Wunderbaren Samstag wünsche ich.
Und? Wer hats mitbekommen? Am Montag beginnt der Zensus2011. Der letzte Versuch einer Volkszählung stieß auf Massenweisen Protest. Heute kommt nur von ein paar eingefleischten Datenschützer ein leises Fiepen und einsame Studentengruppierungen diskutieren am immer gleichen Tag, am immer gleichen Tisch in der immer gleichen Kneipe die Unerhörtheit des Zensus.
In den Medien geistert, zu seltsamen Zeiten, eine Werbung, die besagt, dass der Zensus uns allen in Zukunft wahnsinnig viel bringt - wo brauchen wir neue Straßen? Wie viele Studienplätze? Wie viele Lehre, Kindergartenplätze? Wie sieht es mit den Renten aus? Und so weiter.
Kritische Berichte gibt es nicht. Weder das private, noch das öffentlich- rechtliche Fernsehn macht auf dieses Ereignis in dem Maße Aufmerksam, wie man es vielleicht meinen möchte.
Selbst auf Plattformen wie diesen, wo - mit Verlaub - so gut wie ALLES diskutiert wird, findet man nur wenige Artikelbäume dazu, die sich allesamt auf Rechtsfragen beziehen. Eine wirkliche Diskussion im Forum für Politik habe ich noch nicht gefunden. Wenn ich einfach nur schlecht gesucht habe, bitte ich um Verzeihung.
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Also, Hand aufs Herz: Wer hat nichts oder erst in der letzten Woche vom Zensus mitbekommen und wer weiß, was da wirklich passieren wird? Wer findet das gut? Wer findet das schlecht? Ist mein Eindruck aus den Medien wirklich so, wie ich denke - also kaum Berichtserstattung? Seid ihr auf Seiten der Kritiker, ist es euch egal oder findet ihr die Volkszählung gut? Was ist euer Satz: „Meine Daten gehören mir!“, „Wer nichts zu verbergen hat, hat auch nix zu befürchten.“ oder „Meine Daten sind eh überall zu finden. Facebook, Google, jetzt noch der Staat. Was solls?“
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Hier ein paar Infos:
Der Zensus 2011
- Entschlossen wurde die Teilnahme an der EU-Zensusrunde 2011 von Rot-Schwarz im Jahr 2006
- Verfahren wird nicht mit einer „klassischen Volkszählung“, sondern mit einem „registergestützten“ Zensus
- Dieses Verfahren führt Daten aus Verwaltungsregistern (also von Kommunen, Einrichtungen, Wohnheimen, der Bundesagentur für Arbeit etc.), Informationen, die von Vermietern und Wohnungseigentürmern eingeholt werden und Informationen durch Interviews mit 10% der Bevölkerung Zusammen
- Das ganze beginnt am 09.05., also am Montag, und geht bis Ende Juni
- Gefragt wird nach demographischen Daten (Alter, Geschlecht, Familiengröße), wirtschaftlicher Situation (Einkommen nicht!), Wohnsituation allgemein und speziell (Einrichtung, Badezimmer Ausstattung, Wohnungsgröße/lage und Kosten), Bildungsstand und Religion
Quelle: http://www.zensus2011.de
Kritikpunkte am Zensus2011
Gegenargumente / öffentliche Position der Zensus-Verantwortlichen schreibe ich kursiv
- Die Befragung von 10% eröffnet die Möglichkeit für Betrüger, sich als Volkszähler auszugeben und sensible Daten zu erfragen. Zensus 2011: Befrager haben einen speziellen Befrager-Ausweis und müssen sich zudem mit Personalausweis legitimieren könne.. Allerdings sorgt der geringe Informationsstand der Bevölkerung für eine Sicherheitslücke. Die Überprüfung der Volkszähler wird den Befragten überlassen. Auch die Recherche, wie so ein Ausweis auszusehen hat, bleibt angeblich bei den Befragten.
