Hallo Helena,
Ich kann mich ziemlich gut daran erinnern, wo ich das erste
mal, die Wörter „Sinti und Roma“ las. Es war tatsächlich in
einem Museum und das ganze hatte, tatsächlich, ein Bezug auf
Kz’s. Aber von all diejenigen, die dort um mich herum waren,
keiner wußte mit dieser Bezeichnung etwas anzufangen.
dreimal darfst Du raten, warum solche Ausstellungen gemacht werden und für wen. Auch bei der Bezeichnung ‚Nigger‘ hat es einige Zeit gedauert, bis die Leute kapiert haben, dass der Gebrauch dieser Bezeichnung schlicht und einfach nicht in Ordnung ist.
Falsch. Das Wort „Arschloch“ hat ausschließlich und seit jeher
eine beleidigende und herabwürdigende Bedeutung. Wer dieses
Wort verwendet hat nur vor jemand zu beschimpfen und/oder
seine Wut freien Lauf zu lassen. Und das von vorne herein.
Das alles trifft auf das Wort Zigeuner nicht. Und DAS
ist m.E. der schlaggebenden Unterschied. Daher finde ich
Deinen Beispiel absolut nicht treffend und völlig an die Sache
vorbei.
Um mal den Auschwitzüberlebenden Josef Reinhardt zu zitieren, nachdem ein süddeutscher Politiker gemeint hat, es sei o.k. von ‚Zigeunern‘ zu sprechen:
„Wenn Sie meinen, daß Sie mich einfach Zigeuner nennen dürfen, weil Sie es nicht so meinen, wie es gemeint ist, dann darf ich Sie ja auch Nazi nennen, und behaupten, daß ich es nicht so meine, wie es gemeint ist.“
Auf Spanisch kenne ich ausschließlich die o.g. Wörter als
Bezeichnung für Sinti und Roma. Und, wie ich schon sagte,
absolut keiner hat eine beleidigende und herabwürdigende
Bedeutung.
Es geht hier aber nicht um spanische oder englische Bezeichnungen.
Auf andere Länder zu verweisen, finde ich ganz daneben.
Eben. Warum tust Du es dann ständig?
Glaube mir, Ralf, ich kenne in Spanien viele gitanos und kein
einziger, der sich durch diese Bezeichnung beleidigt
Sag mal - raffst Du tatsächlich nicht, dass es nicht um die Bezeichnung ‚Gitanos‘ geht sondern um den Begriff ‚Zigeuner‘ im Deutschen?
Wie gesagt, ich gehe jede Wette ein, dass es viele Deutsche
gibt, die die Bezeichnung „Sinti und roma“ gar nicht kennen
und noch nie gehört haben. Und noch mehr, die zwar das schon
mal gehört haben, wissen diese aber nicht einzuordnen.
Traurig genug.
Nochmals: die Menschen, „die damit ein Problem haben“, sind
die Betroffenen - eben Roma, die nun einmal nicht gerne als
‚Zigeuner‘ tituliert werden.
Nein. Es gibt wohl offensichtlich Menschen, die dieser Ethnie
NICHT angehören, und die sich mehr darüber ärgern als die
Bezeichneten selbst.
Dann schlage ich Dir vor, Dich einmal mit Roma zu unterhalten und sie dabei als ‚Zigeuner‘ anzusprechen. Beim ersten Mal wird man Dir vielleicht noch Dummheit oder Unwissenheit unterstellen und Dich aufklären. Ich würde Dir nicht empfehlen, das ein zweites Mal zu tun.
Um dies
deutlich zu machen: wenn Du im Deutschen einen Nicht-Roma
‚Zigeuner‘ nennst, dann ist das alles andere als freundlich.
Warum sollte ich einen Nicht-Roma, Zigeuner nennen?
Hatten wir doch schon. Zum Beispiel, wenn Du ihn beleidigen willst indem Du ihm unterstellst, ein krimineller Landstreicher zu sein. Gibt auch ein schönes Verb dazu: ‚herumzigeunern‘.
Oder um es
drastischer zu sagen: Warum soll ich einen Moslem, Jude
nennen? Oder einen Italiener, Finne? Oder einen Christen,
Buddhisitscher?
