Gerichtsurteil für Christin im Sudan - Suren im Koran

Hallo Werner,

[Alles unter der Voraussetzung, dass wir hier über D diskutieren und es dabei erst einmal nur um Grundrechte von Einzelpersonen geht]

Du hast meinen Beitrag offenbar gründlich missverstanden. Eine Religion kann zwar eine Norm (also Regel) aufstellen und auch von den Gläubigen einfordern. Dies unterliegt sogar dem Schutz des GG.

Aber sie kann diese Norm nicht gegenüber denjenigen durchsetzen, gegen deren persönliche Grundrechte sie damit verstossen würde und die damit nicht einverstanden sind. Folglich hat sie sich in diesem Punkt dem GG unterzuordnen.

Oder in welchem Punkt genau führt mein Hinweis in die Irre?

Gruß
vdmaster

Hi

Erstens ist das hier ein Thread-Unterarm, in dem mehrere Personen gepostet haben (alle mit dem selben Problem) und zweitens ist an meinem Satz überhaupt nichts, aber auch so gar nichts patziges dran. Mich regt der Thread hier auch auf, musst du aber nicht an mir auslassen.

schönen Tag noch.

Kate

Hallo,
entschuldige, da war ich zu kurz angebunden.
Das was hier nicht weiter führt, ist die Annahme, dass die religiösen Normen auch gegenüber anderen angewendet werden.
Zumindest soweit ich es verstanden habe, war hier die Frage danach, ob und welche Grundlagen Urteile wie im Sudan haben.
Also eine Frage nach den Glaubensinhalten und nicht deren Anwendung.

Gruß
Werner

Hallo,

Anders gesagt: es handelt sich bei der Herleitung der
Todesstrafe für Apostasie aus dem Koran um eine Auslegung des
Koran. Aber solche Differenzierungen sind für dieses immer
mehr verkommende Forum anscheinend schon zu „verharmlosend“.

Diesen Hinweis verstehe ich nicht wirklich, denn im Grunde sind heute alle Aussagen zum Sinn von Biblischen oder Koranischen Texten Auslegungen.

Wie bei jeder Interpretation wäre festzustellen welchen Stellenwert diese spezielle Interpretation der inkriminierten Koransure hat.
Wird sie überwiegend anders interpretiert?

Nebenbei bemerkt waren die zwei mir bekannten Interpretationen, die aufzeigen sollten, dass hier kein Tötungsgebot gegen Apostaten formuliert ist, m. E. ziemlich inkonsistent.
Aber das kann natürlich an meinem Mangel an Arabischkenntnissen liegen.

Gruß
Werner

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Hallo,

da sich der Geltungsbereich des GG - und damit die fdGO - nicht auf den Sudan erstreckt, ist die Frage und Antwort natürlich obsolet.

Aber es gibt ja andere Abkommen, die die Religionsfreiheit als Menschenrecht garantieren.

  1. " Internationaler Pakt über bürgerliche und politische Rechte" der UN (Kurz auch Zivilpakt genannt)

Artikel 18 garantiert die freie Wahl der Religion. Der Sudan gehört zu den Unterzeichnerstaaten.

  1. " Die Afrikanische Charta der Menschenrechte und der Rechte der Völker"

Artikel 8 garantiert die freie Religionsausübung.
[Ein Versuch sich mit „es sei denn aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ herauszureden, wäre selbstredend ein schlechter Witz.] Der Sudan gehört zu den Unterzeichnerstaaten.

  1. " Arabische Charta der Menschenrechte"

Artikel 26 gewährt Religionsfreiheit. Artikel 27 schränkt sie wieder ein. Dies kann aber IMHO nicht einen Fall von Apostasie beinhalten. Zudem steht in der Präambel: „in Bekräftigung der Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, der Allgemeinen
Erklärung der Menschenrechte…“

Es ist natürlich nicht möglich, Nr. 1 zu unterzeichnen und sich dann mit halbgaren Klauseln aus Nr. 2 + Nr. 3 der sich aus Nr. 1 ergebenden Pflicht zur Gewährung der Religionsfreiheit zu entziehen.

