Hallo,
Es mag mal eine künstliche Norm gewesen sein, aber Martin
Luther ist lange tot und inzwischen kann man kaum noch von
einer Kunstsprache sprechen.
Natürlich ist es eine Kunstform. Warum sonst sprechen die Menschen in Bayern anders als in Rostock oder Lübeck? Warum sollten die grammatikalischen Regeln, die im allemanisch beeinflussten Deutschen weniger Wert sein, als die aus Sachsen?
Was kann man denn im Dialekt ausdrücken, was im Hochdeutschen
nicht geht??
Da du offensichtlich keinen Dialekt sprichst, ist das schwer zu vermitteln ohne wirklich ins Detail zu gehen. Aber gerade Kinderlieder, Märchen (nur als Beispiel) sind sehr an Regionen gebunden. Im Dialekt gibt es zum Beispiel viel mehr Bezeichnungen für Babies und Kleinkinder, nicht nur von Dialekt zu Dialekt, sondern auch innerhalb des Dialektes.
Dann sind hier bei uns ja in vielen Fällen die
Leute ziemlich sprachlos .
Gewissermaßen ja - natürlich nicht so, wie dein Smiley andeutet, sondern mehr in der Ausdrucksvielfalt.
In meiner Stadt wird eher der
Dialekt als Fremdsprache aufgefasst. Einige wenige bemühen
sich, damit er nicht ausstirbt. Ein ziemlich aussichtsloses
Unternehmen, da unter den Kindern kaum noch eines so sprechen
kann.
Sagte ich ja auch.
Und selbst die noch erhaltenen Sprecher haben ihre Mühe
und bereiten die Texte oft aufwenig vor (vermutlich üben sie
sie auch noch ein ).
Das ist doch schade. In anderen Ländern gehen Menschen sprichwörtlich auf die Barrikaden, um ihre eigene Sprache erhalten zu dürfen (z.B. Afrikaans in Südafrika, zeitweilig in Katalonien, das Walisische etc.).
Ähnlich wie wenn man
unbedingt Gardetanz machen möchte oder bei einer
Blasmusikkapelle mitmacht.
Das ist absoluter Humbug, wenn man von Sprachaneignung
spricht.
Geh mal ins Archiv und lies über mehrsprachig aufwachsende
Kinder. Die Aussagen kann man IMHO 1:1 auf Kinder übertragen,
die Dialekt und Hochsprache lernen.
Humbug? Meiner Meinung nach ist das Beherrschen eines
Dialektes genaus so nützlich wie Kenntnisse im Gardetanz: Es
ist der Erhalt regionaler Tradition.
Nein. Natürlich lebt man genauso ohne Dialekt, aber jemandem die Sprache zu nehmen liegt auf einem anderen Gebiet als jemandem ein Hobby abspenstig zu machen. Zum einen sind regionale Traditionen nicht schlecht. Auch du wirst dir nicht wünschen, dass es in Deutschland z.B. nur noch Golden Delicious, Granny Smith und Red Allstar Äpfel gibt. Gerade in der Breite des Angebots liegt die Würze.
Spracherwerb läuft auf einer emotionalen Ebene (die Mutter, die lachend einen Fingervers aufzählt, eine Oma, die das Kind mit einem Wiegenlied auf den Armen schaukelt, der Vater, der beim Windelwechseln die Körperteile nicht unbedingt anatomisch korrekt, sondern so wie er sie gelernt hat, benennt.
Die ganze Sprache (auch das Hochdeutsche) wird verarmen, wenn es keine Dialekte mehr gibt.
Es gibt Studien (müsste ich suchen), dass Kinder, die Dialekt und Hochsprache beherrschen, eine größere Sprachkompetenz im Deutschen, wie auch beim Erlernen von Fremdsprachen haben.
Nett, aber nicht wirklich
wichtig. Mehrsprachiges Aufwachsen finde ich toll! Eine echte
Fremdsprache halte ich aber für nützlicher.
Meine Kinder sind deutsch/englischsprachig aufgewachsen. Sie sprechen im allgemeinen Hochdeutsch, aber verstehen und benutzen gelegentlich den hiesigen Dialekt (zusätzlich verstehen sie die Sprachvarianten meines Heimatdialektes bzw. den meines Mannes).
Wobei die Fremdsprache „wichtiger“ sein kann im späteren Leben, aber bei dieser Aussage geht es um die Sprache an sich. Ich spreche aber von angeeigneter Sprachkompetenz, die im frühen Kindesalter entwickelt wird.
Das ist ja auch gar kein Problem. Was im Duden steht, wird
i.d.R. auch von jedem verstanden.
Ja, aber gerade da stehen z.B. so regionale Varianten drin, ob man „ich bin größer wie du“ oder „größer als du“ sagt, ob z.B. schwimmen mit sein oder haben konjugiert wird.
Vielleicht solltest du deine Sprachkompetenz erweitern. Ich
verstehe nicht jeden Dialekt in Deutschland, aber ich wage zu
behaupten, dass ich jedes regional gefärbtes Deutsch (inkl.
Schweizerisch) verstehe (da die Leute dich verstanden, haben
sie nicht extrem Dialekt geredet).
Was Du da jetzt sagst, ist absurd!
Nein. Es ist die logische Folgerung aus dem, was du geschrieben hast.