Merkst Du denn nicht, wie sehr das hinkt? Das sind alles Bezeichnungen, die von den Betroffenen auch für sich selbst verwendet werden, ohne negativen Beigeschmack.
Es ist vielmehr gleichbedeutend mit ‚Landstreicher‘. Mit
‚Zigeuner‘ bezeichnet man Nichtsesshafte, die unter dem
Generalverdacht stehen, von Betrügereien und
Gelegenheitsdiebstählen zu leben.
Das ist evtl. auf Deutsch die Konnnotation. Nicht so, absolut
nicht, wenn man das Wort (egal welche: Roma, Sinti oder
Zigeuner) ins Spanischen übersetzt.
Jetzt vergiss doch mal Dein Spanisch. Darum geht es hier nicht:
Auf andere Länder zu verweisen, finde ich ganz daneben.
Den Zusatz „dreckig“ macht aus jeder beliebtes Wort ein
Schimpfwort. Daher wundert es mich nicht.
Wenn Dich jemand als ‚dreckige Spanierin‘ beschimpft, riskiert er keine Anzeige wegen Volksverhetzung. Wenn er Dich 'dreckige Zigeunerin nennt, schon.
Wörtliches Zitat Romani Rose, Vorsitzender des Zentralrats
Deutscher Sinti und Roma, der etwa 90% der in Deutschland
lebenden Sinti und Roma repräsentiert: „Der Begriff Zigeuner
ist eine Beleidigung und Diffamierung für die Sinti und Roma.“
Dafür bräuchte ich eine Quelle.
Offensichtlich ist Dir der öffentliche Streit um das Mahnmal für die durch die Nazis ermordeten Roma entgangen, obwohl er eigentlich recht lautstark geführt wurde.
http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,344…
Mittlerweile hat man sich übrigens auf folgende Inschrift geeinigt:
„Wir gedenken aller Roma, die im nationalsozialistisch besetzten Europa dem planmäßigen Völkermord zum Opfer gefallen sind.“
Geplant war ursprünglich:
"„Wir gedenken aller Männer, Frauen und Kinder, die im nationalsozialistisch besetzten Europa als Zigeuner dem planmäßigen Völkermord zum Opfer gefallen sind.“
Dazu der Schriftsteller Dr. Michail Krausnick:
_"Die Diskussion um die Denkmalsinschrift empfinde ich als unwürdig und beschämend. Ein Mahnmal muss die Opfer ehren und darf sie nicht beleidigen. Ist es denn nicht weltweit ein selbstverständliches Gebot des Anstands und der Höflichkeit, Menschen und Volksgruppen
mit ihrem richtigen, dem eigenen Namen anzusprechen? Kann man wirklich – zumal für einen Gedenkstein – eine Fremdbezeichnung fordern, die lexikalisch und juristisch leider nach wie vor als Schimpfwort und Diskriminierung gebräuchlich ist?
Während meiner Gespräche mit Zeitzeugen und Überlebenden des Völkermords in ganz Deutschland habe ich stets wahrgenommen, dass die unter dem rassistisch terminierten NS-Begriff „Zigeuner“ verfolgten, gequälten, gedemütigten und ihrer Verwandtschaft beraubten Menschen sich von dieser Bezeichnung verletzt und beleidigt fühlen, und dass sie endlich so genannt werden wollen, wie sie wirklich heißen. […]
Auch Historiker sollten fähig sein, hinzuzulernen und sich nicht auf die Sprache der Mörder versteifen. Es hilft den Überlebenden wenig, wenn Herr Jäckel persönlich es nicht abwertend verstehen will - die Vorgänger und Nachfolger der Nazis meinten und meinen es so. Und die Volksetymologie ist leider mächtiger, gewalttätiger, mörderischer als alle noch so korrekten akademischen Herleitungen. Wäre in den USA ein Gedenkstein mit der Inschrift für den „als Nigger“ ermordeten Martin Luther King diskutierbar? Gedachte im vergangenen Jahr die Bundesrepublik Deutschland in Namibia der von den Kolonialtruppen niedergemetzelten Hereros etwa „als Neger“? Es mag mühsam sein, umzulernen und rassistischen und kolonialistischen Sprachgebrauch zu meiden. Die Betroffenen allerdings haben ein Menschen-Recht darauf."_
Freundliche Grüße,
Ralf