Es wäre mir unbekannt, dass der Sudan seine Unterzeichnung der Nr. 1 zurückgenommen hätte.

Gruß
vdmaster

Jetzt hats erst Klick gemacht
Hallo Werner,

mein Fehler. Ich hatte Deine letzte Antwort etwas mißverstanden.

Eine Religion kann fordern was sie möchte und Strafen anordnen wie es beliebt. Angewandt werden darf die Strafe eben dann nicht (im Diesseits), falls sie gegen geltendes Recht incl. bestehender Menschenrechtsabkommen verstossen würde. Zu denen habe ich mich ja bereits geäußert.

Gruß
vdmaster

Hallo,

Anders gesagt: es handelt sich bei der Herleitung der
Todesstrafe für Apostasie aus dem Koran um eine Auslegung des
Koran. Aber solche Differenzierungen sind für dieses immer
mehr verkommende Forum anscheinend schon zu „verharmlosend“.

Diesen Hinweis verstehe ich nicht wirklich, denn im Grunde
sind heute alle Aussagen zum Sinn von Biblischen oder
Koranischen Texten Auslegungen.

Nein. Es gibt Aussagen im Koran, die schlicht keinen Auslegungsspielraum zulassen. Dies betrifft im Zusammenhang mit unserem Thema insbesondere hadd-Strafen. Da werden Vergehen und Strafe ganz konkret benannt: Ehebruch und Unzucht / 100 Peitschenhiebe (Sure 24:2-3), eine einschlägige Verleumdung / falsche Anzeige: 80 Peitschenhiebe (24:4), schwerer Diebstahl / Amputation der rechten Hand (5:33) bzw. im Wiederholungsfall zusätzlich des linken Fußes (5:38). Im Fall der Apostasie hingegen wird im Koran keine weltliche Strafe genannt - entsprechend gibt es hier auch unterschiedliche Auslegungen. Bei den vorgenannten Straftatbeständen ist das hingegen nicht der Fall - da gibt es keinen Spielraum für Auslegungen.

Wie bei jeder Interpretation wäre festzustellen welchen
Stellenwert diese spezielle Interpretation der inkriminierten
Koransure hat.
Wird sie überwiegend anders interpretiert?

Dazu wieder ein Verweis auf Frau Dr. Schirrmacher: http://christineschirrmacher.info/tag/todesstrafe-fu…

Money Quote:
_"Heute vertreten muslimische Theologen vor allem drei Positionen zur Frage der Apostasie: Eine Minderheit fordert wie der einflussreiche pakistanische Theologe, Journalist und politische Aktivist Abu l-A’la Maududi (gest. 1979) kompromisslos die Todesstrafe für jeden, der den Islam verlässt. Eine weitere Minderheit fordert, wie der von den Malediven stammende Theologe Abdullah Saeed (geb. 1960), vollkommene Glaubensfreiheit, wozu für ihn auch die Freiheit gehört, sich folgenlos vom Islam ab- und einer neuen Religion zuwenden zu können. Abdullah Saeed ist der Auffassung, dass die Bedrohung des Konvertiten mit der Todesstrafe zu Zeiten des Frühislam durch das politische Überleben der islamischen Gemeinschaft motiviert war und daher heute keinerlei Bedeutung mehr hat.

Die Mehrheit der klassisch-islamischen Theologen dürfte heute die Auffassung des international einflussreichen ägyptischen Gelehrten Yusuf al-Qaradawi (geb. 1926) befürworten: Danach darf ein Muslim zwar durchaus in seinem Innersten Zweifel hegen, denn das Innerste eines Menschen ist niemand zugänglich und daher nicht zu beurteilen. Er darf nach Qaradawis Auffassung jedoch mit niemand über seine Zweifel sprechen, nicht zu einer anderen Religion konvertieren oder versuchen, andere vom Islam abzuwerben. Auch die Scharia, den Islam, den Koran oder Muhammad darf er in keinem Aspekt kritisieren. Tut er dies doch, betrachtet Qaradawi dies als Aufruhrstiftung, Verrat und Entzweiung der muslimischen Gemeinschaft, die unterbunden und bestraft werden muss: al-Qaradawi hält in diesem Fall die Anwendung der Todesstrafe für verpflichtend. Seine Definition von „Glaubensfreiheit“ bedeutet eben nicht Religionsfreiheit, sondern nur innere Gedanken- und Überzeugungsfreiheit, ohne dass diese auch zum Ausdruck kommen darf. Damit wird ein persönliches Bekenntnis zum Staatsverrat."_

