Nach gefülltem Magen nun die Fortsetzung…
Im Fall des Indoeuropäischen haben wir mehrere hundert
Sprachen, von heute wie auch von vor tausenden von Jahren,
darunter auch solche Fossilien wie Hethitisch oder Tocharisch
oder Pali.
Wenn man sich vergleichende Wortlisten für diese Sprachen
anguckt, ist es völlig unplausibel, zu behaupten, die wären
nicht verwandt.
Habe ich auch nie behauptet. Aber sie sind in einer völlig
anderen Weise miteinander verwandt als dies die
Indogermanistik darstellt.
Sagst du. Damit stehst du wieder relativ alleine da mit deiner Meinung.
das klassiche Beispiel der Indogermanisten ist ja immer der
Farbname „rot“. Das ist DAS Argument schlechthin, warum es
eben dieses Indogermanistisch gegeben haben MUSS. Eine
Verwandtschaft unseres Wortes „rot“ mit altindisch „rudhiráh“
(= rot; belegtes Wort) zu leugnen wäre töricht und dumm. Die
Frage muss aber anders gestellt werden, damit sie zu
wissenschaftlich tragfähigen Ergebnissen führt: Welcher
Übertragungsweg hat stattgefunden?
Ich muss zugeben, das mit dem „rot“ ist mir unbekannt. Mag aber sein, dass das irgendwie das Lieblingsbeispiel der Indogermanisten ist.
Die Indogermanisten werden
mit einer Selbstverständlichkeit behaupten: Na klar, über die
indogermanische Sprachwelt. Und eben das halte ich für viel zu
kurz geschossen, eben monolinear. Wer was auf welchem Weg von
wem entlehnt hat, übernommen hat, verändert hat, das alles
klärt die Indogermanistik in meinen Augen nur völlig
unzureichend.
Für dich, wenn du nur auf kurze Ein-Satz-Erklärungen hörst, sicherlich. Wenn du aber genau für dieses Wort die ausführliche Erklärung haben möchtest, musst du vielleicht wirklich bei Pokorny und Co. nachschlagen. Dort stehen dann die angenommenen verwandten Begriffe für allemöglichen Sprachen und Zwischenstufen. Wenn du dir all diese Sachen durchgelesen, am besten noch selbst überprüft und Entlehnungen in Betracht gezogen hast, kannst du dir erlauben, ein ungefähres Urteil zu fällen. Und in einer ausführlichen Beschreibung findest du auch – manchmal über Umwege durch die jeweiligen Grammatiken der Teilsprachen – den „Werdegang“ solcher Wörter.
Richtig, ich brauche aber den Stern nur, wenn ich unbelegte
Wörter angebe. Gebe ich aber „isil“ an, so ist dies in jedem
baskischen Wörterbuch als „schweigsam“ nachlesbar. Oder „isi“
= still. Da brauche ich keine Asterisken. Und die
wissenschaftlich korrekten Zwischenschritte um isil>Fisch
oder isi>Fisch zu erhalten, dafür gibt es ja eben die
(unabhängigen!) Wissenschaftler. Diese haben ja ihre
Lautverschiebungsregeln, nach denen NICHTS zu „F“ werden kann,
Endungen wegfallen können oder zu kürzen sind etc. ich kenne
zwar durchaus einige dieser Lautverschiebungsregeln, aber -
hier kommt jetzt das was ich oben geschrieben habe - kann sie
mit Sicherheit bei weitem nicht immer richtig einsetzen.
Diese „unabhängigen Wissenschaftler“ spielen nur herum, wenn sie nicht von einer Protoform ausgehen, ich habe bereits erklärt warum und ich tu’s gern nochmal; und sie unterliegen einem Hirngespinst, wenn sie denken, sie könnten vom Baskischen zum Deutschen gelangen. Das geht nicht. Man kann auch nicht vom Irischen auf das Albanische Wort schließen. Allerdings kann man von einem rekonstruierten Protowort zumindest theoretisch (wenn man die Lautverschiebungen kennt) zum tatsächlichen heute benutzten Wort kommen — aber wie du ja bereits sagtest, ist das ein Zirkelschluss. Aber das macht nichts, denn niemand versucht ja, von den mit Sternchen versehenen Protoformen auf die heutigen Wortformen zu kommen. Wieso auch? Man kann’s aber nachvollziehen, wie die Wörter sich verändert haben.
