Wo beginnt eigentlich Rassismus

Hallo,
ich weiß nicht, ob ich hier richtig bin, aber das ist ein so übergreifendes Thema, dass ich nicht weiß, wohin damit sonst.

Wo beginnt eurer Meinung nach der Rassismus und wie kann man damit intelligent umgehen.
Ist es Rassismus wenn jemand Engländer als „Inselaffen“ bezeichnet, oder ist das eine „normale“ verbale Entgleisung, und reicht ein „Entschuldigung, aber ich bin in Amerika aufgewachsen und wir mögen die Engländer halt nicht“ aus, oder kann man da mehr erwarten?
Ist die Äußerung, dass Schwarze und Weiße zusammen keine Kinder haben sollten, weil „das ja schon farblich nicht passt und überhaupt nur Deutsche mit Deutschen…“ nun eine zutiefst rassistische Äußerung, oder fällt das noch unter Humor?
Ist jemand, der seine Wohnung mit eher sehr rechts stehenden Accessoirs ausstattet und Fotos von seinen Kumpels da liegen hat, die nicht nur Stoppelhaar, Glatze, entsprechende Klamotte tragen sondern auch den rechten Arm zum Hitlergruß erhoben nun als rechts zu verdächtigen, oder begeht man den eine ungerechtfertigte Anschuldigung, weil er ja damit „nur“ kokketiert?
Sind Leute, die zwar jung, aber durchaus von diesem Planeten, sind und die lauthals verbal über „Japse“ herziehen, weil sie Hunde essen und anderes, was sich auf unserer Speisekarte nicht findet nun irgendwie fremdenfeindlich geprägt oder nicht.
Oh ja, sie alle kaufen im russischen Kaufhaus ein, gehen italienisch Essen und finden sich weltoffen und liberal, weil „das Essen von denen schmeckt“ und natürlich fahren sie nach Spanien, Griechenland und die Türkei in Urlaub, sie tragen wir alle anderen Kleidung, die rund um die Welt gefertigt wurde und jeder kennt mindestens 3 Ausländer, mit denen er befreundet ist.
Aber was macht man, wenn man mit solchen Äußerungen konfrontiert wird, was würdet ihr machen?
Und darf man verschärfter reagieren, wenn man als Bestandteil einer Multi-Kulti-Familie betroffen ist?
Haben diese Leute ein Recht auf Toleranz? Genügt es sich selbst abzugrenzen und dann zur Tagesordnung überzugehen? Kann man das überhaupt? Oder bin ich schlicht zu empfindlich?
Vielen Dank für eure Meinung und eure Tipps
Susanne

Hallo,

Ist es Rassismus wenn jemand Engländer als „Inselaffen“
bezeichnet, oder ist das eine „normale“ verbale Entgleisung,
und reicht ein „Entschuldigung, aber ich bin in Amerika
aufgewachsen und wir mögen die Engländer halt nicht“ aus, oder
kann man da mehr erwarten?

Ich denke, die Bezeichnung „Inselaffe“ wird auch in Deutschland von Deutschen benutzt. Das ist wohl aber noch als „normal“ einzustufen und sollte nicht überbewertet werden. Ich denke, die „Inselaffen“ haben für uns Deutsche noch ganz andere Bezeichnungen auf Lager…

Ist die Äußerung, dass Schwarze und Weiße zusammen keine
Kinder haben sollten, weil „das ja schon farblich nicht passt
und überhaupt nur Deutsche mit Deutschen…“ nun eine zutiefst
rassistische Äußerung, oder fällt das noch unter Humor?

Da dies eine sehr dümmliche Äußerung ist, kann man diese nicht ernst nehmen, daher meiner Meinung nach-> Humor!

Ist jemand, der seine Wohnung mit eher sehr rechts stehenden
Accessoirs ausstattet und Fotos von seinen Kumpels da liegen
hat, die nicht nur Stoppelhaar, Glatze, entsprechende Klamotte
tragen sondern auch den rechten Arm zum Hitlergruß erhoben nun
als rechts zu verdächtigen, oder begeht man den eine
ungerechtfertigte Anschuldigung, weil er ja damit „nur“
kokketiert?

