Willensfreiheit und Bewusstsein

Die Diskussion hier im Brett über Grenzen des Denkens und Gottesbegriff hat in mir ein altes Problem hochkochen lassen. Mir geht es weniger um Meinungen dazu, ob es über die mit dem Determiismus kompatible Handlungsfreiheit hinaus eine Willensfreiheit gibt. Sondern mich ärgert immer noch eine allgemein anerkannte Behauptung meines Kollegen Singer. Als man herausfand, dass die Entscheidung der Bewusswerdung vorausgeht, nahm er das als Beweis für die Nichtexistenz des freien Willens, der eh keine Funktion habe. Ich meine, dass die sich nicht nachweisen lässt, und darüber hinaus, dass es angesichts komplexer Rückwirkungen egal ist, in welchen Arealen die eigentliche Entscheidung fällt.

Hallo

ob es über die mit dem
Determiismus kompatible Handlungsfreiheit hinaus eine
Willensfreiheit gibt.
Als man herausfand, dass die Entscheidung der Bewusswerdung
vorausgeht, nahm er das als Beweis für die Nichtexistenz des
freien Willens

man behauptet also eine „bewußtlose“ Zielorientierung.
Doch auch wenn dies so gegeben wäre-die Orientierung kann durch freien
Willen gedreht oder ignoriert werden.Dies Umorientierung als
deterministische Vorgabe zu belegen, dürfte wohl schwer fallen.
Freier Wille und „Handlungsfreiheit“ bedingen außerdem nicht.
Außerdem kann eine unterbewußte Entscheidung sehr wohl „reifen“
in einem freien „Willensraum“.
Der experimentelle „Nachweis“ des Zeitpunktes des Bewußtwerdens"
ist wohl sehr mit Willkür belegt.(eben mit freiem Willen)
Gruß VIKTOR

Das waren jetzt 3 Gedanken. In meiner Formulierung würden die sich so anhören:

  1. Dass eine (nichtstoffliche?) Kraft von außen auf die physiologisch unbewußte Entscheidung einwirken könnte.
  2. Dass es einen Entscheidungszeitpunkt nicht gibt, weil die Entscheidung eine Momentaufnahme eines Prozesses ist, auf den das Bewusstsein sehr wohl einwirken kann.
  3. Dass das Bewußtsein kein Ein-Aus-Zustand ist, was eine Zuordnung der Entscheidungsinstanz erschwert.

Habe ich das so richtig verstanden?
Dann wäre 2 ähnlich dem, was mir dazu eingefallen ist. Über 1 und 3 möcht ich erst noch nachdenken, das geht um 2 Uhr in der Früh nicht mehr.

Hallo,

Das waren jetzt 3 Gedanken. In meiner Formulierung würden die
sich so anhören:

  1. Dass eine (nichtstoffliche?) Kraft von außen auf die
    physiologisch unbewußte Entscheidung einwirken könnte.

„Kraft“ hin oder her,eine „Optimierung“ - für was auch immer -
ist in der Natur angelegt in welche auch der Mensch mit seiner
Entscheidungsfindung eingebunden ist. Doch diese „Optimierung“
zwingt ihn nicht, auch so zu „wollen“, sie legt es höchstens
nahe.Und hier setzt der Irrtum der Leugner von freien Willen an, daß
der Mensch mit seinem Wollen nur dieser (für ihn) günstigsten Vorgabe
folgen kann, wenn er dazu Handlungsfreiheit* hat. Nicht nur daß dies
nicht belegt ist - auch die tägliche Erfahrung widerspricht dem.
Dem wird entgegen gehalten, daß, wenn der Mensch zBsp. einer
sozialen, ethischen oder moralischen Willensbildung folgt,welche,
wenn er sie in Handlung umsetzt,ihm eigentlich Ungemach bereiten
würde,er ja aus der Besserung seiner subjektiven Befindlichkeit
Gewinn zieht und dadurch determiniert wird.
Dies mag sein, doch die Entscheidung moralisch zu wollen bleibt ihm
trotzdem. Außerdem ist in diesem Vorgang kein „physikalischer“
Ablauf, welcher den Naturgesetzen folgt, erkennbar.

  1. Dass es einen Entscheidungszeitpunkt nicht gibt, weil die
    Entscheidung eine Momentaufnahme eines Prozesses ist, auf den
    das Bewusstsein sehr wohl einwirken kann.

Ja.

