Erde aus dem Universumszentrum verbannt

Griechische Vordenker des Heliozentrismus
Hi Magda.

Es gab auch andere Vordenker des heliozentrischen Weltbildes, in der Antike vor allem den Astronomen Aristarchos von Samos (3. Jh. v.u.Z.) sowie den Philosophen Herakleides Pontikos (4. Jh. v.u.Z.).

Es ist also nicht so, dass die Antike ausschließlich geozentrisch dachte, wie es die bisherigen Artikel des Threads zumindest indirekt suggerieren. Heliozentrische Konzepte wurden allerdings autoritär unterdrückt. Aristarchos wurde für seine Sichtweise heftig angegriffen und als „gottlos“ verleumdet. Die Oberhand behielten die Konzepte von Aristoteles und Ptolemäus.

Es waren aber genau die Texte dieses Aristarchos, die Kopernikus zu seiner Theorie anregten.

Chan

Was bekam Galilei zur Antwort?
Hallo Wolfgang,

man antwortete ihm mit der Bibelstelle in Jos 10,12-13.

Dort steht: >>Josua sprach „Sonne, steh still über Gibeon“. […] Und die Sonne stand still über Gibeon.

Nasen, gerümpft

Der Grund für den Galilei-Entscheid war aber in viel höherem Masse der, dass Galilei ein Hochstapler war.

Von welchem Entscheid genau ist hier die Rede?

Was zur Folge hat, dass unsereins trotz seiner Vatikantreue beinahe versucht ist, über die Galilei-Statue daselbst heimlich ein bisschen die Nase zu rümpfen. Aber Galilei ist ja soooo ein Märtyrer…

Ist das deine persönliche oder die offizielle Meinung der Priesterbruderschaft St.Pius X.?

Hallo Wolfgang,

dass Galilei ein Hochstapler war.

Das mag durchaus sein, aber könntest du das ein wenig ausführen und begründen?
Z. B. zeichnet Brecht ja in seinem Bühnenwerk ein sehr differenziertes Bild von Galilei, das auch das Element der Hochstapelei mit beeinhaltet. Denkst du an so etwas?

Karl

Hi,

nicht zu vergessen, Eratosthenes, der etwa 200 v.u.Z bereits den Erdumfang ziemlich genau berechnete.

Es verwundert schon, wie man solche wissenschaftlichen Erkenntnisse wieder vergessen kann.

Gruß FraLang

Eratosthenes hat den Umfang der Erdkugel berechnet.
Das bedeutet nicht zwangsläufig, dass er Anhänger eines heliozentrischen Weltbilds war.
Dass er die Schiefe der Ekliptik berechnete, macht ihn noch nicht zu einem Heliozentriker.

Gruß - Rolf

Hallo Metapher,

Von welchem Entscheid genau ist hier die Rede

Die Rede ist vom offiziellen Galilei-Prozess und dabei insbesondere davon, dass es überhaupt zu diesem Prozess kam.

Nase zu rümpfen

persönliche oder die offizielle Meinung

Es ist immerhin eine von Kirchengeschichtsprofessoren geäusserte. Ich persönlich habe mich ihr angeschlossen, falls Du das wichtig findest.

Gruss,
Mike

Hallo Karl2,

ausführen und begründen

Kurzes, wohl bekanntestes Beispiel ist das Galilei-Fernrohr.
Ein Fernrohr, das dem späteren Fernrohr Galileis sehr ähnlich war, war um ca. 1606 von einem Holländer erfunden worden, daneben hatte auch Kepler um 1611 eine Art Fernrohr. Galilei hat jenes nur ganz leicht weiterentwickelt. Trotzdem wurde lange behauptet, Galilei sei „der Erfinder des Fernrohres“, ohne dass dieser hörbar widersprach. Übrigens steht es noch heute in Schulgeschichtsbüchern, aber dies wollen wir ihm nicht mehr persönlich anlasten:smile:

Gruss,
Mike

Von welchem Entscheid genau ist hier die Rede

Die Rede ist vom offiziellen Galilei-Prozess und dabei insbesondere davon, dass es überhaupt zu diesem Prozess kam.

Aha. Und da liegen dir Informationen vor, aus denen deine obige Aussage, die ich nicht nochmal wiederhole, hervorgeht. Interessant. Du hast also die Prozessakten studiert, ja?

