Sarrazin hat wieder zugeschlagen

Hallo Christian,

mich dünkt, Du hast da gar selektiv gelesen.

Was sagst Du denn zu Folgendem:

_Die Hamburger LAU-Studie, die IGLU-Studie, die PISA-Studie, die AWO-Studie, die Studie Ungleiche Bildungschancen: Welche Rolle spielen Underachievement und Persönlichkeitsstruktur? vom April 2009[u 1], sowie eine Simulation der PISA-Daten von 2007 weisen darauf hin, dass Kinder mit einer niedrigen sozialen Herkunft bei gleicher Kompetenz sehr viel seltener eine Gymnasialempfehlung erhalten als Kinder mit einer höheren sozialen Herkunft.

„Untersucht man den Einfluss der Sozialschicht […] der Kinder auf ihre Schullaufbahnempfehlungen, so wird deutlich, dass selbst bei Kontrolle der kognitiven Grundfähigkeiten und der Lesekompetenz Kinder aus den beiden oberen Schichten eine 2,63-fach größere Chance haben, eine Gymnasialempfehlung zu erhalten als ein Kind aus einem Haushalt aus unteren Schichten […]. Die deutliche Benachteiligung der Kinder aus unteren Schichten zeichnet sich in allen hier aufgeführten Ländern der Bundesrepublik Deutschland ab. In Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen ist der Grad der Benachteiligung größer als im Bundesmittel, in Hessen etwas geringer.“

Das Ergebnis der IGLU-Studie 2007 bezüglich der Gymnasialempfehlung verweist auf soziale Ungerechtigkeiten:

* Lehrer empfehlen Kinder aus der oberen Dienstklasse bereits mit 537 Punkten zum Gymnasium; Kinder un- und angelernter Arbeiter müssen hierfür aber 614 Punkte erreichen
* Eltern aus der Oberschicht sehen ihre Kinder bereits gymnasialtauglich, wenn sie nur 498 Punkte erreichen; Arbeiter möchten ihre Kinder erst dann aufs Gymnasium schicken, wenn sie 606 Punkte erreichen.
* Entgegen einem weit verbreiteten Vorurteil sind es nicht in erster Linie Arbeiter, die ihre Kinder nicht aufs Gymnasium schicken möchten (bereits bei 606 Punkten), sondern die Grundschul-Lehrer verhindern eine gerechte Schullaufbahn der Arbeiterkinder (Gymnasialempfehlung erst ab 614 Punkten).
* Während bei allen Kindern die erforderliche Punktzahl für eine Gymnasialempfehlung gesunken ist, stieg sie bei Kindern aus der untersten Schicht. Dabei ist zu beachten, dass die Hürde für einen Gymnasialübergang von Lehrern gegenüber Kindern aus der Unterschicht stärker angestiegen ist als bei den Eltern der Kinder. Dramatisch gesunken ist die Hürde für Kinder aus der höchsten Herkunftsgruppe, sowohl bei den Lehrern, aber noch viel stärker bei den Eltern.
* Eltern der oberen Dienstklasse setzen sich gegenüber Lehrern besser durch als Arbeiter, wenn sie ihre Kinder aufs Gymnasium schicken wollen.

Während also Kinder aus der obersten Dienstleistungklasse für den Wechsel zum Gymnasium lediglich die Kompetenzstufe III („Relevante Einzelheiten im Text auffinden und miteinander in Beziehung setzen“) erreichen müssen, benötigen Kinder aus der untersten Schicht die höchste Kompetenzstufe (Kompetenzstufe V: „Abstrahieren, Verallgemeinern und Präferenz begründen“) für dieselbe Gymnasialempfehlung._
(Hervorhebungen durch mich)

Die Grundschulempfehlungen sind übrigens in vielen Bundesländern bindend (so z.B. auch allhier in Baden-Württemberg).

Gruß

=^…^=

PS: Schon einmal auf den Gedanken gekommen, dass es Eltern gibt, die ihren Kindern sich selbst bei bestem Willen Nachhilfe, Musikstunden und Studienreisen nicht bezahlen können?

Hallo Christian,

Niemand bestreitet,daß die sozialen Gruppen signifikant unterschiedlich stark in den verschiedenen Schulen vertreten sind.

