Hi,
Wir machen das so: ich beantworte deine Fragen und du meine.
Das ist doch mal ein fairer deal
Ja, das trifft zu. Und? Ich verstehe den Zusammenhang nicht.
Ganz einfach: Wenn ich dich richtig verstanden habe, störst du dich daran, dass die Araber/Moslems/Palästinenser keinen jüdischen Staat in Palästina akzeptieren würden. Tun sie anscheinend nicht - warum sollten sie aber auch? Die Gegend war nun mal hauptsächlich von moslemischen Arabern besiedelt. „Eingeborene“ Juden gabs da natürlich auch immer ein paar, aber die hattens dort meistens besser als die „eingeborenen“ Juden in Europa. Von vereinzelten auch dort auftretenden Problemen, wie sie Minderheiten leider überall immer mal wieder haben, abgesehen, aber die werden wir wohl nie ganz abschaffen können, auch wenn es wünschenswert wäre.
Die Probleme begannen, als Juden aus aller Welt dort einwanderten, und zwar nicht nur als „Asylbewerber“, die woanders verfolgt wurden, sondern gleichzeitig mit dem Ziel eines eigenen jüdischen Staates.
Sowas sehe ich, und wohl auch die arabischen „Ureinwohner“ Palästinas, als eine Form langsamer Infiltration und Eroberung. Das die Palästinenser auch damals keinen eigenen Staat haben, halte ich in dem Zusammenhang für eher unbeutend: Das Staats-volk war dort schon da, auch ohne -gewalt und abgegrenztes -gebiet.
Könntest du persönlich nur dann einen Frieden in Nahost akzeptieren, wenn der Staat Israel dabei NICHT aufhörte zu existieren?
Ja, so ist es. Würde der Staat Israel ausgelöscht, so hätte
das imho und nach Meinung von so ziemlich dem Rest der Welt,
einen Genozid zur Folge.
Die Gefahr eines Genozids bestünde, und ein solcher ist abzulehnen, sogar wenn er die gesamte Menschheit betreffen würde.
Nur haben wir doch schon eine Art Genozid auf Raten, und zwar an den Palästinensern. Über die Verwendung des Wortes Shoa durch einen israelischen Politiker mögen sich die Sprachwissenschaftler streiten, die Anzahl der Todesopfer und die Lebensbedingungen der Überlebenden sprechen wohl für sich. Und ob in den letzten 60 Jahren weniger Juden ums Leben gekommen wären, wenn es den Staat Israel nicht gäbe, kann man nur vermuten.
Ich wage aber mal zu behaupten, wenns den beteiligten Mächten (v.a. Europa und USA) um die Menschen (Juden und Araber) ginge, dann würden sich andere, bessere und dauerhaftere Lösungen unter Verzicht auf einen Staat finden lassen, der so wie er jetzt besteht wohl nie einen für alle beteiligten annehmbaren Frieden finden wird. Wenn man bedenkt, wieviel der Nahostkonflikt an Waffen und Wiederaufbau kostet, wäre das vermutlich auch noch billiger und vor allem wäre das Geld vernünftiger angelegt.
Wobei ich persönlich natürlich auch überhaupt nichts gegen einen Frieden mit völligem Bestandsschutz für Israel hätte, aber nicht wenn der Rest der Region diesen Staat nur auf Grund von militärischer Gewalt akzeptiert.
Das ist der Grund, weshalb es überhaupt zu einem Judenstaat
kam und weshalb Antizionismus = Antisemitismus war und ist.
Die Verfolgungen, denen die Juden in den letzten Jahrtausenden (ging ja schon bei den alten Römern los) ausgesetzt waren, haben sicher zur Entstehung des Zionismus beigetragen. Seine Entstehung zur Zeit eines allgemein steigenden Nationalbewußtseins läßt auch den Wunsch eines eigenen Nationalstaates für das jüdische Volk verständlich werden, der auch nicht zwangsläufig unberechtigt sein muß.
Das Staatsvolk haben wir also auch hier, die Probleme fangen mit dem Staatsgebiet an: Hier wurde, wohl hautpsächlich aus religiösen Gründen, eine Gegend gewählt, in der dummerweise schon ein anderes Volk lebte. Die Idee, dorthin mit immer mehr eigenen Leuten auszuwandern, bis die momentanen Ureinwohner die Unterlegenen sind, ist zwar nicht neu (anstelle eines Großteils der USA müßten sich ja eigentlich ein oder mehrere Indianerstaaten befinden), aber richtig (bzw. berechtigt) wird sie dadurch auch nicht.
Bei der tatsächlichen Gründung Israels hat der Wunsch nach dem Schutz der Juden sicherlich auch bei einigen Idealisten eine Rolle gespielt. Deren zahlenmäßiges Verhältnis zu den daran ebenfalls beteiligten Größenwahnsinnigen, skrupellos an ihren eigenen bzw. den Vorteil ihrer eigenen Länder denkenden Politiker und (Achtung!) Antisemiten vermag ich nicht abzuschätzen. Dem „kleinen Mann“ in allen Ländern konnte man einen jüdischen Staat bestimmt am besten mit dem Hinweis auf die Judenverfolgung, besonders den grade vorangegangen Ausrottungsversuch durch die Nazis verkaufen, aber ich sehe dahinter eher folgende wirkliche Gründe:
- die Etablierung eines Verbündeten in einer strategisch und ökonomisch wichtigen Gegend,
- den Druck der israelischen Gründungsväter auf Politiker und UN-ler,
- den Wunsch, eigene jüdische Staatsbürger in einen Judenstaat loswerden zu können. Damit kann dann auch Unterstützung des Zionismus eigentlich Antisemitismus sein.
Dass auch und gerade der „kleine Mann“ (wenn ich jetzt „kleiner Jude“ schreibe, wird mir das bloß wieder negativ ausgelegt ), der damals schon in Israel lebte oder später dorthin abgeschoben wurde, dabei der Leidtragende war, möchte ich nicht bestreiten.
Gruß,
Markus
PS: Bedaure, dass es etwas länger wurde, ich sah mich außerstande ein doch etwas komplexeres Problem kürzer zu behandeln, ohne mich dadurch wieder missverständlich auszudrücken.