Was für mich als sehr anmaßend klingt. Kennst du die Leute persönlich? Sind es eventuell nicht doch Vorurteile, Stereotype, Unkenntnisse und Ängste, die das Verhalten dieser Menschen mit beeinflussen? Wird nicht gerade eine Trotzreaktion erzeugt, wenn man die Menschen permanent als Rassisten und Nazis tituliert, ohne ihnen jemals persönlich begegnet zu sein? Hält man nicht gerade mit solchen wiederholten Äußerungen diese unfruchtbaren und unerquicklichen Schwarz-Weiß-Debatten, die zu absolut nichts führen, am Köcheln?
Natürlich ist das das Hauptproblem, aber es ist eben nicht zu leugnen, dass ein Teil dieser jungen Männer aus bestimmten Teilen unserer Welt kommt und dass mit jeder Einwanderungswelle der Anteil von jungen Männern innerhalb der Gesamtbevölkerung größer wird. Und es ist dann auch nachvollziehbar, dass das Probleme schafft und Sorgen und Ängste auslösen kann. Diese schafft man jedenfalls nicht damit aus der Welt, in dem man sie ignoriert oder die Menschen dauernd beschimpft.
Schauen wir mal auf die andere Seite. Durch Äußerungen von Rakete oder anderen, werden u.a. auch bei dir Ängste erzeugt, Ängste, dass die Demokratie flöten geht, Ängste vor rechtsradikalen Gruppierungen, Ängste vor Bedrohungen von Neonazis usw. Was nützt es dir, wenn ich jetzt permanent auf dich einrede, dass alle deine Ängste und Befürchtungen Humbug sind, du wohl ein linker Spinner bist oder zu der komischen Sorte hirnrissiger Gutmenschen gehörst. Was wäre deine Reaktion, wenn nach jedem zweiten Satz, den du von dir gibst, genau solche Anschuldigungen kämen? Könntest du etwas davon annehmen? Sicher nicht. Würdest du dein Verhalten ändern? Nein, erst recht nicht. Würde sich aus diesen Vorwürfen irgendwelche fruchtbaren Diskussionen entwickeln? Ich glaube kaum
Es hilft also den Menschen, die Ängste erleben überhaupt nicht weiter, wenn man über kognitive Botschaften deren Angst kleinzureden versucht oder ins Lächerliche zieht. Wenn jemand bestimmte Phobien hat, dann hilft es genau gar nichts zu sagen: „du musst aber gar keine Angst haben. Es passiert doch nichts“. So funktioniert die Welt leider nicht. An einer solchen Aufgabe beißen sich sogar Psychotherapeuten oft die Zähne aus.
Wenn man die Ängste der Menschen (ob berechtigt oder unberechtigt) und deren empfundenen Bedrohungen nicht ernst nimmt, wird man diese Menschen irgendwann nicht mehr erreichen, über kognitive Prozesses schon gar nicht. Und dann bekommen wir wirklich ein Problem mit dem rechten Spektrum, was man teilweise bei uns (s. Landratswahl) und in vielen anderen europäischen Ländern beobachten kann.
Die Psychologie kennt z.B. die sog. „Kontakthypothese“, die gerade nicht darauf beruht, sich gegenseitig als Rassisten oder als Gutmenschen oder sonst was zu beschimpfen, sondern versucht, über bestimmte Mechanismen Ängste und Vorurteile zu reduzieren. Hier mal eine leicht verständliche Einführung zu dem Thema:
Mögen deine kognitiven Kapazitäten eine noch so hohe Ausprägung haben, so solltest du akzeptieren und eventuell auch in deine Überlegungen mit einbeziehen, dass ein großer Teil des menschlichen Erlebens und Verhaltens von Emotionen gesteuert wird, die nunmal sehr subjektiv und nicht immer rational sind.
PF