon lange keinen Investitionskostenanteil mehr, den du behauptest).

Außerdem sind immer noch ein Großteil der Bevölkerung Kirchenmitglieder, darum sind Angebote die von Mitgliedern in Anspruch genommen werden, gesellschaftliche Leistungen und dabei stehen viele Angebote prinzipiell Nichtkirchenmitgliedern offen. Wie bewertet man denn die kirchliche Jugendarbeit, die dabei allen Kindern offen steht? In den 433 Mio können die nicht enthalten sein.

Dein Hinweis auf die angeblich so großzügige Unterstützung der Gemeinden beim Gebäudeerhalt könnte humoristisch wirken, wenn da nicht die an Verachtung grenzende polemische Spitze mit den Vereinsheimen wäre.
Natürlich würde es manche nicht stören, wenn die Kirche in der Dorfmitte einstürzt oder für einen Parkplatz abgeräumt werden würde. Noch ist es aber verbreiteter Konsens, dass sie oft wichtige Kulturdenkmäler darstellen und nicht bloße Vereinsheime.

Aber vielleicht betrachtet das die von dir zitierte Quelle ja alles viel richtiger und differenzierter als hier erkennbar wird.

Gruß
Werner

2 Like

Hallo,

… Der Grund ist - mal
etwas polemisch formuliert - Kundenbindung. Man sichert sich
dadurch auch zukünftige Einnahmen. Stell dir mal vor, nur
eines von 20 Kindergartenkindern kann vom Glauben überzeugt
werden und zahlt den Rest seines Lebens Kirchensteuern, was
nicht passiert wäre, wenn es in einen konfessionsungebundenen
Kindergarten gegangen wäre.

Das kann man allerdings kaum noch als Polemik betrachten. Ich halte es eher für Unsinn oder mit viel Wohlwollen für Satire.

Gruß
Werner

1 Like

Das kann man allerdings kaum noch als Polemik betrachten. Ich
halte es eher für Unsinn oder mit viel Wohlwollen für Satire.

Sagt wer? Etwa der, der selber von Berufs wegen den Glauben unter Jugendlichen verbreitet?

1 Like

OffTopic

Das kann man allerdings kaum noch als Polemik betrachten. Ich
halte es eher für Unsinn oder mit viel Wohlwollen für Satire.

Sagt wer? Etwa der, der selber von Berufs wegen den Glauben
unter Jugendlichen verbreitet?

Du sagst das, als würde er irgendetwas verwerfliches tun.
Glaubst du er reibt sich zuhause die Hände und überlegt, wie er mehr zukünftige Steuerzahler züchten kann?
[@ Werner: Leider hast du ja deinen genauen Beruf gelöscht, aber ich behaupte einfach mal, dass du das nicht tust :wink:]

Wieso muss eigentlich immer die Kirche als böses Feindbild herhalten, dass allen das Geld aus der Tasche zieht? Aber kirchliche Trauung muss sein, „gehört ja dazu“.

LG,
Batz

Hallo Dummbatz,

ich denke, andere Meinung sind trotz allem noch zugelassen. Wenn ich (und andere) es kritisch sehen, Kindern und Jugendlichen eine Religion als Wahrheit nahezulegen, dann darf man das auch schreiben. Wenn das Leben ohne Religion zumindest als Alternative dargestellt werden würde, könnte man ja darüber reden.

Du kannst gerne weiterhin glauben, es ginge der Kirche nicht um Macht, Einfluss und Geld, sondern nur um Nächstenliebe.

Gruß
Ultra

3 Like

Halleluja
Hallo,
du hast mich erkannt.
Durch mich spricht Jesus. Ich beginne meinen Unterricht immer mit dem gemeinsamen Glaubensbekenntnis. Andersgläubige müssen derweile mit dem Gesicht nach unten auf dem Boden liegen. Bis zur Zwischenprüfung dürfen aber in der Regel alle Stehen, da sie ihren Irrtum erkannt haben.
(Ironie - Ende)

Aber mal im Ernst, ich gebe zu meine Antwort auf deinen Beitrag war nicht freundlich. Hat dich das dazu bewegt mich in dieser Art persönlich anzugehen? Glaubst du das stärkt deine Position in irgend einer Weise?

Weisst du wie es in kirchlichen Kindergärten zugeht?
Zumindest als Vater habe ich drei davon erlebt und wenn dadurch ein Kind zum Glauben gebracht wird, dann wäre das wirklich ein Wunder.
Kinder finden ihren Glauben nicht im Kindergarten und das Kirchengemeinden sich solche Einrichtungen als „Missionszentren“ zulegen, ist m. E. tatsächlich Unsinn. Das kann ich wirklich nicht anders ausdrücken.

Schau dir die Geschichte solcher Kindergärten an. Diese wurden in aller Regel ursprünglich von Gemeinden gegründet, um den Bedarf der Familien nach Betreuung zu decken. Meistens, weil es sonst niemand gemacht hätte. Nicht um Kinder fromm zu machen oder zukünftige Steuerzahler zu generieren. Daraus eine Marketingstrategie zu drehen, um unschuldige Kinder zu vereinnahmen ist im Grunde böswillig. Ich kann nicht glauben, dass du wirklich davon ausgehst, dass Eltern die sehr oft die Treibende Kraft hinter Kindergartengründungen waren deine Unterstellten Ziele Verfolgten. Wenn dein Beitrag also nicht doch Satirisch gemeint war hat eine solche Annahme wirklich an paranoide Züge.

