Wird Söder immer bl… äh klüger?

Hallo,

der bayrische Finanzminister hat behauptet, dass deutsche Sparer in diesem Jahr durch die Nullzinspolitik der EZB 100 Milliarden Euro verlieren. Auf Anfrage rechnete er vor:

Das Sparvermögen deutscher Haushalte belaufe sich auf fünf Billionen Euro. Zwei Prozent davon ergäben nun einmal 100 Milliarden. So hoch sei die Inflation.

Söder unterstellt einfach, die gesamte Summe brächte keinerlei Rendite. Die Realität sieht anders aus.

geldpolitik-ezb-sparer-infografik

Selbst bei den Lebensversicherungen (die Zahlen der Allianz werden in dem Bericht genannt) gibt es bei zwei Prozent Inflation noch moderate Zuwächse.

„Was Söders Rechnung überhaupt nicht berücksichtigt: Viele Menschen profitieren von den niedrigen Zinsen. Etwa eine Billion Euro haben die Bundesbürger in Aktien oder Investmentfonds gesteckt. Die Aktienkurse aber haben in den vergangenen Monaten kräftig zugelegt. Die meisten Menschen besitzen überdies nicht nur Geld, sondern auch Schmuck, Autos, Wohnungen, Häuser. Dieses sogenannte Sachvermögen ist in den meisten Fällen viel wichtiger als das Finanzvermögen. Nach Schätzungen der Bundesbank besitzt jeder Haushalt im Schnitt 187.000 Euro an Sachvermögen, aber nur 53.900 Euro an Finanzvermögen.“

„Die deutschen Verbraucher haben nicht nur viel Vermögen angehäuft, sie haben auch hohe Schulden. Der Gesamtwert der Verbindlichkeiten beläuft sich auf 1,6 Billionen Euro. Wenn die Zinsen sinken, dann können diese Schulden günstiger bedient werden. Diese Zinsersparnis müsste also streng genommen von den Zinsverlusten abgezogen werden.„

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

1 Like

Und Du glaubst, dass sich ein Kreditinstitut freiwillig den gesunkenen Zinsen anpasst obwohl vertraglich ein höherer Zinssatz vereinbart ist?
Dann träum mal weiter von der geringeren Verschuldung durch die Niedrigzinspolitik eines Herrn Draghi. ramses90

HJS sitzt auf einem Aktiendepot und ist damit Profiteur der Niedrigzinspolitik.

Völlig selbstlos hingegen ist seine Kritik an der Kritik der Niedrigzinspolitik, die von Söder allerdings auch überzogen (populistisch) dargebracht wurde. Sicher ist Söder der einzige Politiker in Deutschland, der es mit Fakten nicht so genau nimmt. Alles andere kann ich mir nicht vorstellen :stuck_out_tongue_winking_eye: und es würde zudem

  • das Ansehen Deutschlands in der WELT …
  • Arbeitsplätze …
  • Öl ins Feuer …
  • einen Flächenbrand …
  • den Rechten …
  • die Integration …
  • dem IS …
  • dem Frieden in EUropa …
  • die Demokratie …
  • Vielfalt und Buntigkeit …

irgendwas eben.

Hallo,
der Zuwachs bei Aktien, der auf die Senkung der Zinsen zurueckzufuehren ist, sollte sich bei Anstieg auch wieder in Luft aufloesen. Ebenso der Kursgewinn bestehender Anleihen.

Hallo Helmut,

hier mal eine Entwicklung des DAX seit 1959:

DAX-lang1

Nach Deinem Modell müßte das eine waagrechte Linie sein. Das ist nicht der Fall, aber das bedeutet nicht, dass es auch anders verlaufen kann.

Ich habe jetzt z.B. einen DAX-ETF. Der erhöht sich, wenn der Dax steigt. Aber dort investiert zu sein, ist kein lebenslanges Schicksal. Ich beobachte eine Reihe von Idikatoren, die mich rechtzeitig über eine negative Entwicklung ins Bild setzen sollen. Zum Beispiel Inflationsrate, Zinsentwicklung, aber auch die Aussagen eines einschlägigen Nobelpreisträgers.

Kommt der Crash, habe ich im Prinzip zwei Möglichkeiten. Die dümmere: Ich verkaufe alles und lege das Geld auf Konten an, die Zinsen bringen (bei mir ist das Rabo). Später steige ich nach einer Bodenbildung wieder ein und kann jetzt für das gleiche Geld wesentlich mehr Anteile kaufen, von was auch immer.