Nun kann man es sich einfach machen und behaupten, daß das so
gewollt ist, oder man kann nach den Ursachen suchen.

nun, das wurde mit den oben von mir verlinkten Studien getan. Vielleicht nimmst Du Dir einmal Zeit, um Dich mit der Thematik zu befassen, dann bist Du nicht mehr auf Vermutungen und Vorurteile angewiesen.

Seit 2004 schreibe ich immer wieder in beiden Bretter in
Erziehungswissenschaften. Damals hörte ich, in einer
Radiosendung eine Grundschuldirektorin, die in einem Interview
erklärte, dass bei der Empfehlung für die weiterführenden
Schule berücksichtigt wird, inwieweit die Eltern das Kind
unterstützen können.

Warum auch nicht? Das wird die Dame aber kaum am bloßen Wissen
über die „Herkunft“ des Kindes festgemacht haben, sondern eher
auch am Eindruck, den die Eltern bei den bisherigen
Begegnungen machten bzw. welches Interesse die Eltern bis
dahin an der schulischen Entwicklung hatten.

Und was genau hat das mit der Eignung des Kindes für eine bestimmte Schulform zu tun?

Ist es in Ordnung, wenn ein Dummbatz mit reichen Eltern aufs Gymnasium geht, weil seine Eltern ihn mit Nachhilfestunden durch die Schulzeit peitschen können, und ein intelligentes Kind aus einem Arbeiterhaushalt auf die Hauptschule, weil dessen Eltern nie beim Elternabend waren?

Du schriebst, daß dahinter ein System steckt. Da dieses System
nicht öffentlich gemacht wird, muß dahinter ein geheimer Plan
stecken. Vulgo: Verschwörungstheorie.

Du hast das wohl missverstanden - das ‚System‘, dass dahinter steckt, ist, dass auch Lehrer Menschen sind, die von allgemein verbreiteten Vorurteilen beeinflusst subjektiv urteilen.

Die Erklärung, was die Grundschule mit dem mehrgliedrigen
Schulsystem zu tun hat, ist mir irgendwie entgangen.

Nun, am Ende der Grundschulzeit steht die Grundschulempfehlung, die - wie oben schon erwähnt - in vielen Bundesländern bindend ist.

Grüße

=^…^=

Zum Beispiel zu Schulerfolgen je nach
Herkunft gibt es aussagekräftige Statistiken. Grob hab ich
das so in Erinnerung: Deutsche 30% Abitur, Asiaten 50%, Türken
10%.

Das nennst du aussagekräftige Statistiken?

Kann man alles googlen.

Klar. Man kann sogar das Gegenteil googlen.

Auf Youtube finden sich die
Dokumentationen aus ARD ZDF usw., in denen das vorkam.

In denen was vorkam?

Streiten kann man nur noch über die Ursachen. Darüber, daß er
recht hat, besteht kein Zweifel.

Du hast offenbar erneut nicht sinnerfassend gelesen, was er gesagt hat.
Belassen wir’s also dabei.
Hat eh keinen Sinn.

Gruß TL

Hallo auch,

http://www.youtube.com/user/ThilosTube#p/u/11/pIeQKz…

4:41 da ist eine der Statistiken, die ich gemeint habe.

Quelle: Deutscher Bildungsbericht, ZDF

20-30jährige ohne Abschluß
Deutsche 12.5%
Türken 50%

Grüße Bellawa.

Hallo!

http://www.youtube.com/user/ThilosTube#p/u/11/pIeQKz…

Da meine Soundkarte streikt, kann ich’s mir nicht ansehen. Du kannst mir aber sicher ein paar Fragen dazu beantworten?

20-30jährige ohne Abschluß
Deutsche 12.5%
Türken 50%

Wurde das millieuabhängig untersucht? Oder quer über die ganze Bevölkerung? Wenn zweiteres, steckt da vermutlich ein wunderbarer stastistischer Fehler drin - denn die türkische Bevölkerung setzt sich anders zusammen als die deutsche, was daran liegt, daß damals überwiegend Gastarbeiter nach deutschland kamen und keine Gastakademiker. Das so viele junge Türken keinen Abschluß haben, dürfte dann eher daran liegen, daß sie schon durch ihre Herkunft zur Unterschicht gehören und nicht daran, daß sie Türken sind.