Das halte ich für Voreingenommenheit. Erstens ist es nicht
„ein Buchstabe“, sondern es sind (um das deutsche Wort
herzunehmen) die ersten drei Buchstaben und somit alle
sinntragenden Elemente des deutschen Wortes. Über die
Bedeutung haben wir schon mehrfach geschrieben, erspare ich
mir jetzt.
Isil und Fisch? Da ist das „i“ identisch, und das „s“ und das „sch“ ähnlich. Mehr nicht. Das deutsche Wort fängt unerklärlicherweise mit einem „F“ an, das baskische „il“ ist verschwunden, ohne Begründung. Sicherlich haben die unabhängigen Wissenschaftler aber sich was ausgedacht, wie das zustande kam. Und vielleicht haben sie ja auch ein oder zwei weitere Wörter, bei denen das der Fall ist.
Das ist total willkürlich. Fische sind auch nass — da könnte das Wort Fisch auch vom baskischen „hezea“ kommen (da haben wir sogar 'nen f-ähnlichen Anlaut). Oder von Ungarisch „finom“ (lecker), damit hat’s auch 2 Laute gemein, oder von Ungarisch „víz“ (Wasser), weil Fische ja dort leben. Mit dem englischen Wort „fin“ (Flosse) hat’s auch 2 Phoneme gemeinsam, sogar am Wortanfang, also könnten diese auch verwandt sein? Ich hatte mal irgendwo im Internet (bei UniLang) eine Liste von unterschiedlichen sumerischen Wörtern für „Fisch“ zusammengestellt gehabt, wo ich für viele davon Pseudo-Entsprechungen in anderen Sprachen gefunden habe, die auch Fisch hießen.
Wenn du „isil“ mit „Fisch“ verbindest, ist das nichts anderes als das.
Du musst da Lautgesetze postulieren
nö, muss ich nicht. Die Lautgesetze existieren F=H=NICHTS. Ich
muss sie nur anwenden.
Das ist unsinnig. Du willst sicher sagen, dass aus einem /f/ ein /h/ werden kann (japp), und ein /h/ leicht verschwinden kann (auch). Das kannst du aber für jeden Laut aufstellen. Zähl mal nach, wie viele solche Wörter mit nahen Bedeutungen du fürs Baskisch-Deutsche aufstellen kannst. Dann probier mal, wieviele du für ein beliebiges Paar an indo-europäischen findest.
Das ist, was ich mit statistischer Relevanz meine.
und kommst nicht umhin,
eine Protoform anzugeben.
nö, auch das muss ich nicht. Denn ich habe ja zwei existente
und nachweisbare Sprachen, somit brauche ich nur für die
Zwischenformen, für welche es keine Belege gibt die
Sternchenkunde.
Du musst das nicht. Aber du bist auch kein Wissenschaftler. Wenn du dich damit zufrieden gibst, zwei ähnlich aussehende Wörter zu haben mit ähnlichen Bedeutungen, kann das für dich ausreichen. Aber wie gesagt, ist das völlig unwissenschaftlich und bringt dich nicht weiter. Du kannst es gerne probieren. Gern auch mal mit Klingonisch + Sumerisch. Du wirst dort in etwa genauso weit kommen.
Mir fällt da gerade die Swadesh-Liste ein. Eine Wortliste mit Worten, die es in (fast) jeder Sprache gibt, die selten entlehnt werden und nachgewiesenermaßen recht gute Kandidaten zur Erkennung von Sprachähnlichkeit sind. Das sind v.A. ganz banale Wörter wie „ich“, „Auge“, „Baum“, „Stein“, „Sonne“, „neu“, „sehen“, „Hand“, „zwei“, und so weiter. Die Swadesh-Liste umfasst 100 bzw. 200 Wörter (gibt beide Versionen). Wenn man diese 100 Wörter in allen Sprachen der Welt sammelt und in Lautschrift aufschreibt, und dann vom Computer vergleichen lässt, lässt sich der „Abstand“ der Sprachen in Bezug auf ihr Grundvokabular messen. Deutsch und Niederländisch sind da sehr sehr nah beieinander. Deutsch und Russisch etwas weiter, Deutsch und Hindi sogar ziemlich weit. Deutsch und Pitjantjatjara (aus Australien) natürlich extrem weit, nur so als Beispiel.
