Israelitische Opferriten
Hi,
besser noch mal genauer lesen… an der stelle steht auch nur, dass :das kinderopfer für moloch verboten ist…
hier wird kein allgemeines kinderopfer verboten…
Naja *räusper* um genauer zu lesen, bedarf es aber schon einiges mehr, als in einer deutschen Übersetzung ein bißchen herumzuschmökern und dann äußerst tendenziös ulkige Schlußfolgerungen zu spekulieren. Dazu sollte man sich entweder kundig machen, wie solche Dinge religionsimmanent seit Alters her verstanden und kommentiert wurden (dazu hat Iris und Elimelech bereits einiges beigetragen), oder man muß sich religions- und kulthistorisch kundig machen:
Denn aus religionswissenschaftlicher Perspektive sieht das ein wenig anders aus, wenn man sich mit 2500-2900 Jahre alten Texten beschäftigt, die sich ihrerseits auf kultische Relikte beziehen, die damals bereits bis zu 1000 Jahre in der Vergangenheit lagen. Da macht es keinen Sinn, nach ein bißchen Sonntagslektüre zu glauben, die Welt habe darauf gewartet, daß man endlich mahnend den Finger auf etwas lege, was bis jetzt noch keinem aufgefallen wäre.
Opferriten, bei denen es dem Anschein nach oder auch eindeutig um Menschenopfer geht, werden im Tanach in großer Menge erwähnt, nicht nur die paar Stellen, die hier rausgekramt wurden. Dazu muß man wissen, daß es sich bei den Israeliten um Wandervölker handelte, die in einen Lebensraum mehrerer seßhafter Völker, nämlich Syrer, Aramäer, Kanaanäer (ein Teil von denen später als Phönizier in die Geschichte eingingen), in mindestens 2 Hauptwellen eingewandert sind: Einmal akkadische Stämme
aus Mesoptamien („Abramiten“) und einmal aus Ägypten rückwandernde israelitische Stämme, die erst nach und nach zu einem eindeutigen gemeinsamen Kult geeinigt wurden
Bei allen seßhaften Völkern in dieser Umgebung gab es neben allen möglichen Arten von Opfern auch verschiedene Arten von „Menschen“-Opfern, und zwar 1. als sogenannte Gründungsopfer bei Grundsteinlegungen von Palästen, Tempeln, auch manchmal einfachen Häusern) und 2. als jahreszyklische Rituale (Frühlings- und Herbstrituale). Nachgewiesen ist das mindestens für die vorislamischen Araber, Kanaanäer, Phönizier, Syrer und Ägypter. Menschenopfer bei rein nomadischen Stämmen sind hingegen ganz generell nicht bekannt.
Daher kommt es, daß allein die Nomenklatur zu diesen Ritualen von den vielen israelitischen Stämmen weitgehend aus anderen semitischen Sprachen (arabisch, syrisch, aramäisch, kanaanäisch) übernommen wurden, sofern sie nicht eh zu den gemeinsamen semitischen Sprachwurzeln gehörten. Was aber mit den teils gleichlautenden Begriffen jeweils genauer gemeint war, das untersucht die diebezügliche Religionswissenschaft, die sich dazu natürlich keineswegs auf die Texte des Tanach allein beruft, sondern auf ganz andere archäologische Befunde.
Daß nun ausgerechnet für die Frage, ob es bei dem einen oder anderen frühen israelitischen Stamm von Nachbarvölkern übernommene Menschopfer-Kulte gegeben habe, mit 1. Moses 22.1ff ein Text herangezogen wird, der eindeutig (in für die israelitische Religion charakteristischer Kulttext-Form) gerade das Thema hat, daß die Israeliten sich definitiv von der Tradition der Menschopfer distanziert haben, das ist natürlich ein Witz.
