Das Brett und du
Hallo FraLang, sei gegrüßt!
Du wirst mich nicht oder kaum kennen. Ich schreibe selten in diesem Brett, und in dem Brett, in dem ich sehr viel schreibe, nämlich in „Allgemeine Rechtsfragen“, bist du wahrscheinlich nie zu Gast. Zumindest erinnere ich mich nicht, dort je etwas von dir gelesen zu haben, und ich kann mir kaum vorstellen, dass du irgendwo nur liest und nichts selbst schreibst.
Wie kommt es nun, dass ich im Rechtsbrett so viel und hier fast gar nichts schreibe? Die Antwort ist ganz einfach: Ich bin Jurist. Ich verstehe etwas von Recht und Gesetz. Von Religionswissenschaften aber weiß ich nicht viel. Darum bin ich für das eine Brett qualifiziert und für das andere nicht. Dieser Unterschied in der Qualifikation spiegelt sich in der Anzahl meiner Beiträge.
Manchmal wird es in den Rechtsbrettern für mich heikel: Ich will über die Sache schreiben, über Inhalte, und da kommt jemand daher, der von Juristerei nichts versteht, und der so grundsätzlich irrt und dabei so offensichtliche und vor allem auch grobe Fehler bringt, dass ich mich genötigt fühle, auf meine berufliche Qualifikation hinzuweisen. Damit will ich niemals sagen, dass ich sowieso alles besser weiß als jeder Nichtjurist. Ich erwarte allerdings, dass man mir zutraut, nicht völlig ahnungslos zu sein. Je nachdem, wie klar oder unklar die diskutierte rechtliche Frage ist, verlange ich von meinem Diskussionspartner, dass er soundso weitgehend anerkennt, dass ich zumindest über ein gewisses Können und Wissen verfügen muss, weil ich anders nicht hätte Jurist werden können, und weil die berufliche Tätigkeit als Jurist zwangsläufig dazu führt, dass man ein bestimmtes Können und Wissen festigt und erweitert.
Da ich nun aber für mich in Anspruch nehme, für jeden erkennbar ein gewisses Mindestniveau zu erfüllen, das ich durch meine formelle Qualifikation (Befähigung zum Richteramt) nachweisen kann, fühle ich mich auch verpflichtet, es mit den Fachgebieten anderer Leute so zu halten. Hier unterscheiden du und ich uns voneinander.
Wohlgemerkt: Ich halte nichts von Wissensautoritäten. Aristoteles war ein kluger Mann, aber dass sich 2.000 Jahre lang kaum jemand getraut hat, ihm zu widersprechen, obwohl natürlich auch Aristoteles fehlbar war, ist, finde ich, erschreckend. Ähnliches gab es in der Medizin und meines Erachtens auch in der Theologie und so weiter. Soweit sind wir uns sicher einig. Zumindest schreibst du ja gelegentlich recht abschätzig über andere User hier und betonst, dass du deren Überlegenheit und Autorität nicht oder nicht so anerkennst, wie man es deiner Meinung nach von dir verlangt. Damit bist du für mein Dafürhalten (insoweit) ein positives Beispiel für den Erfolg der Aufklärung.
Aber verlangt man wirklich so viel von dir, wie du denkst? Nehmen wir Metapher. Irgendwo hast du in den letzten Tagen geschrieben, dass er Bewunderung verlange oder so ähnlich (ich bin zu faul, das rauszusuchen). Soll ich dir was sagen? Ich bewundere Metapher nicht. Es kann schon sein, dass er bewundernswert ist, aber das lässt sich hier im Forum nicht feststellen. Auch sonst gibt es hier niemanden, den ich bewundere. Und ich habe auch ganz und gar nicht den Eindruck, dass Metapher oder irgendwer anders das verlangt (wenn ich auch generell meine, dass Vielschreiber meist ein wenig eitel sind.)
Allerdings genießt Metapher mit seinen Beiträgen meine (ihm vielleicht unwichtige) Wertschätzung und außerdem ein großes, wenn auch nicht grenzenloses Vertrauen. Ich habe sehr viel von ihm gelesen, auch im Archiv. Manchmal habe ich gedacht, dies und jenes könne so nicht stimmen oder stünde im Gegensatz zu etwas, das er zig Jahre vorher geschrieben hat, oder sei nicht schlüssig, oder oder oder. Denn, o Wunder, auch Metapher ist nur ein Mensch und also fehlbar, und außerdem schildert er nicht nur Tatsachen, sondern auch Meinungen, und Meinungen sind nun einmal nicht überall gleich. (Die Abgrenzung von Meinung und Tatsache ist ein heikles Feld. Metapher beansprucht für sich vermutlich, meist Tatsachen zu schildern. Grundsätzlich ist das auch richtig.)
