Hi zusammen.
Ich möchte die Frage nach den entwicklungsgeschichtlichen und, daran anknüpfend, auch inhaltlichen Zusammenhängen zwischen den drei großen Monotheismen Judentum, Christentum und Islam aufwerfen. Diese Religionen werden auch „abrahamitisch“ genannt, weil sie sich in hohem Maße auf die mythische Gestalt des Abraham stützen.
Ich werde das Thema im folgenden etwas ausführlicher exponieren.
Ein interessanter (von mir hier vorsichtig als „hypothetisch“ bezeichneter) gemeinsamer Aspekt der Religionsentstehung ist beim Judentum und Islam die altorientalische Mondgottverehrung. Natürlich gibt keine Religion gerne zu, dass ihre Gottesvorstellung auf älteren Gottesvorstellungen beruht (in diesem Fall dem astralen Mondkult). Aber die Frage ist, ob sich die spätere aus der früheren Vorstellung genetisch herleiten lässt.
Bekanntlich beruft sich der Islam auf Abraham als seinen ersten Propheten. Er heißt im Koran Ibrahim und gilt als Stammvater der Semiten, sein Sohn Ismael wird als Stammvater der Araber anerkannt.Der historische Kontext, in dem das AT den mythischen Abraham hineinversetzt, ist ein Kontext der Mondgottverehrung. Nicht nur in Ur, wo Abraham geboren wurde, auch und vor allem im nordsyrischen Haran, wohin seine Familie zog und wo A. aufwuchs, war der Mondgott Sin die dominierende Gottheit. Da Nomaden zur Mondgottverehrung neigten, ist es umso wahrscheinlicher, dass die Sin-Verehrung zum Glauben A.s gehörte.
Der mythische A. kann also in Verbindung mit dem Mondgottkult gebracht werden, unter dessen Einfluss er in Haran jahrzehntelang stand. Der A.-Mythos enthält auch eine direkte Anspielung auf das haranitische Pantheon um Obergott Sin:
A.s Frau heißt im AT „Sarah“. Dieser Name leitet sich von akkadisch „Sharratu“ ab (=Königin). Wer aber heißt im Pantheon Sharratu? Natürlich die Gemahlin von Mondgott Sin. Der Name „Milka“ (A.s Schwägerin) leitet sich wiederum von „Malkatu“ ab, dem Namen der Tochter des Mondgottes.
Kurz ein Blick auf den Moses-Mythos, bevor ich zum Islam komme:
Einiges an diesem Mythos wurde von der Legende um den König Sargon von Akkad abgepaust. In dessen Geschichte kommt auch ein Berg Sin-ai vor, der sich etymologisch natürlich vom akkadischen Mondgott Sin herleitet. Man kann also darüber spekulieren, dass der mythische Moses seine göttliche Offenbarung auf einem Berg erfuhr, der der Verehrung des Mondgottes gewidmet war.
Dass die Allah-Verehrung auf Mondgott-Vorstellungen zurückgeht, ist nicht Neues, wenngleich das von islamischer Seite gerne zurückgewiesen wird. Es steht aber fest, dass in der vor-islamischen Zeit im arabischen Raum ein Götterpantheon gab, dessen oberste Gottheit ein Mondgott war. Hier hieß er „al lah“ (in etwa: höchster Gott). Dieser Mondgottname (abgekürzt „Allah“) war vor-islamischer Zeit sogar ein Menschenname, den z.B. Mohammeds Onkel und Vater trugen.
Ob Mohammed seinen Monotheismus etablierte, indem er diesen Mondgott vom übrigen Pantheon abtrennte und seinen Anhängern zur alleinigen Verehrung anbefahl (wie es die Propheten ja in Bezug auf Jahwe taten), ist, glaube ich, in der Religionsforschung weder eindeutig bewiesen noch widerlegt. Beeinflusst war er allemal durch die jüdischen und christlichen Gottesvorstellungen, wie weit seine Quellenkenntnisse in diese Richtung waren, scheint aber umstritten zu sein.
Insofern würden ich auch besonders zu dem Punkt erhellende Antworten interessieren, zu welchen Anteilen die Mondgott-Gestalt und die jüdischen bzw. christlichen Vorstellungen auf die Ausformung der islamischen Allah-Vorstellung Einfluss nahmen.
Einen vor-islamischen Monotheismus hat es wohl in Gestalt der Hanif (eine religiöse Gruppe) gegeben. Diese hatten einen Ein-Gott-Glauben, den sie strikt vom jüdischen und christlichen Glauben unterschieden, der sich aber auf Abraham, des „ersten Hanifen“, stützte.
Die Fragen sind also, präzisiert, folgende:
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Sind die jüdischen, christlichen und islamischen Gottesvorstellungen in einem Maße verwandt, dass man nur von Varianten einer einzigen zugrunde liegenden Vorstellung sprechen kann, statt von drei verschiedenen Vorstellungen?
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Verdanken Judentum und Islam ihre Vorstellungen teilweise einem Mondgottkult, aus dem sich ihre Gottesideen entwickelten, der dann aber als Irrlehre („Götze“ usw.) bekämpft wurde?
Chan