Die intelligentere Variante: Ich investiere einen Teil meines Geldes bei einem Short-ETF auf den DAX. Dann gibt es mehr Geld, wenn der DAX sinkt. Dabei musst Du immer bedenken, dass ich ein Amateur bin. Die Profis kennen noch bessere Möglichkeiten. Die großen Vermögen an der Börse werden aus Crashs geboren.

Wenn Du wissen möchtest, was im Großen möglich ist, google mal Norwegischer Staatsfond. Und wenn es um die weniger Begüterten geht: Wer mit zwanzig in einen ETF-Sparplan mit fünfzig Euro monatlicher Rate einsteigt, braucht sich um seine Rente keine Sorgen zu machen.

Aber die Deutschen singen ja lieber das Hohe Lied des Untergangs und klappern den Takt dazu mit den Zähnen.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider

Oh du glücklicher…

Hallo ramses90,

neulich hat mich meine Bank angerufen und erklärt, sie führe mein Anlagekonto ab sofort kostenlos. Das war eine rein freiwillige Geste. Davon steht nichts in den Geschäftsbedingungen.

Allgemein tun die Banken nicht freiwillig, was ihren Profit schmälert. Aber wenn die Zinsen für Kredite fallen, müssen die Banken auch die Zinsen für bereits bestehende Zinsen anpassen, weil die Kreditnehmer sich sonst anderswo versorgen. Ich rede hier nicht von einem Kredit für Gebrauchtwagen.

Isis behüte Dich, Großer Pharao, Hans-Jürgen Schneider

Söder hat hier einfach rotzfrech gelogen. Und über diese Milchmädchenrechnung, die dann aus seinem Ministerium kam, kann man im Grunde auch nur mehr den Kopf schütteln.

1 Like

Hallo,

ohne zu wissen, ob Herr Söder es nicht besser wußte oder sich bewußt kurz faßte: das Problem liegt doch darin, daß die wenigsten Journalisten und Leser bzw. Zuseher eine komplexe Darstellung der Gesamtsituation hören wollen oder verstehen können. Tatsache ist, daß die niedrigen Zinsen uns in vielerlei Hinsicht beeinflussen, wobei natürlich nicht jeder Effekt, jeden trifft.

Ein paar Überlegungen dazu und zur Frage (ohne besondere Reihenfolge):

  1. Die niedrigen Kreditzinsen einfach, d.h. ohne jeder weitere Differenzierung gegen die niedrigen Guthabenzinsen zu rechnen, ist unredlich. Der Großteil der Verschuldung ist lang- und mittelfristig und deren Verzinsung reagiert dementsprechend nicht so schnell auf externe Zinseffekte wie die Verzinsung von Guthaben.

  2. Es geht nicht nur um unmittelbare Forderungen (Guthaben) und Verbindlichkeiten (Kredite) der Privatpersonen, sondern auch um mittelbare Guthaben und andere verzinsliche Anlageformen. Dies betrifft private Renten- und Lebensversicherungen, aber auch jede andere Art von Versicherung, weil deren Erträge aus Kapitalanlagen deutlich geringer ausfallen (bzw. die Ausfälle aufgrund eingegangener Risiken zwecks Erzielung höherer Erträge zunehmen) und dementsprechend die Beiträge nicht mehr subventionieren können. Dies betrifft private Krankenversicherungen genauso wie Haftpflicht-, Hausrat- und KFZ-Versicherungen. Da das ein schleichender Effekt ist, werden allerdings die wenigsten diesen Effekt wahrnehmen und die Versicherungsgesellschaften gehen mit dem Thema auch nicht hausieren.

  3. Die niedrigeren Zinsen führen zu niedrigeren Diskontierungssätzen bei der Abzinsung von zukünftigen Verpflichtungen von Unternehmen, auch wenn der Gesetzgeber mehrfach versucht hat, diesen Effekt abzumildern. So oder so werden diejenigen Unternehmen erheblich belastet, die in der Vergangenheit Zusagen für Betriebsrenten abgegeben haben. Einerseits durch die höheren Aufwendungen für die Bildung von Rückstellungen, andererseits aber auch, weil die zu diesem Zwecke angelegten Gelder geringer verzinst werden und ein höherer Anteil der späteren Auszahlungen an Pensionäre aus dem betrieblichen Cashflow bezahlt werden muß. Das führt zunächst zu niedrigeren Unternehmenswerten (d.h. niedrigerer Aktienkurs bei börsennotierten Gesellschaften) und niedrigeren Ausschüttungen und - sofern der Zustand noch länger anhält - auch zu einer höheren Zahl von Insolvenzen.

  4. Durch die niedrigen Zinsen steigt der Wert vermieteter Immobilien, da die zukünftigen Mieten mit einem geringeren Satz abgezinst werden. Wer zufällig eine solche Immobilie zur Hand hat und verkaufen kann/will, profitiert von den niedrigen Zinsen.