Oder anders gesagt: Wenn ich hier in München 100 Deutsche und 100 Türken aus Neuperlach nehme, dann bezweifle ich stark, daß von diesen Deutschen dann 87,5 % einen Abschluß haben … Nehme ich dagegen 100 Deutsche und 100 Türken aus Grünwald, dürfte es ebenso unwahrscheinlich sein, daß von den Türken dort lediglich jeder zweite einen Abschluß hat … falls ich überhaupt 100 Türken in Grünwald finde. :smile: Denn das dürfte der eigentlich ausschlaggebende Faktor sein: Daß die Türken in der Unterschickt überproporrtional vertreten sind. Aber nicht, weil sie Türken sind, sondern weil es nunmal überwiegend Arbeiter und arme Leute waren, die nach Deutschland gekommen sind.

Das ganze dürfte eher ein Milleuproblem als ein Migrantenproblem sein: Stefan (der Deutsche) ist genauso bildungsfern wie Erkan (der Türke)

Gruß,
Max

,

Hallo Christian,

… Niemand bestreitet,
daß die sozialen Gruppen signifikant unterschiedlich stark in
den verschiedenen Schulen vertreten sind.

Nun kann man es sich einfach machen und behaupten, daß das so
gewollt ist, oder man kann nach den Ursachen suchen.

G e n a u _ d a r u m _ g e h t _ e s.

Wie KamikazeKatze in ihrem zweiten Link zeigte, hängt die Empfehlung für die weiterführende Schule nicht nur von der Leistungsfähigkeit der Kinder ab, sondern auch im hohem Maß von der Herkunft.

Um es überspitzt zu sagen, der Türkenjunge kann eine hohe Intelligenz mitbringen und dies durch sehr gute Leistungen in der Grundschule zeigen.
Er bekommt dennoch die Empfehlung für die Realschule oder sogar für die Hauptschule, wenn es schlecht kommt.
Es gilt NICHT das Leistungsprinzip, sondern die Ständegesellschaft.
Genau deswegen regt mich das Thema seit damals auf:
/t/herkunftsbedingte-selektion/2566080

Warum auch nicht? Das wird die Dame aber kaum am bloßen Wissen
über die „Herkunft“ des Kindes festgemacht haben, sondern eher
auch am Eindruck, den die Eltern bei den bisherigen
Begegnungen machten bzw. welches Interesse die Eltern bis
dahin an der schulischen Entwicklung hatten.

Ah ja, es geht also nicht darum, welche Tugenden wie
Motivation, Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft das Kind erkennbar mitbringt, sondern welchen Eindruck die Eltern machen?

Übrigens hat die Dame darauf hingewiesen, dass es für die Kindern sehr schwierig wird, wenn sie nicht die entsprechende Förderung in ihrem Eltern erhalten. Die Lehrer schützen also die Kinder vor Überforderung und scheitern.

Du schriebst, daß dahinter ein System steckt. Da dieses System
nicht öffentlich gemacht wird, muß dahinter ein geheimer Plan
stecken. Vulgo: Verschwörungstheorie.

Hier wieder ein Zitat aus Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Systemimmanent
„Der Begriff bezeichnet eine Eigenschaft, die aus den Regeln eines Systems geboren wird, ohne von diesem explizit gewollt zu sein.“

Übrigens glaubeich zum Beispiel nicht, dass es eine kapitalistische Weltverschwörung gibt, die Welt mit Wirtschaftsblasen ständig in Rezessionen zu stürzen, aber ich glaube, dass irgendwo die nächste Blase wartet.

Die Erklärung, was die Grundschule mit dem mehrgliedrigen
Schulsystem zu tun hat, ist mir irgendwie entgangen.

Ist das dein Ernst? Das klassische deutsche mehrgliedrige Schulsystem beruht darauf, dass in im zarten Alter von 10-11 Jahren ein Kind nach seiner vermeintlichen schulischen Leistungsfähigkeit sortiert wird. Die Entscheidung wird von GrundschullehrerInnen getroffen und je nach Bundesland können die Eltern noch intervenieren.

Es ist
nun einmal wahrscheinlich, daß ein Kind, das in einem
Haushalt, der schon seit Jahren/Jahrzehnten ausschließlich
Transferleistungen bezieht, nicht täglich mit Tugenden wie
Motivation, Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft
konfrontiert wird, während in Haushalten mit anderem Bildungs-
und Tätigkeitshintergrund mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit ein anderes Bildungsklima herrscht.

