Das ist eine (hoffentlich nicht absichtliche) Fehlinterpretation auf Trump-Niveau. Auch bei ‚defund the police‘ in den US geht es, von ein paar Spinnern abgesehen, nicht darum, die Polizei abzuschaffen, vgl. hier. Money Quote:
Doch unter dem Konzept, das hinter dem Slogan „ Defund the Police “ steckt, verstehen nur wenige, die ganze Polizei abzuschaffen. Vielmehr sollen vor allem in den USA , aber auch in Deutschland, die hohen Budgets, die den Polizeidienststellen zur Verfügung stehen, gekürzt werden.
Das dadurch gewonnene Geld soll dagegen in soziale Arbeit, in Krankenversorgung und Bildung investiert werden – vor allem in den Gebieten, die im Polizeijargon als Brennpunkte gelten, in denen es also zu gehäufter Kleinkriminalität kommt, dadurch zu vielen Polizeieinsätzen und anscheinend in der Folge immer wieder zu rassistischen Übergriffen seitens der Einsatzkräfte.
Ich dachte eigentlich, hinreichend deutlich gemacht zu haben, dass es sinnvoller ist, auf die Entwicklung, die @C_Punkt so empört beklagt (vgl. insbesondere die postings #39 und #40), nicht einfach reflexhaft mit dem Ruf nach Aufrüstung der Polizei und nach einem law-and-order-Staat zu begegnen (und menschenverachtend mit Abqualifizierungen à la „Arschlöcher“), sondern die Ursachen dieser gesellschaftlichen Entwicklung zu untersuchen. Das ist zunächst eine Aufgabe für Sozialwissenschafter, insbesondere Soziologen - die können dann der Politik das Datenmaterial liefern, auf dessen Grundlage sachgerechte Entscheidungen getroffen werden könnten (wobei mein diesbezügliches Vertrauen in die Politik allerdings eher begrenzt ist, doch dies nur nebenbei). Entscheidungen über staatliche Investitionen, die einer solchen Entwicklung effektiv gegensteuern.
Eine denkbare Alternative zur polizeilichen Aufrüstung hatte ich ja schon angesprochen - nämlich sozialpolitische Maßnahmen. Ich will das jetzt nicht wiederholen, nur ergänzen, dass da auch eine andere Ausbildung des Polizeinachwuchses eine Rolle spielen sollte. Kompetenz in Richtung streetwork dürfte da allemal sinnvoller sein als Kompetenz im Umgang mit Schlagstöcken und Tasern.
Eine Korrektur der hier angesprochenen bedenklichen Entwicklung ist nicht zum Nulltarif zu haben - die Frage ist, wo die Mittel sinnvoller investiert sind. Unabhängig von der zur Klärung dieser Frage notwendigen Untersuchung der Ursachen dieser Entwicklung lässt sich jedoch nach meiner Auffassung sagen, dass Aufrüstung der Polizei (durch Erhöhung des Personalstands, martialische Ausrüstung und erweiterte Ermächtigungen durch die Polizeigesetze) insbesondere das Problem der schwindenden Akzeptanz des staatlichen Gewaltmonopols, das @C_Punkt angesprochen hatte, nicht lösen sondern im Gegenteil verschärfen wird. Da wird lediglich an der Schraube Gewalt und Gegengewalt gedreht. Effektiv ist so eine Politik nicht, ihre Konsequenz ist bestenfalls eine defekte Demokratie.
Gruß,
Ralf