Den eigentlichen „Stellenwert“ haben für mich allerdings nicht theologische Interpretationen, sondern ob solche Interpretationen konkrete Auswirkungen auf das Rechtssystem haben, wie in dem genannten aktuellen Fall im Sudan oder in früheren Fällen insbesondere im Iran. In Saudi-Arabien, Jemen, Oman und Kuwait ist Apostasie ebenfalls lebensgefährlich. Mithin leben ca. 210 Millionen Muslime (von insgesamt 1,57 Milliarden) in einer Rechtsordnung, in der zumindest offen bekannte Apostasie mit dem Tod bestraft wird.

Dazu nochmals Schirrmacher:

„Wer seine abweichenden Auffassungen jedoch propgagiert, ist nach Meinung einer breiten Mehrheit traditionell ausgebildeter Theologen des Todes schuldig – auch wenn es nur wenige Länder gibt, in denen es überhaupt möglich wäre, einen Apostaten vor Gericht zu stellen.“

Die zweifellos verurteilenswerte gesellschaftliche Ächtung von Apostaten bis hin zum Mord, die es in Ländern wie Pakistan oder Ägypten gibt (Schirrmacher äußert sich ausführlich dazu), soll damit nicht „verharmlost“ werden - das muss man in diesem weitgehend auf Stammtischniveau abgesoffenen religionswissenschaftlichen Forum anscheind mittlerweile bei jedem Posting zum Thema Islam beteuern.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Aber klar doch
Hallo Ch’an,

keine Ahnung, wo deine Referenz, die evangelische Missionarin Christine Schirrmacher, das herhat, jedenfalls kann ich mich an keine Abhandlung eines namhaften islamischen Gelehrten erinnern, welche für die Todesstrafe bei Apostasie mit 4:89 argumentiert hat.

Wäre auch recht disqualifizierend für den Gelehrten, denn der Textzusammenhang, aus dem das Zitat hier bewusst gerissen wurde, verortet den Vers thematisch ganz woanders und zeigt einmal mehr, mit welchen unfairen Mitteln häufig gegen den Islam gearbeitet wird.

Schließlich heißt es direkt nach dem Vers (kann man so etwas eigentlich überlesen?):

außer denjenigen, die sich einem Volk anschließen, zwischen dem und euch ein Abkommen besteht, oder die zu euch gekommen sind, weil ihre Brüste (zu) beklommen sind, gegen euch zu kämpfen oder gegen ihr (eigenes) Volk zu kämpfen

Es geht hier also nicht um bloße Apostasie, sondern um Kollaboration mit dem militärischen Aggressor.

Schöne Grüße,

Mohamed.

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Hallo Mohamed,

keine Ahnung, wo deine Referenz, die evangelische Missionarin
Christine Schirrmacher, das herhat, jedenfalls kann ich mich
an keine Abhandlung eines namhaften islamischen Gelehrten
erinnern, welche für die Todesstrafe bei Apostasie mit 4:89
argumentiert hat.

Zitat Schirrmacher:
„Dieser Vers wurde als unmittelbare Anweisung zur Verfolgung von Apostaten aufgefaßt und die Todesstrafe von namhaften muslimischen Theologen als eigentliches Strafmaß für Apostasie festgesetzt […] Dennoch nennt der Koran außer der Strafe im Jenseits kein konkretes Strafmaß für das Diesseits und auch kein Strafverfahren.“