Machst du jetzt hier den Sarrazin? Seit Jahrzehnten landet ein hoher Anteil der Migrantenkinder auf der Hauptschule, unabhängig davon, dass ihre Eltern hart arbeiten arbeiteten (und sie haben wirklich hart gearbeitet). Sicherlich handelt es mehrheitlich um bildungsferne Familien, aber legitimiert dies, ihren Kindern ein adäquate Bildung vorzuenthalten?

Zum Abschluß
Das Thema Bildungbenachteiligung wird schon seit den 60er Jahren behandelt. Der Begründer dieser Verschwörungstheorie ist ein gewisser Ralf Dahrendorf (sagt der dir was?).
http://de.wikipedia.org/wiki/Katholische_Arbeitertoc…

Seit damals versuchen progressive Kräfte das Schulsystem irgendwie zu reformieren, um breiten Schichten eine höhere Bildung zu vermitteln.
Seit damals versuchen konservative Kräfte das Schulsystem so zu erhalten, dass eine klare Abgrenzung gesellschaftlicher Funktionen erhalten bleibt.

Gruß
Carlos

Hallo auch,

Da meine Soundkarte streikt, kann ich’s mir nicht ansehen. Du
kannst mir aber sicher ein paar Fragen dazu beantworten?

Klar. Wobei mein Zitat eine Grafik ist, die man auch ohne Ton sehen kann.

Wurde das millieuabhängig untersucht? Oder quer über die ganze
Bevölkerung? Wenn zweiteres, steckt da vermutlich ein
wunderbarer stastistischer Fehler drin - denn die türkische
Bevölkerung setzt sich anders zusammen als die deutsche, was
daran liegt, daß damals überwiegend Gastarbeiter nach
deutschland kamen und keine Gastakademiker.

Auch Vietnamesen und Russen, die nach Europa kommen, sind arme Leute, aber sie haben sogar bessere Abiquoten als die Deutschen.

(Wobei sich die grundsätzliche Frage stellt, warum man überhaupt Unterschichten importiert und keine Akademiker?)

Grüße Bellawa.

Hallo Carlos,

warum sollte jemand der priviligiert ist, sich dafür einsetzen, dass „untere Schichten“ die gleichen Bildungschancen erhalten, wie die Mittel- und Oberschicht?

Seit damals versuchen progressive Kräfte das Schulsystem
irgendwie zu reformieren, um breiten Schichten eine höhere
Bildung zu vermitteln.
Seit damals versuchen konservative Kräfte das Schulsystem so
zu erhalten, dass eine klare Abgrenzung gesellschaftlicher
Funktionen erhalten bleibt.

Gruß
Spatzi

Hallo auch,

(Wobei sich die grundsätzliche Frage stellt, warum man
überhaupt Unterschichten importiert und keine Akademiker?)

Akademiker lassen sich schlechter ausbeuten.

Gruß
Spatzi

Hi!

Klar. Wobei mein Zitat eine Grafik ist, die man auch ohne Ton
sehen kann.

Isdt wirklich keine Ausrede; ich habe vor ein paar Wochen meine Soundtreiber derart geschreddert, daß mein Browser jedesmal abstürzt, wenn irgendwo ein Sound dabei bist … da der Rechner aber eh bald aufs Altenteil kommt, lohnt sich ein Reparaturversuch nicht …

Grundsätzlich will ich es gar nicht abstreiten, aus meiner Erfahrung als Journaslist und Statistiker empfehle ich aber, sich Zahlen sehr genau anzuschauen, bevor man Schlüsse daraus zieht. Das, was ich geschildert habe, war nur ein exemplarisches Beispiel, was theoretisch möglich istr; es gibt in der Statistik aber durchaus noch mehr Möglichkeiten für Fehler.

(Wobei sich die grundsätzliche Frage stellt, warum man
überhaupt Unterschichten importiert und keine Akademiker?)

Weil wir die gebraucht haben - als es noch Arbeit gab.

Gruß,
Max

Hallo auch,

Akademiker lassen sich schlechter ausbeuten.

Deutschland beutet seine migrantische Unterschicht aus? :smiley:

Grüße Bellawa.

Weil wir die gebraucht haben - als es noch Arbeit gab.

Und warum sind sie noch da? Jedes andere Land schmeißt dich hinaus bzw. zahlt dir keine Sozialleistungen als Fremder.

Grüße Bellawa.

Hallo auch,

Akademiker lassen sich schlechter ausbeuten.

