Hi Fralang,
die astrologische Sichtweise in einem Buch wie „Stern von Bethlehem“ ist das Produkt einer ganzen Reihe von Büchern, von denen eines das andere ergab. Teilweise sind sie sehr spannend geschrieben. Je nach Verbreitung und Freundeskreis wird in die Evangelien Verschiedenstes hineingedeutet. Es ist logisch, dass der eine oder andere dann Genaueres erfahren will.
Deinen Versuch, diese Texte entsprechend herauszulesen, finde ich auf Grund des Kulturhintergrundes sehr verständlich. Ich glaube, dass es ab der Ptolomäerzeit Forschungen gab, die etwa den heutigen Vorstellungen von Astrologie entsprechen. Das interessierte mich früher, vor vielen Jahrzehnten. Die Astrologie geriet in Verruf wegen ihrer Verwendung mit „Jahrmarktsgeschrei“. Die Anfänge entstanden teils durch Gespür für Naturwissen das ab 700 n.Chr. mit Einführung des Christentums verteufelt wurde. Der Anfang war zudem ein sehr hohes und weit verbreitetes Wissens über Psychologie, wie es in den alten Kulturen der Fall war. Dieses Wissen steckt im AT, ist aber in der Religion nicht mehr zugänglich. (Ein Thema über das ich hier schon genug Aufregung verursacht habe.)
Für die Klärung deiner Frage brauchen wir zum momentanen Standpunkt, den ich gerade beschrieb, neben dem NT nicht nur die Meinung ob die Jerusalemer „abergläubisch“ waren, Sternwissen hatten, sondern auch die politischen Gegebenheiten und das damalige „Weltwissen“. Bezog sich das Erschrecken auf Politik, Weissagung oder Stimmungen?
Aber was sie geschrieben haben, das ist, dass die Jerusalemer die Deutung der Sterne ernst nahmen,das heißt die Autoren dieser Passage sahen die Jerusalemer in diesem Sinne.
Betrachtet man das „Wissen“ der Evangeliumsschreiber bezüglich Astronomie, scheint da nicht viel los zu sein. Sie erklären eine Sonnenfinsternis - an Pesach - (bei Vollmond geht das nicht.)
Das soll aber nicht heißen, dass die Evangelien verkehrt sind. Sie hatten einfach einen völlig anderen Zweck!
Ihr Zweck lässt sich über Jahrhunderte nachverfolgen, indem sie das Hauptwerk der Kirche wurden. Sicher ist jetzt die Frage nach Gott genauso absurd wie jene über die Astrologie. Auch da stimmt die Bibel in sich nicht überein. Von einem Buch zum anderen entstand mit immer anderer Werbung ein heutiges Bild. Leider kenne ich nur in Stichpunkten das Buch eines Lateinamerikaners, der diese Wandlungen beschrieb.
In den Evangelien ist das Thema widersprüchlich bis zum geht nicht mehr. Ich schwenke hier ab, zum Aussortieren der Nebenerscheinung, zwischen -Eindruck- und -Inhalt-.
Den Eindruck der Bevölkerung von Jerusalem gibt eine gut dokumentierte „Geschichte der Juden“ von H.Graetz. Unruhen wegen schwieriger politischer Verhältnisse als Folge der Veränderung der großen antiken Reiche. Das alte Herrscherhaus wurde von Herodes abgelöst, der mit Rom war. Es fällt auf, dass Matthäus keinen Titel von Herodes angibt und auch nicht schreibt ob Vater oder Sohn …
Es werden auch keine Namen von den Weisen genannt.
Ein neugeborener König wird nicht gesucht. Da wartet man erst einmal ab, welche Fähigkeiten das Kind hat und welche Ausbildung es bekommt. Es ginge Satz für Satz des Kapitels mit Logik zu zerlegen um die Täuschungen abzustreifen, die ein Leser abbekommt. Dieser „Schleier“ ist ein Teil der Dichtung des NT.
Ein Talmudleser wäre gewohnt damit umzugehen und all die Widersprüche herauszupicken, dann die Puzzleteile richtig zu setzen und einen Globalüberblick zu haben. Im Christentum verknotete man die Schleier, verwob das mit Glauben und Gefühl. Dazu passte hervorragend das nicht wirklich griffige Wissen der Astrologie. Also eine völlig andere Vorgehensweise liegt in dieser Tradition vor…
Wenn ich die Texte durchgehe in der Art des AT, geht der Schleier weg. Es entsteht über die Weisen, die als Tanaiten tatsächlich nach Jerusalem kamen, die Philosophie des Lobens neu. Da staunten alle in Jerusalem. Das war der neugeborene „König“, ein neuer Weg. Aber hier in Geschichtsdaten abzuschwenken wäre zu weit. Wie der Satz jedoch formuliert ist, lässt er sich sehr zweideutig, mit Schmunzeln lesen, ob da ein Zittern da war oder „lammfromm“ in dem der „Name“ Herodes gleich mehrmals vorkommt. Aber das ist eines der schwierig zu erklärenden Gegebenheiten.
Von der Leseart des NT hängt nun ab, ob man mit Schleier etwas zu ertasten versucht oder ihn wegnimmt und klare Sicht hat.
LG
Mykene