Ich weiß nicht, was genau in dir vorgeht, dass du dich so verhältst, wie du es tust. Ich vermute, dass du wirklich überzeugt bist von dem, was du schreibst, und auch davon, dass du solide Kenntnisse in religionswissenschaftlichen Fragen hast. Auch muss ich einräumen, dass du so gut schreibst, dass man, wenn man nicht vom Fach ist, leicht den Eindruck gewinnen kann, du wärst Experte. Doch zu meiner Überzeugung ist da auch (sehr) viel Schall und Rauch. Ich folgere das vor allem aus einer Analogie, nämlich der Analogie zum Brett „Allgemeine Rechtsfragen“.
Das Muster ist im Prinzip dasselbe wie bei dir. Nun ja, genau genommen gibt es natürlich nicht nur ein Muster, sondern verschiedene. Die einen Diskussionspartner wissen mehr, die anderen weniger, die einen sind gegen Belehrung resistent, die anderen nicht usw. Manchmal kommen da Leute, die sich auch von mehreren Volljuristen nicht überzeugen lassen, dass sie nicht nur im Detail, sondern ganz grundsätzlich falsch liegen. Und oft genug, zuletzt gestern, denke ich mir, dass es in diesem und jenem Fall aber auch wirklich schwer ist, das von mir oder auch anderen Juristen Erläuterte zu verstehen, und dass bestimmte Missverständnisse zum Greifen nahe sind. Die Einwände gegen das, was die Juristen in den Rechtsbrettern schreiben, sind manchmal derart, dass man geradezu zwingend dafür Verständnis aufbringen muss, dass es zu diesen Missverständnissen kommt. Weniger Verständnis habe ich dann allerdings dafür, wenn daraus ein apodiktisches Argument geformt wird und keine sachliche Rückfrage (was natürlich auch sehr oft vorkommt).
Wenn ich im Brett „Allgemeine Rechtsfragen“ unterwegs bin, muss ich gelegentlich an dich denken. An dich und Metapher und andere. Weil sich die Muster gleichen. Von deiner Sorte gibt es viele („Wir heißen Legion“…) und eben in allen Bereichen. Und von Metaphers Sorte gibt es auch viele (wenngleich sein Wortwitz schon was Besonderes ist). Und dann sitze ich da und fühle mit Metapher. Ganz grob bin ich im Rechtsbrett, was er hier ist.
Dabei habe ich so viel Grund zur Klage, dass ich mein Mitleid ganz für mich selbst bräuchte (dann wäre es aber wohl kein „Mitleid“). Es ist nämlich manchmal furchtbar anstrengend, diese ewig gleichen Diskussionen zu führen. Und doch kann ich mich meist nicht zurückhalten. Zum einen will ich nicht, dass Fragesteller mit grob falschen Antworten wieder gehen und Gott-weiß-welchen Schaden daran nehmen. Zum anderen bin und bleibe ich von der unerschöpflichen Hoffnung geprägt, dass irgendwann doch mal Einsicht kommen muss, obwohl mich die Erfahrung lehrt, dass das eben nicht immer der Fall ist. Und dann antworte ich und schreibe mir einen Wolf und finde es einfach nur noch lästig. So und nicht anders wird es Metapher mit dir gehen und anderen auch. Selbst ich, der deine Beiträge nur liest und praktisch nie kommentiert, bin inzwischen regelrecht genervt. In letzter Zeit treibst du es aber auch wirklich auf die Spitze!
Nun ist Metapher so gestrickt, dass er sich lieber diese Spinnerei antut als ganz aus dem Forum zu verschwinden. Zum Glück! Anderer Leute Energie scheint sich gerade zu verbrauchen. Tychiades’ von mir ebenfalls sehr geschätzte Beiträge sind selten geworden. Einer jüngeren Wortmeldung von ihm nach zu urteilen, liegt das nicht zuletzt an dem Phänomen, das du mit deinen Beiträgen darstellst. Ich finde das sehr, sehr schade! Und zugleich kann ich es so furchtbar gut verstehen, weil auch ich mit diesem Phänomen zu kämpfen habe, im Grunde nur in den Rechtsbrettern, nun aber trotz meines Nurlesens auch hier.