Ich arbeite bei so einem Projekt mit, wo wir das tun. Die Ergebnisse sind natürlich nicht 100% verlässlich, aber geben gute Anhaltspunkte und zeigen die Ähnlichkeiten gut an. Sie geben die bereits etablierten Sprachfamilien oftmals recht präzise an.
Wir haben inzwischen knapp 2500 Sprachen in unserer Liste, und haben mehrere „World Trees“ damit erstellt, die natürlich nicht die wahre Verwandtschaft anzeigen (denn dann wären ja *alle* Sprachen miteinander verwandt und die historische Linguistik könnte einpacken), sondern einfach die lexikalische Ähnlichkeit. Da kommen zum Beispiel alle indo-europäischen Sprachen zusammen, also alle romanischen auf einen Haufen, alle germanischen auf einen Haufen, die slawischen auch, und auch die indo-arischen (Hindi und Co., Persisch und Co.), auch Griechisch und Albanisch und Armenisch sind dabei. Wo sie hingehören. Natürlich auch die keltischen Sprachen. Wir haben sogar einige alte ausgestorbene Sprachen mit einbezogen. Latein ist natürlich bei den romanischen Sprachen, Altgriechisch direkt neben Griechisch, Altkirchenslawisch irgendwo bei den slawischen Sprachen. Wo Hethitisch ist, weiß ich nicht mehr… weiß nicht, ob wir das dabei hatten. Auch egal.
Worauf ich hinaus will, ist Baskisch… Baskisch befindet sich an einer völlig anderen Stelle. Irgendwo zwischen zwei isolierten Sprachen aus Brasilien oder neben den australischen Sprachen. Jedenfalls nirgendwo auch nur in der Nähe von möglicherweise verwandten Sprachen (aus Europa oder Asien oder Nordafrika).
Das beweist natürlich nicht, dass Baskisch isoliert ist. Es beweist aber, dass das baskische Grundvokabular keiner Sprachen mehr ähnelt, als man durch Zufall herauskriegen würde (wenn man z.B. zufällige Pseudowörter erzeugen würde). Mit anderen Worten: allein schon die statistische Auswertung der phonetischen Ähnlichkeit der Grundwörter zeigt, dass die indo-europäischen Sprachen alle recht ähnlich sind. Es beweist nicht, dass diese verwandt sind. Es beweist aber, dass sich *alle* indo-europäischen Sprachen untereinander mehr ähneln als das Baskische einer beliebigen indo-europäischen Sprache.
Immer, wenn ein neuer „World Tree“ rausgekommen ist (aller paar hundert Neuzugänge machen wir das), bei unserem Projekt (ASJP heißt es), habe ich dort im Baum die verschiedenen isolierten Sprachen (Baskisch, Sumerisch, Japanisch, Pirahã, Burushaski, Koreanisch, Ainu, usw.) angeguckt und geschaut, in welcher „Nachbarschaft“ sie sich aufhielten. Baskisch war bisher *immer* sonstwo. Irgendwo im Baum muss es ja sein, also z.B. bei einer anderen isolierten Sprache, die keinen „Partner“ gefunden hat.
