Guten Tag.
Zweifle ruhig
dass sich die geschilderten Erkenntnisse auf Lerngruppen übertragen
lassen, in denen Kinder aus bildungsfernen Elternhäusern oder Familien
mit massivem „Migrationshintergrund“
Das ist falsch.
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Die vielgescholtenen Ausländer oder Deutsche mit ausländischer Familienherkunft sind nur ein punktuelles Phänomen in Brennpunktgebieten und daher relativ unwichtig.
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Minderbemittelte Familien gibt es auch in anderen Ländern, wo Gemeinschaftsschulen prächtig funktionieren. Wie ich es bereits sagte: Es kann ja nicht sein, was nicht sein darf.
Auch in Amerika funktioniert das gemeinsame Lernen wesentlich besser. Das US-Schulsystem ist defacto das exportierte Humboldtsche System, wie es in Deutschland durch die Reaktion verhindert wurde.
Das US-System leidet aber an einer schlimmen Krankheit: Differenzierung. Und zwar die Differenzierung, wie sie hierzulande unablässig gefordert wird. Eine vollständige Auflösung der zwangsverordneten Allgemeinbildungsidee und des Pflichtunterrichts.
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Die Finnen und Schweden sahen das vor 40 Jahren anders und hielten die Ideen der DDR-Schule für adaptierbar.
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Ehe die gegenprivilegierte Zulassungspolitik der Ära Honecker einsetzte, war die DDR-Schule offen für Kinder der Arbeiterklasse, wie es nie zuvor und nie danach erreicht wurde von deutschen Schulen, ohne daß das Niveau gelitten hätte.
Ich habe selbst erlebt, und zwar am Gymnasium, wie ein
substanzieller Anteil lernschwächerer Schüler das Lerntempo
einer ganzen Gruppe erheblich herunterziehen kann.
Ich beschrieb das Problem doch eindeutig: die selbsterfüllende Prophezeiung.
Was sind Erfahrungen vom Gymnasium wert?
Das Gymnasium ist keine Schule des gemeinsamen Lernens und Gymnasiallehrer gelten im allgemeinen als sehr schlecht ausgebildete Lehrer.
Es ist erstaunlich, daß in Deutschland, wo Lehrer im internationalen Vergleich die homogensten Lerngruppen in den Schulen vorfinden, die Lehrer noch schärfere Trennung fordern, über heterogene Klassen jammern, und gleichzeitg das gegliederte Schulsystem im Leistungsvermögen soliden Gemeinschaftsschulen und der DDR-Einheitsschule hinterherläuft.
Ich bin Arbeiterkind und in den 50ern und 60ern in der DDR zur Schule gegangen. Mit den gleichen finanziellen Voraussetzungen damals im Westen wäre ich mit hoher statistischer Wahrscheinlichkeit auf die Hauptschule gekommen. In der DDR durfte ich am Ende des achtjährigen gemeinsamen Lernens auf die EOS, erhielt parallel zum Abitur eine Berufsausbildung und durfte weiter zum Studium. Ich müßte wohl tatsächlich einen Beitrag schreiben, um zu verdeutlichen, wie grundlegend verschieden Schule im Osten funktionierte und warum z.B. das in der DDR viel drastischer ausgeprägte Leistungs- und Konkurrenzprinzip kein Widerspruch zu dem gemeinsamen Lernen darstellte, warum die Klasse trotz hoher Anforderungen und ehrgeizigem Wettbewerb keineswegs auseinanderfiel, sondern schwächere Schüler trotzdem gefördert werden konnten.
Und ich habe auch erlebt, dass der gemeinsame Unterricht jener
schwächeren Schüler mit den stärkeren auch über mehrere Jahre nicht
imstande ist, diese Unterschiede auch nur annähernd auszugleichen.
Das ist ein Denkfehler par excellence.
Eine Gemeinschaftsschule ist keine Anstalt der Gleichmacherei, sondern: Die Guten werden nicht schlechter und die Schlechten werden viel besser.