Ich denke, man kann Freunde aus allen „Lagern“ haben. Oder meidest Du Menschen nur wegen ihrer politischen Meinung?? Ist er wegen einer idiotischen politischen Gesinnung ein schlechterer Mensch? Kann man sich deswegen vielleicht weniger auf ihn verlassen?

Sind Leute, die zwar jung, aber durchaus von diesem Planeten,
sind und die lauthals verbal über „Japse“ herziehen, weil sie
Hunde essen und anderes, was sich auf unserer Speisekarte
nicht findet nun irgendwie fremdenfeindlich geprägt oder
nicht.

Ich denke, nur weil sie japanisches Essen nicht kennen oder sich nicht vorstellen können, sind sie nicht gleich fremdenfeindlich. Vielleicht fahren sie dafür ein japanisches Auto???

Aber was macht man, wenn man mit solchen Äußerungen
konfrontiert wird, was würdet ihr machen?

Man kann doch versuchen, die Meinung des anderen sich anzuhören und versuchen zu verstehen, warum er diese Meinung hat?!
Einem Menschen intolerant gegenüberzustehen, nur weil er vielleicht eine andere Meinung hat? Damit stellt man sich ja vielleicht auf seine Stufe, oder??

Und darf man verschärfter reagieren, wenn man als Bestandteil
einer Multi-Kulti-Familie betroffen ist?

Wie bereits erwähnt, sollte man nicht alles all zu ernst nehmen. Vielleicht auch mal versuchen, es mit einem Schmunzeln aufzunehmen. Ist die Äußerung ernst gemeint, oder nur Satire/Provokation??

Haben diese Leute ein Recht auf Toleranz? Genügt es sich
selbst abzugrenzen und dann zur Tagesordnung überzugehen? Kann
man das überhaupt? Oder bin ich schlicht zu empfindlich?

Wie bereits geschrieben, Toleranz gehört auf alle Seiten…
Zu sagen, weil mir Deine Meinung, xy nicht zu tolerieren, nicht passt, toleriere ich Dich nicht, macht Dich nicht besser als Ihn/Sie…

Gruß
Florian

Hallo,

Da dies eine sehr dümmliche Äußerung ist, kann man diese nicht
ernst nehmen, daher meiner Meinung nach-> Humor!

Meine Kinder (Mutter schwarz, Vater weiß) würden das
nicht wirklich als Humor empfinden.
Nichtsdestotrotz sind sie in einem Land geboren, wo
diese Gesinnung bis 1994 gesetzlich verankert war;
die ganz spezielle Regelung, die Geschlechtsverkehr
zwischen verschiedenen Rassen unter Strafe stellte,
war immerhin bis 1986 in Kraft.

„Dümmlich“, finde ich, verharmlost. Die Behauptung ist
saudumm.

Gruß
Elke

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Wo beginnt eurer Meinung nach der Rassismus

Rassismus ist die Geringschätzung anderer Menschen allein aufgrund ihrer Hautfarbe.

(Es gibt eigentlich kein vollwertiges Alternativwort für das diskreditierte Wort „Rasse“. „Ethnie“ umfasst mehr, „Hautfarbe“ weniger Eigenschaften)

Rassismus ist in jedem Fall schlecht und muss bekämpft werden. In der öffentlichen Diskussion werden allerdings häufig Begriffe durcheinandergeworfen.

Einen Engländer als „Inselaffen“ zu beschimpfen ist nicht rassistisch, weil ein (nativer) Engländer nicht aufgrund der Hautfarbe von einem Deutschen zu unterscheiden ist. Es wäre also eher Nationalismus.

Beim Zusammenleben von Menschen unterschiedlicher Herkunft wird meiner Ansicht nach der Vorwurf des „Rassismus“ häufig zweckentfremdet.

So liegt die Ursache für Konflikte meist in unterschiedlicher Verhaltensweise als in unterschiedlicher Hautfarbe. Diese Unterschiede sind oft kulturell begründet.