  1. Dass das Bewußtsein kein Ein-Aus-Zustand ist, was eine
    Zuordnung der Entscheidungsinstanz erschwert.

Ja, jedenfalls insofern, daß die experimentelle Festlegung
willkürlich ist - was, wenn man es genau durchdenkt, ein Beleg
für „freien Willen“ sein könnte.(die „Kür“ des Willens)
Gruß VIKTOR
PS.
*Handlungsfreiheit und Willensfreiheit werden oft gleich gesetzt
oder bedingt, was falsch ist.

zu 1. Schoppi meint ja, der Mensch könne tun, was er will, aber nicht wollen, was er will. Das würde heißen, dass in dem ganzen Spiel der Erwägungen auch moralische Entscheidungen außerhalb des Blickwinkels täglicher Erfahrung auf physikalische und soziale Bedingungen zurückgehen, für die eine Annahme eines freien Willens nicht nötig ist. Das führt auf die Frage der Verortung dieser Kraft. Da

zu 2. Hier nahm ich an, dass das Bewusstsein sich auch an
teilweise unbewussten Prozessen beteiligen kann. Darin steckt eine starke Zuordnung des freien Willens auf das Individualbewusstsein. Könnte der freie Wille nicht auch als eine überindividuelle Eigenschaft der kulturellen Evolution gedacht werden, an der die Idividuen in individuell unterschiedlicher Weise teilhaben? Das scheint mir konkreter als Punkt 1.

zu 3. Die Bewusstseinsebenen bleiben interessant, aber für meine Frage haben sie ihren Dienst schon geleistet und mir geholfen bei der Anprangerung der Fehlinterpretation wissenschaftlicher Ergebnisse durch Singer (im Netz).

Gruß
Bumi

Gestatten: Prof. Singer, Bioroboter
Hi.

Sondern mich ärgert immer noch eine
allgemein anerkannte Behauptung meines Kollegen Singer. Als
man herausfand, dass die Entscheidung der Bewusswerdung
vorausgeht, nahm er das als Beweis für die Nichtexistenz des
freien Willens, der eh keine Funktion habe.

Wiki weiß über den Knaben:

„Singer fordert auch, dass die von ihm behauptete Nichtexistenz von Willensfreiheit Konsequenzen für unsere Konzeptionen von Schuld und Strafe haben müsse. Wenn naturwissenschaftlich gesehen niemand frei entscheiden könne, sei es nicht sinnvoll, Personen für ihr Tun verantwortlich zu machen. Gesellschaftlich untragbare Personen müssten „weggesperrt“ und „bestimmten Erziehungsprogrammen“ – so weiter wörtlich – „unterworfen“ werden.“

Zitat Ende.

Laut Singer sind wir quasi Bioroboter. Er selbst also auch. Wer aber gibt etwas auf das Geschwätz von Biorobotern, auch wenn sie hochdekoriert sind?

Du scheinbar nicht, und ich auch nicht.

Chan

Ohnmacht des Ich vs. Macht des Unbewussten
Hi.

man behauptet also eine „bewußtlose“ Zielorientierung.
Doch auch wenn dies so gegeben wäre-die Orientierung kann
durch freien Willen gedreht oder ignoriert werden.

Der freie Wille ist zunächst mal ein Postulat. Man muss ihn in der Lebenspraxis voraussetzen, da ansonsten das Prinzip der moralischen Selbstverantwortung in der Luft hinge, und ohne dieses Prinzip geht es nicht.

Ob es die Willensfreiheit faktisch gibt, ist eine ganz andere Frage. Die Beantwortung hängt an Voraussetzungen, die erst einmal geklärt sein müssen. Z.B. Gibt es ein Ich? Oder: Gibt es wirkliches Bewusstsein?

In der auf Lacan basierenden Psychoanalyse sieht man das Ich als rein imaginär an. Es ist hier keine Instanz, die festen Boden unter den Füßen hat und weiß, was sie tut. Das Ich (moi) gilt den Lacanianern eher als ein Ort der Täuschung über sich und andere.

Wie aber sieht es mit dem Bewusstsein aus (Voraussetzung für freien Willen), wenn sein vermeintlicher Träger, das Ich, nur eine imaginäre Existenz führt?

Gar nicht so gut. Hinter dem Ich und seinem Bewusstsein stehen laut Lacan die Strukturen und das Begehren des Unbewussten. Nicht dass das zum Nachteil der Menschen wäre - unsere Kultur und Moral sind Leistungen des Unbewussten, nicht des Ich. Das Ich redet sich nur ein, dass es die Quelle seiner Handlungen und Leistungen sei. Die wahre Quelle aber ist unbewusst.