Das du mit deinen Annahmen vielen der sich hier einsetzenden Menschen Hinterhältigkeit unterstellst und an Rufmord grenzende Unterstellungen verbreitest, bemerkst du wahrscheinlich gar nicht mehr. Dein Feindbild Kirche ist anscheinend schon völlig entmenschlicht.

Wenn du aber z. B. über die angebliche Motivation „der Kirche“ zur Kundenbindung und langfristigen Steuergewinnung schwadronierst, dann triffst du damit aufrechte Menschen, die oft viel Zeit, Mühe und auch ihr Geld eingesetzt haben, um eine Einrichtung wie einen Kindergarten zu ermöglichen.

Hier wird über die Steuergelder gejammert, die die böse Kirche zugschanzt bekommt. Dass die Kirchenmitglieder diese Steuern auch Zahlen und dazu noch die Kirchensteuer, das Ortskirchgeld und wahrscheinlich noch Spenden, das bleibt natürlich ungesagt. Das davon auch die Allgemeinheit profitiert - und sei es auch nur ein Bruchteil - dass wird in gierige Ausbeutung des Steuerzahlers verdreht.

„Die Kirche“, die diese Menschen bilden und dann noch so dumm sind Leute, die über jeden Euro jammern, den sie nicht für sich selbst ausgeben können, einzuladen, die müssen sich dann von Leuten wie dir noch beleidigen lassen, dass sie eigennützige Ziele verfolgen.

Trotzdem grüße ich dich
Werner

4 Like

das ist eine einfache Rechenaufgabe.

Zu den Zahlenspielen hat sich schon jemand geäußert. Statistiken sind immer schön, weil sie Objektivität andeuten, auch wenn sie mitunter höchst subjektiv sein können. Da ist es schwer, Zahlen einzuschätzen, die man nicht selber erhoben hat und einordnen kann.

fragt man sich,
warum der Staat nicht all die Aufgaben selber übernehmen
möchte, die er an die Kirchen delegiert hat,

Das kann man sich in der Tat fragen. Dazu sollte man mal
einfach zuerst eine andere Frage beantworten: Wer genau ist
denn hier „der Staat“, der „delegiert“ und finanziert?
Nicht zuletzt gewisse Parteien, die das hohe ‚C‘ im
Parteinamen tragen.

Zum einen bestimmen nicht die Kirchen, wer regiert, sondern die Mehrheit derer, die zur Wahl gehen. Zum anderen ändern sich meiner Erinnerung nach die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag und -rat im Laufe der Zeit, mitunter sogar von Wahl zu Wahl.

Soll das tatsächlich eine Aufgabe sein, die der Staat „an die
Kirchen delegiert hat“? Deren Vereinslokale zu pflegen und zu
sanieren? Ein solches Verständnis lässt tief blicken …

Es tut mir leid, wenn ich hier mißverständlich war, ich ging wohl zu voreilig davon aus, daß aus dem Kontext ersichtlich sein müßte, daß ich nicht von irgendwelchen Gemeindezentren, sondern den stadtbildprägenden Kirchen sprach. Ulm, Köln oder Dresden sind schöne Städte und sicher an sich schon eine Reise wert, doch es sind Münster, Dom und Frauenkirche, die die Stadtbilder prägen. Nicht nur, aber auch um dieser Kirchen willen kommen Jahr für Jahr Touristen, die ihr Geld wohl am wenigsten in den Kirche, vielmehr aber in Geschäften, Hotels und Gaststätten lassen. Das war gemeint.
Davon abgesehen bekommen aber auch Sportvereine und andere Verbände, die überhaupt nichts mit Kirche am Hut haben, öffentliche Zuschüsse für den Unterhalt ihrer Gebäude, warum als nicht auch die Kirche?

…weil die Kirchen ja so schrecklich arm sind …

Das Thema „Reichtum der Kirchen“ und der Unterschied zwischen dem Buchwert eines z.B. Kölner Doms und derselben Summe in barer Münze wurde schon ausreichend in diesem Forum diskutiert.

Davon abgesehen - die erwähnten
Kindergärten, Schulen, Krankenhäuser, Altenheime usw. sind
Wirtschaftsbetriebe, keine mildtätige Armenfürsorge.

Zwischen einer GmbH und einer gGmbH bestehen meines Wissens durchaus Unterschiede - auch zwischen den meisten kirchlichen Einrichtungen und den profitorientierten Wirtschaftsunternehmen, bei denen am Ende nur noch die Dividende zählt.

Sie tragen sich genau wie profane Betriebe auch aus
Leistungsentgelten der Nutzer (Krankenversicherung,
Pflegeversicherung, Kindergartengebühren usw.) sowie aus
öffentlichen Zuschüssen. Einschließlich Amortisierung der
Investitionskosten.

Die laufenden Kosten sind das eine, die Vorschußkosten für Grundstücke, Gebäude… das andere, das bei dieser Argumentation gerne übergangen wird. Und welche Folgen die grandiosen „Outsourcing“-Ideen mancher Kommunen, die z.B. ihr Krankenhaus-Gebäude im Rahmen eines us-amerikanischen Steuersparmodells verkauft und zurückgemietet haben, zeitigen, konnten wir in den zurückliegenden Jahren auch bewundern.

Dass die Arbeitskräfte in kirchlichen Kindergärten, Schulen,
Krankenhäuser und Altenheimen ehrenamtlich arbeiten, ist mir
neu.

