War der Lockdown nötig?

Kann sein,
Darum geht’s Bild aber gar nicht, es geht um eine Schmutz-Kampagne mit fadenscheinigen Behauptungen Zweifel und Misstrauen zu schüren und der Reputation von Drosten zu schaden.

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Das stimmt mit einer Sicherheit, wie man sie dieser Tage kaum findet. :slight_smile:
Und auch darum sollten wir umso bedächtiger sein, wie wir über Fachleute, Leute und überhaupt kommunizieren.

Der Nichtnaturwissenschaftler, dessen beste Fächer im Abiturzeugnis Physik, Mathematik und Chemie (zwei davon Leistungskurse) waren, hat nur aus rationalen Gründen nicht Chemie studiert, nachdem er u.a. an Jugend Forscht teilgenommen hatte. Die Lektüre des Nichtnaturwissenschaftlers besteht zu wenigstens 50% aus naturwissenschaftlicher Fach- und Populärliteratur und die Gründe, warum ich mich hier in der Rubrik Naturwissenschaften nicht häufiger zu Wort melde, sind ganz simpel: ich habe genug damit zu tun, mich in anderen Bereichen zu beteiligen und es gibt hier tatsächlich immer noch Leute, die sich da besser auskennen als ich, auch wenn einige der ganz großen Cracks (wie deconstruct und Dr. Stupid) seit Jahren nicht mehr dabei sind.

Und dennoch wird es genau das sein, was bei dem „Experten“ hängen bleibt und es ist auch genau das, was bei der aktuellen Diskussion bzgl. Bild und Kekulé vs. Rest der Wissenschaft hängenbleiben wird.

Weißt Du, ich habe nach einem entspannten 10 Tage-Arbeitstag, an dem ich mich damit rumschlage, wie man den wirtschaftlichen Aspekt der aktuellen Situation irgendwie gewuppt bekommt, und der Betreuung von 1,5 Schulkindern, die mäßig daran interessiert sind, ihren Teil zum Lernen auf Distanz beizutragen (bei gleichzeitigem Streben nach dem Erlangen des Status „Jugendliche“ ) und der Nachmittags-/Abendbetreuung einer nicht ausgelasteten und von der Umstellung von Notbetrieb auf reduzierten Normalbetrieb im Kindergarten maßlos enttäuschten Vierjährigen (inkl. der damit verbundenen Wutausbrüchen und der strikten Weigerungshaltung, vor halb zehn einzuschlafen), auch noch das Bedürfnis mit mit meiner beruflich sehr engagierten Ehefrau abends auch mal eine Stunde zu unterhalten.

Und nachdem ich das dann alles absolviert (was jetzt mehr nach schierer Abarbeitung klingt als es soll) habe, setze ich mich an meinen Laptop, höre mal einen Podcast und informiere mich - je nach Tagesform auch auf medRxiv and bioRxiv -, was es so neues gibt und fange dann an, den Unbelehrbaren zu erklären, daß die von ihnen verbreiteten Informationen und auch die daraus resultierenden Schulußfolgerungen falsch sind und zwar nicht, weil ich glaube, die Unbelehrbaren erfolgreich belehren und bekehren zu können, sondern damit diejenigen, die hier sonst noch mitlesen, nicht auf den Gedanken kommen, daß an dem ganzen Naidoo-Hiltmann-Soost-Homberg-Müll irgendetwas dran ist.

Ich will mich gar nicht beklagen, daß sich die Arbeit kaum ein anderer machen will, aber daß mir dann an einem solchen Nebenkriegsschauplatz in die Parade gefahren wird, ist schon schwer erträglich. Und wie ich schrieb: daß der Kekulé zumindest nach seinen öffentlichen Auftritten beurteilt, vor allem daran interessiert ist, aufzutreten, ist mir schon vor Jahren aufgefallen. Natürlich hat der Mann im Bereich der Lebererkrankungen schon gute wissenschaftliche Arbeit geleistet, aber manchmal habe ich schon den Eindruck, daß er irgendwie das Bedürfnis hat, durch öffentliche Auftritte und staatstragendes Gerede die riesigen Fußstapfen seines Urgroßvaters auszufüllen.

Aber um bei den Tatsachen zu bleiben: Kekulé hat noch nie irgendetwas zu einem Coronavirus veröffentlicht und er ist auch in der Vergangenheit nicht durch empirische Studien aufgefallen. Er hat mal „was mit Viren gemacht“ und auch mal was mit Epidemie, aber weder respiratorische Erkrankungen noch statistische Ausarbeitungen zählen nach meinem Kenntnisstand zu seinen Tätigkeitsschwerpunkten, was ja - nach allem, was man so liest - auch die wissenschaftliche Gemeinde so zu sehen scheint.