Jeder Mensch versucht, den jeweiligen Gegenüber einzuschätzen, ob von ihm Gefahr ausgeht oder nicht. Um sich möglichst rasch ein Bild zu machen, wird jede Information ausgewertet, natürlich auch die Hautfarbe.

Eine Voreingenommenheit entspringt dann aber eher der Erwartung einer negativen Verhaltensweise als der Geringschätzung der Hautfarbe.

Ich habe mal einen Mann getroffen, den ich für einen Türken hielt. Als sich aber herausstellte, dass er ein Spanier war, veränderte sich sofort meine - körperliche und geistige - Haltung zu ihm. Ist das ein Zeichen von Rassismus ? Das kann es ja wohl nicht sein, denn die Hautfarbe des anderen hat sich ja um keinen Deut geändert ! Habe ich mir etwas vorzuwerfen ? Was denn ? Dass ich mich auf meinen Gegenüber einstellen will ? Das kann lebenswichtig sein.

Vielleicht stimmt ja auch an unserer Multi-Kulti-Romatik irgend etwas nicht.

mfg
Klaus

Hallo Klaus
ok. damit habe ich wohl das falsche Wort verwendet und es geht viel mehr um Nationalismus, oder um Vorurteile an sich. Beides gehört für mich gefühlsmäßig in die selbe Kategorie.
Natürlich ist es sinnvoll und wohl auch gar nicht bewußt steuerbar,weil automatisch, alle Informationen zu verwerten, die mein Gegenüber mitbringt.

Aber sag mal, was heißt Multi-Kulti- Romantik? Ich hab das schon öfter gehört, aber als Betroffene kann ich mir darunter nichts vorstellen? Wo ist da Romantik, wenn in einer Familie 6 völlig unterschiedliche Kulturen oder Völker vertreten sind?
Wenn ich das höre hab ich so ein schmieriges „Lindenstraßen-Bild“ vor Augen, wo jemand in arabischer Tracht zum Schifferklavier tanzt, während es zum Rheinischen Sauerbraten fünfsprachige Erörterungen zur englischen Minzsoße gibt… äääääh
Was also ist das? Diese Multi-Kulti-Romantik?

Und natürlich verändert man sein Verhalten, wenn man mitbekommt, dass das Gegenüber ein anderer ist, als man dachte. Aber diese Sorte Vorurteil beruht meist auf schon gemachten Erfahrungen und ist darum schlimmstenfalls eine Fehleinschätzung, oder?
Denn wie du schon sagtest (jedenfalls interpretiere ich deinen Absatz über dein Verhalten zum Türken oder Spanier so) man kann nicht mit jedem Menschen bei Null anfangen.

Gespannt auf eine Antwort
Susanne

Der Begriff des Rassismus
Hallo

in einem Lexikonartikel hat Werner Fuchs den Rassismus definiert:
„Weltanschaulich formulierter Glaube an die Höherwertigkeit der eigenen und die Minderwertigkeit anderer Rassen, der - soweit politisch organisiert und relevant - immer mit reaktionären und faschistischen Bewegungen zusammen auftritt.“

Einfacher gesagt ist Rassismus, wenn mir die eigenen Leute werter sind als die anderen, mithin ist selbst Mutterliebe eine Art Rassismus, (sobald man sie halt weltanschaulich formuliert).

Nicht rassistisch ist dieser Definition zufolge der Glaube an die Existenz von Menschenrassen. Nicht rassistisch ist die Skepsis gegenüber massenhafter fremdrassiger Einwanderung. Und auch der Rassenhaß ist nicht enthalten. Das aus dem Italienischen stammende Wort war von Anfang an nicht zum Zwecke der Erkenntnis, sondern als politischer Kampfbegriff erdacht worden, und heute ist diese erkennbar aus dem linken Milieu stammende Definition sicherlich veraltet, denn der Begriff wurde immer weiter ausgeschwurbelt, daß jetzt alle diese Aspekte mit in den Bedeutungsbereich hineingenommen sind.
Der Zweck davon ist, daß man jemanden des Rassismus bezichtigen kann, der die Existenz von Menschenrassen erwähnt, und ihn - da ein Rassist ja schließlich ein Haßverbrecher ist - entsprechend diffamieren kann.