Dann sehen Sie sich mal in Krankenhäusern (übrigens auch nicht-kirchlichen) um und erkundigen Sie sich, wer z.B. Besuchdienste und Seelsorge organisiert. Die „Grünen Damen“ sind nur ein Beispiel für kirchliches Ehrenamt an dieser Stelle, das sich in aller Regel um alle Patienten kümmert, nicht nur um Kirchensteuerzahler.

Was Ordensschwestern und Diakonissen angeht, so ist deren
Selbstausbeutung zugunsten der Kirche ihr Privatvergnügen -

Auch eine Möglichkeit, Ehrenamt zu diskreditieren. Bitte erweitern Sie die Liste um all diejenigen, die sich ebenso kosntelos für Parteien, Sportvereine, Freiwillige Feuerwehr, Umweltschutz und ähnliches kümmern.

Gruß, Martinus…

Folglich müsste man als Antwort auf deine Frage eigentlich
eher die Frage stellen, warum denn die Kirchen den Staat diese
Aufgaben nicht selber übernehmen lassen.

Vor ein paar Jahren hat die kath. Kirche beschlossen, aus der Schangerenkonfliktberatung auszusteigen. Der Aufschrei der Kommunen und Kreise war enorm, weil die diese Dienste nämlich nicht übernehmen wollten.

Der Grund ist - mal :etwas polemisch formuliert - Kundenbindung.

Der Grund ist, historisch betrachtet, die Verantwortung für die Gemeindeglieder. Es waren häufig nicht der Staat oder kommerzielle Träger, die Spitäler, Krippen… eingerichtet haben, sondern die Kirchengemeinde für ihre Gemeindeglieder. Und in Altenheimen und Krankenhäusern, die heute in aller Regel allen und nicht nur den eigenen MItgliedern offenstehen, sichert man sich keinen großen, zukunftsträchtigen Kundestamm mehr.

Und was die Prägung der Kinder angeht - jeder, der ein Kind erzieht, prägt es mit den Anischten, die er/sie selber für richtig und wichtig hält. Die einen beten vor dem Essen, weil sie es für geboten erachten, die anderen tun dies nicht. Die einen glauben, daß eine bestimmte Religion die richtige wäre, die andere glauben, daß alles irgendwie gleich sei. Warum ist die Prägung der einen nun verwerflich, die der anderen aber nicht?

Gruß, Martinus

Hi,
da weiter unten im Thread ja heftig diskutiert wird möchte ich noch den Grund für meine Frage nennen.

Im letzten halben Jahr kam es zu 2 „Vorfällen“ die mir dann doch zu denken gaben.

  1. Die Tochter einer Freundin von mir (nicht getauft) wurde nicht auf ein evangelisches Gymnasium aufgenommen. (Die Sinnhaftigkeit dieser Schulwahl lassen wir mal dahingestellt, es ging dabei wohl um die lange Fahrzeit zum anderen Gymnasium)
  2. Meine Nichte (Eltern ausgetreten) bekam keinen Platz im katholischen Kindergarten des Ortes - ist übrigens der einzige Kindergarten.

Begründet wurde das immer sehr offen mit der nicht vorhandenen Religionszugehörigkeit. Ich frage mich, ob es den Trägern solcher Institutionen klar ist, dass ihre Einrichtung und damit ihre Arbeitsplätze auch von Menschen finanziert werden denen sie den Zugang verweigern und die teilweise den Kirchen extrem kritisch gegenüberstehen.
Hier würde mich - ganz ernsthaft und nicht nur um der Streiterei willen - die Meinung von Menschen interessieren die bei kirchlichen Trägern arbeiten.

viele Grüße
Susanne

Hallo,

ich vermute es hat wenig Zweck mit dir über deine
Argumentation zu Diskutieren, da du hier offensichtlich ein
für Dich stabilisierendes Feindbild hast.

merkwürdig aber auch bezeichnend, dass da gleich ein „Feindbild“ gemutmaßt wird, wenn man sich mal für die Finanzen der Kirchen interessiert.

Das fängt schon damit an, dass du angebliche 433 Mio an
Aufwendungen für öffentliche soziale und Bildungsaufgaben aus
Kirchensteuergeldern

  • diese „angeblichen“ 433 Millionen sind genau die 8% der Kirchensteuereinnahmen, die nach Angaben der Kirchen nicht für innerkirchliche Aufgaben verwendet wurden. Wenn Du mit Deinem „angeblich“ etwas in Zweifel ziehst, dann sind das die Auskünfte der Kirchen selbst.

mit angeblichen staatlichen Subventionen
in Höhe von 14,15 Milliarden verrechnest!

Auch die sind nicht „angeblich“ sondern im Bundeshaushalt und im Subventionsbericht der Bunderegierung dokumentiert.

Wobei völlig unklar
ist wofür diese Subventionen sind.

War zwar schon verlinkt, aber bitte, speziell für Dich nochmals:
http://www.spart-euch-die-kirche.de/images/tabellesu…

Entsprechende Subventionen
werden ja nicht im luftleeren Raum gewährt und sind oft
ebenfalls für karitative Tätigkeiten. Hier verrechnest du also
mindestens zum Teil z. B. Ausgaben für Kindergärten
gegeneinander, die sich in Wirklichkeit ergänzen.

