Hallo Claus,
es ist schön und gut, passende Fragen für das Leben zu finden. Das machst Du ja auch und philosophierst also. Nur wäre wünschenswert (und Du findest wohl heraus, warum ich das meine), die Fragen auch zu kennzeichnen, verstehbar zu machen und also die Sprache als Kommunikationsmöglichkeit (ich sage nicht Mittel zum Zweck) zu nutzen.
Dazu würde dann gehören, dass Du die Frage „was nützt“ sauber fernhältst von der Frage „inwiefern ist Sprache Metapher“ oder der (Dir vielleicht nicht so wichtigen, eher versteckten) Frage „inwiefern darf und kann Sprache Metapher sein und inwiefern nicht“. Du aber setzt einfach frisch und frei voraus, Sprache sei ohnehin
„nur“
Metapher. Das ist ja eine gesonderte Problematik, aus subjektiver Perspektive lässt sich bisweilen auch sagen: Das ist keineswegs der Fall. Ansonsten verzichtest Du auf die Denkfigur der Wahrhaftigkeit, die besagt, dass sich nämlich der Einzelne sehr wohl daran zu messen hat, ob er in der Kommunikation den willentlichen Versuch macht, die Benennung der Wirklichkeit so zurückzugeben, wie er sie von Personen seines Vertrauens empfangen hat bzw. so zu entwickeln, wie es ihm am nächsten zu liegen scheint, und zwar in einer für ihn selbst unbeeinflussbaren Weise. Ausgenommen ist der Fall, in welchem er sich bewusst ist, die Wirklichkeit selber zu erschaffen und das bisweilen mit der Sprache selbst (was ja einige Sprachphilosophen voraussetzen, sodass der Begriff durch den entsteht, der ihn hat, womit aber grundsätzlich eine Parallelwirklichkeit geschaffen wird und nicht eine objektive).
„IceageHatnochFragen“ spricht hier eine sehr tiefe und schöne Problematik an, nämlich die Frage, was als objektiv gelten kann. Was Sprache mir nützt, kann ich sehr wohl sagen. Was sie Dir oder anderen nützt, ist eine andere Frage. Du aber lässt das offen und fragst nur, was sie nützt. Natürlich ist nochmals zu betonen: Das Kunstvolle dabei ist das gekonnte Stellen von Fragen. Also mag auch Deine offene Fragestellung ihren Wert haben. Aber wenn Dich die Meinungen der Mitmenschen ernsthaft interessieren sollten, wirst Du auch geneigt sein, darauf zu achten, wie sie Deine Fragen in konkrete Rahmen giessen, und gerade dann, wenn sie ihre Subjektivität kennzeichnen, sollte Dir auffallen, dass sie Wert darauf legen, Sprache sei, selbst wenn sie schlechthin objektiv sein sollte, in ihrem Inhalt nicht immer mit Allgemeingültigem beladbar und somit nicht absolut als Mittel zur Verständigung darüber verwendbar, was sie ist.
Was nützt die Philosophie meinem wirklichen Leben? Dass sie bisweilen ein wenig Ordnung in meinem Kopf schafft, auch kann sie mich ein wenig informieren und unterhalten. Die „Ordnung in meinem Kopf“ zeigt sich verschiedentlich: in psychischem Wohlbefinden, in der Möglichkeit, auf andere intellektuell (und zum Teil auch empathisch) einzugehen, in der Offenheit für neues Wissen, das ich noch nicht gefasst habe, schliesslich auch in der vertieften Kenntnis über (z. B. naturwissenschaftliche) Kenntnisse; die Kunst gibt meinem Leben einen Sinn, besonders dann, wenn ich sie aktiv betreibe oder ihr aktiv zuschaue, ertaste, rieche, schmecke und zuhöre. Wirtschaft und Politik sind etwas weite Begriffe; dass gewirtschaftet wird, hat mir insofern genützt, als dass ich mit allerlei unterschiedlichen Gegenständen aus unterschiedlichen Gegenden versorgt worden bin und damit etwa eine einseitige Ernährung weitgehend unterbleiben konnte (man nennt das „Handel und Wandel“, ein wichtiges neuzeitliches Prinzip der Wirtschaft); dass politisiert wird, nützt zwar vor allem den Politikern, ersetzt aber immer wieder Schlechteres, ist also immer wieder das kleinere Übel, und insofern als es ein grosses Übel ist, habe ich wenigstens eine gewisse minimale Möglichkeit, einzugreifen, insbesondere in der Form des Diskurses. Habe ich keine Möglichkeit mehr oder ist die mich betreffende Politik die übelstmögliche, was Gott verhüten möge, dann nützt sie auch nichts mehr.
Gruss
Mike