Hi
Eine Höhe von 4m läge aber immer noch weit unter der Auslegung
des Kernkraftwerks. Mir ist nicht so recht klar, inwiefern
dass jetzt aussagen soll, dass eine Auslegung auf sagen wir 8m
knapp 2 Meter unterhalb der Auslegungshöhe erscheint mir nicht gerade viel. Ist ja nicht so, dass man eine langfristige, umfassende Historie von Großtsunamis an der Küste hat (großer Unterschied zu normalen Überschwemmungsereignissen)
Dass die Modellierung des 869 Tsunamis die Sicherheitssysteme
nicht überlastet hat, deutet nicht darauf hin, dass die
Maßnahmen ausreichend gewesen wären, denn bereits eine
geringfügige Verlagerung der Herdfläche eines ähnlichen Bebens
oder etwas stärkere Oberflächenbewegungen hätten zu einem
stärkeren Tsunami vor Ort geführt.
In der Grafik aus deinem ersten Link ist die Höhe des Tsunamis
am Ort des Kraftwerks nicht mit 4m sondern mit 2-3m
eingezeichnet.
Bitte genau hinschauen! Die 4 Meter Wellenhöhegleiche folgt dort eng der Küstenlinie! ausserdem ist fast genau am Punkt des AKW eine Wellenhöhe von 4 Meter angegeben.
Außerdem sieht man dort klar, wie die Höhe des
Tsunamis von der Küstenform abhängt. Im flachen Becken in der
Bucht vor Sendai erreicht der Tsunami hohe Werte, während er
an der steilen Küste in der Nähe des Kraftwerks um ein
vielfaches niedriger ist.
Gut, Faktor 2 bis 3 niedriger ist auch ein Vielfaches…
Hauptgrund für die große Höhe bei Sendai ist auch die Lage der Herdfläche. Ein Tsunami ist eine Asymetrische Angelegenheit, die höchsten Wellen werden senkrecht zur Spurlinie der Herdfläche abgestrahlt. Eine etwas andere Herdfläche und schon laufen die Wellen anders Etwas stärkere N-S Ausrichtung und schon wirds intressant. Ein etwas stärkeres Beben (was wie dargestellt absolut möglich ist) und schon ist der Tsunami um einiges Höher.
Wie will man das Quantifizieren mit den kümmerlichen Daten, was derartige Starkbeben angeht.
Tatsächlich müsste man für eine halbwegs genaue Risikoabschätzung zahlreibe Starkbeben im Vorearcbereich des Japangrabens simulieren. Ganz ehrlich, dazu fehlt mir die Zeit, die Rechnerkapazität und das genaue Vorwissen.
Mir ist immer noch nicht klar, inwiefern jetzt dadurch
plausibel ist, dass das Kraftwerk von einem 10m Tsunami
getroffen werden kann. Und selbst wenn, dann geht es ja immer
noch um die Wahrscheinlichkeit für dieses Eintreten.
Genau das wollte ich ja damit sagen.
Es besteht ein POTENZIAL für hohe Tsunamis… und dies war spätestens 2001 klar! ich hoffe dass ich das hinreichend dargelegt habe. Die genaue Eintrittswahrscheinlichkeit ist schwer berechenbar (Ich persönlich halte es sogar für unmöglich mit den existierenden Daten.)
Damit kommen wir in einen Bereich hinein, wo die Verantwortlichen sich überlegen müssen, ob sie für eine Überschwemmungsfeste Verbunkerung einiger Notstromaggregate ein paar Yen in die Hand nehmen oder dieses zwar geringe, aber schwer kalkulierbare Risiko in Kauf nehmen und im Falle eines Falles eben die Katastrophe riskieren. da kann man jetzt optimistisch oder pessimistisch sein.
Es drängt sich aber der Verdacht auf, dass hier das Risiko
sehr optimistisch eingeschätzt wurde.
Dieser Verdacht drängt sich mir ehrlich gesagt nicht wirklich
auf. Wie hoch ist denn nun die Wahrscheinlichkeit eines 10m
Tsunamis an der Stelle des Kraftwerks? Tritt das alle 10.000
Jahre auf, alle 100.000 Jahre?
Kann man anhand der Daten nicht sagen. Die Aufzeichnungen reichen nicht weit genug zurück.
Im Übrigen ist selbst ein katastrophales Ereigniss mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von 1: 100 000 eines, welches bei der Planung einer Hochrisikoanlage berücksichtigt werden müsste.
Das heisst nicht, dass die Standortwahl aus sich heraus grottenfalsch war. Ob das Fehlen eines adäquaten (im Nachhinein betrachtet) Überschwemmungsschutzes grob Fahrlässig war, wird hoffentlich die jetzt folgende Untersuchung klären. Da müsste man sich auch die Genehmigungsunterlagen und die Bauvorschriften durchsehen. (Da kenne ich mich gar nicht aus)
Es gibt an dieser Küste ein ganze Menge Plätzchen, die weniger gut geeignet sind.
Klar, sie hatten kein Glück und Pech dazu, aber Risikovorsorge bei derartigen Anlagen bedeutet, dass man unwahrscheinliche Ereignisse nimmt, diese potenziert und dann die Anlage darauf ausrichtet. Und wie geht man mit seltenen Ereignissen um, deren Eintrittswahrscheinlichkeit man nicht so recht quantifizieren kann, weil sie eben so selten sind oder weil die Datenlage unzureichend ist?
Sag man: „Wir wissen nicht wie häufig, also gehen wir nicht davon aus, dass es eintritt“ oder „Wir können die Eintrittswahrscheinlichkeit nicht genau quantifizieren, aber der potenzielle Schaden ist so hoch, dass wir es in die Überlegungen mit einbeziehen sollten“
Lösung 1 ist eine Typische Mangmententscheidung, Lösung 2 eher eine Ingenieursüberlegung.
Persönliche Meinung:
Hinterher Nachtaroken ist zugegebenermaßen recht einfach, aber ich war doch sehr überrascht und konnte es erst kaum glauben, als ich hörte, dass die Anlage durch einen Tsunami ausgeschaltet wurde, der die Notstromgeneratoren beschädigt hat, da diese gegen so ein Ereignis nicht gesichert waren. Immerhin handelt e es sich nicht um einen Elektromarkt, sondern um ein Atomkraftwerk. Da sollte man bei der Sicherheitsphilosophie doch etwas konservativer vorgehen. Aber wahrscheinlich hatte man die Kölner Lösung: „Es is noch allweil jot jejange“
LG
Mike