In der Philosophie kennt man das Problem des unendlichen Regresses des Selbstbewusstseins. Wer sein Ich beobachtet, ist nicht das Ich, sondern ein Ich, das ein Ich beobachtet usw. Das „wahre“ Ich kann nie beobachtet werden.

Sogenannte bewusste Entscheidungen kommen daher faktisch aus dem Unbewussten. Erst nachträglich ordnet das Ich die Dinge so, als sei es selbst der Schöpfer von Entscheidungen.

Damit ist aber kein Determinismus propagiert. Der Faktor Freiheit wird einfach ins Unbewusste verlagert, denn dort ist sein Platz. Was das Ich tun kann, ist, für die Freiheit des Unbewussten möglichst gute Rahmenbedingungen zu schaffen. Natürlich ist auch diese Aktivität des Ich wieder nur ein Effekt eines unbewussten Strebens.

Chan

Hallo

man behauptet also eine „bewußtlose“ Zielorientierung.
Doch auch wenn dies so gegeben wäre-die Orientierung kann
durch freien Willen gedreht oder ignoriert werden.

Der freie Wille ist zunächst mal ein Postulat.

Nein.

Man muss ihn in
der Lebenspraxis voraussetzen, da ansonsten das Prinzip der
moralischen Selbstverantwortung in der Luft hinge, und ohne
dieses Prinzip geht es nicht.

Das eine hat mit dem anderen nicht zu tun.

Ob es die Willensfreiheit faktisch gibt, ist eine ganz andere
Frage. Die Beantwortung hängt an Voraussetzungen, die erst
einmal geklärt sein müssen.

Nein.

Z.B. Gibt es ein Ich?

Dies muß nicht geklärt werden.Wenn es dies nicht gibt, bist Du garnicht in der Lage dies zu hinterfragen.Schon daß Du hier hinterfragst, sagt aus, ICH hinterfrage und will damit wahrgenommen
werden.

Oder: Gibt es wirkliches Bewusstsein?

Dafür gilt das gleiche wie vor.
Was Du da treibst sind „intellektuelle“ Spielereien ohne Substanz.

In der auf Lacan basierenden Psychoanalyse…

Der Lacan kann mich mal…

Wie aber sieht es mit dem Bewusstsein aus (Voraussetzung für
freien Willen), wenn sein vermeintlicher Träger, das Ich, nur
eine imaginäre Existenz führt?

Auch das ist Kappes.
Du führst irgendeine Behauptung vor und nimmst diese dann als Gegebenheit welche eine weitere „vernünftige“ Hinterfragung suggeriert.
So geht das nicht.

Gar nicht so gut. Hinter dem Ich und seinem Bewusstsein stehen
laut Lacan…

Wir gesagt. Ich lasse nicht von Lacan für mich denken.

In der Philosophie kennt man das Problem des unendlichen
Regresses des Selbstbewusstseins.

Auch da gilt - wer ist „man“.

Wer sein Ich beobachtet, ist
nicht das Ich, sondern ein Ich, das ein Ich beobachtet usw.
Das „wahre“ Ich kann nie beobachtet werden.

Kappes - „wahres“ ICH.

ICH ist die Wahrnehmung meines Seins.Es besteht kein
Handlungsbedarf, dies irgendwie zu beobachten.

Gruß Viktor.

Hallo,

zu 1. Schoppi meint ja, der Mensch könne tun, was er will,
aber nicht wollen, was er will.

das kann ich jetzt nicht nachvollziehen.Wer (was) hindert mich daran
zu wollen was ich will ? Wie geht das ?
Wo könnte ich jemals (allgemein)tun was ich will, also wo
ist Handlungsfreiheit a priori gegeben ?

Das würde heißen, dass in dem
ganzen Spiel der Erwägungen auch moralische Entscheidungen
außerhalb des Blickwinkels täglicher Erfahrung auf
physikalische und soziale Bedingungen zurückgehen, für die
eine Annahme eines freien Willens nicht nötig ist. Das führt
auf die Frage der Verortung dieser Kraft. Da

Hab ich jetzt nicht so ganz verstanden.

zu 2. Hier nahm ich an, dass das Bewusstsein sich auch an
teilweise unbewussten Prozessen beteiligen kann.

Wie ist das gemeint ? Meinst Du unterbewußten ?

Darin steckt
eine starke Zuordnung des freien Willens auf das
Individualbewusstsein. Könnte der freie Wille nicht auch als
eine überindividuelle Eigenschaft der kulturellen Evolution
gedacht werden…?

