Ich möchte hier garnicht so sehr für oder gegen Abtreibung
diskutiern, sondern nur die religiöse (z.B. katholische) Logik
hinterfragen.
ich habe Dir die katholische Argumentation gegen Abtreibung
genannt und aufgezeigt, daß dies eine logische Argumentation
ist. Das ist keine Diskussion für oder gegen Abtreibung.
Ja, aber damit scheinst du eindeutig zur katholischen Haltung Position zu beziehen, während du die Alternative als inkonsequent ablehnst. Das kann ich als Vertreter der Alternative nur schwer einfach so stehen lassen.
Die katholische Lehre als einzig konsequent durchzuhaltende
(durchhaltbare?) Position zu bezeichnen, halte ich als Atheist
für ziemlich gewagt. Denn diese Position kann nur gelten, wenn
es tatsächlich auch einen Gott gibt und wenn dieser der Gott
der katholischen Kirche ist. Also um diese Position durchalten
zu können, müsste man zuerst die Existenz Gottes beweisen.
Ich habe aufgezeigt, daß die katholische Argumentation auf
mindestens zwei Prämissen beruht. Die eine Prämisse ist, daß
es ein Menschenrecht auf Leben gibt (dieses wird in Bezug auf
Gott begründet - im Grundgesetz wird dieses Recht gar nicht
begründet, sondern schlicht gesetzt), und die andere Prämisse
ist, daß bereits der Embryo ein Mensch ist, dem dieses Recht
zukommt. Daraus wird folgerichtig geschlossen, daß die Tötung
eines ungeborenen Kindes (Abtreibung) verboten ist. Das ist
eine logisch gültige Argumentation.
Wobei die eine Prämisse, die sich auf Gott stützt, auch die Prämisse vorraussetzt, dass Gott existiert. Ich widerspreche nicht, dass mit all diesen Prämissen ein logischer Schluß möglich ist, oder dass die katholische Haltung in sich nicht logisch schlüssig sei, aber wenn man einen Wahrheitsanspruch hat, kann man sich unmöglich auf unhaltbare Prämissen berufen.
Dass das Menschenrecht auf Leben und Unversehrtheit im Grundgesetz nicht begründet ist (ein Gesetzbuch listet nunmal nur Gesetze auf), lässt nicht den Schluß zu, dass dieser Gesetzfindung keine logischen Überlegungen vorausgegangen seien.
Die Menschrechte gründen auf Fragen wie nach der Gleichheit aller Menschen. Wenn alle Menschen gleich sind, dann müssen sie auch die gleichen Rechte genießen - alles andere wäre nicht gerecht und logisch vertretbar. (Wobei natürlich z.B. Kinder nicht die gleichen Rechte wie mündige Erwachsene genießen, die Grundrechte gelten aber für alle Menschen ausnahmslos.)
Und wie uns Metapher bereits dargelegt hat, gründet die
katholische Position zur Frage, ab wann es sich um einen
Menschen handelt, auf purer Spekulation.
Daß das menschliche Leben mit der Empfängnis beginnt, ist
keine Spekulation. Das ist bereits biologisch einsichtig. Wer
nach diesem Ereignis einen Zeitpunkt festmachen will, an dem
aus dem - ja was? - ein Mensch geworden ist, dem das
Grundrecht auf Leben zukommt, argumentiert auf unsicherem
Boden.
Dann hast du Metaphers Beitrag nicht richtig gelesen oder verstanden.
Die Festlegung, das Menschsein beginne mit der Befruchtung der Eizelle und dem damit verbundenen gleichzeitigen Erhalt der Seele, ist vollkommen willkürlich und dogmatisch. Sie mag zwar sinnvoller erscheinen als früher getätigte Festlegungen, wonach die Seele erst zu einem späteren Zeitpunkt eingesetzt wäre, sie lässt sich aber nicht durch göttliche/bibliche Aussagen stützen.