Deutschland beutet seine migrantische Unterschicht aus? :smiley:

Deutschland beutet diejenigen aus, die das mit sich machen lassen.

Gruß
Spatzi

Weil wir die gebraucht haben - als es noch Arbeit gab.

Und warum sind sie noch da? Jedes andere Land schmeißt dich
hinaus bzw. zahlt dir keine Sozialleistungen als Fremder.

Kein Land wirft Einwanderer hinaus, die jahrelang zum Bruttoinlandsprodukt beigetragen haben.

Gruß
Spatzi

warum sollte jemand der priviligiert ist, sich dafür
einsetzen, dass „untere Schichten“ die gleichen
Bildungschancen erhalten, wie die Mittel- und Oberschicht?

Weil er vielleicht ein wenig weiter sehen kann als die DAX-Kurve reicht und weiß, dass auch seine Privilegien davon abhängig sind, wie es diesem Land allgemein geht.
Weil er vielleicht ein Unternehmen leitet, das qualifizierte Arbeitskräfte braucht, die es in ausreichender Anzahl bald nicht mehr geben wird oder schon nicht mehr gibt.
Weil er vielleicht der Meinung ist, dass es unwürdig ist, Menschen Bildung vorzuenthalten bzw. ihnen den Weg dorthin über alle Maßen zu erschweren.
Weil er weiß, dass Bildung unser Öl ist.

Gruß TL

Nun kann man es sich einfach machen und behaupten, daß das so
gewollt ist, oder man kann nach den Ursachen suchen.

G e n a u _ d a r u m _ g e h t _ e s.

Mir ja; Dir geht es anscheinend darum, zu behaupten, daß es sich dabei um eine von der Oberschicht entwickelte und verfolgte Strategie handelt, mit der andere Schichten von Bildung und damit Einfluß ferngehalten werden sollen.

Um es überspitzt zu sagen, der Türkenjunge kann eine hohe
Intelligenz mitbringen und dies durch sehr gute Leistungen in
der Grundschule zeigen.
Er bekommt dennoch die Empfehlung für die Realschule oder
sogar für die Hauptschule, wenn es schlecht kommt.

Wie ich bereits schrieb, gibt es da entweder Lücken im System oder mit Deiner Theorie stimmt etwas nicht. Mit Deiner Audrucksweise stimmt übrigens auch etwas nicht. Türkenjunge ist in etwa so passend wie Neger.

Warum auch nicht? Das wird die Dame aber kaum am bloßen Wissen
über die „Herkunft“ des Kindes festgemacht haben, sondern eher
auch am Eindruck, den die Eltern bei den bisherigen
Begegnungen machten bzw. welches Interesse die Eltern bis
dahin an der schulischen Entwicklung hatten.

Ah ja, es geht also nicht darum, welche Tugenden wie
Motivation, Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft das
Kind erkennbar mitbringt, sondern welchen Eindruck die Eltern
machen?

Nein, darum geht es ganz offensichtlich nicht, was auch aus meinem Artikel ganz eindeutig hervorgeht.

Wenn Du noch einmal versuchst, mir die Worte im Mund zu verdrehen, wars das mit uns beiden.

Übrigens hat die Dame darauf hingewiesen, dass es für die
Kindern sehr schwierig wird, wenn sie nicht die entsprechende
Förderung in ihrem Eltern erhalten. Die Lehrer schützen also
die Kinder vor Überforderung und scheitern.

Was sind das für krause Interpretationen? Nur, weil ein Kind zuhause nicht gefördert wird, ist es nicht überfordert. Ihm fehlt einfach die Förderung. Das zwei verschiedene Paar Schuhe.

Noch einmal ganz langsam:

Erstens: Das Kind muß die Fähigkeiten für die entsprechende Schulform mitbringen.
Zweitens: Bildung ist auch in Deutschland ein knappes Gut, d.h. nicht unbegrenzt verfügbar. Um die Plätze an Gymnasien und UNiversitäten (in letzter Konsequenz) „bewerben“ sich mehr Kandidaten als Plätze verfügbar sind. Dementsprechend werden Kriterien angelegt.
Drittens: Neben den eigenen Fähigkeiten fließt auch die Möglichkeit des Umfeldes mit ein, das Kind ggfs. fachlich oder in anderer Hinsicht zu unterstützen. Da bei der Schulanmeldung m.W. nicht hinterlegt wird, ob die Eltern arbeitslos oder Führungskräfte sind, spielt da offensichtlich der Eindruck hinein, den die Eltern bis dahin hinterlassen haben.