Nein.Ohne Individuum kein freier Wille,überhaupt kein Wille.
Ist Wille ohne Freiheit überhaupt darstellbar ?
Gruß VIKTOR

Hallo Viktor,
zu 1. Wenn ich mich recht erinnere (lange her), seien wir durch ein kollektives Fundament stärker bestimmt als durch unsere Individualität. Aber wie auch immer, man muss doch für möglich halten, dass es für die Handlungen, mit denen die Empfindung einer Willensfreiheit verknüpft ist, Ursächlichkeiten gibt, auf die wir keinen Einfluß haben und die unsere subjektiven Empfindungen relativieren. Du zweifelst ja sogar die Handlungsfreiheit an, obwohl die ja deutlich unter der Willensfreiheit steht. Die Handlungsfreiheit ist ja auf das System des handelnden Ich bezogen und bei Übereinstimmung der wie immer zustandegekommenen Absicht mit den Durchführungsbedingungen per definitionem gegeben.
1a. Du hattest angezweifelt, dass auch moralische Entscheidungen unfrei sein können. Das sind solche, die in der Absicht richtigen Handelns pragmatische, nicht unmittelbar logische Erwägungen zulassen. Diese Entscheidungen gehen mit der gleichen physikalischen Welt und den gleichen sozialen Bedingungen um wie die Logik. Wodurch also entstünde die neue Qualität der Freiheit?
zu 2. Verschiedene Wechselwirkungen des Bewusstseins mit unterbewußten und unbewußten Prozessen sind denkbar. Ich dachte an das Zustandekommen der (moralischen) Haltung. Der Mensch beobachtet an sich die Wirkung unbewußter Prozesse, urteilt und intendiert bewußt, vollzieht ebenso bewußt künftige Reaktionsweisen vor, die dann Eingang ins Unbewusste finden, wo dann eben die Entscheidungen fallen, die nach Prof. Singer ihrer Bewußtwerdung vorausgehen. Dieser Mechanismus der Rückwirkung entkräftet Singers Beweis der Willensunfreiheit.
Dass der freie Wille des Individuums Teil eines freien Willens der Evolution sein könnte, gefällt dir nicht. Für dich ist sogar der Wille überhaupt eine Eigenschaft des Individuums. Welche Kräfte da Wille genannt werden und welche anders, ist ziemlich Definitions- oder Geschmackssache. Besagter Schopenhauer sieht die Welt ja als Wille und Vorstellung.
„Ist Wille ohne Freiheit überhaupt darstellbar?“
Für mich nicht, ich brauche den Begriff der Freiheit für meine Logik, sie ist ein fundamentaler Operator. Aber ich bemühe mich, das System zu betrachten, in welchem er gilt.

„… Erziehungsprogrammen unterworfen“, sagt er, schreibst du.
Da gruselt es mich ja noch mehr. Denn solche Visionen kommen ihm, nachdem er wirklich nichts weiter herausgefunden hat, als dass Entscheidungsprozesse vor ihrer Bewusstwerdung fallen. Letzteres glaube ich ihm ja, aber als Wissenschaftler bin ich verdammt vorsichtig in der Auswertung dieses nackten Befundes. Ich habe Viktor schon eine Rückwirkung des Bewusstsein auf das Unterbewusste beschrieben, die ausreicht, Singers Visionen den Boden zu entziehen (schiefe Metapher).
In welcher Welt lebt er, wenn er offenbar keine Sekunde darüber nachdenkt, wer den für diese ErziehungsPROGRAMMIERUNG verantwortlich sein könnte?

„Gibt es wirkliches Bewusstsein?“
Manche gehen mit diesem Begriff um, als sei er ein postsynaptisches Potential. Natürlich hat der Begriff seine unverzichtbare Funktion, wie der des freien Willens, aber bevor man mit diesem Koffer um sich schmeißt, sollte man doch mal nachsehen, was drin ist.

Ebenso mit dem Ich. Tolle Sache, unverzichtbar, ich liebe es. Aber 1000 mal labiler als die Leute meinen, die nichts von Deprivationsversuchen wissen. Das Ich sitzt zum großen Teil in der Umgebung. Kommen nicht dauernd Millionen von Rückmeldungen, ist es weg. Nicht schlecht, dass Lacan wieder da ist.

Singer billigt der Evolution Kreativität zu. Immerhin. Steckt da nicht der Freiheitsberiff drin? Geht die Freiheit nicht auf uns über, wenn wir den Ich-Begriff gesundschrumpfen?