Also wie gesagt: Das Projekt zeigt nebenbei, dass Baskisch dem Deutschen nicht mehr ähnelt als eine x-beliebige andere Sprache der Welt. Die Ähnlichkeit dürfte unter 1% liegen, ich könnte für dich gerne den Wert erfragen und gerne auch noch den Wert für Deutsch und eine beliebige indo-europäische Sprache. Hinzu kommt, dass sich für die IE-Sprachen eine Art Kontinuum bilden lässt, mehr oder weniger: Hindi ähnelt dem Persischen, Persisch ähnelt dem Armenischen, Armenisch ähnelt dem Griechischen, das wiederum ähnelt dem Lateinischen, und so weiter…
Verstehst du, worauf ich hinaus möchte? Es gibt in der Sprachwissenschaft mehrere Methoden, wie man Sprachen vergleichen kann. Baskisch könnte unterschiedlicher als die IE-Sprachen kaum sein. Baskisch und Kaukasisch? Schon eher, aber auch da ist die Evidenz nicht sehr hoch.
Dass die Urform für Fisch irgendwas
mit *pesk- oder *pisk- ist, ist zweifelsfrei klar, man sehe
sich nur die anderen Sprachen an. Die Protoform sollte wohl
auch einen Konsonanten am Anfang enthalten,
das nimmst Du einfach mal so an. Aber mit welchem Recht? Drehe
den Spieß doch um und sage, dass der Plosiv später
dazugekommen ist.
Welchen Grund könnte ich dafür haben, wenn die meisten der indoeuropäischen Wörter für Fisch vorn eben ein P haben? Man nimmt nicht „einfach so“ Dinge an, man muss schon Gründe dafür haben. Durch Lautwandel lässt sich sehr gut beschreiben, wie das P in den germanischen Sprachen zu F wurde, denn das tat es SEHR oft. Wenn also dieses P irgendwann mal dazugekommen sein sollte, zu einer Wurzel *isk-, dann muss dies logischerweise passiert sein, bevor es Proto-Indo-Europäisch gab. Und selbst dann hast du nur zwei Wörter verknüpft, die höchstens mit viel Phantasie semantisch ähnlich sind. Das baskische Wort für Fisch ist anscheiend „arrain“.
also wohl auch
„p“. Das wäre dann im Vaskonischen wie auch im
Keltischen/Irischen („iasc“) weggefallen.
Ich denke eben in die entgegengesetzte Richtung. Beide
Annahmen, sowohl Deine als auch meine, sind Ausgangspunkte und
Denkansätze. Letztlich kann keiner von uns seinen beweisen.
Willkommen in der historischen Sprachwissenschaft — alle Protosprachen und damit *direkten* Hinweise auf eine Aufspaltung von Sprachfamilien sind längst tot. Man kann nichts mehr zu 100% beweisen, man kann nur Thesen vorbringen, sie mit statistischen Methoden und durch Skepsis hinterfragen und testen. Dadurch lässt sich nie beweisen, dass sie wahr sind. Aber man kann zeigen, wie wahrscheinlich sie sind, bzw. wie groß der Zufallsfaktor sein müsste, um *dieses* Ergebnis zu erzeugen.
Wenn du deine These („Fisch/isil“ und noch einige mehr von solchen Wortgleichungen) solchen Tests unterziehen würdest, kann ich dir sagen, würden sie haushoch dem Sprachmaterial unterliegen, das wir von den indo-europäischen Sprachen haben. Und du kannst einem Computer nicht vorwerfen, er wäre voreingenommen. Schließlich programmiert man in solche Programme nicht ein, dass möglichst „Indo-Europäisch“ als Ergebnis rauskommen soll.
Das reicht aber
nicht. Du musst noch einige hundert andere Wörter finden, bei
denen genauso das anlautende p- aus der Protosprache entfallen
ist, und bei der ein indoeuropäisches/lateinisches -sk einem
einfachen -s (oder -si) im vaskonischen entspricht.
Ob es solche Listen gibt, weiß ich nicht. Ich weiß auch nicht,
ob jemals irgendwer nach solchen Wörtern gesucht hat.
Schließlich passt diese Denkweise ja nicht in die
Indogermanistik. Von daher könnte ich mir schon denken, dass
bisher niemand danach gesucht hat.