Dass die lernschwächeren Schüler bei getrenntem Unterricht womöglich
noch ärmer dran sind mag sein. Ich sehe aber nicht ein, wieso das
auf Kosten der Schüler mit größerem Potential gelöst werden soll.
Das ist Gift für die Gesellschaft, das ist Gift für die Volkswirtschaft und das ist keine hinnehmbare philosophische Grundlage für einen freiheitlichen Staat. Da bist Du wohl Opfer des gegliederten Schulsystems geworden, wenn der primitivste Anstand fehlt und lieber gefrohlockt wird, andere Menschen mögen bitte versacken.
Das Volk ist der Staat und ich möchte in keiner Ellenbogengesellschaft leben, sondern mit meinen Mitmenschen zusammen. Der Mensch ist von Natur aus kein Individualist sondern kollektives Wesen. Es bricht keinem ein Zacken aus der Krone, wenn er sich um seine Mitmenschen kümmert und ihnen hilft.
Bildung ist Kulturgut – und zufällig der einzige Rohstoff Deutschlands. Die rohstoffarme DDR war da 1946 in Anbetracht Deiner Worte wesentlich weiter.
Und was bitte passiert „auf Kosten der Schüler mit größerem Potential“?
Wie ich sagte: Es ist gut untersucht, daß das obere Leistungsdrittel keinerlei bessere Fortschritte bei Trennung erzielt. Gute Schüler bleiben gut, doch nur mit denen klappt’s wohl kaum. Soll das Bildungsniveau steigen, muß die die Masse des Volkes besser gebildet werden, und nicht einige wenige.
Erschwerend kommt hinzu, daß das gegliederte Schulsystem volkswirtschaftlich nie richtig funktionierte. Spätestens nach dem Krieg war das am Beispiel der BRD gut zu beobachten. Das Bildungssystem brachte nie genug Fachkräfte in die Wirtschaft. Deswegen wurden erhebliche politische Anstrengungen unternommen:
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Vor der Mauer wurden die gut ausgebildeten Fachkräfte aus der DDR mit viel Herzblut abgeworben
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Seit dem Mauerbau holte sich die BRD Abertausende Ausländer ins Land, ohne - bis heute! - einen Plan in der Hinterhand zu haben, wie denn mit den Gastarbeitern umgegangen werden muß und wie die Abschiebung oder möglichweise die Integration ablaufen sollte
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Nach dem Mauerfall waren die 1961 versiegten Quellen gut ausgebildeter DDR-Fachkräfte wieder verfügbar
Des weiteren ist da noch der vom gegliederten Schulsystem herbeigeführte Fachkräftemangel in der Mathematik, den Naturwissenschaften und der Technik, der die Volkswirtschaft Deutschlands ernsthaft bedrohen wird, wenn die entsprechenden Jahrgänge in Rente gehen.
Und dann das Problem des gegliederten Schulsystems, daß es das Bildungssystem des 19. Jahrhunderts ist, das Bildungssystem der Ständegesellschaft ist, und daß es unter den Anforderungen des Industrie- und Informationszeitalters folgerichtig zusammenbricht.
Die Zeiten, wo man unqualifizierte, billige Arbeitskräfte brauchte, sind lange vorbei. Womit sich der Kreis schließt: Deutschland muß sein Volk intellektuell wie einen Scheuerhader auswringen, um die Chance zu wahren, den Lebensstandard zu sichern. Für Ungelernte oder Hauptschüler existieren höchstens noch unbedeutende Nischen.
Insofern bin ich nach wie vor überzeugter Anhänger eines nach
Lernniveau getrennten Unterrichts
Aha, reaktionärer Fundamentalist, oder wie?
Kein Problem! Aber bitte offen und ehrlich zugeben, daß man das gegliederte Schulsystem nur aus Oberschichtattitüde und Herabwürdigung minderbegüterter Kinder behalten will, denn Fakten und Argumente sprechen vollständig gegen Frühauslese und Trennung.
Viele Grüße