Zur Beziehung von „Rassismus“ und „Fremdenfeindlichkeit“ im medialen Wortgebrauch siehe bitte die kleine Diskussion unter „Allgemeine Nachrichten“. Obwohl bald abgewürgt, zeigt sie doch ein bißchen schon, worauf ich hinauswollte, nämlich den Grund dafür, warum der Rassismus als politischer Kampfbegriff zum Auslaufmodell geworden ist.

Gruß

Ze

http://de.wikipedia.org/wiki/Rassismus

Recht weit führender Lesestoff…

Gruß
Thomas

Noch ein Link
Hallo Susanne,

ein neuer Artikel bei Telepolis wäre für dich auch ein guter Einstieg, da er aktuell und ruhig geschrieben ist:

http://www.heise.de/tp/r4/artikel/22/22618/1.html

Gruß

Moin,

meines Wissens wird der Begriff „Rassismus“ mittlerweile weiter durchaus weiter gefasst. Rassismus wäre demnach die Zuordnung von Eigenschaften zu bestimmten Bevölkerungsgruppen.

„Amis sind Holzköpfe“ wäre rassistisch
„Inselaffe“ wäre nicht rassistisch, sonder schlicht eine Beleidigung
„Schwarze haben Rhytmus im Blut“ wäre ebenfalls rassistisch, da die Zuordnung bestimmter Eigenschaften nicht auf negative Eigenschaften beschränkt ist, sondern lediglich darauf abzielt, dass man qua Abstammung oder Volkszugehörigkeit gewisse Eigenschaften unterstellt.

In diesem weit gefassten Sinne ist auch die Astrologie in gewisser Weise rassistisch, aber zu diesem Thema gibt es auch eine eigene (entgleiste) Diskussion im Brett „Astrologie“.

moe.

Susanne,

Eine „multi-kulturelle Gesellschaft“ ist in meinen Augen ein Widerspruch in sich. „Kultur“ ist ein System von gesellschaftlichen Spielregeln, „multi-kulturell“ hieße, dass man sich nach mehreren Regelwerken gleichzeitig richtet.

Es ist so, als ließe man Fußball- und Handballspieler zusammen zu einem Spiel antreten, wobei jeder nach den Regeln spielen kann, die ihm gerde am besten passen. Ich glaube nicht, dass da ein sinnvolles Spiel herauskäme.

Funktionieren könnte es höchstens, wenn eine Gruppe komplett die Regeln der anderen übernähme oder wenn ein neues, gemeinsames Regelwerk entstünde.

Beides kann ich in unserer Gesellschaft nicht feststellen (und beides erscheint mir auch nicht wünschenswert). Deshalb funktioniert es nicht. Dieses Nicht-Funktionieren wird aber von vielen heftigst negiert und verdrängt, da sie sich doch so sehr wünschen, dass es funktionierte. Das nenne ich „Romantik“.

mfg
Klaus

Hallo Klaus!

Eine „multi-kulturelle Gesellschaft“ ist in meinen Augen ein
Widerspruch in sich.
Beides kann ich in unserer Gesellschaft nicht feststellen (und
beides erscheint mir auch nicht wünschenswert). Deshalb
funktioniert es nicht.

Ist es deine persönliche Meinung (was ich dir zugestehe) oder ein Resultat der wissenschaftlichen Betrachtung (dann müßtest du das nachweisen - und dann wäre es klar, dass es nur und ausschliesslich eine zumindest unseriöse Meinung ist)? Was dient dir als Vorbild? Was ist eine Gesellschaft, die „funktioniert“?

Gruß

Ist es deine persönliche Meinung

ja

(was ich dir zugestehe)

danke vielmals

Was dient dir als Vorbild?

Die Realität.

Drückeberger

Was dient dir als Vorbild?

Die Realität.

Hi,
mach doch mal Butter bei die Fische.
Wie soll eine funktionierende Gesellschaft deiner
Meinung nach aussehen?

Gruß
Elke

Wie soll eine funktionierende Gesellschaft deiner
Meinung nach aussehen?