Das hat damit nicht das geringste zu tun. Es gab früher oft solche Listen, vielleicht auch für Baskisch/Deutsch. Ich kenne einige im Netz, die große Listen von „Wortgleichungen“ Baskisch-Sumerisch haben, oder Sumerisch-Ungarisch, oder Ungarisch-Türkisch. Irgendwo gibt’s auch eine Spaß-Liste mit an die 200 Wörtern als Vergleich Quechua-Baskisch. Ich selbst habe mal Klingonisch mit Ungarisch verglichen und viele „ähnliche“ Wörter gefunden.
Das alles hat natürlich einen gewissen Grad an Wahrscheinlichkeit, genauso wie es eine Wahrscheinlichkeit ungleich null gibt, dass ich durch eine Wand laufen kann (Quantenphysik!); aber die Wahrscheinlichkeiten, dass die indo-europäischen Sprachen miteinander verwandt sind, sind so viele viele male viel größer als die Wahrscheinlichkeiten, dass Baskisch mit Deutsch verwandt ist, dass man letzteres auf einer grafischen Darstellung vermutlich nicht einmal sehen könnte.
Sorry, ich werde grad sehr metaphorisch.
Und genau das ist der springende Punkt: das ist nicht so ohne
weiteres Möglich. Es lassen sich mit Leichtigkeit einige
dutzend Worte finden, ich habe das spaßeshalber mal mit
Sumerisch, Klingonisch und einigen kaukasischen Sprachen
versucht, das geht wirklich… beweißt aber am Ende nüscht.
Du spiegelst hier eine Eindeutigkeit vor, die nicht vorhanden
ist. Zum Einen weißt Du genau so gut wie ich, dass man auf
diesem Feld nichts „beweisen“ kann, sondern nur (wie Du ja
prinzipiell richtig schreibst) „statistische
Wahrscheinlichkeiten“ aufzeigen kann.
Ich dächte, dass ich das deutlich gemacht hätte, ja.
Also ist das mit dem
„Beweis“ schon mal nix. Und was die Wahrscheinlichkeit angeht,
so bleibe ich bei meiner Auffassung, dass ein Fisch deutlich
treffender durch „stumm“ charakterisiert ist, als durch
„Nahrung“. Gleiches beim Vater für den „Erzeuger“ vs.
„Viehhüter“.
Lass doch mal den Nahrungsquatsch beiseite. Das war eine der möglichen Ableitungen, die sich irgendwer gedacht hatte, für den „Fisch“ nicht grundlegend als Protowort genug war. Ich stimme dem auch nicht zu und finde es eine sehr gewagte kleine Theorie. Ich kann aber nicht finden, dass „stumm“ einen Fisch eher beschreibt als „Nahrung“. Beides gleich, find ich. Wie dem auch sei, es ist von Fisch auszugehen als Grundbedeutung, da Fisch ein sehr essentielles (sollte kein Wortspiel zu Essen werden *g*) Konzept ist. Fisch ist übrigens auch Bestandteil der Swadesh-Liste.
Von Vater gehst du auch von gewagten Theorien aus. Nur weil die gewagtesten Annahmen einer großen Theorie unwahrschenlich sind, heißt das nicht, dass die ganze Theorie ad absurdum geführt ist. Die meisten der Quellen gehen von einem Lallwort als Ursprung für die Wörter für „Mama“ und „Papa“ aus. Das ist bei weitem die plausibelste, nicht nur für mich, sondern für die meisten Etymologen, Spracherwerbsforscher (m, p und a sind die einfachsten und zuerst erworbenen Laute aller Kinder der Welt; und Mama und Papa eben die wichtigsten Konzepte in den ersten Lebensmonaten).
Ich hab auch eine Liste von Wörtern der Sprachen der Welt
angefertigt, die phonetisch und semantisch (also von
Aussprache und Bedeutung) absolut identisch aber trotzdem
völlig unverwandt sind.
false friends, gift (engl.) Gift (dt.), solche Listen kenne
ich auch.
Nein nein, phonetisch und semantisch absolut identisch! Das heißt, das Wort klingt gleich und hat die exakt gleiche Bedeutung. „gift“ und „Gift“ klingen zwar gleich, bedeuten aber etwas völlig verschiedenes.