Die unzähligen Stellen, die sich mit dem Opferritus namens moläk befassen (Leviticus, 2. Könige, Jeremiah, Deuteronomium) befassen, beziehen sich, wie lange schon religionshistorisch bewiesen wurde, auf einen Kinderopferritus der Phönizier: Er hatte in deren Sprache den Namen molk , der von den Israeliten schon früh als Opfer teils für den (kanaaäischen) Gott Mäläk und teils generell für den König ( malik ) wegen der Wortähnlichkeit miß interpretiert wurde. In Wirklichkeit handelt es sich um einen speziellen phönizischen Frühlings-Fruchtbarkeitskult.
Für die Israeliten war daher der Begriff moläk eben der für den (bei ihnen verbotenen) Kinderopferkult generell, denn einen anderen als den phönizischen gab es in der Gegend gar nicht. Daraus zu schließen, es sei nur das Kinderopfer nur für den Gott Mäläk verboten worden, das für andere Götter aber nicht, womit dann obendrein bewiesen sein solle, daß Kinderopfer für den israelitischen Gott praktiziert wurden, das scheint mir - verzeih - eine nicht nur abstruse, sondern auch obskur-tendenziöse Logik, der es zudem an jeglicher Sachkenntnis mangelt.
Soviel zu deinem
wenn doppelt in der bibel ein kinderopfer für moloch verboten
wird, wieso dann scheinbar keine einzige ebenso deutliche stelle zu
kinderopfern im allgemeinen?
es scheint zwar keine genauen anweisungen zu geben, wie ein kind zu opfern ist,
Eben! Erstaunlich, nicht war? Wo doch sonst alle Kulte bis in jedes Detail aufgezeichnet sind …
aber vielleicht sind die passenden textstellen einfach mit der
zeit gewollt „vergessen“ worden…
Jaja, logisch … und zwar hirnrissig-logisch
Kennen wir doch, nicht wahr? Daß die „Juden“ in Wirklichkeit was ganz ganz Böses zu verbergen haben und ausgerechnet DU hast es entlarvt *lach* Nachtigall ik hör dir trapsen!
Nochwas, nur um deine Sachkenntnis zu füttern: Entgangen ist dir eine viel schönere Stelle (aber vielleicht hat deine Lektürekapazität noch nicht gereicht) scheint sogar einen Nachweis für ein Opfer einer jungen Frau zu sein, und zwar Richter 11.30-40 (Jephta bietet in der Folge eines Gelübdes, dessen Konsequenz er nicht bedacht hat, seine Tochter zum Opfertod an, der scheinbar auch vollzogen wird).
Hier handelt es sich um eine tatsächliche Übernahme eines bekannten kanaanäischen Frühlings-Fruchtbarkeitskultes in Gilead : bestimmte jeweils ausgewählte junge Frauen gingen für vier Tage in die Berge und führten dort Klagelieder auf, in denen sie ihre sexuelle Unberührtheit „beklagten“ (wird sogar im hebräischen Text noch wörtlich zitiert Ri 11.37 ("… dort meine Jungfräuligkeit zu beweinen… ich und meine Gefährtinnen"). ob das auch bei den Kanaanäern in langer Vorzeit ursprünglich mal real blutig zuging, darüber weiß man nichts. Die Struktur dieser Erzählung weist aber eindeutig auf einen in der Mythologie weltweit bekannten sogenannten „archetypischen Präzedenzfall“ hin: Ein Mythos, der die zeitgenössisch sonst nicht mehr verstandene Ritualform „begründet“ (fast alle griechischen Göttermythen haben diese Funktion der Ritualbegründung).
Soweit ein kleiner Einstieg in das recht komplexe Gebiet semitischer Opferriten „unter besonderer Berücksichtigung der israelitischen“
die geschichte von abraham weist jedenfalls auf die praxis von
kinderopfern hin, und wer hier eine ablehnung von kinderopfern
herauszulesen versucht, der sollte das doch mal mit anderen sehr deutlichen textstellen der bibel …
Jaja, so einfach macht man sich das alles *lach*
sancta simplicitas
Gruß
Metapher