Vor einigen Tagen hast du von dem Widerspruch geschrieben, den du darin siehst, dass Jesus dem Mitgekreuzigten verspricht, er werde noch heute mit ihm im Paradies sein, was doch der christlichen Lehre vom Endgericht usw. zuwiderlaufe. Im Gegensatz zu dir konnte ich mich sehr gut an die bereits vor längerer Zeit gegebene Erläuterung von Metapher erinnern. Kein Zweifel, diese Erläuterung löst den Widerspruch auf. Du aber wolltest darin irgendeine Art von Widerspruch und Widerlegung sehen. Hier wird das Problem in dramatischer Weise deutlich: Du ziehst Schlüsse, die objektiv nicht zulässig sind, und an diesem Beispiel kann jeder das erkennen. Auch du! Und doch weigerst du dich, aus deinen Fehlern zu lernen. An sich müsstest du zu der Erkenntnis gelangen, dass du vieles nicht beurteilen kannst, was du zu beurteilen können dachtest. Aber nichts passiert, keine Erkenntnis, keine Einsicht, keine Erlösung. (Bist du zufällig Lehrer? Bei manchen Juristen herrscht die Auffassung vor, die Berufsgruppe L sei besonders beratungsresistent. Ich kann das weder verifizieren noch falsifizieren.)
Etwas anderes kommt hinzu: Du stellst keine Wissensfragen. 99% deiner Beiträge enthalten lediglich Meinungen und Theorien, die dann bestenfalls in Frageform verpackt werden, damit der äußere Anschein der Regelkonformität gewahrt bleibt. Das ist schlicht und ergreifend nicht Sinn und Zweck von w-w-w. Nun bin ich in solchen Fragen des Regelwerks nicht so furchtbar streng, und ich verstehe auch dein Bedürfnis danach, deine eigenen Ansichten mitzuteilen und zu diskutieren. Der Umfang aber, den das bei dir annimmt, ist für mich ein klarer Verstoß gegen die Regeln von w-w-w. Und das stört mich! Nicht aus formalen Gründen des Regelverstoßes, sondern weil du es denen, die diese Website ihrem Zweck nach nutzen wollen, erheblich erschwerst, das zu tun. Die Moderation dieses Brettes ist nach meinem Dafürhalten viel zu zurückhaltend. Deine Verstöße sind so eklatant, dass man massiv gegen dich vorgehen müsste.
Ich bin, um ehrlich zu sein, der Meinung, dass du vom w-w-w-Team abgemahnt und notfalls gesperrt werden müsstest. Wäre ich Mod in diesem Brett hier, würde ich mich an das Team wenden, und selbst jetzt überlege ich, das zu tun. Natürlich gibt es keine Regel, die besagt, dass nur Experten etwas schreiben dürfen. Aber abgesehen davon, dass du doch vorsätzlich Thesen in Frageform zum Besten gibst, was Grund genug wäre, dich zu maßregeln, abgesehen davon also liegst du offensichtlich so neben der Spur mit deinen Aussagen, dass man das nicht mehr tolerieren muss. Ich war bzw. bin auch Mod (derzeit in nur einem Brett), und ich habe nicht oft darum gebeten, jemanden wegen ständig unsinniger Antworten zu ermahnen, aber in sehr seltenen Ausnahmefällen habe ich keine andere Möglichkeit mehr gesehen, und du wärst definitiv so eine Ausnahme.
Ich bitte dich wirklich inständig, dich kritisch zu hinterfragen. Wie viel kannst du in diesem Brett beitragen? Wo stehst du im Vergleich zu anderen Usern? Welches Ziel verfolgst du hier? Ist dieses Ziel mit dem Zweck von w-w-w vereinbar? Wäre es nicht möglich, dass du dieses Brett quasi flutest und damit andere Leute verscheuchst, die vielleicht mehr Fundiertes zu sagen hätten als du? Stünde dir ein wenig mehr Zurückhaltung besser zu Gesicht?
Es wäre schön, wenn du diesem Brett wieder Luft zum Atmen geben könntest. Für die Dinge, die dir am Herzen liegen, gibt es im Internet sicher viele andere Foren. Insbesondere deine Art von Religionskritik kannst du auch auf anderen Websites ausleben, wo du vielleicht sogar noch viel Applaus ernten wirst. Damit wäre dann allen gedient.
Benvolio