kein weltanschaulicher Konflikt
Hi
Daraus folgt: Aussagen, die wir heute als Mythen von historischen und naturwissenschaftlichen Aussagen unterscheiden, hatten in ihrer Entstehungszeit überhaupt gar nicht den Anspruch, historischen bzw naturwissenschaftlichen Kriterien von Beweis und Widerlegung zu genügen. Und nicht nur das: Sie handeln davon auch gar nicht!
Was spricht denn überhaupt dafür, dass die Genesistexte von den Autoren nicht in ihrer literalen Bedeutung, sondern als Allegorien intendiert waren? Diese Intention scheinst du als selbstverständlich vorauszusetzen.
Ich weiß nicht, was, wie und wo du hier gelesen hast. Kannst du mir die Stelle zeigen, wo ich behaupte, bzw. voraussetze, daß Genesis 1 und 2 allegorisch zu verstehen sei? Oder von den ersten antiken Autoren allegorisch verstanden sein müsse? Hier ebenso wie in den verlinkten Artikeln - und auch sonst seit eh und je - habe ich im Gegenteil betont, daß es sich um zwei Beispiele israelitischer Kosmologie und Anthropologie handelt. Und zwar neben anderen ebensolchen Spurenelementen in diversen anderen Texten des Tanach. Und das heißt, sie sind literal zu lesen.
[Mir kommt beim Nach-Lesen gerade die Vermutung auf, daß du glaubst, ich meinte mit „mythisch“ sowas wie „allegorisch“. Das ist aber nicht der Fall, das wäre ein gewaltiger Irrtum.]
Die Kategorienverwechslung besteht dann aber darin, daß diese (literal gelesenen) Kosmologien mythische sind und eben nicht naturwissenschaftliche. Denn naturwissenschaftliche Aussagen unterliegen bestimmten Kriterien. Und diese Kriterien gabe es damals noch gar nicht. Und zusätzlich (und damit zusammenhängend) haben naturwissenschaftliche Kosmologien einen ganz anderen Objektbereich als die mythischen.Die mythischen könnte man meinetwegen als pseudo-historisch bzw. pseudo-naturwissenschaftlich bezeichnen, um dem kategorialen Unterschied gerecht zu werden.
Mit anderen Worten: Sie bestreiten sich wechselweise gar nicht, und erst recht widerlegen sie sich wechselseitig gar nicht. Mit anderen Worten: Gerade in der literalen Interpretation
Im UP war aber die Frage nach der heutigen katholischen (ich habe jedenfalls den Eindruck, daß die römisch-katholische gemeint ist) Auffassung über die vermeintliche Gegensätzlichkeit.
Und erst dabei kommt zum Tragen, daß es natürlich im Laufe der Interpretationsgeschichte (und wir reden hier ausschließlich über die Genesistexte, und nicht z.B. über den „Auszug aus Ägypten“ u.a.) auch andere Exegese-Methoden entwickelt wurden. Dazu zählt unter anderem (und bzgl. der katholischen Lehrmeinung sogar vorzugsweise) die vierfache Exegese des Johannes Cassian (aufbauend aus vormaligen Ansätzen bei Philo, Origenes und anderen). Diese fügt neben der „pseudo-historischen“ die allegorische, ethische und eschatologische Exegese hinzu. Und zwar als Möglichkeiten, nicht als exklusive, obligatorische Thesen.
Und die Frage nach der heutigen „offiziellen“ kirchlichen Sichtweise verwies ich auf die diesbezüglichen §§ des KKK und auf die Kommentare im Neuner-Roos, aus denen hervorgeht, daß die kirchliche Lehrmeinung auf exegetischen Ebenen basiert, die mit den naturwissenschaftlichen heutigen Konzeptionen gar nichts zu tun haben. Und daß ferner die (scheinbaren) Gegensätzlichkeiten zwischen den wissenschaftlichen heutigen und den pseudo-wissenschaftlichen antiken Konzeptionen gar nicht thematisiert werden.
D.h. es gibt auch für einen Naiv-Gläubigen, der dem (im übrigen erst spätantiken!) Topos anhängen, die Bibel (in toto) sei wortwörtlich „Gottes Wort“ und als solches von ihm diktiert, eigentlich gar keinen Glaubenskonflikt.
Gibt es in der Tora oder aus anderen zeitnahen jüdischen Texten Belege für diese [sc. „allegorische“] Auffassung?
Ich habe ad hoc keine solchen Belege im Blick. Bei den Propheten mag es die eine oder andere Bemerkung dazu geben. Aber: Ich hab das doch auch gar nicht behauptet! Siehe oben.
Ist die allegorische Interpretation nicht vielmehr ein nachträgliches Phänomen, geboren aus der Not, die biblischen Texte mit den (relativ) rationalen Ansprüchen der hellenistischen Philosophie vereinen zu müssen
Es ist kein Phänomen, sondern eine ideengeschichtliche Entwicklung. Und mit hellenistischer Philosophie ha DAS kaum etwas zu tun.
Galten die Texte der Tora nicht vielmehr als gottinspiriert, wie die jüdischen Autoren von den Texten ihrer Vorgänger doch behaupteten?
Und was hat das jetzt mit dem Thema zu tun? Es geht doch gerade darum, wie diese gottinspirierten Texte zu verstehen seien!
Was an den Texten literal und was allegorisch zu deuten ist, basiert immer auf subjektiver Selektion.
Das ist nicht nur nicht richtig, sondern sogar Unsinn. In der Antike, bis zu den Subjekt-Theorien bei Thomas, Eckhart, Cusanus, waren theologische Aussagen nie „Privatsache“. Und die unterschiedlichen Exegese-Methoden (die allegorische ist ja nur eine von mehren) sind nicht Sache der Selektion, sondern Sache des jeweiligen kommunikatorischen Kontextes.
Dass die Genesis angeblich zwei sich widersprechende „Schöpfungsberichte“ enthält, widerlegt nicht die Vermutung, sie seien literal zu nehmen, bzw. bestätigt nicht die allegorische Deutung.
Wie nun wiederholt bemerkt: Ich habe das auch gar nicht behauptet. ich habe vielmehr genau das Gegenteil ausgesagt.
Hoffe, jetzt ist alles transparenter.
Metapher