Hallo Elke,

Die Frage, wie die Funktionsmechanismen einer Gesellschaft sind und unter welchen Bedingungen diese gut oder schlecht funktioniert, wäre sicherlich ein Thema, mit dem man mehrere Lehrstühle an der Uni jahrzehntelang beschäftigen könnte.

So will ich einmal versuchen, das, was ich mit „(Nicht-)Funktionieren“ meine, an einem winzigem Beispiel zu erläutern :

Wenn ich (zu Fuß) durch Köln Mühlheim gehe, fällt mir auf, dass ich oft mit den dortigen Menschen auf Kollisionskurs gerate und nur mit einem Ausweichmanöver einen Zusammenprall vermeiden kann. Meine Gegenüber gehen dann ungerührt weiter, oft zu zweit nebeneinander, so dass sie die gesamte Bürgersteigbreite einnehmen.

Offenbar herrschen in Mühlheim andere Regeln als in einer abendländischen Kultur, in der ich diese Schwierigkeiten nicht habe.

Nebenbei möchte ich bemerken, dass es in meiner Kultur (die ich dich bitte so zu respektieren und an dieser Stelle nicht zu hinterfragen) als unhöflich gilt, jemanden zum Ausweichen zu zwingen, da man sich dadurch eine übergeordnete Position (und dem Gegenüber automatisch eine untergeornete) anmaßt. Damit werden Konflikte provoziert, die man diese ja in einer funktionierenden Gesellschaft vermeiden möchte.

Hier steht also
Kollision für Nicht-Funktionieren und
Keine Kollision für Funktionieren

die Grundlage dafür ist

Mono-kulturelle Gesellschaft - einheitliche Regeln
Multi-kulturelle gesellschaft - unterschiedliche Regeln.

Ich habe dies in einer Computersimulation darzustellen versucht :
http://www.kanitrino.de/PageDE/Rempelei.html

mfg
Klaus

Liebe Susanne,
ich glaube, dass Du schon genug darüber gefunden hast,
ab wann Rassismus offiziel gewertet wird.

Die Überschreitung der in einer Gesellschaft als ächtungswürdig angesehenen Grenze ist veränderbar:

Zu Beginn des Nationalsozialismuses lag sie anders als aktuell heute bei uns, das leuchtet sofort ein.

Wenn aber diese Grenze sich je nach aktuell gesellschaftlichen Konsens verschieben lässt, ist die Frage, ab wann Rassismus beginnt.

Ich habe mich in den 80er Jahren im Westen stets über „Empfindlichkeiten“ von Türken gewundert.

Dann kam die Wende und ich bin in den Osten gegangen.

Die Wurzeln des Rassismus liegen darin, dass der Mensch sehr schnell und unbewusst Vorurteile entwickelt. Das ist im Leben oft auch durchaus sinnvoll. Psychologisch steckt ein „Mechanismus“ dahinter, der uns gleichzeitig auch erlaubt, uns zu verlieben: Wir erkennen „gefährliche“ wie „verlockende“ Menschen in wenigen Sekunden.

Dieser unbewusste Vorgang wird aber durch unsere Lebenserfahrung und unser Umfeld „konditioniert“ (geprägt). Wir erkennen in Fremden nur, was wir vorher schon mit anderen Menschen erfahren haben. Das Neue muss erst durch zusätzliche´Kenntnis erworben werden.

Als ich ca. 1995 mit einem Lada (Ostkennzeichen) und F6-Zigarretten zum bundesweiten Theatertreffen „Schultheater der Länder“ gefahren bin, war ich unter Menschen, die für Rassismus unverdächtig sind.

Ob es nicht schön sei, jetzt frei reisen zu können, hat man mich gefragt. Auch dass man den "SOLI-Zuschlag (damals noch) gern zahle, um die DDR auf zu bauen, ließ man mich u.a. wissen. Ich hatte ja nicht gesagt, dass ich im Westen aufgewachsen bin.

Lieb gemeint. Aber nur gemeint. Es tat weh - empfindlich, wie ich es von mir selbst in den 80ern nicht gedacht hatte.