Nase zu rümpfen

persönliche oder die offizielle Meinung

Es ist immerhin eine von Kirchengeschichtsprofessoren geäusserte.

Ich weiß, es gibt katholische Kirchengeschichtler, besonders aus einer bestimmten französischen Formation des Katholizismus, die immer noch die Meinung vertreten, daß der damalige an der Galilei-Affäre maßgeblich beteiligte Klerus Recht hatte.

Ich persönlich habe mich ihr angeschlossen, falls Du das wichtig findest.

Es ist absolut unwichtig. Mich interessiert nur, was hier für Meinungen vertreten werden und vor allem, mit welcher eingebildeten Kompetenz.

Hallo!

dass Galilei ein Hochstapler war.

Das ist viel zu verkürzt. Du erwähnst die Geschichte mit dem Fernrohr. Es ist schon lange bekannt, dass Galilei nicht der Erfinder des Fernrohrs war (genausowenig war James Watt der Erfinder der Dampfmaschine). Es ist auch schon lange bekannt, dass Galilei auf dem Weg zu seinen letztendendes richtigen Bewegungsgleichungen zunächst einigen falschen Fährten gefolgt ist. Es ist auch schon lange bekannt, dass ein Gedankenexperiment zum freien Fall nicht ursprünglich von ihm stammt, obwohl er sich als Autor des Experiments ausgab. Schließlich ist schon lange bekannt, dass er ein paar Experimente, die man mit seinem Namen verbindet, tatsächlich gar nicht gemacht hat (z. B. Münzen vom Schiefen Turm werfen).

Galilei hat es also in manchen Dingen mit dem naturwissenschaftlichen Ehrenkodex nicht ganz so genau genommen.

Aber auf der Habenseite bleibt trotzdem stehen:

  • Galilei war der erste, der das Fernrohr systematisch zur Himmelsbeobachtung einsetzte.
  • Galilei entdeckte die Venusphasen und die Jupitermonde und lieferte damit indirekte Beweise für das heliozentrische Weltbild.
  • Galilei entdeckte (meines Wissens), dass die Milchstraße aus Sternen besteht.
  • Galilei katographierte als erster die Mondoberfläche.
  • Galilei beobachtete (entdeckte?) die Sonnenflecken und konnte damit die Kugelgestalt der Sonne beweisen.
  • Galilei begründete die Kinematik der geradlinigen Bewegung.
  • Galilei führte das quantitative Experiment als wissenschaftliche Methode ein und begründete damit die Physik wie wir sie kennen.
  • Galilei führte die mathematische Formelsprache ein.
  • Galilei untersuchte als erster Transformationen zwischen verschiedenen Bezugssystemen.
  • Galilei erforschte den freien Fall und konnte beweisen, dass alle Körper (ohne Luftwiderstand) gleich schnell fallen.
  • Galilei veröffentlichte in italienischer Sprache (d. h. allgemeinverständlich und nicht nur an Gelehrte gerichtet).

Damit ist er immer noch eines der größten Genies, das die Naturwissenschaft je hatte, auch wenn - was ich gerne einräume - er durch Polemik manchmal über das Ziel hinausschoss und sich gerne in einem besseren Licht darstellte, als es ihm zustand.

Ein reiner Hochstapler ist sicherlich nicht.

Michael

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Moin,

Vor Galilei ist vielleicht noch Giordano Bruno interessant,
der ja tatsächlich verbrannt wurde für seine Theorien (im
Gegensatz zu Galilei).

Bruno wurde meines Wissens wegen seiner Leugnung Jesu verbrannt, nicht wegen seiner Theorien.

Gruss
Laika

Moin Metapher,

Daß die Erde um die Sonne kreist und nicht umgekehrt, diese
Erkenntnis hatte bereits Kopernikus, Kepler …

Sicher ist dir meine folgende Aussage bekannt. Meines Wissens

  • konnte Kopernikus seine Theorie nicht beweisen, das ging erst nach Entdeckung der Schwerkraftgesetze durch Newton,
  • wurde Kopernikus durch seine kirchlichen Vorgesetzten durchaus gefördert, da seine Beobachtungen „die Herrlichkeit von Gottes Schöpfung zeigen sollten.“ Erst als sie zu sehr den kirchlichen Lehren widersprachen, pfiffen sie ihn zurück. Vor eine Inquisition o.ä. kam er aber nicht.
  • fußten seine Theorien auf den seit altersher bestehenden Unstimmigkeiten in den Bewegungen der Gestirne.