Du schriebst, daß dahinter ein System steckt. Da dieses System
nicht öffentlich gemacht wird, muß dahinter ein geheimer Plan
stecken. Vulgo: Verschwörungstheorie.

Hier wieder ein Zitat aus Wikipedia:
http://de.wikipedia.org/wiki/Systemimmanent
„Der Begriff bezeichnet eine Eigenschaft, die aus den Regeln
eines Systems geboren wird, ohne von diesem explizit gewollt
zu sein.“

Du schriebst nicht systemimmanent, sondern „Schulsystem dessen tiefer innerer Zweck es ist, soziale Klassen zu separieren.“ Damit unterstellst Du eine bewußte Zielorientierung.

Übrigens glaubeich zum Beispiel nicht, dass es eine
kapitalistische Weltverschwörung gibt, die Welt mit
Wirtschaftsblasen ständig in Rezessionen zu stürzen, aber ich
glaube, dass irgendwo die nächste Blase wartet.

Kunststück. Das ist sowas von offensichtlich. Was hat das mit dem Thema zu tun?

Die Erklärung, was die Grundschule mit dem mehrgliedrigen
Schulsystem zu tun hat, ist mir irgendwie entgangen.

Ist das dein Ernst? Das klassische deutsche mehrgliedrige
Schulsystem beruht darauf, dass in im zarten Alter von 10-11
Jahren ein Kind nach seiner vermeintlichen schulischen
Leistungsfähigkeit sortiert wird. Die Entscheidung wird von
GrundschullehrerInnen getroffen und je nach Bundesland können
die Eltern noch intervenieren.

Schön geschwafelt, aber ich bezog mich darauf, daß Du mir einen Bericht aufgenötigt hast, in dem es darum ging, daß eine Lehrerin eine zu gute Grundschulklasse hat. Das hat genau gar nichts damit zu tun, wie es nach der Grundschule weitergeht. Auf mich macht das den Eindruck, als suchtest Du an jeder unpassenden Stelle nach Belegen für Deine Theorie.

Es ist
nun einmal wahrscheinlich, daß ein Kind, das in einem
Haushalt, der schon seit Jahren/Jahrzehnten ausschließlich
Transferleistungen bezieht, nicht täglich mit Tugenden wie
Motivation, Eigenverantwortung und Leistungsbereitschaft
konfrontiert wird, während in Haushalten mit anderem Bildungs-
und Tätigkeitshintergrund mit einer gewissen
Wahrscheinlichkeit ein anderes Bildungsklima herrscht.

Machst du jetzt hier den Sarrazin? Seit Jahrzehnten landet ein
hoher Anteil der Migrantenkinder auf der Hauptschule,
unabhängig davon, dass ihre Eltern hart arbeiten arbeiteten
(und sie haben wirklich hart gearbeitet). Sicherlich handelt
es mehrheitlich um bildungsferne Familien, aber legitimiert
dies, ihren Kindern ein adäquate Bildung vorzuenthalten?

Ach, jetzt verstehe ich. Du hast umfassende Studien durchgeführt, die zeigen, daß Kinder völlig unabhängig von den Werten, die ihnen im Elternhaus vermittelt werden, von scham- und gewissenlosen Lehrern rein aufgrund ihrer (geographischen) Herkunft der Hauptschule zugeteilt werden.

Könntest Du mir die Studie bitte zukommen lassen? Durchführung und Ergebnisse interessieren mich schon sehr.

Zum Abschluß
Das Thema Bildungbenachteiligung wird schon seit den 60er
Jahren behandelt. Der Begründer dieser Verschwörungstheorie
ist ein gewisser Ralf Dahrendorf (sagt der dir was?).
http://de.wikipedia.org/wiki/Katholische_Arbeitertoc…

Ach Du meine Güte, das ist 50 Jahre her. Damals reichte für einen Schulverweis, wenn man die Haar schulterlang trug. Von den vielen Millionen Ausländern, die man damals diskreminierte, ganz abgesehen.