Denn selbstverständlich zahlt man auch im Osten Solizuschlag. Aufbauen? Wer den Bericht des Bundes-Untersuchungsausschuss zur Vulkankrise und den KOKO-Geldern liest, weiß, dass die DDR zunächst einmal auch in gesunden Bereichen zerschlagen wurde.

Die Mehrheit der Menschen in der DDR wollte ursprünglich auch nicht den „Beitritt“, sondern eine andere DDR. Es wurde dort auch zu „Friedenszeiten“ viel gelacht und gefeiert. Man musste nicht hungern und heute erkennen viele im Westen, dass es Dinge gab, die besser waren.

Aber auch im Osten bin ich empfindlich. Warum muss man mir nach 15 Jahren noch Basics erklären, wo ich doch seit 15 Jahren hier bin? Das ist so, als ob man anfängt komisch Deutsch zu sprechen, um besonders verständlich zu sein, sobald man merkt, dass jemand Ausländer ist.

Ich bin nun Ossi im Westen und Wessi im Osten - wie ein deutscher Junge türkischer Großeltern in Ankara.

Hier fängt Rassismus bereits an.

Nicht ächtungswürdig aber menschlisch.

Wenn man mir hier in einem Threat bei „Unterricht und Erziehung“ sagt, dass Ost-West-Gerede ginge auf die Nerven, es sorge dafür, dass das Verhältnis nicht besser werde, wenn man auf die Unterschiede achte, dann ist das Rassismus in seinen Anfängen.

Herzlichst
Ole

Lieber Klaus,
Deine Position setzt voraus, dass es in einer Gesellschaft keine Subkultur gibt.

Wir haben sie schon deshalb, weil wir eine Klassengesellschaft sind: Die Werte von Bildungsbürgern sind z.B. in einigen Bereichen anders als die der bildungsferneren Schichten.

Hörst Du die gleiche Musik wie ich? Trägst Du die gleiche Haarlänge und die gleiche Kleidung? Was drückst Du an Werten mit Deiner Kleidung aus? Was ich mit meiner?

Deutschland ist jünger als die ebenfalls multikulturellen Vereinigten Staaten (USA). Davor waren wir Fürstentümer, die sich z.T. bekämpft haben. Sachsen und Fischköppe, Friesen, Preußen und Bayern: Wir verstehen uns manchmal kaum, wünschten uns einen Übersetzer.

Seit wann gibt es Hochdeutsch? Wie unterschiedlich ist es bis heute, wenn man sprachwissenschaftlich genau hinhört und hinsieht? Die Missverständnisse zwischen Ostdeutschen fangen erst dann richtig an, wenn man glaubt, dass man die gleichen Wörter benutzt:

Wenn Du im Westen darunter „leidest“, überlegt man im Osten, ob Du einen Notarzt benötigst. Wenn Du ein Problem mit einem Ostdeutschen hast (eine Aufgabe), fühlt man sich im Osten beschuldigt.

Gemeinsame Regeln? Wir haben in jedem Bundesland ein anderes Schulgesetz. Ethik? Wir haben Katholiken, Protestanten, Juden und mehr als 2 Millionen Menschen, die nicht kirchlich sozialisiert wurden.

Wir sind nach wie vor eine Ansdammlung von historisch geprägten Kleinstaaten, unterschiedlichen Kulturen also:

Wir sind ganz einfach historisch multikulturell
selbst dann, wenn kein „Ausländer“ im Land wäre.

Deshalb - nur deshalb
fällt uns ein deutsches Nationalgefühl so schwer,
und fiel es schon vor dem 1. Weltkrieg.

Herzlichst
Ole

Liebe eclastic,

„Unsere Meinung, daß wir das andere kennen, ist das Ende der Liebe.“
schrieb Max Frisch
(Tagebuch 1946-49, Seite 31f., Suhrkamp 1950)

Er benutzt in diesem Text das Bibelzitat „Du sollst dir kein Bildnis machen“ und überträgt es auf menschliche Beziehungen.