Und ja: ich verstehe den Punkt, daß mein Satz ad hominem meine ansonsten guten Ausführungen schwächen könnte, aber ich bin bereit, das Risiko bei Leuten einzugehen, die von sachlicher Diskussion, Recherche und Faktentreue eh nicht viel halten. Mal ganz abgesehen davon, daß sich der primäre Gegenstand meiner Ausführungen derzeit ja selber nicht allzu zurückhaltend über Wissenschaftler äußert, die im Gegensatz zu ihm in dem fraglichen Bereich großes geleistet haben.

Meine Worte zum Freitag. Jetzt habe ich vier Tage Urlaub (erster Nichtreinerkinderbetreuungsurlaub seit 8 Monaten).

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Nach der Argumentationslogik hab ich aber rechter, weil ich hatte Bioleistungskurs und Biostudium mit 3 Semestern in der Mikrobiologie. Nur, dass es so nicht läuft, warum also damit argumentieren?
Diese Orden sich umhängen, um die eigenen Standpunkte im Diskurs rhetorisch stärker zu wichten, finde ich belanglos.

Ich glaube, das ist gar nicht notwendig, weil die meisten Leute ihre Position schon längst eingenommen haben.
Die, die denken können, tun es schon und vollziehen die wissenschaftlichen Argumente nach (oder auch nicht, weil sie es nicht wollen, obwohl sie es könnten, so einen Fall vermute ich hier im Thread übrigens), und die, die es nicht können sind weiter ihren Affekten ausgeliefert.

Gerade bei Corona erlebe ich diesbezüglich überwiegend sehr klare Positionen. Wir hatten ja auch alle genügend Zeit, uns mit den Fakten auseinander zu setzen.
(Was für Schlüsse wir aus den Fakten ziehen, und welchen Standpunkt wir dann einnehmen, das bleibt weiter divers und das darf es auch sein.)

Ich habe begründet, worum es mir ging. Am Stil liesse sich ja etwas ändern, Kritik auch an Wissenschaftlern grundsätzlich ist ja völlig OK. Wir haben nicht alle die gleichen Spielregeln und Schwerpunkte.
Du umreisst hier Deine Motivationen, ich sage dazu , „ja, ich mag es nicht, wenn so über Wissenschaftler gesprochen wird, die tatsächlich, Leistungskurs, Diplomarbeit hin oder her, Freizeitlektüre her oder hin ihnen naturwissenschaftlich nicht das Wasser reichen können.“

Verstehe ich. Auch wenn ich finde, dass ein wenig mehr Demut ob des eigenen Wissens nie ein Fehler ist.

Fast wir alle haben übrigens lange Tage dieser Tage, wenn wir Arbeit haben.
Schöne Auszeit!
farout

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Lustitsch.

Ich bin seit Februar abgesehen von ein paar Tagen Resturlaub werktäglich außer samstags in die Hackn gefahren wie immer, hab dort mein Pensum und ein bissele mehr erledigt wie immer und bin dann wieder nach Hause gefahren wie immer. Mein Einkommen war gleich kärglich wie immer und die Lohnsteuer, die mir davon einbehalten worden ist, ist abgeführt worden wie immer.

An einem Punkt waren die sozialen Kontakte deutlich anders als sonst: Mit Freunden aus Paris, Villejuif und St. Maurice de Beynost haben wir öfter telefoniert als sonst, und an ein paar davon haben wir ein Fotobüchelchen mit Bildern aus Portugal mit dem Motto „Fenster nach draußen“ verschickt, weil wir dachten, das würde ihnen wohl gut tun.

Und nu?

MM

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und ich fände es am Rande ganz interessant, wer sich in fünf bis zehn Jahren noch daran erinnern wird, wie schlecht es der europäischen Automobil- und Flugzeugindustrie nebst vorgelagerten Bereichen in D und F perspektivisch bereits im vierten Quartal 2019 ging…