Seit damals versuchen progressive Kräfte das Schulsystem
irgendwie zu reformieren, um breiten Schichten eine höhere
Bildung zu vermitteln.
Seit damals versuchen konservative Kräfte das Schulsystem so
zu erhalten, dass eine klare Abgrenzung gesellschaftlicher
Funktionen erhalten bleibt.

Also Zielorientierung. Wie ich sagte: Verschwörungstheorie.

C.

Guten morgen,

mich dünkt, Du hast da gar selektiv gelesen.

ich habe lediglich selektiv zitiert.

„Untersucht man den Einfluss der Sozialschicht […] der Kinder
auf ihre Schullaufbahnempfehlungen, so wird deutlich, dass
selbst bei Kontrolle der kognitiven Grundfähigkeiten und
der Lesekompetenz Kinder aus den beiden oberen Schichten eine
2,63-fach größere Chance haben, eine Gymnasialempfehlung zu
erhalten als ein Kind aus einem Haushalt aus unteren
Schichten

Da frag ich mich doch mal wieder, woher eigentlich bekannt ist, aus welcher Schicht ein Kind ist. Gibts eine Schülerakte, in der nach entsprechenden Nachweisen eingetragen wird, ob die Eltern Akademiker oder ungelernte Arbeitslose sind? Wie stellt man in bis zu neun Jahren Schulzeit, sicher, daß man die Änderung des sozialen Status nicht verpaßt? Gibt es Kontrollmitteilungen vom Arbeits- und Finanzamt an die Schulen? Wo und wie melden die Eltern ein auf dem zweiten Bildungsweg erworbenes Abitur nach? Reicht ein formloser Antrag oder müssen beglaubigte Kopien vorgelegt werden?

Noch einmal: es gibt eine Korrelation, ja. Aber wo liegt die Kausalität? Dazu habe ich in meinem vorherigen Artikel auch noch eine Frage gestellt.

Nichts von alldem, was mir hier an Links und Ausführungen Dritter bisher präsentiert wurde widerlegt meine Theorie, daß zwar natürlich das Elternhaus eine Rolle spielt aber eben auf eine anderer Art und Weise, nämlich in der Form, daß aus leistungs- und bildungsfernen Familien nur selten motivierte, leistungsorientierte und vielseitig interessierte Kinder hervorgehen, weil ihnen eben bestimmte Werte dort gar nicht vermittelt werden (können).

PS: Schon einmal auf den Gedanken gekommen, dass es Eltern
gibt, die ihren Kindern sich selbst bei bestem Willen
Nachhilfe, Musikstunden und Studienreisen nicht bezahlen
können?

Ja, schon mal auf den Gedanken gekommen; ich nämlich nix doof.

Wo Du das Thema schon anschneidest: wieviel Prozent der Kinder aus den oberen sozialen Schichten brauchen Nachhilfe, Musikstunden und Studienreisen, um das Abitur zu schaffen?

Gespannt
Christian

Zum Gruße,

Übrigens hat die Dame darauf hingewiesen, dass es für die
Kindern sehr schwierig wird, wenn sie nicht die entsprechende
Förderung in ihrem Eltern erhalten. Die Lehrer schützen also
die Kinder vor Überforderung und scheitern.

Was sind das für krause Interpretationen? Nur, weil ein Kind
zuhause nicht gefördert wird, ist es nicht überfordert. Ihm
fehlt einfach die Förderung. Das zwei verschiedene Paar
Schuhe.

Carlos meint es, glaube ich, anders herum: die Überforderung tritt nach Ansicht mancher Lehrer dann ein, wenn ein Kind, das (von) zu Hause (aus) nicht gefördert werden kann, etwa aufs Gymnasium geht.
Es erhält dann „aus Rücksicht“ auf die häuslichen Verhältnisse eine andere Schulempfehlung, also Realschule oder gar Hauptschule.
Solche Überlegungen seitens der Lehrer gibt es leider tatsächlich gar nicht so selten.
Und leider ist es wohl wirklich so, dass diese Empfehlung in manchen Bundesländern bindend ist. In welchen, weiß ich allerdings gerade nicht.

Da bei der Schulanmeldung
m.W. nicht hinterlegt wird, ob die Eltern arbeitslos oder
Führungskräfte sind, spielt da offensichtlich der Eindruck
hinein, den die Eltern bis dahin hinterlassen haben.