Konkret verweist Schirrmacher beispielhaft auf Muhammad Abū Zahra und Ibrahim Ahmad al-Waqfi* (Muhammad Abû Zahra. al-jarîma wa-l-’uqûba fî l-fiqh al-islâmî. al-Qâhira, T. 1 ca. 1955, T. 2 ca. 1965, hier T. 1, S. 172; ebenso Ibrâhîm Ahmad al-Waqfî. tilka hudûd allâh. Qatar 1397/1977, S. 269; zitiert nach: Der Koran. Arabisch-Deutsch. Übersetzung und wissenschaftlicher Kommentar von Adel Theodor Khoury. Gütersloher Verlagshaus Gerd Mohn: Gütersloh, 1991. Bd. 2. S. 94)
* Wissenschaftlicher Rat für islamisches Recht an der Azhar-Universität Kairo und Mitglied eines Parlamentsausschusses für Ausarbeitung des Scharia-Rechts

Du hast natürlich recht, dass Ayah 4:89 in einem zu beachtenden Kontext steht. Die zu Bekämpfenden („greifen und töten“) sind in der Tat „Agressoren“ bzw. Gruppen, mit denen kein (Friedens)vertrag besteht. Ob das dasselbe ist, darüber kann man geteilter Meinung sein … Jedenfalls betrifft dies explizit auch auch ‚Abtrünnige‘ (Apostaten / Renegaten), die sich den Gegnern der Muslime angeschlossen haben. Wenn diese sich hingegen einer Gruppe anschließen, mit der ein Friedensvertrag besteht (d.h. konkret: auswandern), sind sie nicht zu bekämpfen. Ebenso gilt dies für Angehörige einer feindlichen / nichtmuslimischen Gruppe, die sich neutral erklären, ihre Gruppe verlassen und und unter die Schutzherrschaft der Umma begeben.

Der entscheidende Punkt in Bezug auf Bestrafung von Apostasie ist gem. der angeführten Stelle im Koran also nicht die Apostasie selbst, sondern ob diese mit einer offenen Gegnerschaft zur Umma (dem muslimischen Gemeinwesen) verbunden ist. Juristisch gesprochen müssen die Tatbestände des Abfalls vom Glauben und der Feindschaft zur Umma beide erfüllt sein. In der Praxis kann es allerdings geschehen, dass das zweite Tatbestandsmerkmal allein schon durch das offene Bekennen des Abfalls als erfüllt angesehen wird - in einem islamischen Gemeinwesen, versteht sich.

Zitat Schirrmacher aus der verlinkten Studie:
"Wer sich […] aktiv vom Islam abwendet, begeht Staats- oder Hochverrat, denn er kündigt seine Loyalität dem Staat gegenüber auf. Der Islam ist ja „Bestandteil der Grundordnung des Staates“. Wenn also ein muslimischer Staatsbürger seinem Glauben abschwört, greift er diese Grundordnung an und gefährdet die Sicherheit und die „Stabilität der Gesellschaft, der er angehört“.

Und nochmals Schirrmacher, diesmal aus dem weiter unten von mir verlinkten (und dort auch schon zitierten) Artikel auf ihrer Webseite:

„Die Mehrheit der klassisch-islamischen Theologen dürfte heute die Auffassung des international einflussreichen ägyptischen Gelehrten Yusuf al-Qaradawi (geb. 1926) befürworten: Danach darf ein Muslim zwar durchaus in seinem Innersten Zweifel hegen, denn das Innerste eines Menschen ist niemand zugänglich und daher nicht zu beurteilen. Er darf nach Qaradawis Auffassung jedoch mit niemand über seine Zweifel sprechen, nicht zu einer anderen Religion konvertieren oder versuchen, andere vom Islam abzuwerben. Auch die Scharia, den Islam, den Koran oder Muhammad darf er in keinem Aspekt kritisieren. Tut er dies doch, betrachtet Qaradawi dies als Aufruhrstiftung, Verrat und Entzweiung der muslimischen Gemeinschaft, die unterbunden und bestraft werden muss: al-Qaradawi hält in diesem Fall die Anwendung der Todesstrafe für verpflichtend.“

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hallo Kate,

locker bleiben. Nichts unterstellen. Dennoch: Danke. Welche Bedeutung haben diese Netzeingaben für die Sudanische Gerichtsbarkeit und die Mulimische Welt?