So gibt’s in einer australischen
Sprache das Wort für Hund „dog“, das nix mit dem Englischen zu
tun hat; Persisch hat „bad“ in der gleichen Bedeutung wie das
englische „bad“ (auch unverwandt); das Pirahãwort für ‚er‘ ist
„hi“, genauso wie Englisch „he“, keine Verwandtschaft. Ich hab
über 50 davon gesammelt.
Ach so, solche Dinge meinst Du. Hochinteressant. Hast Du die
auf Word/Excel? Oder nur manuell.
Weder noch, ich hab sie im StudiVZ in einer Gruppe gepostet… aber ich werd sie mal in einer Liste zusammenstellen und dann (vermutlich) in meinem Blog posten, so dass ich darauf verlinken kann. Dann werd ich dir bescheid sagen. Leider kann man als Nichtmitglied im StudiVZ nichts lesen… Es sind viele interessante Sachen dabei, sind aber „nur“ 50 Wörter. Nach Aufforderung eines anderen Gruppenmitglieds hab ich dort dann irgendwann ab Wort #30 oder so angefangen, zu erklären, warum diese Wörter *nicht* verwandt sein können. Das hat viele verschiedene Gründe.
Solange Begriffspaare treffend aus einer Sprache
charakterisiert werden - her damit.
Wie gesagt, Begriffspaare (also Antonyme) sind da nicht wirklich ausschlaggebend. Es sind, denke ich, dort auch keine dabei.
Ich bin nicht auf die
vaskonische Theorie fixiert. Aber sie ist halt diejenige,
welche mir bisher unter gekommen ist, die für den gesunden
Menschenverstand am plausibelsten ist.
Die für deinen Verstand am plausibelsten ist, wohlgemerkt. Die meisten würden dir da widersprechen.
Arpitanisch ist die einzige Sprache, von der ich weiß, dass
man weiß, dass sie mit Baskisch verwandt war.
Wenn man sich die Landkarte anschaut: Räumlich schon ein
erstaunlich großes Gebiet, nicht wahr? Es ist doch ferner auch
Dir bekannt (Du erwähnst es selbst weiter oben - Ketisch) dass
weltweit die Kleinsprachen auf dem Rückzug sind und vermutlich
über kurz oder lang aussterben werden. Dies wird auch ganz
drastisch im dem Wiki-Artikel über Ketisch beschrieben. Wer
weiß, vielleicht stirbt ja gerade jetzt der letzte ketische
Muttersprachler
Ja, wohl wahr. Sicherlich gab es früher noch mehr Sprachen, die mit dem Baskischen verwandt waren. Das Gebiet dieser Sprachen war sicherlich auch größer. Es gibt ja auch onomastische Theorien, die deutsche Gewässer- und Städtenamen (auch „München“ wohl) aus dem Baskischen her abgeleitet wissen wollen. Was ich davon halten soll, weiß ich nicht. Ich steh dem sehr skeptisch gegenüber, habe mich damit aber nicht eingehend befasst.
Fische haben allemöglichen Eigenschaften…
wenn ich unbedingt ein ähnliches Wort für Fisch finden würde,
kann ich nach allenmöglichen Eigenschaften suchen, die ein
Fisch so hat. Irgendwann finde ich da sicher was. Wie gesagt
habe ich das mal mit Klingonisch, Sumerisch und den
kaukasischen Sprachen gemacht. Klappt.
Ist aber nur dann akzeptabel, wenn Du aus der gleichen Sprache
eine gleich einleuchtende Erklärung bringst für „Vogel“.
Wieso? Wie kommst du eigentlich auf Vogel? Das eine hat doch mit dem anderen nichts zu tun. Ich hoffe, du möchtest mir nicht weismachen, „Vogel“ und „Fisch“ seien irgendwie ‚Begriffspaare‘ (also Antonyme). Ebenso wie mit Katze und Hund sind beides Tiernamen von Tieren, die sich in einigen Merkmalen unterscheiden. Es gibt keinen Grund, warum die Etymologie des einen Wortes irgendwie strikt mit der Etymologie des anderen Wortes verbunden sein müsste.