Nein. Wenn man die öffentliche Mitfinanzierung von Krankenhäusern, Kindergärten usw., die ja auch andere Träger erhalten (z.B. Arbeitersamariterbund, Arbeiterwohlfahrt oder private Träger) mitrechnen würde, käme man statt auf 14,15 auf 20 Milliarden € Subventionen. Natürlich habe ich das nicht mitgerechnet, weil damit eine öffentliche Aufgabe finanziert wird und diese Mittel nicht nur an Kirchen, sondern in gleicher Weise auch an andere Träger fließen.

Ich kenne das Buch nicht, aber aus anderen Berechnungen kenne
ich die Strategien Leistungen der Kirchen klein zurechnen und
die angeblichen Subventionen groß.

Dieser Strategie wäre ganz einfach zu begegnen - nämlich wenn die Kirchen ihre Finanzen und ihr Vermögen rückhaltlos offenlegen würden (was bei erwähnten Trägern ASB und AWO selbstverständlich ist). Die Kirchen tun das aus gutem Grund nicht.

Da werden dann etwa die Steuerausfälle für die Steuerfreiheit
von Aufwendungen für die Kirche einfach mal dazugezählt - als
ob diese Mindereinnahmen des Staates den Kirchen zur Verfügung
stünden.

Wenn Du Dir die Mühe gemacht hättest, die angebotenen Informationen überhaupt zur Kenntnis zu nehmen, bevor Du hier den Apologeten spielst, wäre Dir aufgefallen, dass auf der von mir verlinkten Webseite die Zahlen (die auf dem von mir empfohlenen Buch Frerks basieren) sehr wohl nach staatlichen Einnahmeausfällen aufgrund kirchlicher Steuerprivilegien (6,25 Milliarden) und direkten Subventionen (7,9 Milliarden) gesplittet sind.

Oder es werden einfach mal die Kosten für
theologische Universitätsstudiengänge komplett zur Subvention
für Kirchen erklärt

Was ist es denn sonst, wenn wenn sich die Kirchen die Ausbildung ihres Priesternachwuchses vom Steuerzahler finanzieren lässt?

(komischerweise hält niemand
BWL-Studiengänge für Subventionen der Wirtschaft).

Na, da vergleichst Du jetzt aber wirklich Erdbeeren mit Zwiebeln. Im Unterschied zu BWL ist Theologie keine Wissenschaft. Und die Unternehmen, die BWL-Absolventen einstellen, haben auch nicht das Recht, den Lehrstuhlinhabern an den Hochschulen nach eigenem Gusto Lehrbefugnis zu erteilen oder auch schon mal zu entziehen (so viel zur Freiheit der Lehre in dieser ‚Wissenschaft‘). Vom Skandal der Konkordatslehrstühle mal ganz schweigen.

Bei der Betrachtung der karitativen Leistungen werden dann nur
direkte Zahlungen für spezielle allgemein karitative
Einrichtungen berücksichtigt und schlicht ignoriert, dass
kirchliche Einrichtungen und Angestellte oft einen mehr oder
weniger großen Teil ihrer Tätigkeit für Jedermann leisten.

Der Sinn dieser Aussage erschließt sich mir nicht so recht. Vielleicht würde ein konkretes Beispiel helfen.

Ob
der Trägeranteil an Schulen und Kindergärten u. ä.
berücksichtigt wird, weiß ich hier nicht, meistens wird er
aber, wie von dir auch, geflissentlich übergangen,

Genau dieser ‚Trägeranteil‘ der Kirchen steckt in den 433 Millionen. Mehr ist das nicht.

inclusive
gefälliger Fehlinformationen (die Pflegeentgelte - heute DRGs

  • für Krankenhäuser enthalten schon lange keinen
    Investitionskostenanteil mehr, den du behauptest).

Mittlerweile nicht mehr. Logischerweise, weil die Investitionen nämlich vollständig von der öffentlichen Hand aufgebracht werden, nicht von den Trägern. Eine schöne Zitatensammlung aus kirchlichen Quellen findet sich hier: http://www.kirchensteuer.de/zusammkranken.html
Nur mal ein paar Beispiele:

_„Ihre Annahme, daß Kirchensteuermittel in die Finanzierung dieses Krankenhauses fließen, ist nicht richtig“ (Landeskirche Anhalts); „Die Diözese Augsburg gibt für Bau und Betrieb von Krankenhäusern aus Kirchensteuern keine Mittel aus.“; „… in der Tat wäre es äußerst problematisch, wenn die Kirche Kirchensteuern in den laufenden Betrieb kirchlicher Krankenhäuser einbringen und sie damit Bereichen subventionieren würde, in dem diese im Wettbewerb mit anderen Häusern stehen. Das geschieht auch nicht.“ (Ev. Kirche Baden); „…gibt keine Kirchensteuern für kirchliche Krankenhäuser aus“ (Erzbistum Berlin); „Der Betrieb der Krankenhäuser muß mit den Einnahmen aus den verhandelten Krankenhauspflegesätzen finanziert werden.“ (Bistum Dresden-Meißen); „Die Antwort fällt kurz aus: Das Bistum Erfurt gibt 0,0% der Kirchensteuer für die Krankenhäuser aus. Die Krankenhäuser … finanzieren sich ohne Zuschüsse des Bistums.“; „Im Bistum Essen besteht der Grundsatz, dass keine Kirchensteuermittel für kirchliche Krankenhäuser eingesetzt werden“; „Aus dem Haushalt des Bistums werden … keine in … kirchlicher Trägerschaft stehenden Krankenhäuser finanziert.“ (Bistum Fulda); „zur Zeit werden die katholischen Krankenhäuser … nicht aus Kirchensteuermitteln mitfinanziert.“ (Erzbistum Hamburg); „…finanzieren ihre Betriebs- und Investitionskosten genauso wie alle anderen Krankenhäuser. Mittel der Landeskirche werden für diese Bereiche nicht zur Verfügung gestellt.“ (Landeskirche Hannover); „keinerlei Kirchensteuermittel“ (Landeskirche Hessen-Nassau); „nicht bestätigen, dass kirchliche Krankenhäuser aus Kirchensteuermitteln finanziert werden.“ (Bistum Hildesheim); „Zuschüsse aus Kirchensteuermitteln … werden regelmäßig nicht gewährt.“ (Landeskirche Kurhessen-Waldeck); „…kann Sie mit der Information beruhigen, dass … keinerlei Kirchensteuermittel fließen.“ (Bistum Mainz); „in der Regel keine Kirchensteuermittel“ (Bistum Münster); „lt. Auskunft des Kirchenpräsidenten fließen in der Regel keine Kirchensteuern in die Finanzierung“ (Ev. Kirche Pfalz); „im Haushalt der Diözese … keinerlei Mittel vorgesehen“ (Bistum Regensburg); „…,dass die Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft nicht über die Kirchensteuer läuft.“ (Ev. Kirche Rheinland); „Finanzierung der Krankenhäuser in kirchlicher Trägerschaft erfolgt keinesfalls über die Kirchensteuern.“ (Landeskirche Sachsen); „Vielmehr müssen die Pflegesätze ausreichen.“ (Landeskirche Schaumburg-Lippe); „keine Kirchensteuermittel“ (Bistum Speyer); „kirchliche Krankenhäuser bekommen keine Kirchensteuermittel - nicht für die Regelfinanzierung und auch sonst nicht.“ (Ev. Landeskirche Württemberg).

„Unabhängig von der Trägerschaft eines Krankenhauses erfolgt die Finanzierung, wenn das Krankenhaus im öffentlichen Krankenhausplan aufgenommen ist, gemäß den Bestimmungen des Krankenhaus-Finanzierungsgesetzes (KHG). … die öffentliche Hand muss für die Investitionen (z. B. Gebäude, medizinische Geräte/Technik) aufkommen , entweder in Form von Einzelförderung … oder in Form einer Pauschalförderung … Sämtliche Kosten der Behandlung bzw. des laufenden Betriebes (d. h. Personal, … Betriebskosten, Instandhaltung) müssen durch die von den Krankenkassen zu zahlenden Entgelte abgedeckt werden.“ (Verbandsdirektor Norbert Groß vom Deutschen Evangelischen Krankenhausverband)_

Was die so großzügig zur Verfügung gestellten Grundstücke angeht - die verbleiben ja im Besitz der Kirche. Nur kommt nun zum Wert des Grundstücks noch der Wert der aus öffentlichen Mitteln finanzierten Bebauung hinzu.

Außerdem sind immer noch ein Großteil der Bevölkerung
Kirchenmitglieder, darum sind Angebote die von Mitgliedern in
Anspruch genommen werden, gesellschaftliche Leistungen

Das ist eine ziemlich gewagte Definition von „gesellschaftliche Leistungen“. Nenn doch einfach mal einen plausiblen Grund, warum die Leistungen der Kirchen für ihre Mitglieder (ca. 60% der Bevölkerung, die weitaus meisten davon nur auf dem Papier) von Nichtmitgliedern (den restlichen 40% der Bevölkerung) so großzügig mitfinanziert werden sollen.

und
dabei stehen viele Angebote prinzipiell
Nichtkirchenmitgliedern offen.

„Prinzipiell“ ist gut. Besonders schön sieht man das an Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft. Obwohl diese Einrichtungen über Nutzerbeiträge und öffentliche Gelder finanziert werden, hat der Träger das Recht, nur Mitglieder der eigenen Kirche als Mitarbeiter zu beschäftigen und er hat das Recht, die Aufnahme von Kindern ohne oder mit falscher Konfession zu verweigern.

Wie bewertet man denn die
kirchliche Jugendarbeit, die dabei allen Kindern offen steht?
In den 433 Mio können die nicht enthalten sein.

Nein, warum auch - da ist Nachwuchswerbung und -betreuung der Kirchen und etwas völlig Anderes als beispielsweise die weltanschaulich neutrale Jugendarbeit eine Sportvereins.

Enthalten ist in den 433 Millionen oder 8% des Kirchensteueraufkommen dafür z.B. Krankenhausseelsorge, also die Betreung der Mitglieder in Krankenhäusern. Versteht sich, dass diese Stellen aus Steuermitteln noch bezuschusst werden.

Natürlich würde es manche nicht stören, wenn die Kirche in der
Dorfmitte einstürzt oder für einen Parkplatz abgeräumt werden
würde. Noch ist es aber verbreiteter Konsens, dass sie oft
wichtige Kulturdenkmäler darstellen und nicht bloße
Vereinsheime.

Es wird dich vielleicht überraschen - aber ich bin selbst Mitglied im Förderverein unserer kulturhistorisch bedeutsamen spätgotischen Dorfkirche, auch wenn da die zugeknöpften Taschen der Kirche ein ständiges Ärgernis sind. Beispiel Dresdener Frauenkirche - wieviel hat denn die Kirche da zum Aufbau mitgetragen? Ich kann es Dir verraten: 0,0% (öffentliche Hand 38%; private Spenden, Schenkungen, Zuwendungen, Erbschaften 56%; der Rest war operatives Ergebnis der Fördergesellschaft).

