Wer kennt sie nicht, die Internethändler vom Orinocodelta, die ihre handbemalten Vasen weltweit verkaufen möchten, aber nur wegen der hohen Überweisungsgebühren bzw. der fehlenden Banken in Armut leben müssen.
Auch die Idee, praktisch kostenlosen Zahlungsverkehr in Echtzeit weltweit praktizieren zu wollen, klingt natürlich fantastisch, geht aber an jeder Lebensrealität vorbei. Grenzüberschreitender Zahlungsverkehr spielt bei Privatpersonen praktisch keine Rolle. Für den Fall, daß doch mal eine Tasse in Großbritannien oder ein Käse in Frankreich gekauft und nicht mit Kreditkarte bezahlt werden soll, gibt es SEPA, paypal usw., die für Privatpersonen auch kostenlos sind.
Um die Sache noch einmal strukturiert anzugehen: warum gibt es Geld?
Geld ist Zahlungsmittel, Wertaufbewahrungsmittel und Recheneinheit. Geld erleichtert uns das Leben, weil man nicht ständig mit halben Schafen rumlaufen muß, um es gegen ein Pfund Kartoffeln oder einen Tisch einzutauschen. Geld speichert Werte (sofern nicht galoppierende Inflation herrscht) und man kann Preise und Werte besser in Euro vergleichen als in mittelgroßen Kartoffeln oder eben halben Schafen.
Was kann der Bitcoin besser als Geld (z.B. Euro)?
Zahlungsmittelfunktion: nichts von praktischer Relevanz für Privatpersonen; es gibt kostenlose Zahlungssysteme, die auch in Echtzeit funktionieren und das zum Teil auch weltweit. Manche führen den Vorteil der Anonymität auf, aber stimmt so ohne weiteres auch nicht. Außerdem ist das vor allem für Kriminelle relevant. Für Unternehmen ist der Bitcoin auch nicht so interessant, weil die Kosten für andere Zahlungssysteme durch andere Vorteile aufgewogen werden (z.B. Sicherheit bei Akkreditiven und Dokumenteninkasso, Beleihbarkeit von Wechseln, Cashpooling bei Giralgeld).
Aber Nachteil: man braucht ein digitales Netz und Geräte. Für kleinteilige Zahlungen unterwegs ist Bitcoin daher so mittelmäßig geeignet.
Wertaufbewahrungsmittel: derzeit keine Vorteile, sondern aufgrund der erheblichen Wertschwankungen noch weniger geeignet als die türkische Lira, der venzuelanische Bolivar oder der botswanische Pula.
Recheneinheit: keine Vorteile, da zu ungebräuchlich. Das Rechnen mit Bitcoin erfordert weitere Rechenschritte, daher eher mit halben Schafen und mittelgroßen Kartoffeln vergleichbar.
Jenseits der volkswirtschaftlichen Kriterien gibt es natürlich das nerdige, was manche cool finden. Allerdings gibt es auch Menschen, die sich Euromünzen aus allen Ländern ansehen und Geldscheinnummern bei EuroBillTracker eingeben. Also auch hier keine Vorteile.
Fazit: der Bitcoin hat keine realen Vorteile, wenn man nicht gerade Krimineller ist. Alles andere sind herbeigeredete und übertriebene und vor allem für den normalen Privatmenschen nicht relevante Scheinvorteile.