Wenn wir ein Bild von einem anderen Menschen haben, sind wir mit ihm fertig. Wir nehmen ihn dann so, wie wir ihn bis dahin erkannt haben. Auch seine weitere Veränderung (Entwicklung) nehmen wir dann kaum noch war.

Menschen machen das ständig: Das Bild von Müttern, das sie von ihren Kindern haben, bleibt oft beim 5./6. Lebensjahr stehen: „Du warst doch immer …“

Eine Multikulturelle Gesellschaft sollte auf die Liebe und auf Kants kategorischen Imperativ aufbauen.

Aber auch das ist eine romantische Vorstellung.

Keine ist: Ich bin anders und Du auch - und das ist gut so.

Herzlichst
Ole

Vater, mein Vater
VATER, MEIN VATER!*)

Vater, mein Vater!
Ja, mein Sohn, was ist?
Vater, mein Vater!
Wie werde ich Rassist?

Nun – ein Rassist hält nichts von anderen Rassen.
Du müßtest – beispielsweise – Neger hassen.

Den Neger? Nein, den haß’ ich nicht,
den dummen schwarzen Mohr.
Ich haß’ doch keinen Stinkemann,
wie komm’ ich mir da vor?

Nun gut, dann muß es eben anders gehen.
Wie its’s – willst du vielleicht Chinesen schmähen?

Den Chinamann? Den schmäh’ ich nicht!
Dies Schlitzaug gelb und feig
ist nicht mal wert, daß ich ihm keck
den blanken Hintern zeig’!

Das lehnst du ab? Dann mußt du danach trachten,
zumindest den Indianer zu verachten.

Die Rothaut? Die veracht’ ich nicht,
die ist kein Mensch wie wir,
die steckt sich Federn an den Kopf,
treibt’s schlimmer als ein Tier.

Na schön. Doch wie hälst du es mit dem Weißen?
Willst auf ihn und seinesgleichen scheißen?

Den Weißen? Auf den scheiß’ ich nicht,
er ist das Licht der Welt,
das die Kultur des Erdenballs
mit warmem Strahl erhellt!

Mein Sohn, ach mein Sohn!
Mein Vater, was ist?
Mein Sohn, ach mein Sohn,
du wirst nie ein Rassist!

Mein Vater, mein Vater,
warum werd’ ich keiner?
Ach Heiner, mein Kleiner,
du bist ja schon einer!

Ehrlich? Wie Herrlich!

*)Aus: Robert Gernhardt, Gedichte 1954 – 1997, bei Zweitausendeins

Gruß Norbert

Aber man sollte so tolerant sein, zu akzeptieren, dass manche mit der Beziehung Schwarz-Weiß bzgl. Kindern nun mal dagegen sind.

Europa ist nun mal mehrheitlich von weißen Europiden bewohnt( im Ggs. z.B. zu braunen Europiden in Nord-Indien, Iran usw.) . Und sicherlich wird es nicht wenige geben, die wollen, dass der Europäer auch in 50 Jahren noch weiß ist und nicht mehr oder weniger schwarzafrikanisch im Aussehen. Das ist ein berechtigtes Anliegen.

Aber man sollte so tolerant sein, zu akzeptieren, dass manche
mit der Beziehung Schwarz-Weiß bzgl. Kindern nun mal dagegen
sind.

Hi,

es ist etwas schwierig, Toleranz gegenüber einer Einstellung
zu zeigen, die meinen Kindern das Lebensrecht abspricht!

Europa ist nun mal mehrheitlich von weißen Europiden bewohnt(
im Ggs. z.B. zu braunen Europiden in Nord-Indien, Iran usw.) .
Und sicherlich wird es nicht wenige geben, die wollen, dass
der Europäer auch in 50 Jahren noch weiß ist und nicht mehr
oder weniger schwarzafrikanisch im Aussehen.

Was für idiotische Utopien hast du eigentlich?
In 50 Jahren wird es keine braunen Horden in Europa geben.
Und wenn es in 500 Jahren mehr dunkelhäutige Europäer gibt,
sind weder du noch ich da, um uns darüber aufzuregen, so rum
oder so rum.

Elke