Stimmen im Orkan?

lg _ mki _

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Hallo metapher,

  • aber vielleicht schreckt die auch der Tonfall
    des hiesigen „Rettet-Europa“-Stammtischgeplänkels ab.

Ich verstehe das als Frage. Mag sein, dass hier geplänkelt wird. Jedermanns eigene freie Entscheidung. Genauso leicht ließe sich das Niveau auch auf höhere Stufe heben.

Gruß mki

Zitat von Kate (Hervorhebung von mir):

Also meine Facebook Freunde und jene, die in muslimisch
geprägten Ländern leben, haben sich ziemlich aufgeregt und
auch heiß diskutiert (mit unterschiedlichsten Standpunkten).

Was kann man da denn noch diskutieren? Also ich würde Diskussionen, bei denen in dieser Frage „unterschiedlichste“ Standpunkte vertreten werden, nicht als positives Beispiel sehen.

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Hallo Tychiades,

dann verstehe ich deine Zurechtweisung an „Horst“ aber immer noch nicht oder eigentlich noch viel weniger.

Er sagte aus, dass das Tötungsgebot sich auf Sure 4:89 beruft.
Dem hast du zumindest nach meinem Empfinden widersprochen mit dem Hinweis, das sei eine Interpretation.

Die von dir genannten Quellen sagen nun aber aus, dass die Mehrheit der islamischen Theologen diese Stelle genau so interpretieren, dass derjenige, der vom Islam abfällt todeswürdig ist.

Oder habe ich irgendwo den Zusammenhang verloren?

Der Frage, ob z. B. die von dir genannten Rechtsvorschriften des Koran tatsächlich ohne jede Interpretation auskommen und sich insofern grundsätzlich unterscheiden, will ich hier mal nicht weiter nachgehen. Ich nehme zwar ganz stark an, dass diejenigen, die hier ein Tötungsgebot für Apostasie erkennen, für diese Stelle des Koran auch eine Eindeutigkeit der Aussage behaupten. Das führt aber wohl etwas ab vom Thema.

Gruß
Werner

Hallo Werner,

Er sagte aus, dass das Tötungsgebot sich auf Sure 4:89 beruft.

erstens einmal war das zumindest polemisch stark verkürzt, worauf Mohamed hingewiesen hat, was ich dann in meiner Antwort auf Mohamed noch weiter ausgeführt habe.

Dem hast du zumindest nach meinem Empfinden widersprochen mit
dem Hinweis, das sei eine Interpretation.

Ja, und zwar durchaus keine zwingende.

Die von dir genannten Quellen sagen nun aber aus, dass die
Mehrheit der islamischen Theologen diese Stelle genau so
interpretieren, dass derjenige, der vom Islam abfällt
todeswürdig ist.

Bitte genau lesen: die Mehrheit der klassisch ausgebildeten Theologen. Dass selbst nach deren Interpretation der ‚Abfall‘ alleine noch kein ausreichender Grund zur Verurteilung ist, wurde von mir bereits ausgeführt.

Dazu nochmals der Hinweis, dass theologische Interpretationen eine Sache sind, tatsächlich ausgeübte gesellschaftliche Praxis eine andere. Die Mehrheit der katholischen Theologen ist der Meinung, dass Scheidung und Wiederverehelichung eine Todsünde ist. Hierzulande kratzt das kaum noch einen Katholiken. Noch ein Beispiel: kein ernstzunehmender Theologe wird bestreiten, dass Lev 18,22 und 20,13 gar nicht anders interpretiert werden können, als dass die Bibel für homosexuelle Handlungen die Todesstrafe fordert. Das ist nun tatsächlich eine zwingende „Interpretation“. Dessenungeachtet ist die Zahl der Christen und Juden, die die praktische Umsetzung dieser ‚Interpretation‘ trotz ihrer offensichtlichen Unwiderlegbarkeit in eine konkrete Rechtsprechung und Strafjustiz fordern, beruhigend gering. Wie würde man also jemanden charakterisieren, der aufgrund einer solchen Stelle ein Bedrohungsszenario durch Christen zusammenfabuliert und suggeriert, " das Christentum" sei auf die blutige Verfolgung und Ermordung von Homosexuellen aus - schließlich stehe das so in ihrer heiligen Schrift und das würden auch christliche Theologen so interpretieren? Ich denke mal, ‚Hetzer‘ wäre da gar nicht so unangebracht …