Tatsächlich umkreist die Erde eine kleine Sonne am Rande einer Galaxie.

Das weiß man erst seit 1919.

Nebenbei: Am „Rande einer Galaxie“ ist ja auch wichtig für unsere Existenz: Wie die Erde in der „habitablen Zone“ der Sonne kreist, kreist die Sonne in der habitablen Zone unserer Galaxie in einer relativ sternenarmen Zone - andernfalls gäbe es uns nicht.

Gruss
Laika

Im Archiv nachauen.
Hi.

Mich interessiert nur, was hier für
Meinungen vertreten werden und vor allem, mit welcher
eingebildeten Kompetenz.

Ja das ist sicher auch interessant mir geht auch so.

Kompetenz beanspruche ich nicht. Dem Team vom Herr Augstein kann ich sie aber nicht absprechen so weit reicht meine noch.
Sein persönlicher Verdienst an der Rehabilitation ist ja unbestritten.
In einer Monatelang dauernden Serie wurde im Spiegel mit Experten aus allen Lager damals über den Prozess debattiert, aus für das Magazin offenlegten Prozessakten zitiert usw. also wie man das sich nur wünschen kann.

Es ist nicht so, dass die Verantwortlichen nicht wussten gar glaubten, dass er mit den Tatsachen falsch liegt. Wer sonst war damals in der Lage diese nach Korrektheit zu prüfen wenn nicht sie. Es ging um die (angebliche) Folgen auf die Gesellschaft als ganzes.

Gruß.

Balázs.

Ps. Ich versuche mal zu ermitteln ob man an das Archiv des Magazins rannkommt und wie. Vielleicht gibt unter euch dafür Experten:smile:

Hi.

Bruno wurde meines Wissens wegen seiner Leugnung Jesu
verbrannt, nicht wegen seiner Theorien.

Also wegen einer Theorie.

Gruß

Balázs

Gibt es dazu eine Bibelstelle?

Entgegen anderer Behauptungen hier, gibt es keine Stelle (zumindest im AT) welche dieses so darstellt.

Darum war es für jüdische Gelehrte auch kein Problem und nie eine grosse Frage, ob die Erde im Mittelpunkt steht.

Gruss,
Eli

Hallo

Woher stammt aber die einstige Annahme, dass die Erde das Zentrum :des Universums sei?
Gibt es dazu eine Bibelstelle?

Die Bibel zeigt u.a. auf, wenn die Bibelschreiber die wissenschaftlichen Ansichten vertreten hätten, die zu ihrer Zeit allgemein verbreitet waren, wäre ein Buch mit krassen wissenschaftlichen Irrtümern entstanden. Aber das, was sie schrieben, verrät keine unwissenschaftlichen Vorstellungen.

Aristoteles lehrte, die Sonne, der Mond und die Sterne befänden sich auf der Oberfläche von festen, durchsichtigen Sphären. Eine Sphäre umschließe die nächste, wobei die unbewegliche Erde den Mittelpunkt bilde. Während die Sphären rotierten, eine in der anderen, würden sich die Objekte darauf — Sonne, Mond und Planeten — über den Himmel bewegen. Die Erklärung des Aristoteles erschien logisch. Wie sollten die Himmelskörper in ihrer Stellung bleiben, wenn sie nicht an irgend etwas befestigt waren? Die Ansichten des hochgeachteten Aristoteles wurden 2 000 Jahre lang als Tatsachen gelehrt. Gemäß der New Encyclopædia Britannica erreichten seine Lehren im 16. und 17. Jahrhundert in den Augen der Kirche „den Status eines religiösen Dogmas“. Nach der Erfindung des Teleskops begannen Astronomen die Theorie des Aristoteles anzuzweifeln. Eine Erklärung erhielten sie aber erst durch Sir Isaac Newtons Aussage, daß die Planeten im leeren Raum mittels einer unsichtbaren Kraft auf ihren Umlaufbahnen gehalten werden…

lt. Schrift

Hiob 26,7… Er spannt den Norden aus über der Leere und hängt die :Erde über dem Nichts auf… 9 Er verschließt den Anblick des Thrones[4], er breitet sein Gewölk darüber.
Fn.Thron hier im allgemeinen Sinn als »Himmel« (vgl. Jes 66,1). Schlachter Bibel 2000
zu 7- In der Contemporary English Version steht dafür der Ausdruck „an leerem Raum“…

