Hallo, Marion,
ich glaube nicht, dass wir ins Philosophiebrett umziehen müssen, oder? Auch hier kann man und frau philosophieren und wir müssen uns sich nicht auf Polemiken beschränken, ja?
Hast du die Korrektur und Erweiterung meines vorhergehenden Artikels gesehen? Ich hoffe, das macht das folgende klarer.
Ich glaube nicht, dass die dort zitierten Texte von dir und mir oder von anderen Frauen oder Männern unterschiedlich interpretiert werden, wenn wir gemeinsam versuchen, zu verstehen, was N. damit meint.
Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass die Reaktionen, deine und meine, und die der anderen Männer und Frauen, gleich ausfallen werden.
Ich, als heimlicher und unheimlich gerner Möchtegernmacho, denke mir: Na bitte! Wusst´ ich´s doch! Weiber!
Du wirst vielleicht mit etwas weniger Pathos mit Hedwig Dohm, einer anderen Frauenrechtlerin vom Anfang des 20. Jhdts, denken:
„Friedrich Nietzsche, du mein größter Dichter des Jahrhunderts, warum schriebst du über die Frauen so ganz jenseits von Gut? Ein tiefes, tiefes Herzeleid für mich. Es macht mich noch einsamer, noch älter, noch abseitiger.“ und weiter:
„O Nietzsche, du hoher, priesterlicher Geist, tiefer Geheimnisse Wisser und doch der einfachsten Wahrheiten Nichtwisser! Mit Gott und Göttern kannst du reden, mit den Gestirnen, mit dem Meer, mit Geistern und Gespenster. Nur über uns Frauen kannst du nicht reden.“
= Die Zitate stammen aus: Caroll Diethe, Vergiss die Peitsche – Nietzsche und die Frauen ISBN 3-203-76029-0 Buch anschauen = Dort findest du ein ganzes Kapitel zur Reaktion von Frauenrechtlerinnen auf Nietzsche
Diese Passage wurde von dir überinterpretiert. [Diese Zwiespältigkeit: Frauenrechtlerin und Verteidigerin der Nietzscheanischen Boshaftigkeiten, das muss frau erst hinkriegen. Und das könnte eventuell „typisch Frau“ sein.] Ich habe da bloß das immer noch üblich „man“ durch „frau“ ersetzt, des Genius loci wegen. Es sollte hier also kein Gegensatz von „Mann und Frau“ evoziert werden.
Zur Frage, warum ein altes Weiblein und nicht der große Bruder. Das ist meiner Meinung nach kein psychologisch-philosophisch-feministisches Problem, sondern ein literarkritisches.
Der Autor ist Nietzsche, dieser hat seine Biographie, in der zu viele Frauen Unheil anrichteten, angefangen bei der Mutter, der Großmutter, den Tanten, der Schwester, eine skandal-umwitterte Fastehefrau eines prominenten Komponisten, eine junge Russin etc.
Wenn er nun so etwas schreibt ist es naheliegend, dass er sich etwa seine Tante Rosalie, eine theologisch und „literarisch“ interessierte – sie las Zeitungen, als einzige der Nietzsche´schen Damen -, verbitterte, alte Jungfer, vorstellt, die ihm solche „Weisheiten“ einbläst. Und diese Weisheiten fallen ganz entsprechend deiner Annahme, dass Frauen über Frauen nachdenken und reden und dabei die gängigen „patriarchalen, oder patriarchalistischen“ Vorurteile ihren Meinungen zu Grunde legen, ebenso entsprechend aus.
Wenn du dagegen liest, was Elisabeth Nietzsche über Nietzsche und die Frauen schreibt, so dürftest du unschwer merken, dass sie das Sprachrohr ihres Bruders, den sie dazu noch nicht mal richtig verstand, ist. Dazu kommt noch eine pseudo-pietistisch-bigotte Religiosität und germanisch-nationalistischer Rassismus und Antisemitismus! Auf ihre Art war diese Frau ein echtes Phänomen, wie diese Zeit ja einige solcher Frauen hervorbrachte!
= Auch dazu ein Buchtipp: Caroll Diethe, Nietzsches Schwester und der Wille zur Macht. Biografie der Elisabeth Förster-Nietzsche ISBN 3-203-76030-4 Buch anschauen =
Ich hatte eine sehr schwere Zeit mit meiner Schwester, als Bekannte von ihr sie darauf aufmerksam machten, dass sie jeden zweiten Satz (das ist natürlich übertrieben) mit den Worten eröffnete: Mein Bruder sagt, …
Und wenn ich daran denke, dass Jahrhunderte lang junge und alte Weiblein in Kirchenbänken saßen und sich die „Wahrheiten über die Frauen von Eva an“ von der Kanzel herunter vorsagen lassen mussten, so ist mir klar und verständlich, dass Frauen sich für eine ebenso lange Zeit von allen Einflüsterungen von Männern fernhalten wollen.
Und in diesem Kontext ist auch eine vielleicht etwas überspannte Aussage, wie die von Carla verständlich, ohne dass Obsidian Kastrationsängste entwickeln müsste.
Gruß Fritz