Zwei Menschen können sich
sehr gut in zwei Sprachen gleichzeitig unterhalten. Als mein
Englisch noch ziemlich schlecht war, traf ich mal auf einen
Belgier, dessen Deutsch auch nicht besonders gut war. Wir
konnten uns aber sehr gut unterhalten. Er sprach mit mir
Englisch, ich mit ihm Deutsch. Kein Problem! Keiner musste
sich in seiner schwachen Sprache ausdrücken, verstand aber
alles. Genau so ist es doch auch mit den Sprechern eines
Dialekts, die heutzutage durch das Fernsehen alle gut Deutsch
verstehen, aber ablehnen, es zu sprechen.
Ich vermute sehr stark, dass die Menschen, die sich weigern Hochdeutsch zu reden, dies in den meisten Fällen bewusst tun, aus Gründen, die sehr wenig mit der Sprache zu tun haben. Darauf ist schon jemand anders eingegangen.
Im Übrigen bin ich heute ständig dabei, meine Sprachkompetenz
zu erweitern: Englisch, Französisch, Spanisch ein wenig
Italienisch und Niederländisch. Das geht schon. Aber da auch
noch einen Dialekt dazulernen? Das wird mir dann doch zuviel.
Auch mein Tag hat nur 24 Stunden!
Verlangt doch niemand. Ich habe lediglich versucht, darauf hinzuweisen, dass du ein Problem zu haben scheinst, mit dem du ziemlich allein dastehst, wenn ich den Aussagen in diesem Thread glauben darf.
Aber deine Arroganz und dein Unverständnis gegenüber Dialektsprechern zu überdenken, darf man fordern.
Was ist daran gestelzt, wenn man so spricht, wie es
geschrieben wird?
Dann hör dir mal einen Pfälzer an, der „nach der Schrift spricht“.
Oder einen Hessen.
Das ist völlig normal!
Bei uns macht das
jeder so.
Aber ihr seid nicht der Maßstab.
Klar, ein paar umgangsprachliche Wörter fließen mal
mit ein, aber das heißt noch lange nicht, dass es kein
Hochdeutsch mehr wäre.
Vielleicht, vermute ich mal ganz frech, wären da wirklich Experten etwas anderer Meinung. Gerade Menschen aus den nördlicheren Teilen Deutschlands sind oft der Meinung, dass sie Hochdeutsch sprechen, obwohl das objektiv betrachtet gar nicht der Fall ist.
Analog dazu war ich immer der Meinung meine Kinder sollten von
mir lieber Deutsch lernen, so wie ich es spreche, und ihr
Englisch von ihrer Umgebung (Freunde, Schule, TV, etc.), statt
von mir zwar weitestgehend grammatikalisch-fehlerfreies, aber
ganz und gar nicht akzentfreies Englisch.
Wenn Du in England wohnst, ist das sicher der beste Weg.
Bis vor zwei Jahren in verschiedenen englischsprachigen Ländern.
Ich
kann aber andere Eltern gut verstehen, die sich bemühen, ihren
Kindern von Anfang an Englisch als Zweitsprache nahezubringen.
Wenn die Grammatik schon fehlerfrei ist (das ist enorm! Das
können ja oft noch nicht mal die Einheimischen perfekt),
Danke, das ist mein Beruf.
hat
man ja schon eine wirklich gute Grundlage, es zu versuchen.
Schließlich wird heutzutage ja teilweise schon im Kindergarten
versucht, Kindern die erste Fremdsprache zu vermitteln. Wobei
ich bezweifle, dass die entsprechend geschulten Erzieherinnen
tatsächlich eine fehlerfreie Grammatik beherrschen.
Stimmt.
Aber ich will das Ganze mal so ausdrücken: Was man nicht
kennt, kann man nicht vermissen. Wenn man etwas nicht braucht,
versteht man auch nicht, warum man sich damit befassen soll.
Genau das ist es: Du kennst Dialekt nicht, dennoch ist es eine wunderbare Sache.
Bei uns ist ein ausgeprägter Dialekt nicht üblich und
vermutlich verstehe ich deshalb nicht so recht, warum bei
vielen ihr Herz dran hängt.
Eben. Du verstehst es nicht.
Für mich ist das Erlernen eines
Dialektes eben ein unnötiger Aufwand, vergleichbar mit dem
Gardetanz.
Aber für diejenigen, die es von klein auf hören, ist es doch gar kein Aufwand. Es ist ganz anders, wie das „künstliche“ Englischlernen im Kindergarten. Es läuft einfach so nebenbei.
Aber von dem bekommt man wenigstens eine gute
Kondition .
Und vom Dialektsprechen eine bessere Sprachkompetenz (s.o.)
Schade ist nur, dass man die unschuldigen
Kinder nicht vorher fragen kann.
Das ist - entschuldige! - ein blödsinniger Satz, weil er auf die gesamte Frage der Kindererziehung zu übertragen wäre. Ich kann mein Kind genausowenig fragen, ob es vegetarisch oder vollwertig ernährt werden möchte, ob es lieber in den Waldorfkindergarten oder den katholischen Kindergarten will, usw.
Trotzdem denke ich, dass gute
Kenntnisse des Hochdeutschen nie falsch sein können.
Wo steht das? Es geht darum, dass Dialekt nichts Falsches ist.
Gruß
Elke