Dass aktuell unter der Überschrift „Corona-Rettung“ diskutiert worden ist, dass die Lufthansa doch bitteschön auch die bestellten Airbusse abnehmen und bezahlen möge und derzeit disktutiert wird, dass 3*2.000 € = 6.000 € Subvention für den Kauf eines Elektroautos (wie in ein paar Bundesländern bereits seit Anfang 2020) noch viel zu wenig seien und man sich für weitere Kauf-Extrabonbons doch bitte noch ein paar zig Milliarden mehr bei den Enkeln leihen sollte, passt zwar hübsch zu den allgegenwärtigen Corona-„Szenarien“, aber in einiger Hinsicht hat das doch einen ziemlich strengen Hautgoût nach „J. M. Keynes’ neue Kleider“. ‚Was wäre wenn‘ ist immer ein schräges Spiel, aber hier denk ich schon ab und zu dran, was die industriellen Dinosaurier denn wohl gemacht hätten, wenn ihnen nicht eine so komfortable Pandemie in den Schoß gefallen wäre, bei der sich fast alle einig sind, dass man ihnen helfen muss. Wäre am Ende die Volkswagen AG aus lauter Unmut darüber, dass sie das mit dem Elektroauto nicht so gut hinkriegt (und das nicht erst seit März 2020), vielleicht in den Hochbau oder sonstwie in die Immobilienwirtschaft eingestiegen?

Schöne Grüße

MM

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Ja, schönes Beispiel, nur dazu gehört aber auch zu wissen, dass diese Firma (Autoteilzulieferer) schon vor Corona in großen Schwierigkeiten steckte, d.h. Corona war vielleicht das I-Tüpfelchen auf der Sache aber mit Sicherheit nicht der Auslöser.
Aber es gilt wie immer - Was nicht passt, wird passend gemacht. Fairerweise muss mach sagen, dass diese Handlungsweise nicht immer einseitig ist.
Gruss
Czauderna

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Hallöchen,

na ja, daß die Kollegen von Preussag sich vor einigen Jahren auf Tourismus verlegten, erschien damals wie ein guter Plan, aus heutiger Sicht bleibt die Entscheidung zwar weiterhin weitsichtig, aber beim Tourismus ist man dieses Jahr nicht zum ersten mal von einer unangenehmen Einwirkung von außen betroffen, wenn man mal an den Vulkanismus denkt.

Tatsache ist jedenfalls, daß die KfW schon genauer hinschaut und den ein oder anderen Kandidaten wieder weggeschickt hat, der sich um Hilfsgelder bemühte, weil die Zahlen 2019 halt auch schon nicht so gut waren.

Grüße

Christian

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Unter anderem in Italien, Spanien, Frankreich, Großbritannien und in den USA sind Menschen gestorben, weil sie nicht behandelt werden konnten, weil die Kliniken überfüllt waren, weil so viele Infizierte dort waren.

Das reicht als Argument eigentlich für jeden aus, der wirklich Argumente hören und verstehen will.

Diese Situation ist uns erspart geblieben - wegen der Kontaktsperren und der anderen Maßnahmen.

Über das weltweite Infektionsgeschehen kann man sich übrigens hier ein Bild machen:

Passend dazu auch folgende Grafik der FT:

Im Vergleich zu den durchschnittlichen Todesfällen haben gerade diese Länder einen deutlichen Anstieg zu verzeichnen. Deutschland kommt da mit +6% vergleichsweise sehr glimpflich davon.

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Ja.

und springst Hans bei.

Nein.

Wie ich über den Unsinn von Hans denke, kann man hier in mehreren Beitragen von mir nachlesen. Nur ist es keine Lösung, Unsinn anderen Unsinn entgegenzusetzen.

Gruß,
Max

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Immerhin wissen wir inzwischen, dass ein Großteil der Infektionen von wenigen Menschen in ganz bestimmten Kontexten erfolgt.
Da ist die Frage für mich inzwischen durchaus berechtigt, ob der lockdown in dieser Form notwendig war.
Großveranstaltungen abzusagen, war mit Sicherheit der wichtigere Wendepunkt. Und das wachsende Bewusstsein in der Bevölkerung, dass Distanz eine gute Idee ist.
Wenn der lockdown in dieser Länge notwendig war, dann möglicherweise nur, um den Menschen das klar zu machen.

[Beitrag editiert vom www Team]

Ja. Das geht aus dem Posting sehr deutlich hervor. Das ist sogar sehr eindeutig. Und ich bin der Meinung, dass diese Aussage in ihrer Pauschalität ebenso falsch ist wie die Aussage ist, der Lockdown war unnötig.

Also, jetzt mal bitte ganz konkret: Was habe ich da hinzugedichtet? Oder interpretiert?

Du unterstellst mir, ich hätte irgendwas anderes geeint. Habe ich aber nicht.

M.