Im Übrigen vergessen wir mal nicht, dass Martinus das Thema als „Argument“ vorgebracht hat und damit wohl den Anschein erwecken wollte, die Kirchen würden alleine und aus eigenen Mitteln für den Erhalt sorgen:

warum er nicht
selber für die Kirchengebäude in seinen Altstädten sorgt,

Meine Antwort darauf war: er tut es - und zwar nicht zu knapp.

Aber vielleicht betrachtet das die von dir zitierte Quelle ja
alles viel richtiger und differenzierter als hier erkennbar
wird.

Ja tut sie. Ich kann ja schlecht das ganze Buch von Carsten Frerk einscannen und hier posten. Du solltest es einmal lesen.

Freundliche Grüße,
Ralf

5 Like

Hallo Susanne,
bei Krankenhäusern, Kindergärten und anderen sozialen Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft handelt handelt es sich um sog. Tendenzbetriebe, in denen die Diskriminierung von Menschen auf Grund ihrer Religion gesetzlich ausdrücklich erlaubt ist. Das steht natürlich im Widerspruch zum Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes (das freilich gesetzlich eingeschränkt werden darf und auch wird) und nicht zuletzt auch im Widerspruch zum EU-Recht - konkret diversen Antidiskriminierungsrichtlinien (http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?ur… , http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?ur… , http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?ur… , http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?ur…), bei deren Umsetzung unsere Regierung regelmäßig die vom Europaparlament gesetzten Fristen verstreichen ließ und sich damit zum Schaden des Steuerzahlers diverse Vertragsverletzungsverfahren und Verurteilungen vor dem Europäischen Gerichtshof eingehandelt hat (EuGH Az. C-329/04, http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=d… und C-43/05, http://curia.europa.eu/jurisp/cgi-bin/form.pl?lang=d…). Man kann unschwer erraten, welche Lobby da regelmäßig den Bremser gespielt hat.

Es hat bis zum August 2006 gedauert, bis die einschlägigen EU-Richtlinien verspätet mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) umgesetzt wurden. Und in diesem Gesetz gibt es - wen überrascht es - natürlich eine Ausnahmeregelung, die sog. Kirchenklausel in § 9 (Zulässige unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder Weltanschauung).

Religiöse Diskriminierung ist nach deutschem Recht erlaubt, weil „eine unterschiedliche Behandlung wegen der Religion oder der Weltanschauung bei der Beschäftigung durch Religionsgemeinschaften“ „zulässig“ ist, „wenn eine bestimmte Religion oder Weltanschauung unter Beachtung des Selbstverständnisses der jeweiligen Religionsgemeinschaft“ „im Hinblick auf ihr Selbstbestimmungsrecht“ „eine gerechtfertigte berufliche Anforderung darstellt.“

Vereinfacht gesagt: wenn nach dem Selbstverständnis einer Religionsgemeinschaft in ihren Betrieben nur Angehörige der eigenen Religion arbeiten sollten, dann ist das eine gerechtfertigte berufliche Anforderung. Dann genügt es zur Erfüllung der Anforderung für eine bestimmte Stelle eben nicht, Erzieherin oder Sozialarbeiter zu sein, sondern man muss evangelische Erzieherin oder katholischer Sozialarbeiter sein.

So heisst es beispielsweise in der Präambel des Kirchengesetzes über die Mitarbeitervertretungen der EKD (in der katholischen Kirche ist das selbstredend nicht anders): „Kirchlicher Dienst ist durch den Auftrag bestimmt, das Evangelium in Wort und Tat zu verkündigen. Alle Männer und Frauen, die beruflich in Kirche und Diakonie tätig sind, wirken als Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Erfüllung dieses Auftrages mit. Die gemeinsame Verantwortung für den Dienst der Kirche und ihrer Diakonie verbindet Dienststellenleitungen und Mitarbeiter wie Mitarbeiterinnen zu einer Dienstgemeinschaft und verpflichtet sie zu vertrauensvoller Zusammenarbeit.“ - und verdeutlichend stellt die EKD klar: „Damit ist grundsätzlich jeder Dienst in Kirche und Diakonie von der kirchlichen Aufgabenstellung her geprägt.“ - und wer es immer noch nicht so recht verstehen will: „Im Grundsatz darf in den kirchlichen Dienst nur eingestellt werden, wer Mitglied einer Gliedkirche der EKD ist. Davon gibt es Ausnahmen. Zum Beispiel können muslimische Küchen- und Raumpflegekräfte in Kindergärten eingestellt werden.“

Also, Putze ist o.k. - als Ausnahme(!) mit entsprechender kirchenaufsichtlicher Genehmigung. Als Erzieherin ist eine Muslima oder Buddhistin hingegen grundsätzlich nicht tragbar. Wie Du selbst hier schilderst, können - von den arbeitsrechtlichen Privilegien einmal abgesehen - Eltern auch kein Recht auf Aufnahme ihres Kindes in einen kirchlichen Kindergarten geltend machen. Über die Aufnahme entscheidet der kirchliche Träger in eigener Verantwortung - Rechtsanspruch auf Kindergarten hin oder her. Wenn man nun sich noch klar macht, dass in Deutschland zwei Drittel(!) der Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft sind, dann wird schon deutlich, mit welchen Problemen nicht-christliche Eltern insbesondere auf dem Land konfrontiert sind. Da gibt es in der Regel nur den kirchlichen Kindergarten; oft nur einen für mehrere Dörfer.