Es wird nicht „hinterlegt“, das stimmt, aber natürlich wissen sowohl die Schule als auch die einzelnen Lehrer i.d.R. über die häuslichen Verhältnisse einigermaßen Bescheid, z.B. über die finanziellen Verhältnisse. Wenn Eltern mehrere Kinder an der Schule haben, wird es für manche finanziell oftmals sehr eng (Kopiergeld, Lernmittel, Klassenfahrten…), während andere das locker „aus der Portokasse“ bezahlen können.
Für viele Eltern wird es aber auch schon bei einem Kind „eng“.
Und wenn dann außerdem ein Elternteil (oder gar beide) die deutsche Sprache nicht oder nur rudimentär beherrscht oder wenn die Eltern „prollig“ wirken, wird sich all das in der Schulempfehlung mit niederschlagen.
Leider. Und das nicht mal mit böser Absicht.
Für all das kann das Kind aber nichts.

Ich sehe in all dem keine Verschwörung, wohl aber einen Fehler im System.
Wirkliche Anstrengungen, diesen Fehler zu beheben, sehe ich allerdings nicht. Und so werden Chancenungleichheiten von Generation zu Generation weiter zementiert und es wird für jede weitere Generation schwerer, diesen Teufelskreis zu durchbrechen.

Ich habe in meinem Bekanntenkreis sehr viele Lehrer und kenne das oben Genannte daher sozusagen „aus erster Hand“. Mein Bundesland ist NRW.

Gruß TL

festzementierte Vorstellungen
Hallo TL,

Weil er vielleicht der Meinung ist, dass es unwürdig ist,
Menschen Bildung vorzuenthalten bzw. ihnen den Weg dorthin
über alle Maßen zu erschweren.
Weil er weiß, dass Bildung unser Öl ist.

Genau darum geht es mir. Es gab mal eine Zeit, und die historisch gar nicht so weit her, da waren 90 % der Bevölkerung auf dem heutig deutschen Gebiet bildungsfern.
Ich bin der festen Überzeugung, dass die Jungen Männer mit türkischer oder Nordafrikanischer Abstimmung nicht durch Genetik oder Kultur daran gehindert sind, sich das gleiche Maß an Bildung anzueigen. Auch wenn das Elternhaus bildungsfern ist, können sich die Kinder ein hohes Maß an Bildung aneignen.

Jeder Bildungspolitiker, der nur eine Spur Hirn hat, wird es sich zum Ziel machen dieses Potential zu heben.
Dagegen sprechen aber festzementierte Vorstellungen in breiten Teilen der Bevölkerung.

Ein immer wieder gern von erzählte Anektode ist mein Erlebnis von einer Israel-Reise letztes Jahr. Es handelte sich um eine Bildungsreise mit entsprechendem Publikum.
Auf einem Begegnungsabend hat eine israelische Künsterin, im Nachkriegsdeutschland geboren ist, von dem Leben in Israel erzählt. Sie erzählte, dass die jungen Israelis nach ihrem Abitur begierig darauf sind zur Armee zu gehen. Da kam natürlich auch die Frage, was mit den Anderen ist. - Welche Anderen?
Alle Israelis machen das Abitur. (OK, das betrifft so nur die Jüdischen)

Du hättest mal die Verwirrung und den Unglauben erleben müssen. Mehrere Teilnehmer, ich erinnere mich jetzt nur einen promovierten Ingenieur, habe nachgehakt, weil sie sich nicht vorstellen, dass auch schlechte Schüler auf so etwas, wie ein Gymnasium gehen.

Da ist einfach noch zu viel Beton in den Köpfen.

Gruß
Carlos

Kein Land wirft Einwanderer hinaus, die jahrelang zum
Bruttoinlandsprodukt beigetragen haben.

Richtig, aber die, die es nicht tun.

Woanders, in Nicht-Europa, läuft das so: Ausländer zahlen keine Einkommenssteuer, aber sie kriegen auch keine Leistungen vom Staat. Was meinst du wohl, wer dann einwandert? Bingo, wer zum Bruttoinlandsprodukt beiträgt.

Länder wie Australien haben sogar strenge Vorgaben, wer überhaupt erstmals kommen darf. Englischkenntnisse gehören dazu, und daß man sich selbst erhalten kann und gesundheitlich nicht beeinträchtigt ist. Ist ein Punktesystem.

Deswegen bleibt meine Frage: Warum sind DIESE Personen da und nicht 2 Millionen Vietnamesen?

Grüße Bellawa.