- Die 100%ig sichere Speicherung der Daten ist nicht gewährleistet. Wenn die Regierung die Fähigkeiten von Hackern unterschätzt, könnten die Daten bald im freien Unlauf und völlig ungeschützt sein. Hacker seien den besten Verschlüsselungsmethoden immer einen Schritt vorraus Es werden die neuesten Verschlüsselungstechniken und die bestmögliche physische Sicherheit der Daten gewährleistet
- Die Daten werden nicht anonymisiert. In den Ämtern liegen die Daten in Rohform vor. So könnten einzelne „Personenakten“ angelegt werden.Den abgeschotteten Bereich der statistischen Ämter verlassen ausschließlich anonymisierte Daten.
- Es wird so wie so angenommen, dass die Regierung die persönlichen Rechte der Bevölkerung untergraben wird. Z.B. wird kritisiert, dass die Religionszugehörigkeit abgefragt wird. Dies wurde 2009 erst duch eine Gesetzesänderung ermöglicht und sollte, laut Kritikern, durch die (für die Integration sinnvollere) Frage nach der „Zuhause gesprochenen Hauptsprache“ ersetzt werden. Weiterhin wird von Kritikern auf das Recht auf „informelle Selbstbestimmung“ verwiesen. Das Recht auf informelle Selbstbestimmung steh in der Verfassung, greift aber nicht, wenn „ein überwiegendes Allgemeininteresse vorliegt“. Der Zensus2011 wurde vom Gesetzgeber als ein solches überwiegendes Allgemeininteresse klassifiziert.
- Die Frage nach der Religion wurde gar nicht von der EU vorgesehen und ist ein rein Deutscher Zusatz
- Daten von Ämtern werden verwendet, die man nicht zu diesem Zwecke angegeben hat. Daten, die ein Arbeitsloser der ARGE meldet, sollten für die ARGE sein und nicht für den Zensus
- Die gespeicherten Daten könnten - da sie nicht anonymisiert sind, irgendwann mit den Datan aus anderen Quellen zusammengeführt werden. Krankheitsgeschichte, Strafregister, Ausbildung - alles würde eventuell über den Kopf des Bürgers hinweg gesammelt und zusammengeführt. Die Sorge bezieht sich auf eine zukünftige Änderung der Gesetze „zum Allgemeinwohl“ Behördliche Zugriffe auf die im Zensus erhobenen Einzeldaten zu Einwohnerinnen und Einwohnern sind nicht zulässig.
- Zuletzt noch: Es ist nicht Möglich, der Datensammlung zu widersprechen. Vermieter und Wohnungseigentümer müssen Daten über Individuuen angeben,ohne vorher deren Einverständnis erhalten zu haben. Eine Verweigerung ist nicht möglich und wird mit Bußgeldern geahnded. Befrager sind angehalten, Nachbarn fragen zu stellen, sollten sich die Bewohner der befragten Wohnung strikt weigern Nochmal: Das Recht auf informelle Selbstbestimmung steh in der Verfassung, greift aber nicht, wenn „ein überwiegendes Allgemeininteresse vorliegt“. Der Zensus2011 wurde vom Gesetzgeber als ein solches überwiegendes Allgemeininteresse klassifiziert. Außerdem: Nur so können im Rahmen des Zensus 2011 Ergebnisse von hoher Qualität erzielt werden. Lediglich die Beantwortung der Frage nach dem Bekenntnis zu einer Religion, Glaubensrichtung oder Weltanschauung in der Haushaltebefragung ist freiwillig. In einem PDF zur Schulung von Interviewern, das im Internet zu finden ist, geht allerdings hervor, dass Befrager angewiesen sind NICHT explizit auf diese Freiwilligkeit hinzuweisen. Der Vermerk auf dem Fragebogen solle reichen.
Quelle der Kritik: http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/Volkszaehlung…
Quelle der Stellungnahme: www.zensus2011.de
Den Link zum oben genannten PDF kann man relativ einfach selbst finden. Ich weiß nicht, ob es gestattet ist, solche Dinge hier zu verlinken.