Hallo Carlos!
schön mal was neues zu lesen und dazu zu lernen.
Und in 7 Grafschaften Englands.
Wie muss ich mir das vorstellen? Gemäß Wikipedia gibt es 81
Verwaltungsgrafschaften. Sind diese so autonom, dass sie
eigene Schulsysteme etablieren können.
Ja, sind sie. Sie haben einfach die Grammar Schools beibehalten, und die Schulen dürfen dann die Selektion selbst in die Hand nehmen. Oft sind die Grammar Schools sogenannte Foundation Schools, d.h. sie erhalten vom Staat ein Budget, das sie aber komplett selbst verwalten dürfen. Sie haben dann ein sogenanntes Board of Governors, dem Lehrervertreter, Elternvertreter und irgendwelche anderen Leute angehören. Die bestimmen dann auch die Budgetverteilung auf die einzelnen Fächer. Grammar Schools arbeiten nach dem National Curriculum, haben aber in der Regel mehr Pflichtfächer. Zum Vergleich: meine Grammar School-Schüler haben in der 11. Klasse durchschnittlich 10 GCSEs (Mittlere-Reife-Zertifikate) erworben, die von der benachbarten Comprehensive School 5 oder 6. Außerdem war an der Grammar School mindestens eine Fremdsprache Pflicht und es gab auch Lateinunterricht.
Es wurde nur sehr bald wieder abgeschafft, weil es
sozial zu mobil war (Auswahl nicht durch Grundschulnoten,
sondern Aufnahmenprüfungen, die ähnlich wie Intelligenztests
strukturiert sind, daher gab es auch viele Unterschichtkinder
in den Grammar Schools).
Das verstehe ich inhaltlich nicht. Was waren die unerwünschten
Folgen der Mehrgliedrigkeit?
Das Tripartite System (dreigliedriges System) bestehend aus Grammar School (Gymnasium), Secondary Technical School (Realschule) und Secondary Modern School (Hauptschule) wurde in den 1940er Jahren entwickelt. In Großbritannien ist das Ständedenken wesentlich größer als in Deutschland. Durch die Auswahl nach IQ (Verbal reasoning tests usw.) gelangte eine größere Zahl an Unterschichtkindern in die Grammar Schools und nahm damit den Oberschichtkindern, die eben nicht intelligent genug waren, die Plätze weg. Damit war die Oberschicht nicht einverstanden, weil das nicht in die Grammar School aufgenommen werden mit kompletter Dummheit gleichgesetzt wurde. Es gab eigentlcih kein Durchfallen beim sogenannten 11+ Test, aber de facto wurde ein nicht Aufgenommenwerden auf die Grammar School von der Gesellschaft als „fail“ bewertet. Gerade Oberschichteltern wollten sich damit nicht zufrieden geben, und so wurde schon in den 60er Jahren begonnen, das System umzuwerfen und Comprehensive Schools einzurichten. Die Folge davon ist, dass ärmere Kinder jetzt wieder Pech haben, weil die Schulen an ihren Orten sehr schlecht sind. Die sogenannte „soziale Mobilität“ entsteht dadurch, dass Dinge, die hier eine Lehre wären, dort eben Abiturkurse sind.
Ich nicht. Ich kenne es persönlich umgekehrte Fälle, dass
jugendliche Problemfälle vom Gymnasium mit Zwischenstation
Realschule in der Hauptschule landet. Soweit ich es aus
Artikeln kenne ist die Durchlässigkeit nach „oben“ in
deutschen Schulsystem eher begrenzt. Vor allem hängt es auch
vom Standort ab. In Frankfurt dürfte es deutlcih anders
aussehen als auf dem flachen Land in Bayern.
Wenn in Frankfurt ein türkischstämmiger Junge auf der
Hauptschule landet, kommt er da so schnell nicht mehr weg, mag
er noch so begabt sein.
Gerade auf dem platten Land in Bayern wurden früher Kinder nicht fürs Gymnasium empfohlen, damit die Hauptschule am STandort bestehen bleibt. ist einer Freundin von mir passiert (ich hab das Grundschulzeugnis gesehen, Schnitt fürs Gymnasium war eindeutig erfüllt). Sie ist dann nach der 6. hauptschule auf die Realschule gewechselt, hat dann eine Ausbildung zur Kinderpflegerin gemacht und auf der BOS das Abitur. Und solche gibts hier mehrere.
LG, Sarah