Offensichtlich hast du meinen Satz nicht verstanden, auch wenn du ihn als deutlich bezeichnest.

Macht aber nix. ist dann halt so.

Liebe Farout,
(Mehrheitsmeinungen sind natürlich gar kein Argument, da gebe ich dir recht)
die Frage kann doch nur lauten:

Waren die einschneidenen Maßnahmen der Landesregierungen (die, wie in dieser Diskussion mehrmals geklärt wurde, kein wirklicher lockdown waren…)
mit dem damalig zu Verfügung stehenden Wissen notwenig (naja, wurde eigentlich auch schon hier erläutert), oder wäre es verantwortungsvoll gewesen, nur Empfehlungen zu geben.
Da ist für mich die Antwort ganz klar: Sie waren nötig!

Und zwar neben den anderen hier angeführten Gründen auch, weil ich sicher bin, dass zu viele Menschen in Deutschland nach kurzer Zeit sich nicht mehr an Empfehlungen gehalten hätten. Denn warum soll sich jemand, der der Meinung ist, in einer bösartigen Diktatur zu leben, sich an „Empfehlungen“ halten?

Deine Frage ist übrigens nicht die Frage von Hans( um das auch nochmal zu differenzieren), die lautet: Wollten uns die Politiker sinnlos quälen und täuschen?

Karl

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Das glaube ich allerdings auch. Und meine genau das mit

Man musste erst mal cutten und zur Besinnung kommen um ganz anders wieder zu starten, so wie wir es jetzt tun.
Die Zeit des „lockdowns“ diente wohl auch dazu, zur Besinnung zu kommen und sich der Wichtigkeit der Abstandsnotwendigkeiten gewahr zu werden.
Man könnte also sagen, die Maßnahmen waren im Nachhinein psychologisch notwendig.
Es besteht ja überhaupt kein Zweifel mehr daran, Mehrheitsmeinung hin oder her, dass es Übertragungswege gibt und wie wir diese unterbinden können.

Was das Virus anbelangt, also aus virologischer Sicht,- und Du hast natürlich Recht mit dem Einwand:

-und dessen Übertragungswege, stellt es sich nun möglicherweise- ich persönlich sage wahrscheinlich- heraus, dass die Maßnahmen in dieser Form nicht notwendig gewesen wären.

Ja, hm, ich beziehe mich nur auf die Frage in der Überschrift.
Was diese Verschwörungsgeschichten anbelangt-ich fürchte, die Verhältnisse sind ein wenig komplizierter.

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Hallo,
das wollte ich auch damit nicht sagen, dass der Begriff „Mehrheitsmeinung“ als Ergebnis im Sinne der Überschrift zu sehen ist, d.h. er dient tatsächlich nicht als Sachargument.
Mir geht es darum, einfach nur festzustellen, dass es in diesem Thread bislang eben mehr User gibt, die den Lockdown als richtig empfunden haben, als die, welche den Lockdown als überflüssig empfunden haben. Ich hätte auch eine Strichliste erstellen können.
Einen Einfluss auf die Realität hat dieser Thread natürlich nicht, wie alle Beiträge in Internetforen
übrigens auch.
Gruss
Czauderna

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Liebe farout, hundertprozentige Zustimmung!
Karl

Hallo,

und das deckt sich ja auch mit der Sichtweise in der Bevölkerung. Vor gut zwei Wochen sprach sich eine Mehrheit dafür aus, noch nicht mit Lockerungen zu beginnen - und war damit offensichtlich anderer Ansicht als die Politiker, die sich ja immer noch mit Lockerungen überschlagen. Das wiederum heißt nichts anderes, daß sich die Politik schneller von der Wissenschaft emanzipiert als die Bevölkerung. Eine eigentlich gleichermaßen überraschende wie auch bedauernswerte Entwicklung.

In der Politik wird zudem vielfach die - auch von der Wissenschaft unterstützte - Möglichkeit Lockerung mit Entspannung verwechselt. Das Virus ist eben doch noch da, nur weiß man nun mehr darüber, wie es sich verbreitet und deswegen wäre es vielleicht doch besser, die Maßnahmen an der Wahrscheinlichkeit der Übertragung zu orientieren und nicht daran, wie man den Leuten möglichst schnell möglichst viel Freiheit wiedergeben kann, um bei anstehenden Wahlen möglichst gut abzuschneiden.

Gruß
C.

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Hallo Karl2,
dein Beitrag gefällt mir und ich teile deine Meinung.
Wir müssen jetzt zusammenhalten. Schließlich sitzen wir Alle im selben Boot

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