  5. Wer Eigentümer einer Eigentumswohnung ist, ist Mitglied einer Eigentümergemeinschaft, die in der Regel auf hohen Guthaben sitzt. Üblicherweise liegen diese Guthaben auf marktnah verzinsten Konten.

Über die reinen, vordergründigen Zinseffekt hat sich übrigens die Allianz mal Gedanken gemacht. Dort kam man auf einen negativen unmittelbaren Zinseffekt von rd. 5 Mrd. Euro pro Jahr - für Deutschland. Aber da fehlen eben alle anderen Effekte. Die Größenordnung ist aber sicherlich realistischer als die von Herrn Söder genannte.

Gruß
C.

Hallo C_Punkt,

Du hast wieder mal die Problematik sehr gur erklärt, wenn auch nur im Überblick. Wollte man auch nur die wichtigsten Aspekte näher behandeln, käme bestimmt ein Buch heraus.

Danke für Deine Erklärungen, Hans-Jürgen Schneider

Hallo Hans-Jürgen!

So ähnlich lauten die Argumente für kapitalgedeckte Alterssicherung. Die Geschichte u. a. des ersten halben Jahrhunderts kapitalgedeckter Rente in D zeigt aber, dass die Phasen wirtschaftlich stabiler Verhältnisse deutlich kürzer als ein Berufsleben sein können. Am Ende solcher Entwicklung sind die lebenslang gutgläubig Datenstrings und bedrucktem Papier vertrauenden Menschen die Verlierer. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem sie die Früchte lebenlanger Arbeit und Zahlerei dringend bräuchten, statt dessen aber auf Armenspeisung und Kleiderkammern verwiesen werden.

Als Zuckerl obendrauf mag Kapitaldeckung taugen, aber als ausschließliche Versorgung halte ich solche Vorgehensweise für russisches Roulette, eher geeignet für Leute, die wirklich einen Revolver in der Schublade haben.

Gruß
Wolfgang

Die Zinsbindung ist Dir nicht geläufig, oder?

Man kann das Thema auch völlig anders angehen.

Grundsätzlich bedeutet Inflation doch Wert- und Kaufkraftverlust. Realverluste. Dies gilt nicht nur für Spareinlagen, sondern auch für Versicherungen, die irgendwann einmal ausbezahlt werden (auch bei konstanter Rendite).

Die Ansage, dass Schuldner wie Häuslebauer profitieren, ist falsch. Sie vermindern lediglich ihre geplanten (Kredit-) Verluste. Insofern ist die „Gegenverrechnung“ m.E. daher grundsätzlich unzulässig.

Franz

Hast du denn schon mal was von Umschuldung gehört?

Klar, wenn die Zinsbindungsfrist abgelaufen ist. :smirk:

Soll doch tatsächlich mal vorkommen :smirk:

Details zu einer möglichen Kreditkündigung kannst du übrigens dem Wikiartikel entnehmen. In den meisten Fällen ist eine vorzeitige Kündigung möglich, von günstigeren Konditionen, die eine Bank von sich aus anbieten kann, ganz zu schweigen.

1 Like

Die meisten Kredite sind nicht kurzfristig kündbar. Da hilft auch keine Vielzahl von Kündigungsmöglichkeiten für eine Vielzahl von Kreditarten nicht.

Wir können nun lange und breit darüber lamentieren, wann welcher wie und warum oder auch nicht vorzeitig kündbar ist.

Fakt bleibt, dass diese

Aussage Nonsens ist. Käme sie von Söder, würdest Du sie auch sogleich als Lüge klassifizieren.

Eine Bank muss den Zins für einen Hauskredit (Zinsbindung zehn Jahre) keinesfalls anpassen.

Nö. Das unterstellt der nicht. Der sagt ja nicht, dass es keine gibt, sondern er benennt nur einen Verlust.
Und er stellt eben auf die Sparer ab und nicht auf die Anleger in Aktien, Immobilien usw., auch wenn da der eine oder andere sicher sowohl das eine als auch das andere ist. Und vielleicht stellt er ja auch nur auf realisierte Verluste ab, und verrechnet sie auch nicht mit Buchgewinnen.

Wer Geld erarbeitet hat, hat Geld. Zins ist nicht erarbeitetes Geld. 0 Zins halte ich immer und ewig für gut. zumindest finanziell.
Mögen gute Taten Zins erbringen.

Hallo,

der Satz sollte heißen

Die Banken sind nicht gesetzlich gezwungen, sondern handeln aus anderen Gründen.

Gruß, Hans-Jürgen Schneider