Die gelegentlich anzutreffende irrige Ansicht, Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft würden ja von den Kirchen (womöglich über die Kirchensteuer) finanziert und daher seien solche Privilegien zumindest verständlich wenn nicht gar gerechtfertigt, wird ja andernorts in diesem Thread ausreichend klar widerlegt. Die kirchlichen Tendenzbetriebe finanzieren sich genau wie alle anderen Krankenhäuser, Altenheime, Kindergärten usw. durch ihre Einnahmen und durch Zuschüsse der öffentlichen Hand. Also durch Steuergelder, die jeder Steuerzahler, gleich ob Christ, Muslim, Buddhist oder Atheist aufzubringen hat. Auch wenn er dort ggf. trotz fachlicher Qualifikation wegen mangelnder religiöser Qualifikation nicht arbeiten darf. Was wiederum nun auch kein ganz ungetrübtes Vergnügen ist, denn in kirchlichen Tendenzbetrieben gilt ja auch kein Betriebsverfassungsgesetz und kein Personalvertretungsgesetz - allenfalls ein von den Kirchen selbstgebasteltes Kirchenarbeitsrecht. Und wer da am längeren Hebel sitzt, dürfte klar sein; das ist, als wenn der Arbeitgeberverband das Betriebsverfassungsgesetz beraten und verabschiedet hätte und nicht der Bundestag. Auf offene und kritische Stellungnahmen „von Menschen […] die bei kirchlichen Trägern arbeiten“ würde ich daher nicht allzusehr rechnen.

Kirchliche Tendenzbetriebe werden schon längst wie ganz normale Unternehmen geführt - nämlich nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Und gerade die arbeitsrechtlichen Privilegien dieser Betriebe sind Gesichtspunkte von nicht unerheblicher wirtschaftlicher Bedeutung. Dass da nun manche Leute der Ansicht sind, die Antidiskriminierungsrichtlinien der EU seien in Deutschland mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) von 2006 eben nicht ausreichend umgesetzt, darf da nicht verwundern.

Freundliche Grüße,
Ralf

3 Like

Die Finanzierung kirchlicher Einrichtungen ist, wie schon dargestellt, oftmals vielschichtig. Doch auch wenn das von die Kritikern gerne unterschlagen wird, sind es in der Regel die Religionsgemeinschaften, die z.B. mit Eigenkapital in Vorleistung gehen. Teilweise tragen sie auch Defizite aus eigenen Mitteln. Vor diesem Hintergrund kommt es häufig auf den Einzelfall an.

Wenn z.B. nur ein kirchlicher Kindergarten im Ort ist, und dieser auch noch zu 100% durch die Kommune defizitgedeckt ist, ist es schwer nachvollziehbar, warum nur Kinder aufgenommen werden, die tatsächlich der Kirche angehören - eben weil die Allgemeinheit ihren Beitrag zum Kindergarten leistet und es keine Alternative gibt. Hier sollte ggf. der Gang zum Rathaus Klärung bringen.
Gerade bei kirchlichen Schulen ist es jedoch häufig so, daß sie nicht die einzige, sondern die bevorzugte Möglichkeit sind (und sei es, weil sie einfach in der Nähe liegen…). Natürlich bekommt der Schulträger öffentliche Zuschüsse für den Schulbetrieb - weil die öffentliche Hand für jeden Schulplatz Geld bezahlt. Darüber hinaus steckt in der Regel auch hier weiteres Geld der Kirche oder der Kirchengemeinde drin, und das wirft auch die Frage auf, warum Kinder einen Anspruch darauf haben sollen, wenn ihre Familie ansonsten nichts mit der Kirche zu tun hat. Platt gesagt, wer nicht im Tennisverein ist, darf in der Regel auch nicht auf den Platz, da schreit auch niemand „Diskriminierung“, selbst wenn der Verein öffentliche Gelder für seine Sportarbeit bekommt. Im Gegenteil, wie soll man es den Vereins- bzw. Gemeindemitgliedern erklären, daß ihre Kinder keinen Platz bekommen, weil andere Kinder den Vorzug erhalten haben…?

Gruß, Martinus

1 Like

bei Krankenhäusern, Kindergärten und anderen sozialen
Einrichtungen in kirchlicher Trägerschaft handelt handelt es
sich um sog. Tendenzbetriebe,

Das bezieht sich aber in erster Linie nicht auf die betreuten, sondern auf die betreuenden Personen, sprich Angestellten. Und nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß dieses Vorrecht allen Religionsgemeinschaften zusteht, die entsprechend organisiert sind. Auch die israelitische Kultusgemeinde darf sich auf jüdisches Personal im Krankenhaus beschränken, und der islamische Kulturverein muß keinen christlichen Immam anstellen. Möglicher Weise hätte auch der Bund für Geistesfreiheit gute Chancen, eine kirchlich engagierte Kinderpflegerin für seinen Kindergarten abzulehnen, allerdings bin ich mir da nicht ganz sicher, ob die den Status einer anerkannten Religionsgemeinschaft haben.

Gruß, Martinus

Hallo Ralf,

das eigentliche Problem stellt sich mir nach dem Lesen Deines Artikels so dar: Es gibt (anteilig) zu viele Kindergärten in kirchlicher Trägerschaft.