Hallo,

zu 1. Wenn ich mich recht erinnere (lange her), seien wir
durch ein kollektives Fundament stärker bestimmt als durch
unsere Individualität.

was willst Du damit begründen ?

Aber wie auch immer, man muss doch für
möglich halten, dass es für die Handlungen, mit denen die
Empfindung einer Willensfreiheit verknüpft ist,

Was ist das ? Empfindungen einer Willenfreiheit ?
Es geht hier nicht um die Befindlichkeit für freies Entscheiden,
sondern real darum „kann ich frei Wollen“.
Ich schrieb schon am 15.1 11:47 an Dich
Du vermischt dies mit „frei vollbringen“, setzt dies wohl gleich.
Handlungsfreiheit und Willensfreiheit werden oft gleich gesetzt
oder bedingt, was falsch ist.

Ursächlichkeiten gibt, auf die wir keinen Einfluß haben und
die unsere subjektiven Empfindungen relativieren.

Genau, dies gilt für das Handeln.

Du zweifelst ja sogar die Handlungsfreiheit an,

Was Du mit vorigen Sätzen auch getan hast.

obwohl die ja deutlich unter der Willensfreiheit steht.

Wie soll Deine Zunordnung aussehen - unter oder über - was bedingt
dies konkret ?

Die Handlungsfreiheit ist ja
auf das System des handelnden Ich bezogen und bei
Übereinstimmung der wie immer zustandegekommenen Absicht

Der freien Absicht.

mit den Durchführungsbedingungen per definitionem gegeben.

Ist keine Übereinstimmung gegeben dann wird eben die"Absicht"
(der freie Wille) nicht berührt aber die freie Handlung beschränkt
oder verhindert.

1a. Du hattest angezweifelt, dass auch moralische
Entscheidungen unfrei sein können.

Hab ich das ?
Meinst Du hier mit Entscheidung das Wollen oder der der Handlung
vorausgehenden Entscheidung ?
Es ist tägliche Erfahrung, daß wir Entscheidungen treffen, welche
wir so nicht wollen.
Ich zitiere hier ausnahmsweise mal aus dem NT, Röm.7.15
Denn ich tue nicht, was ich will; sondern, was ich hasse, das tue ich
Diese Erfahrung ist uralt- sie kann nicht wegdiskutiert werden.

Dass der freie Wille des Individuums Teil eines freien Willens
der Evolution sein könnte, gefällt dir nicht.

Ich bin zu sehr Realist, als daß ich der Evolution, der „Natur“
dem Weltall oder sonstwas irgendeinen freien Willen zudenken könnte,
in dem mein freier Wille eingebunden ist.

Für dich ist sogar der Wille überhaupt eine Eigenschaft des

Individuums…
Eine Kennzeichnung des dafür ausgestatteten Individuums.
Ja. Ich kann ihn sonst nirgends zuordnen ohne grausame Verrenkungen.

Welche Kräfte da Wille genannt werden

Ich weiß es nicht.

„Ist Wille ohne Freiheit überhaupt darstellbar?“
Für mich nicht, ich brauche den Begriff der Freiheit für meine
Logik, sie ist ein fundamentaler Operator.

Da sind wir uns ja einig.
Gruß VIKTOR

Hallo Viktor,
ich beziehe mich durchgehend auf unsere Korrespondenz, nur zitiere ich nicht gerne seitenlang. Also, zu 1.: Ich will damit zunächst nichts begründen, sondern es ging um Schopi (im Konjunktiv). Im Zusammenhang mit den Faktoren, die unseren Willen beeinflussen.

„Was ist das ? Empfindungen einer Willenfreiheit?“
Eine Empfindung würde ich als innere Wahrnehmung bezeichnen, auch gekoppelt mit einer äußeren. Wenn ich mich zum Beispiel frei fühle, etwas zu tun, ist das wohl eine Empfindung. Wenn ich darüber nachdenke, ob ich „frei wollen kann“, gehören auch solche Empfindungen zu den Informationen, die ich dabei verarbeite. Unser Denken ist angewiesen auf einen ununterbrochenen Wust von direkten und indirekten Wahrnehmungen. Das ist es wohl auch, was der von Chan erwähnte Lacan bedenkt. Du brauchst allerdings keine Angst zu haben, dass dir eigene Gedanken verlorengehen, wenn du auf ihn eingehst.

