Hallo Mike,
es nutzt vielleicht Deinem Verständnis, wenn Du Dich hinsichtlich des Katechismus nicht nur mit den Kurztexten beschäftigst. Also statt nur mit 1281 ff vor allem mit den eigentlichen Artikeln zur Heilsnotwendigkeit der Taufe 1257-1261.
Wir hatten das Thema erst Ende Oktober hier, aber ich wiederhole es gerne noch einmal.
Zunächst das Grundsätzliche: „Der Herr selbst sagt, daß die Taufe heilsnotwendig ist […]. Die Taufe ist für jene Menschen heilsnotwendig, denen das Evangelium verkündet worden ist und die Möglichkeit hatten, um dieses Sakrament zu bitten. Die Kirche kennt kein anderes Mittel als die Taufe, um den Eintritt in die ewige Seligkeit sicherzustellen.“ (Katechismus der Katholischen Kirche Art. 1257)
Nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen schließt der Nichtempfang der Taufe nach katholischer Lehre nicht vom Heil aus.
1.: „Menschen,die wegen des Glaubens den Tod erleiden, ohne vorher die Taufe empfangen zu haben“, weil sie „durch ihren Tod für und mit Christus getauft werden. Diese Bluttaufe sowie das Verlangen nach der Taufe bringen die Wirkungen der Taufe hervor, ohne selbst Sakrament zu sein.“ (a.a.O. Art. 1258)
Um in den Genuss dieser Ausnahme zu kommen, muss man also nicht nur Verlangen nach der Taufe haben, sondern auch noch den christlichen Märtyrertod sterben.
- „Katechumenen [Taufbewerber in der Vorbereitungszeit], die vor der Taufe sterben, sichert das ausdrückliche Verlangen nach der Taufe, die Reue über ihre Sünden und die Liebe jenes Heil zu, das sie nicht durch das Sakrament empfangen konnten.“ (a.a.O. Art. 1259)
Auch hier muss ein Verlangen nach der Taufe bestehen, dieses Verlangen kann jedoch wegen vorzeitigen Todes des Verlangenden nicht erfüllt werden. Zwar muss dies hier kein Märtyrertod sein, dafür muss das Verlangen eindeutig durch das Katechumenat des Betreffenden nachgewiesen sein.
Schließlich noch
3.: „Jeder Mensch, der ohne das Evangelium Christi und seine Kirche zu kennen nach der Wahrheit sucht und den Willen Gottes tut, soweit er ihn kennt, kann gerettet werden. Man darf annehmen, daß solche Menschen ausdrücklich die Taufe gewünscht hätten, falls ihnen deren Notwendigkeit bewußt gewesen wäre.“ (a.a.O. Art. 1260)
- die am weitesten gefasste Ausnahme. Dafür besteht hier allerdings auch keine Sicherheit - der Betreffende „kann gerettet werden“, nicht „ist gerettet“.
Entscheidend für die in den Artikeln 1258 - 1260 genannten Ausnahmen vom Erfordernis der Taufe ist 1. das Verlangen des Betreffenden nach der Taufe und 2. die objektive Unmöglichkeit, diese zu empfangen. In Art. 1258 und 1259 besteht die objektive Unmöglichkeit im vorzeitigen Tod des Betreffenden, wobei das Verlangen entweder durch das Katechumenat oder durch den Märtyrertod belegt sein muss.
In Art. 1260 besteht die objektive Unmöglichkeit in der Unkenntnis des Evangeliums und(!) der Kirche trotz (!) Suche nach der ‚Wahrheit‘ (im christlich-katholischen Sinn, versteht sich). Die 2. Bedingung muss dadurch erfüllt werden, dass bei Kenntnis von Evangelium und Kirche ein Verlangen nach der Taufe bestanden hätte - etwas, was natürlich kein Mensch, sondern nur ein allwissendes Wesen wissen kann. Es besteht hier keine Heilsgewissheit, deswegen steht in dem Artikel auch nur „kann gerettet werden“.
Die Bedingung der Unkenntnis von Evangelium und Kirche bei gleichzeitiger Suche nach der ‚Wahrheit‘ nach katholischem Verständnis trifft in unserer Zeit weltumspannender Missionsarbeit auf praktisch keinen Menschen mehr zu. Diese spezielle Ausnahme dürfte heutzutage weitaus seltener auftreten als die Verhinderung der Taufe durch vorzeitigen Märtyrertod. Gemeint sind mit dieser Ausnahme nämlich auch gar nicht heutige Zeitgenossen, sondern vor allem die vor Christi Geburt gelebt habenden ‚Gerechten‘. Der limbus patrum - wenn man ihn denn nicht als konkret als ‚Aufenthaltsort‘ verstehen will - ist das Sinnbild des heilsungewissen, unentschiedenen Zustandes dieser Seelen.
Kommen wir nun zu den ungetauften Kindern, für die eine noch schwächere Hoffnung auf das Heil besteht - es handelt sich hier um keine wirkliche Ausnahme, ich führe sie hier aber trotzdem mal als Nummer 4 an:
4.: „Was die ohne Taufe verstorbenen Kinder betrifft, kann die Kirche sie nur der Barmherzigkeit Gottes anvertrauen[…] Das große Erbarmen Gottes […] und die zärtliche Liebe Jesu zu den Kindern […] berechtigen uns zu der Hoffnung, daß es für die ohne Taufe gestorbenen Kinder einen Heilsweg gibt.“ (a.a.O. Art. 1261)
Hier wird nicht einmal mehr von einer konkreten Möglichkeit gesprochen, nur noch von einer Hoffnung. Anders gesagt: man (und das schließt den Papst persönlich mit ein) weiß es nicht, man kann da nur hoffen.
Zusammenfassend: Sicherheit für die Erlangung des Heils haben nach katholischer Lehre nur
- Getaufte
- Märtyrer
- Katechumenen
Für den Rest besteht allenfalls Hoffnung - in keinem Fall Gewissheit.
Wie könnte ich für das Heil dieser Kinder beten, wenn sie
verloren wären?
Lass es mich mit Goethe sagen:
_Doch rufen von drüben
Die Stimmen der Geister,
Die Stimmen der Meister:
Versäumt nicht zu üben,
Die Kräfte des Guten!
Hier winden sich Kronen
In ewiger Stille,
Die sollen mit Fülle
Die Tätigen lohnen!
Wir heißen euch hoffen._
Freundliche Grüße,
Ralf