Freundliche Grüße,
Ralf

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Hi

Die Konsequenzen für die sudanesische Gerichtsbarkeit liegt doch eher in mangelnder medialer Aufmerksamkeit, oder hast du auch nur einen deutschen Bericht gelesen der sich mit dem aktuellen Wandel in der sudanesischen Urteilsgebung allgemein beschäftigt hat?

Es scheint da ein Paradigma zu geben, mit dem die sudanesischen Medien gezielt Ablenkungsmanöver steuern. Tatsächlich ist es so, dass kürzlich wieder ein Dorf angeblicher Nuba-Rebellen bombardiert wurde, davon hört man hier nichts. Es gibt 2 Nuba-geführte Websiten die über diese Dinge berichten, aber die kennt im Englischsprachigem Raum bis auf ein paar Afrikanisten und Politikwissenschaftler kaum jemand.
Dazu kommt, dass die Scharia jetzt zwar schon eine Weile im Sudan gilt, aber in den letzten zwei Jahren schärfer ausgelegt wird, was der lokalen Bevölkerung überhaupt nicht passt. Der Richter, der Ibrahim verurteilt hat, gilt als sehr unbeliebt und korrupt.
Aber all dies spielt in den meisten Berichten hierzulande keine Rolle, wir wissen jetzt ganz viel über Ibrahims Familie, ihren Erbstamm, ihre Hochzeitrituale aber über die politische Situation dahinter eher wenig, da man sich darauf konzentriert wie schrecklich dieses Urteil ist - aber nicht wie es dazu kam.

lg
Kate

2 Like

Hallo,

Wie würde man also
jemanden charakterisieren, der aufgrund einer solchen Stelle
ein Bedrohungsszenario durch Christen zusammenfabuliert und
suggeriert, " das Christentum" sei auf die blutige Verfolgung
und Ermordung von Homosexuellen aus - schließlich stehe das so
in ihrer heiligen Schrift und das würden auch christliche
Theologen so interpretieren? Ich denke mal, ‚Hetzer‘ wäre da
gar nicht so unangebracht …

Die Kirchen sehe ich jedenfalls nicht als Garanten, die in Zukunft nicht doch wieder Hetzer der Verfolgung aussetzen. Dem sekularistischen Rechtsstaat allein ist es zu verdanken, dass das nicht passieren wird. Niemals den Biebelauslegern. Das gleiche gilt für die Ausleger des Korans. Heute so morgen wieder so.

Gruß mki

Hallo Tychiades,

Differenzierungen sind für dieses immer

mehr verkommende Forum anscheinend schon zu „verharmlosend“.

Das ist Unsinn, dass eine AUSLEGUNG für sich betrachtet eine Art Differenzierung sei. Muslimische Auslegungen berufen sich nun mal nicht auf den Playboy sondern auf den Koran.

Deine abschätzige Anmerkung veranlasst zur Annahme, dass Du zwar hoch qualifiziert bist. Aber leider kein Generalist. Die Bäume sind es die, du bis ins einzelne zu bestimmen vermagst. Bravo! Aber offenkundig erkennst Du nicht den Wald.

Du selbst bist vielleicht längst schon überm Wissenszenit. Jedenfalls wirst auch Du früher oder später von anderen überboten. Und dann müssen die andern Geduld mit Dir aufbringen. Geduld und Demut zu zeigen, das wäre wirklich intelligent.

Man fühlt sich nicht gesättigt sondern nur abgefüllt oder nur belehrt. Bei allem Respekt vor Deiner Sachkenntnis.

Gruß mki

Hi,

Und weiterhin müsste man fragen, wo geschrieben steht, dass
religiöse Normen sich nach der FDGO richten müssen.

