Ich spreche im wesentlichen von den erfolgreicheren ehemaligen Staaten des Ostblocks wie Polen, der Slowakei, Tschechien, Slowenien und Ungarn.
Wir gelangen hier an die Grenzen einer „was wäre wenn“-Analyse, da bspw. Polen sehr von der räumlichen Nähe zu Deutschland profitiert hat, was bei einem eigenständigen Ostdeutschland so nicht gegeben gewesen wäre.
Aber selbst, wenn man das heutige Polen als Maßstab nähme: Polen liegt BIP pro Kopf in etwa auf dem Niveau von Äquatorialguinea, Oman oder Costa Rica und wenn man eine Kaufkraftbereinigung vornimmt, befindet sich Polen in guter Gesellschaft mit Malaysia oder den Seychellen (aber natürlich auch Griechenland oder Portugal, was aber mehr über das Preisniveau in Portugal und Griechenland aussagt als über das Pro Kopf-Einkommen).
Hinzu kommt, daß der Beitritt Polens und anderer Ostblockstaaten zur EU durch den oben erwähnten, weggefallenen Nachbarschaftseffekt aber auch aus politischen Gründen deutlich später in die EU aufgenommen worden wäre als das tatsächlich der Fall war (was natürlich auch umso mehr für ein selbständiges Ostdeutschland gilt).
Die polnische Wirtschaft war viel stärker auf den heimischen Markt ausgerichtet als das bei der DDR-Wirtschaft der Fall war. Der Mauerfall traf die ostdeutsche Wirtschaft daher wesentlich härter als bspw. die polnische. Und selbst der Teil, der für den heimischen Markt produzierte, litt unter dem Wunsch der Ostdeutschen, nun endlich ihr in der Regel reichlich vorhandenes (mangels Gelegenheiten zum Ausgeben) Geld für Westwaren auszugeben. Ich bezweifle (nicht zuletzt angesichts der Preise, die Ostdeutschen seinerzeit z.B. für gebrauchte KFZ bezahlten), daß (im Vergleich zum Umtauschkurs) ungünstigere Wechselkursverhältnisse die Ostdeutschen davon abgehalten hätte, sich mit den gewünschten Produkten einzudecken.
Kurz gesagt: die ostdeutsche Wirtschaft wäre heute m.E. nicht auf dem heutigen polnischen Niveau und selbst das wäre für das heutige Ostdeutschland ein kräftiger Abstieg und bei objektiver Entscheidung kein Grund, gegen eine Wiedervereinigung zu stimmen.