Und nochmal: Logische Schlüße sind auch mit falschen Prämissen möglich. Deshalb gelingt es z.B. Menschen mit Verfolgungswahn so gut ihren eigenen Wahn vor sich selbst als logische Tatsache zu rechtfertigen.
Aber selbst wenn wir die katholische Haltung einfach nur nach ihrer inneren Logik betrachten, stellt sich doch die Frage, was genau das „Verbrechen“ bei der Abtreibung sei.
Tut man dem Zellklumpen Leid an?
Der Zellklumpen alleine ist nicht empfindungsfähig.
Tut man der Seele Leid an?
Wenn man annimmt, dass die Seele empfindungsfähig sei, stellt sich die Frage, wie sie den Tod ihres zugeordneten Zellklumpens empfindet. Da die Seele unabhängig vom Körper existiert, erleidet sie durch dessen Tod keinen direkten Schaden. Würde man annehmen, die Seele würde alleine durch das Miterleben der Abtreibung ihres Zellklumpen-Körpers Leid empfinden, weil dieser Vorgang als grausam zu bezeichnen sei, welches Leid müsste die Seele dann erst empfinden, würde ihr Körper im ausgewachsenen Zustand durch Gewalt, Unfall, Krankheit oder Altersschwäche sterben? Denn sterben wird der Körper sowieso. Die Seele müsste wäre dann nicht nur Zeuge des eventuell sehr leidhaften Todeskampfes ihres vollausgebildeten und daher empfindungsfähigen Körpers - sie würde das körperliche Leid sozusagen mitfühlen - ,sie müsste den körperlichen Tod dann generell als etwas für sie selbst Negatives bewerten.
Tut man Gott Leid an?
Ich bin mir nicht sicher ob man das Leid an der Seele durch Abtreibung ihres Körpers logisch begründen kann oder nicht. Man müsste wohl eher damit Argumentieren, dass Abtreibung dem Willen/Plan Gottes widerspricht. Wenn es aber nur um den Willen Gottes geht, dann ließen sich sämtliche göttlichen Gebote nur eben mit diesem Willen Gottes rechtfertigen. Denn wäre es eine Sünde zu töten, nur weil Gott es verbietet. Dann wären alle göttlichen Gebote, unabhängig von ihrer Nützlichkeit für die Menschen, unbedingt einzuhalten. Dann wäre der einzige Sinn in einem eventuell für die Menschen sogar schädlichem Gebot, der Gehorsam gegenüber Gott (Stichwort: Beschneidung). Daher sind Gottes Gebote absolut und unhinterfragbar.
Empfindet ein allmächtiger und allwissender Gott Leid, wenn man gegen seine Gebote verstösst? Empfindet so ein Gott eventuell menschliche Gefühle wie Enttäuschung oder kann er beleidigt sein? Selbst wenn er nicht allwissend wäre, er also überrascht sein könnte über die Sünden der Menschen, würde ihn das dann emotional oder sonstwie berühren?
In der Bibel wird Gott zwar als äußerst emotional beschrieben (jähzornig, eifersüchtig, sowie barmherzig und liebend), aber lässt sich das rational mit einer Vorstellung von einem vollkommenen Gott vereinbaren?
Letztendlich könnte man argumentieren: „Gott will es so, basta! Gott ist allwissend und wir wissen nichts.“
Tut sich der Abtreibungsarzt selbst Leid an?
Da es sich, laut der katholischen Lehre, bei der Abtreibung um einen Verstoß gegen ein göttliches Gebot handelt, begeht der Abtreibungsarzt (und wohl auch die Eltern die ihn aufsuchen) eine schwere Sünde. Laut katholischer Lehre wird so eine Sünde mit (ewigem?) Höllenfeuer (die Hölle ist ein realer Ort mit echten Flammen) bestraft. Indem der Arzt also sündigt, tut er sich selbst das schlimmste Leid an, auch wenn die Strafe nicht sofort erfolgt.
Katholische Abtreibungsgegner müssten dann konsequent so argumentieren:
„Wir wollen nicht, dass Abtreibungsärzte (und Eltern) in der Hölle brennen.“