Noch bevor du vermutetest, ich „vermische“ etwas, erwähnte ich den Unterschied zwischen Willensfreiheit und Handlungsfreiheit, indem ich feststellte, letzterer stehe nicht zur Debatte. Die H. lässt sich aufgrund ihrer schon erwähnten Definition kaum anzweifeln, sondern es lässt sich allenfalls die Begriffsaxiomatik ablehnen.

Du bist zu sehr Realist, als dass du der Evolution einen freien Willen zuordnen könntest, andere sind zu sehr Realist, als dass sie dem Ich einen freien Willen zuordnen können, wieder andere meinen, man könne gar nicht zu sehr Realist sein.

Einer ist realistisch, weil der den Rahmen des verbalisierbaren Denkens unbesehen hinnimmt. Der andere ist realistisch, weil er zugibt, dass er die Freiheit für ein Stück Nichts hält. Währenddessen hält seine Frau die Freiheit für eine Struktur, und beide haben erwachses Kinder miteinander, ohne ihre Freiheirtsbegriffe abgeglichen zu haben.

Gestatten: Prof. Singer, Materialist

„… Erziehungsprogrammen unterworfen“, sagt er, schreibst du.

Nun, das steht so in Wiki. Er schreibt bzw. spricht nach meinen weiteren Recherchen darüber in: Wolf Singer: Ein neues Menschenbild? Gespräche über Hirnforschung, Frankfurt/Main 2003, S.34.

Da gruselt es mich ja noch mehr. Denn solche Visionen kommen
ihm, nachdem er wirklich nichts weiter herausgefunden hat, als
dass Entscheidungsprozesse vor ihrer Bewusstwerdung fallen.

Das haben auch andere herausgefunden, z.B. John C. Eccles. Die Schlüsse, die man daraus zieht, können aber in sehr verschiedene Richtungen gehen.

Letzteres glaube ich ihm ja, aber als Wissenschaftler bin ich
verdammt vorsichtig in der Auswertung dieses nackten Befundes.

Dürfte ich erfahren, wie deine wissenschaftliche Tätigkeit aussieht?

In welcher Welt lebt er, wenn er offenbar keine Sekunde
darüber nachdenkt, wer den für diese ErziehungsPROGRAMMIERUNG
verantwortlich sein könnte?

Seine Welt(anschauung) ist materialistisch. Er rechnet sich dem Naturalismus zu, was einem materialistischen Weltbild entspricht (es gibt nur Materie, und Geist ist ein Effekt des Materiellen).

Chan

Tautologisches Argument
Hi.

Der freie Wille ist zunächst mal ein Postulat.

Nein.

Ein Postulat ist ein unbeweisbarer Grundsatz. Willensfreiheit ist in der Lebenspraxis und in der Rechtsprechung ein solches Postulat. Denn dieser Grundsatz ist unbeweisbar, aber notwendig.

Z.B. Gibt es ein Ich?

Dies muß nicht geklärt werden. Wenn es dies nicht gibt, bist Du garnicht in der Lage dies zu hinterfragen.

Das Argument ist tautologisch: es setzt voraus, was es beweisen will. Du setzt voraus, dass nur ein Ich handlungs- und entscheidungsfähig ist. Das stimmt aber nicht. Es ist das Unbewusste, das die Entscheidungen und Handlungen der Menschen steuert. Schau dir z.B. Fußballspiele an: dort haben die Akteure oft gar keine Zeit, um Aktionen kontrolliert zu überdenken - sie handeln einfach, und das oft mit erstaunlicher Perfektion und Komplexität. Auch die Improvisationskunst in der Musik beweist, dass das Unbewusste komplexe und sinnvolle Gebilde hervorbringen kann.

Oder beobachte debattierende Menschen. Die bringen viel schneller Sätze hervor, als sich ein Ich auf die Schnelle zurecht legen könnte. Die Sätze sprudeln förmlich heraus. Und woraus? Aus dem Unbewussten.

Das gleiche gilt für alle geistigen und körperlichen Handlungen, auch die komplexesten. Es gibt mehrere Untersuchungen, die belegt haben, dass das Bewusstsein nicht die Quelle von Entscheidungen ist, da diese jenem zeitlich vorausgehen. Diese Untersuchungen kannte Lacan noch nicht, als er seine Thesen über das unbewusste Subjekt aufstellte.

