Liebe Julia!
Natürlich verdient ein TA an den Medikamenten, die er verkauft. Die Preisgestaltung bewegt sich zwischen dem, was die Apothekenordnung vorschlägt (da gibt es genaue Listen für Veterinäre und Humanmedizin) und der UVP der Hersteller. Ein Medikament, bei dem 30 Kapseln 209,- Euro kosten, wird sicher nicht sehr oft verkauft. Also muß der TA es entweder einzeln bestellen (kostet bis zu 15,00 Liefergebühr) oder er hat es vorrätig, dann hat er aber das Risiko am Hals, daß keiner es braucht, bis es abgelaufen ist. Die holländische Versandfirma kriegt jeden Tag soundso viele Bestellungen europaweit davon rein, bekommt damit größere Mengenrabatte und kann diesen Preisvorteil selbstverständlich an den Verbraucher weitergeben. Außerdem ist immer die Frage, wieviele Zwischenhändler zwischen der Pharmafirma und dem Endverbraucher stehen. Mit jedem Verkauf kommen nämlich noch Umsatzsteuer und Gewinnkalkulation mit auf den Preis. Das läppert sich sehr schnell!
Zu der Frage, warum eine Kastration so unterschiedlich teuer sein kann - oder auch eine Impfung - kann ich sagen, daß es auch einen Unterschied gibt zwischen dem Essen in der Pommesbude und im Ritz!
Beispiel Impfung:
a) Tierbesitzer kommt rein, wird gefragt, ob das Tier gesund ist, bestätigt das, Tier bekommt seine Impfung, kann gehen. Aufwand: 5 min
b) Tierbesitzer kommt rein, Tier wird untersucht - Augen, Zähne, Maulhöhle, Ohren, Herz abhören, Gesäugeleiste/Hoden abtasten, Fellkontrolle nach Flöhen, Fieber messen, Beratung zur Impfung (was ist nötig, was nicht - besonders nach Änderung der Tollwut-Gesetzgebung), Frage nach Entwurmung, sonstigen Problemen - Tier bekommt seine Impfung, kann gehen. Aufwand: je nach Beratungs- und Untersuchungsbedarf 15-30 min, manchmal mehr!
Das gleiche gilt für Kastrationen:
- alleine oder mit Assistentin
- Spritze in den Hintern oder Venen-Verweilkatheter
- wird ein Tubus geschoben oder nicht
- wird das Tier in der Operation maschinell überwacht (Sauerstoffsättigung, Herzschlag) oder hofft man, daß es am Ende noch lebt
- ist ein spezieller OP vorhanden oder wird auf dem Behandlungstisch operiert
- werden neue Fäden genommen oder der alte, abgelaufene Bestand
- ist eine Aufwachbox zur Überwachung vorhanden oder nimmt der Besitzer das schlafende Tier gleich mit heim
- werden Schmerzmittel und Antibiotika gegeben
Seltsamer Weise regt sich nie jemand auf über einen Stundenlohn von 50,- und mehr Euro in der Autowerkstatt, beim Klempner oder beim Elektriker - aber eine OP, die mit zwei Leuten gut zwei Stunden dauert - von der Voruntersuchung für die Narkose bis der Hund wieder den Kopf hebt - sollte möglichst nichts kosten! Wir machen das alles den Tieren zuliebe! Tun wir - aber auch Tierärzte müssen leben! Wir haben Familien, brauchen Wohnung, Nahrung, Kleidung, ein Auto (für die Hausbesuche mitten in der Nacht), Raum für unsere (viel zu teuren) Medikamente, die Instrumente, für unsere Patienten, deren Besitzer, unsere Fachliteratur - denn wir sollen ja ständig auf dem neusten Stand sein - Telefon, Computer und und und…
Wir müssen unser Personal bezahlen - Assistenten, Putzfrau, Steuerbreater, und deren Nebenkosten und außerdem ist da auch noch die Umsatzsteuer, die Mehrwertsteuer, die Einkommenssteuer…
Natürlich lieben wir die Tiere!!! Aber macht Euch doch bitte auch mal klar, daß der Unterhalt einer Praxis (möglichst 24 Stunden, 7 Tage die Woche erreichbar) sehr viel Geld kostet! Trotzdem kostet die Behandlung beim TA nur ein Bruchteil der humanmedizinischen Behandlungen - obwohl der Aufwand der gleiche ist! Müßte in Deutschland jede Behandlung beim Arzt oder im Krankenhaus zunächst privat bezahlt werden, anstatt bequem direkt mit der Krankenkasse abgerechnet zu werden, würde sich bestimmt niemand mehr über hohe TA-Kosten beschweren!
Sorry - das mußte mal raus!
Liebe Grüße
Archie
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