Bei Lehmann (eigentlich Lehman, aber das nur nebenbei) spielten Kick-Back-Geschäfte keine besondere Rolle. Die Kunden haben Zertifikate der Lehman Brothers gekauft und dabei übersehen, daß es sich formal gesehen um eine Anleihe handelt, die logischerweise nicht unter den Einlegerschutz fällt. Dann war Lehman „auf einmal“ pleite und man durfte darauf warten, was aus der Insolvenzmasse für die Anleihegläubiger übrig blieb. Es erhob sich ein Riesengeschrei, wie man denn hatte Lehman-Zertifikate verkaufen können.
Und ja, Gerichte haben an mehreren Fällen Fehlverhalten der Vermittler festgestellt.
Allerdings ist dabei eine Frage offengeblieben: hätten die Anleger, die damals ihr Geld auf Aktienindizes, auf eine bestimmte Entwicklung zwei Aktienindizes und auf andere abenteuerliche Konstruktionen gewettet haben, von dieser Spekulation abgesehen, wenn sie gewußt hätten, daß dahinter Lehman steckt (also eine der ganz großen Investmentbanken) und Provisionszahlungen geflossen sind (wobei die Gerichtsurteile da deutlich differenzierter ausgefallen sind, als das der Volksmund wahrhaben möchte)?
Ich will über die Antwort auf diese Frage gar nicht diskutieren, weil wir darüber sowieso keine Einigung erzielen. Tatsache ist aber, daß gerade zu dieser Zeit Milliarden in Zertifikate ausgegeben wurden, die zum großen Teil sehr spekulativ waren und deren Emittenten in vielen Fällen nicht besser waren als die Lehmans, nur im Krisenfall besser von den jeweiligen Staaten gestützt wurden.
Ich weiß immer noch nicht, was Du meinst und der verlinkte Zeitungsartikel hilft da auch nicht weiter.
Aber - abschließend - noch einmal zum Anfang Deines ersten „Beitrages“: Du unterstellst, daß es nur um Provisionen geht und nicht um des Kunden Glück. Um letzteres geht es sowieso nicht, sondern es geht darum, eine langfristige und profitable Geschäftsbeziehung mit dem Kunden zu unterhalten und das funktioniert nicht, wenn der Kunde nach der ersten Beratungsrunde sein ganzes Geld mit dem empfohlenen Produkt verliert.
Klar, im Nachhinein sind alle schlauer und wissen, daß Lehman insolvent wurde und die Zertifikate praktisch wertlos. Zu den größten Zertifikate-Emittenten gehörten damals u.a. die WestLB (zwischenzeitlich staatlich gerettet, aufgespalten und weitestgehend abgewickelt) und die Commerzbank (staatlich gerettet). In den USA sind bis 2008 hunderte Kreditinstitute vom Staat gerettet worden. Wer vor dem Hintergrund behauptet, er hätte sich bewußt gegen ein (unsicheres) Lehman-Zertifikat entschieden und stattdessen bewußt für ein (sicheres) WestLB-Zertifikat, macht sich entweder selbst etwas vor oder lügt. In den USA wäre 2005 jeder ausgelacht worden, der behauptet hätte, daß die Lehman Brüder in drei Jahre pleite sind, während in Deutschland 2005 nicht jeder auf die WestLB oder die Commerzbank gewettet hätte, aber hinterher sind sie alle schlauer.
„Ja, wenn ich gewußt hätte, daß dahinter diese windigen Lehman Brüder sitzen, hätte ich mein Geld doch auf die tolle WestLB oder die Commerzbank (irgendwas solides halt) gesetzt. Immerhin habe ich mich ja bewußt für ein Zertifikat entschieden, mit dem ich nur Geld gewinne, wenn bei Vollmond eine rosa Ziege über den Zaun springt, aber zumindest der Emittent soll ganz doll sicher sein. WestLB z.B. oder Commerzbank.“ Da lachen ja die Hühner.