Warum sollte das irgendwo stehen?

Ich verwendete hier eine Redewendung, die darauf abzielt in
Frage zu stellen, dass ein Anspruch (hier der Anspruch
religiöse Normen müssten im Einklang mit der FDGO stehen)
gerechtfertigt ist.

Man bestimmt über seinen „Normen“ ja selbst.

Irgendwie richtig, aber in diesem Zusammenhang völlig falsch,

Völlig?:smile:

denn hier ging es um Aussagen einer Religionsgemeinschaft
(Islam) im Verhältnis zur freiheitlich demokratischen
Grundordnung

Ja, und?

und damit nicht um rein individuelle Normen.

So so. Da kam einer und gründet eine Reli. und das soll nicht rein individuell sein?
Na klaro, Gott hat ihm ja dazu persönlich die Auftrag mal so mal anders erteilt, erzählen sie:smile:
Und das kommt erfahrungsgemäß ja immer wieder vor wie wir das gut kennen.
Was da dann nicht rein individuell/subjektiv sein soll weil er um Gefolgschaft sorgen konnte das sollst du mir „irgendwie“ mal erklären.
Nur zu:smile:

Gruß
Werner

Balázs

Hallo Tychiades,

Die von dir genannten Quellen sagen nun aber aus, dass die
Mehrheit der islamischen Theologen diese Stelle genau so
interpretieren, dass derjenige, der vom Islam abfällt
todeswürdig ist.

Bitte genau lesen: die Mehrheit der klassisch ausgebildeten
Theologen. Dass selbst nach deren Interpretation der ‚Abfall‘
alleine noch kein ausreichender Grund zur Verurteilung ist,
wurde von mir bereits ausgeführt.

Die Betonung von klassisch ausgebildet macht da auch nichts besser, denn in dem von dir verlinkten Text unterscheidet die Autorin nur drei Gruppen, zwei Minderheiten und eine Mehrheit - sonst gibt es bei ihr nichts.
Im Satz vorher schreibt sie auch noch:
Eine „gemäßigte“ Mehrheit der Theologen definiert Religionsfreiheit …
Nun hier eine andere Mehrheit nicht klassischer Theologen zu implizieren wird nirgendwo auch nur angedeutet.
Anscheinend machen die Anvantgarde-Theologen mit ganz anderen Ansätzen einen so geringen Prozentsatz aus, dass sie noch nicht mal als Minderheit erwähnenswert sind.

Dazu nochmals der Hinweis, dass theologische Interpretationen
eine Sache sind, tatsächlich ausgeübte gesellschaftliche
Praxis eine andere.

Tut mir Leid, aber noch mal ist das nicht.
Wenn es um diesen Hinweis gegangen wäre, hätte ich dazu nichts gesagt. In dem Beitrag auf den du reagiertest ging es um eine Herleitung der Scharia, also ein zur Anwendung gedachtes religiös begründetes Regelwerk, und diese fordert ja nun anscheinend überwiegend die Todesstrafe und das begründet mit der genannten Sure die mehrheitlich genau so verstanden wird wie angeführt.

Wo bleibt also der Ansatzpunkt zur Kritik?

Auf die Prallele zum Christentum möchte ich wirklich nicht eingehen, das würde m.E. zu noch mehr Verwirrung führen.

Freundliche Grüße,
Werner

kein Anlass darauf einzugehen
Lieber Balazs,

deine Beiträge sind vor allem provozierend bis polemisch, selten gehst du auf das Anliegen des bezogenen Beitrages ein, sondern nutzt diesen meist um pseudotiefsinnige Fragen zu stellen und Belehrungen über „42“ abzulassen.
Ach und ich vergaß fast die heilige Primärlogik, oder war es Simpellogik … na du weißt was ich meine.

Natürlich kann es immer mal auch zu grundsätzlichem Dissens kommen, aber wenn man aber den Eindruck gewinnt, das Gegenüber ist prinzipielle nicht an wohlwollendem Verstehen interessiert, dann ist eine Kommunikation weitgehend sinnlos.

In diesem Sinne
Werner

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