Hi Trilli,
Meiner Meinung nach verfolgt Helmut in der Diskussion nicht
das Ziel, den Feminismus zu verstehen oder sich die
Sichtweisen der Frauen anzueignen.
#Ich möchte das erst mal erklärt haben und halte es ohnehin für schwierig, mir als Mann Sichtweisen von Frauen anzueignen. Schließlich kann man auch nicht verlangen, dass sich Frauen Sichtweisen von Männern zu eigen machen (fände ich auch gar nicht gut)
Zudem scheint er - vielleicht absichtlich - nur darüber
diskutieren zu wollen, wie FRAUEN den bestehenden Zustand der
Benachteiligung ändern können und sollten. Ein Beispiel:
_T: Wäre nicht die Auflösung der Domänen, wo sie
beschränkend wirken, ein lohnenswerteres Ziel? Hier sind
übrigens auch die Männer gefragt.
H: Genau. Wenn sich Frauen in immer größerer Zahl in den
jetzigen Männerdomänen behaupten, hören diese schließlich auf,
Männerdomänen zu sein. Das ist es, was mir vorschwebt._
#Ich habe doch Theresas Meinung ausdrücklich zugestimmt, dass auch die Männer gefragt sind.
Was Theresa wohl eher vorschwebt, ist, die STRUKTUREN
aufzulösen. Es gibt so wenig Verhaltensweisen, die wirklich
TYPISCH männlich oder TYPISCH weiblich sind.
#Wenn das so wäre, wären wir mit der Gleichberechtigung doch schon viel weiter.
Das meiste ist gesellschaftlich geprägt. Wenn man sich so was bewusst macht, dann fallen viele Diskussionspunkte weg, wie zum Beispiel der Punkt mit der Attraktivität.
#Hätte ich den bloß nicht angesprochen. Aber es ist doch klar, dass bgeim Zusammenleben von Männern und Frauen alles gesellschaftlich geprägt ist.
Abgesehen davon ist es eine sehr anstrengende Sache, in eine
Männer- oder auch einfach Gruppen-Domäne einzubrechen, wenn
man nicht der „herrschenden Klasse“ angehört.
#Das ist nach mindestens zweieinhalbtausend Jahren Männervorherrschaft auch nicht anders zu erwarten.
Das Auflösen von geschlechtsspezifisch geprägten Domänen
könnte auch dadurch gelingen, dass Männer sich in klassischen
Frauendomänen bewegen und diese dadurch nicht mehr als solche
bewertet werden. Wir kennen diesen Punkt alle auf die eine
oder andere Weise: wenn sich auch Männer die Fingernägel
lackieren, hört diese Tätigkeit auf, typisch weiblich zu sein.
#Na gut, aber wie viele Männer lackieren sich denn die Fingernägel? Das sind doch sicher nur relativ wenige.
Das bringt mich übrigens auf eine Frage, die vielleicht eine neue Diskussion entfacht: Halten viele Frauen ihre Lippen, Augenbrauen, Wimpern, Wangen, Fingernägel, dünn behaarte Beine für so hässlich, dass sie mit allerlei Chemie und Technik dagegen angehen müssen? Warum zeigen sie sich nicht in ihrer natürlichen Schönheit und schämen sich ihrer stattdessen gar (es soll ja Frauen geben, die sich ohne Makeup gar nicht auf die Straße trauen)? Ich verhehle nicht, dass ich eine Frau mit natürlichen Augenbrauen hübscher finde als eine, die sich die eigenen Brauen auszupft und sich dann künstliche anmalt, die mehr oder weniger unnatürlich aussehen.
Und der Umm Ali-Punkt hat mich aufgeregt.
Ich habe nie im Jemen gelebt (leben müssen? dürfen?), aber ich
erlebe in Deutschland, wie es ist, als Frau in erster Linie
über ein Kind definiert zu werden.
#In Deutschland - das ist eben der Unterschied. Im Jemen und in den anderen arabischen Ländern ist es für eine Frau sehr ehrenvoll, über ihr Kind definiert zu werden.
Und wenn eine Frau kein Kind haben kann oder es verliert, am :eigenen Wert und Daseinszweck zu zweifeln (ist jetzt nichts persönliches!). Was tun die Frauen denn im Jemen, wenn sie keine Kinder bekommen?
#Als verheiratete Frau können sie ihrem Mann gestatten, ein zweite, gebärfähige Frau zu heiraten (das ist gesetzlich geregelt oder war es zumindest bis Mitte 1990)
Sind kinderlose Tanten genauso in der Gesellschaft angesehen
wie die mehrfache Mutter?
#Wenn sie mit im Haushalt mit Kindern leben und sich um diese kümmern, ja. Wenn sie isoliert leben, nein. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die geringe gesellschaftliche Wertigkeit oder gar Verachtung gegenüber der „alten Jungfer“ in Europa und an die im Grundgesetz festgeschriebene Bevorzugung der Familie.
Und noch eine Frage: sind Frauen auch so stolz auf ihre Töchter? Werden sie nicht nur Umm Ali sondern auch Umm Laila genannt?
#Jawohl. Ich habe übrigens vergessen zu erwähnen, dass die anrede „Mutter des/der …“ auch für Männer als „Vater des/der…“ gilt. Beispiele: Der frühere ägyptische Präsident Sadat war „Abu Laila“, seine Frau „Umm Laila“, der Palästinenserführer Georges Habbash (zum Glück dem Terrorismus nicht mehr verschrieben) „Abu Maisa“.
Das ist jetzt auch nicht so provozierend gefragt, wie es
vielleicht wirkt. Vielleicht sind „Tanten“ im Jemen ja
berufstätig oder fühlen sich aus anderen Gründen als
vollwertige Frau.
#Bis 1990 im Südjemen, jetzt nicht mehr.
Und vielleicht sind Mütter dort genauso glücklich, wenn sie über ihre Tochter definiert werden?
#Exakt.
Ich war nicht da.
#Sofern Sie nicht Fünf-Sterne-Hotels oder Kilmaanlagen auf dem Dorf erwarten und im Falle einer Entführung Ruhe bewahren können, können Sie ruhig mal hinfahren.
gruß, Helmut