WIEVIELE Dialekte, welche DEFINITIONEN & ABGRENZUNGEN im SAARLAND?

Hey Leute

Mal ne Frage aus purer Neugierde & purem Wissensdurst (auch wenn es sicherlich noch viel nützlicheres Wissen gibt). Es wird zwar oft vom „saarländischen“ Dialekt gesprochen, aber „den“ saarländischen Dialekt gibt es ja eigentlich gar nicht, sondern im Saarland werden mehrere Dialekte gesprochen, obwohl das Saarland weniger als 1 Million Einwohner hat! Irgendwo hab ich mal im Internet gelesen, dass im Saarland angeblich 50 oder 60 Dialekte gesprochen werden, bei weniger als 1 Millionen Einwohnern… leider finde ich die Internetseite nicht mehr, auf der dies behauptet wurde (vielleicht findet sie ja jemand von euch nochmals). Ich frage mich nur wie diejenigen, die dies behauptet haben, Dialekte definieren & wie sie die unterschiedlichen Dialekte voneinander abgrenzen! Denn dass in jedem kleinen Dorf ein klein wenig bisschen anders gesprochen wird, als im nächsten Dorf, dies gibt es ja überall, nicht nur im Saarland & auch nicht nur im deutsprachigen Raum gibt es das, sondern auch in anderen Sprachräumen gibt es winzig feine Unterschiede im Dialekt von Dorf zu Dorf! Wenn aber jemand behauptet, dass es im Saarland (mit weniger als 1 Millionen Einwohner) 50 oder 60 verschiedene Dialekte geben würde, dann frage ich mich was dessen Definition von Dialekt ist & wie er/sie die Dialekte voneinander abgrenzt & mit welchen Maßstäben für einen eigenständigen Dialekt! Hat da jemand ne (Vor)ahnung oder kann da jemand nochmals dir Webseite finden, auf der dies behauptet wird?
Wenn ihr beispielsweise unter diesem Link http://www.lencioni.de/store/sks/2000.htm nur ein kleinwenig runterscrollt, so findet ihr dort eine „Dialekte-Landkarte“ des Saarlandes mit 6 verschiedenen Farben, d.h. mit 6 verschiedenen Dialekten & Mischdialekten…
Das Saarland liegt zwar auch auf dem „Rheinische Fächer“ bzw. die „Sankt Goarer Linie“ (auch als „dat-das-Linie“ oder „wat-was-Linie“ bzw. „Hunsrück-Schranke“ bezeichnet) geht mitten durch das Saarland… aber gleich 50 oder 60 verschiedene Dialekte bei weniger als 1 Millionen Einwohnern im gesamten, relativ kleinen Saarland???

Servus,

er definiert dann (unzulässig) jeden einzelnen Unterschied in Aussprache und Vokabular als Grenze zu einem anderen Dialekt und nimmt dafür möglicherweise noch den Zustand von lokaler Aussprache und Vokabular aus den 1930er Jahren (damals sind ziemlich detaillierte Karten erstellt worden). Dass man bis zur schnellen Erhöhung der Mobilität ab etwa 1820 jemandem anhand seiner Sprache auf den Kopf zusagen konnte, an welchem Ort er geboren und aufgewachsen war, war durchaus nicht nur im Saarland so - dass man in Gonsenheim anders sprach als in Hechtsheim, macht aber keine zwei verschiedenen Dialekte aus.

Schöne Grüße

MM

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Cool, hätten Sie freundlicherweise solche Karten?

Eine aus dem Übergangsbereich Schwäbisch - Alemannisch in der Gegend des 48. Breitengrades hab ich „irgendwo“, müsste da aber ziemlich nachgraben. Das hilft für das Saarland weniger - könnte mir aber denken, dass wegen der übersichtlichen Größe des Landes, aber vor allem wegen der sehr hohen Kooperationsbereitschaft der Landesbediensteten sowohl an der Uni-Bibliothek als auch in den öffentlichen Archiven vergleichbare Karten mit Erhebungen zum benutzten Vokabular und zur Aussprache weniger schwierig zu finden sind als in anderen Bundesländern, wo Archivarbeit eine Aufgabe für Pensionäre mit Tagesfreizeit ist.

Schöne Grüße

MM

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Hallo,

hier ist sogar von 120 Dialekten die Rede …

Beim dort erwähnten Verein für Landeskunde gibt es ein Projekt ‚Neue Saarlandkarte‘.

Gruß
Kreszenz

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wobei sich - wie oben angezogen - schon fragt, ob z.B. im Tal der Weihung ein anderer Dialekt gesprochen wird als im Tal der Rot, bloß weil die Leute in Hörenhausen das r in typischer Weise vorne auf der Zunge rollen („lorpsen“) wie ihre Nachbarn östlich der Iller.

Schöne Grüße

MM

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Aus den Erläuterungen (und auch den Hörbeispielen) des oben verlinkten Projekts geht hervor, dass solche Besonderheiten bei dieser Erfassung jedenfalls eine Rolle spielen.


und

Gruß
Kreszenz

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Eigentlich würden mich solche Karten für den gesamten deutschsprachigen Raum interessieren!

Wie feingliedrig solche Erhebungen sind, kann man grade in dem Grenzbereich Moselfränkisch - Rheinfränkisch sehen, für den Du Dich besonders interessierst, oder in dem vom Schwäbischen zum Alemannischen, in dem ich zwanzig Jahre lang gelebt habe - gröber als 1:50.000, höchstens 1:75.000 kann man da nicht gut arbeiten, und das gäbe für D ein riesiges, unhandliches Blatt - und Dinge (sicherlich nicht automatisch) zu digitalisieren, die einen fast hundert Jahre alten Zustand dokumentieren, ist ein bisselchen zweifelhaft. In diesem Zeitraum ändern sich nicht nur belanglose Einzelheiten - ich habe z.B. 1980 im Argental eine Bauernfamilie kennen gelernt, bei der der Nähne die Perfektform zu sî = sein noch auf Alemannisch mit gsî bildete, während sein Sohn bereits auf Schwäbisch gwäa sagte.

Wenn man unterhalb des eigentlichen Dialektes zur Mundart in der von Kreszenz vorgelegten Beschreibung kommt, gibt es dann auch solche Dinge wie eine unterschiedliche Aussprache des e in den gewesenen Reichsstädten Biberach (mehrheitlich evangelisch), Ravensburg (etwa paritätisch) und der jeweiligen Umgebung, im Fall Biberach mit Ausnahme von Röhrwangen, das zu Biberach gehörte. Wenn man solche Dinge topographisch darstellen will, kommt man schnell zu winzigen Räumen und entsprechend feinen Maßstäben.

Schöne Grüße

MM

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