Die Wissenschaft ist an sich nicht bibelfeindlich, daher gibt es guten Grund, die Aussagen der Bibel unvoreingenommen zu erwägen. speedytwo

Hi Eli,

Entgegen anderer Behauptungen hier, gibt es keine Stelle
(zumindest im AT) welche dieses so darstellt.

heisst das, man findet es nur in der mündlichen Überlieferung und bei den Mystikern?

Gruß
T.

Auch der Nicht-Spezialist ist nicht immer dumm
Hallo Metapher,

Prozessakten studiert

Nein.
Es liegt mir die Information vor, dass der Prozess aus Überlegungen der Opportunität (und der erwarteten gesamtgesellschaftlichen Auswirkungen, vgl. auch das Votum von Balázs) und besonders „mit Blick auf Galileis nicht über alle Zweifel erhabenen Werdegang“ geführt worden sei. Diese Information habe ich wie gesagt aus der Kirchengeschichtsvorlesung, wo als Quelle der Inquisitor genannt wurde.

katholische Kirchengeschichtler

Der Betreffende ist ganz normaler Pfarrer einer ganz normalen Erzdiözese, meistens zivil gekleidet, und Hochschulprofessor einer vom Staat (nicht von der Kirche) getragenen theologischen Hochschule.
Näheres auf Anfrage (ach ja, ich vergass, es interessiert nicht…)

Im übrigen bin ich nicht so ganz allein in dem Boot, vgl. pro multis den österreichischen Philosophen Feyerabend im Jahr 1976:
„Die Kirche zur Zeit Galileis hielt sich viel enger an die Vernunft als Galilei selber, und sie zog auch die ethischen und sozialen Folgen der Galileischen Lehren in Betracht. Ihr Urteil gegen Galilei war rational und gerecht, und seine Revision lässt sich nur politisch-opportunistisch rechtfertigen.“

Das Ganze hat übrigens seine Rezeptionsgeschichte.
So vermerkte der französische Physiker Pierre Duhem im Jahr 1908 - und löste grosse Diskussionen aus -: „Angenommen, die Hypothesen des Kopernikus könnten alle bekannten Erscheinungen erklären, dann könnte man daraus schliessen, dass sie möglicherweise wahr sind, keineswegs aber, dass sie notwendig stimmen. Um diesen letzten Schluss zu ziehen, müsste man ja beweisen, dass kein anderes System erdenkbar ist, das die Erscheinungen genau so gut erklärt. Dieser letzte Beweis ist aber nie geführt worden.“ Und mit diesen Worten gab er inhaltlich der Inquisition gegen Galilei Recht. Bekanntlich war der (formelle) Stein des Anstosses, dass Galilei sich nicht damit zufriedengab, seine Theorie sei „Hypothese“ (was ein Gummibegriff ist).

eingebildeten Kompetenz

Ich schaue jetzt nicht nach, gegen welchen Paragraphen der Netiquette das verstösst. Aber wer hier das Niveau hält und wer nicht, mag der geneigte Leser selbst entscheiden.

Gruss,
Mike

Gewisse Verdienste sind ja unbestritten, aber…
Hallo Michael,

warum hat er denn selber auf seiner Zeitschrift getitelt, er habe das Fernrohr erfunden?

Gruss,
Mike

von „dumm“ war nicht die Rede.

Feyerabend
Pierre Duhem

Die Galilei-Diskussion in der Wissenschaftstheorie sind mir geläufig. Auch Koyrè wäre noch hinzufügen. Darauf bezog sich meine Replik aber auch gar nicht.

Vielmehr auf dein:

… dass unsereins trotz seiner Vatikantreue beinahe versucht ist, über die Galilei-Statue daselbst heimlich ein bisschen die Nase zu rümpfen. Aber Galilei ist ja soooo ein Märtyrer…

Gruß
Metapher

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