Wenn die Eltern wünschen, dass ihr Kind im religiösen Umfeld aufwächst, besteht offenbar Nachfrage nach konfessionell gebundenen Kindergärten. Diese werden von der jeweiligen Kirchengemeinde aufgebaut. (Ja, von der Gemeinde. In meiner Gemeinde [Berlin-Adlershof, evangelisch] musste extra ein Kredit aufgenommen werden, um den bedarfsorientierten Umbau des Kindergartens zu finanzieren. Dieser Kredit wird noch jahrelang abbezahlt werden müssen. Die Gelder dafür kommen einerseits vom Kirchenkreis – das muss unser Gemeindekirchenrat jedesmal ausführlich beantragen –, andererseits auch zu einem großen Teil aus den Kollekten. Wenn wir auch nur neue Stühle brauchen, müssen wir jeden Cent zweimal umdrehen, weil wir eben noch an diesem Kredit kranken. Um die Wirtschaftlichkeit des Kindergartens zu steigern, mussten wir ihn bereits mit einem anderen evangelischen Kindergarten zusammenlegen, sonst könnten wir ihn gar nicht mehr finanzieren. Auf weitergehende Zuschüsse des Kirchenkreises können wir nicht hoffen, geschweige denn auf staatliche Zuschüsse. Und der Versuch, die Trägerschaft wenigstens der Kreiskirche zu übertragen, um die einzelnen Gemeinden zu entlasten, scheiterte natürlich am Widerstand der Gemeinden, bei denen der Kindergarten nicht ausgebaut werden musste, weil die Kinderzahl kontinuierlich sinkt, und bei denen der Kindergarten deshalb noch schwarze Zahlen schreibt.)

Wenn nun also die Eltern wünschen, dass ihre Kinder evangelisch erzogen werden, dann stellen die Gemeinden Kindergartenplätze dafür bereit. Das führt aber dazu, dass die Eltern, die auch brav ihre Kirchensteuer bezahlen (und damit – wenn auch nicht allein, so doch in erhöhtem Maße – den Kindergarten finanzieren), zuerst die Plätze bekommen. Normalerweise ist der Kindergarten damit aber nicht ausgelastet, und deshalb werden auch immer Kinder anderer Konfessionen oder konfessionslose Kinder aufgenommen.
Wenn nun für die konfessionslosen Kinder zuwenig Kindergartenplätze vorhanden sind, ist es Sache des Staates, zusätzliche Kindergärten einzurichten. Da trifft doch die Kirche keine Schuld, wenn der Staat (oder das Land? die Gemeinde?) es nicht auf die Reihe bekommt, auch »seinen« konfessionslosen Kindern Kindergartenplätze bereitzustellen. Und wie gesagt, wollte man die kirchlichen Kindergärten weiter ausbauen, um noch mehr Kinder aufzunehmen, würde die Kirchengemeinde bald am Hungertuch nagen.

Eine weitere Folge aus dem Elternwunsch nach evangelischer Erziehung ist, dass die Erzieher evangelisch sein müssen. Oder traust Du Dir zu (mal angenommen, Du wärst Erzieher), die Kinder im evangelischen Glauben zu erziehen? Gut, vielleicht könntest Du das sogar, Du kennst Dich ja aus – aber würdest Du es auch tun? Und selbst wenn, wäre das überzeugend? Kinder merken doch sofort, wenn die Erwachsenen ihnen etwas erzählen, woran diese selbst nicht recht glauben.

Ich glaube übrigens kaum, dass sich eine Kirchengemeinde einen Kindergarten leisten wird, wenn die Nachfrage nicht besteht. Ein Kindergarten schränkt die Handlungsfähigkeit der Gemeinde bei anderen kostenintensiven Aktivitäten doch gar stark ein.

Deshalb gibt es m.E. nur zwei Lösungen für das Problem, dass konfessionslose Kinder schwieriger einen Kindergartenplatz bekommen:
Entweder verbietet man Bildungseinrichtungen in kirchlicher Trägerschaft gänzlich (dann würden eben alle Kinder gleich schwer an einen Kindergartenplatz kommen), oder man richtet mehr staatliche Kindergärten ein, um den Bedarf vollends zu decken. Letzteres würde auch allen Erziehern die Arbeitsplatzsuche erleichtern.
Eine Regelung, die konfessionsfremde Erzieher und eine höhere Quote konfessionsfremder Kinder in kirchlichen Bildungseinrichtungen erlauben würde, käme der Abschaffung kirchlicher Bildungseinrichtungen gleich. In diesem Falle wären die Kirchen sicherlich nicht mehr bereit, ihr Geld in diese Einrichtungen zu investieren.

Übrigens ist Dir sicher bewusst, dass der Anteil konfessionsfremder Schüler in konfessionellen Schulen schon sehr hoch ist (ich weiß nicht mehr genau: 1/3 oder 1/2?), weil diese sonst auf außerkirchliche Zuschüsse verzichten müssten.

Liebe Grüße
Immo

1 Like

Eine Sache, die gern vergessen wird, sind theologische Fakultäten an Hochschulen.

Ich will hier gar nicht davon anfangen, dass Glaube und Wissenschaft von Hause aus einen Widerspruch darstellen. Aber es ärgert mich maßlos, dass meine Steuergelder benutzt werden um Priester bzw. gläubiges Personal auszubilden. Wenn ich die Kirchen schon nicht daran hindern kann, ihr Gedankengift in die Welt zu spritzen - muss es auch noch von meinem Geld geschehen?

Denn, im Gegensatz zu den Religionswissenschaften, müssen die Mitglieder einer theologischen Fakultät der zugeordneten Konfession angehören. Widerlich.