Bestimmte Richtungen der modernen Philosophie (Strukturalismus und Poststrukturalismus) streiten also ab, dass es ein in sich ruhendes Subjekt gibt, das souverän seine Handlungen lenkt. Vielmehr ist das Subjekt auf eine Weise intersubjektiv vernetzt, dass es nicht wirklich als autonome Instanz angesehen werden kann. Vor allem die Psychoanalyse hat mit dem autonomen Subjekt aufgeräumt. Auch Hegel hatte das individuelle Subjekt dem absoluten Subjekt (Weltgeist) untergeordnet. Desgleichen Schopenhauer (Weltwille). Ganz zu schweigen von den Buddhisten und den Hinduisten.

Schon daß Du hier hinterfragst, sagt aus, ICH hinterfrage und will damit wahrgenommen werden.

Das ist wieder eine Tautologie, die voraussetzt, was sie beweisen will. Du hast per Erziehung das Wort „Ich“ gelernt und denkst, das reiche aus, um die Faktizität eines „Ich“ zu belegen. Es reicht aber längst nicht aus. Auch das Ich ist, wie die Willensfreiheit, nur ein unbeweisbares Postulat.

Was Du da treibst sind „intellektuelle“ Spielereien ohne Substanz.

Solange du keinen aussagekräftigen Gegenargumente (sondern nur kraftlose Tautologien) lieferst, bist du bessere Alternativen schuldig.

In der auf Lacan basierenden Psychoanalyse…

Der Lacan kann mich mal…

Brilliante wissenschaftliche Ausdrucksweise.

Chan

wo du fragst
Hallo Chan,

meine wissenschaftliche Tätigkeit habe ich vor etlichen Jahrzehnten aufgegeben, um ein Handwerk zu lernen. Ich war Biologe mit neurophysiologischem Schwerpunkt. Den Eccles habe ich auch gewälzt, die hartnäckigste Erinnerung daran ist der dunkelblaue Leineneinband.

Viele Materialisten haben sich ein paar gute politische Gedanken gemacht. Dass ihn da nicht wenigstens Singers Lektor dran erinnert hat …

Wenn ich mich mal kurz einmischen darf: ein Postulat ist m.E. weder ein Axiom noch ein Dogma, sondern einfach eine (unbewiesene) Forderung.

Jetzt lese ich, dass du Singers Argument übernimmst, ohne auf meine Entkräftung einzugehen. Ich gab zu bedenken, dass bewusste Prozesse auf das Unterbewusste resp. Unbewusste zurückwirken und so Entscheidungen bahnen (google dort) können.

Hallo Chan,

Der freie Wille ist zunächst mal ein Postulat.

Nein.

Ein Postulat ist ein unbeweisbarer Grundsatz.

Freier Wille ist aber kein Grundsatz.
Noch nicht mal Wille ist ein Grundsatz.
Wille ist eine Definition (Begriff) einer Gegebenheit.
Hunger ist auch kein Postulat.
Wenn etwas undenkbar ist ohne das andere so ist dies auch kein
Postulat.
Wie ist Wille denkbar ohne Freiheit ?
Nach unseren sprachlichen und inhaltlichen Definitionen nicht.
Mal aus WIKI
Ein Postulat (von lat.: postulatum = „Forderung“) ist ein Grundsatz, den man akzeptieren kann oder nicht.
Nun kann ich auch diese Definition akzeptieren oder nicht.
(Aber nur mit freiem Willen, auch gegen meine Überzeugung)
Man braucht überhaupt nichts akzeptieren.
Wenn ich für etwas keine Wahl habe gibt es auch keine Freiheit für
Akzeptanz.
Nach Deinem Vorgehen könnte ich alles zum Postulat machen, weil ich
alles bezweifeln kann - was ja auch verschiedentlich gemacht wird.
Bestimmte Erscheinungen in unserem Sein werden eben benannt und
als gegeben akzeptiert.
Du kannst zwar hinterfragen - wie kommt dies zustande ? Wodurch wird
es bewirkt ? Habe ich vergleichende Beispiele um dies zuordnen zu können ?
Du willst aber eine Gegebenheit hinterfragen ob sie überhaupt da ist.
Gut - Du sagst , Wille ist keine Gegebenheit , ist nicht da.
Die Erfahrungen des Willen (oder was so benannt wird) wäre eine
illusorische Zuordnung einer „Erscheinung“ !
Die Erscheinung ist aber doch da, egal wie Du sie zerpflückst.

Z.B. Gibt es ein Ich?

Dies muß nicht geklärt werden. Wenn es dies nicht gibt, bist Du garnicht in der Lage dies zu hinterfragen.

Das Argument ist tautologisch: es setzt voraus, was es
beweisen will.

Nein.Wenn ich mit dem Hammer einen Nagel einschlage dann ist es nicht
tautologisch, zu behaupten, daß ich dies ohne diesen nicht vollbracht hätte.
Die Fähigkeit zu hinterfragen setzt eben diesen freien Willen voraus
weil kein Vorgang belegt oder gedacht werden kann, Hinterfragung zu
bewirken.(außer Du konstruierst wilde Vorgänge).
Wenn dabei unter hunderten von Hinterfragungen auch die Hinterfragung
des Willens dabei ist,ist das nicht tautologisch zu sehen.

Du setzt voraus, dass nur ein Ich handlungs-
und entscheidungsfähig ist. Das stimmt aber nicht. Es ist das
Unbewusste, das die Entscheidungen und Handlungen der Menschen
steuert. Schau dir z.B. Fußballspiele an: dort haben die
Akteure oft gar keine Zeit, um Aktionen kontrolliert zu
überdenken - sie handeln einfach,

Nachdem sie vorher mit Disziplin und eisernem Willen Vorgänge eingeübt
haben, einem Willen, welcher durch die Motivation (Steuerung)nicht
ersetzt werden kann.
Dein Beispiel geht nach hinten los.

und das oft mit erstaunlicher Perfektion und Komplexität.

Ohne vorangegangenen Willen dazu wäre (in der Regel) nix.

Oder beobachte debattierende Menschen. Die bringen viel
schneller Sätze hervor, als sich ein Ich auf die Schnelle
zurecht legen könnte. Die Sätze sprudeln förmlich heraus. Und
woraus? Aus dem Unbewussten.

Nein, sie sind aus dem „Bewußten“ im Unter bewußten abgelegt.
Auch Kreativität - das meinst Du wahrscheinlich - ist nicht Ausdruck
von Bewußtlosigkeit und gesteuertem Handeln (statt gewolltem Handeln).
Auch Tiere haben Kretivität !-Gut.
Aber je höherwertig und komplexer die Kreativität ist, welche sich nicht nur auf materielle Gestaltung beschränkt (z.Bsp. auch unsere
Argumentationsfindung hier) desto mehr Bewußtsein (freier Wille ?)
ist hier gegeben um ihr Gestalt zu verleihen.

Das gleiche gilt für alle geistigen und körperlichen
Handlungen, auch die komplexesten.

Genau - mit meinen ergänzenden Darlegungen.
Außerdem ist es von Dir eine nicht belegbare Festlegung, daß
Wille und Handlung konform sind - so daß alle Beispiele hinken.

Es gibt mehrere Untersuchungen, die belegt haben, dass das
Bewusstsein nicht die Quelle von Entscheidungen ist, da diese jenem
zeitlich vorausgehen.

Wegen der Willkür der Festlegung des „Zeitpunktes“ sind diese
Untersuchungen nicht aussagefähig zu Gunsten Deiner Behauptung.
Außerdem ging es hier um die Frage ob freier Wille gegeben ist.
Ich kann bei diesen Versuchen keinen Anhalt finden,so oder so,
diesen zu belegen oder zu verwerfen.

Bestimmte Richtungen der modernen Philosophie (Strukturalismus
und Poststrukturalismus) streiten also ab, dass es ein in sich
ruhendes Subjekt gibt, das souverän seine Handlungen lenkt.

Schon wieder die Vermischung von „Wollen“ und „Handeln“.
Ab diesen Zeitpunkt hört jede Diskussion auf da durch die
Vermischung nichts mehr verifiziert werden kann.

Auch Hegel hatte das…

Desgleichen Schopenhauer (Weltwille).
Ganz zu schweigen von den Buddhisten und den Hinduisten.

Das ist das Ende der Qualität der Diskussion.

Schon daß Du hier hinterfragst, sagt aus, ICH hinterfrage und will damit wahrgenommen werden.

Das ist wieder eine Tautologie, die voraussetzt, was sie
beweisen will.

Du BIST vorausgesetzt - mehr - Du bist wahrnehmbar - kein
Postulat.
Hör auf mit diesen Verrenkungen.

Was Du da treibst sind „intellektuelle“ Spielereien ohne Substanz.

In der auf Lacan basierenden Psychoanalyse…

Der Lacan kann mich mal…

Brilliante wissenschaftliche Ausdrucksweise.

Muß manchmal sein.Ist fremdgesteuert.Kein freier Wille.
Oder warum Deine Kritik ? Weil Du mir doch einen freien
Willen unterstellst ? Na, na !
Gruß VIKTOR