Das gleiche musst du mit dem baskischen
Wort machen, was da rauskommt, weiß ich nicht, da Baskisch ja
eine
Einschub: „heute geographisch“
isolierte Sprache ist
Äääh… dir ist hoffentlich klar, dass ich mit isoliert meinte: Es konnte noch keine (für die meisten Fachleute) überzeugende Theorie geliefert werden, das Baskische mit einer anderen Sprache oder Sprachfamilie zu verknüpfen. Baskisch ist ja geographisch gar nicht isoliert. Aber linguistisch gesehen schon sehr. Muss ich dir hoffentlich nicht erklären.
Siehe oben: zu sehr verhaftet in der eigenen „Schule“. Dass
dennoch Hoffnung besteht, hast Du ja selbst oben geschrieben
beim Ketischen-Athabaskischen.
Unsinn, wirklich. Glaubst du ernsthaft, es wären tausende Forscher so blind durch ihre Ausbildung überall auf der Welt, dass sie nicht merken würden, dass Baskisch-Deutsch (oder was auch immer du genau annehmen möchtest) viel naheliegender ist – wenn es so wäre – als IE? Wie ich oben ja beschrieben habe, kann man das ja sogar objektiv messen mithilfe eines Computers. Und es besteht nur eine völlig vernachlässigbare Ähnlichkeit mit dem Baskischen. Genau genommen: Sie ist nicht ausgeschlossen, aber liegt weit jenseits der zeitlichen Grenzen, bis zu denen sich Sprachverwandtschaft überhaupt noch feststellen lässt — wenn ich mich recht entsinne, liegt diese Grenze bei irgendwo zwischen 5000 und 7000 Jahren. Sogar wenn man also wüsste, dass zwei Sprachfamilien vor z.B. 10.000 Jahren mal zusammen waren (also eine Sprachfamilie oder gar eine Sprache bildeten), ist das heute nicht mehr feststellbar, da sich die lautlichen und semantischen Verschiebungen in dieser Zeit so immens angesammelt haben, dass die Möglichkeit des Zufalls größer wird, als die Wahrscheinlichkeit selbst. Daher kann man sich von solchen Methoden, wie unserem ASJP-Projekt auch nicht erhoffen, den Weltbaum herauszubekommen, der uns zeigt, wie *alle* Sprachen der Welt miteinander verbunden sind. Das geht auch nicht mit althergebrachten Methoden des typologischen und lexikologischen Vergleichs. Dazu bräuchte man eine Zeitmaschine.
Zur gegebenen Zeit wäre das aber unsinnig, da müsste man noch
dutzende von anderen Hypothesen dazu aufnehmen, die „Vogel“
dann auf sumerische, proto-ugro-altaische oder nostratische
Wörter zurückführen. Das ginge zu weit.
wirklich? Das was in den Standardwerken betrieben wird, ist
eine ungerechtfertigte Beeinflussung der Leserschaft, ein
Unterdrücken von Information und verhindert somit, dass „man“
(jeder der diese Werke in der Hand hat) sich einen
uneingeschränkten Überblick über die wissenschaftlichen
Vorschläge zu einem Begriff verschafft.
Mitnichten. Stell dir vor, du möchtest wissen, wo Fisch herkommt, und dann findest du im Lexikon (das dann vermutlich 600 Bände umfasst) eine Erklärung von ca. 20 Seiten, wo das deutsche Wort „Fisch“ mit schätzungsweise 300 oder 400 verschiedenen Sprachen der Welt willkürlich verbunden wird. Ich hatte ja oben ein paar aufgelistet aus dem Ungarischen und was-weiß-ich. Auf Klingonisch heißt Fisch „bIQDep“, also muss auch die Theorie B=P=F, Q=K=C=S, usw. mit rein.
So ein Buch bringt dann nichts mehr, es ist weder wissenschaftlich, noch interessant.
Ich persönlich wundere
mich sowieso, weshalb immer an erster Stelle der Kluge zitiert
wird, bzw. meiner VHS-Dozentin erste Frage war stets „Was
steht denn im Kluge?“ Mir persönlich ist der Pfeiffer
sympathischer, da umfangreicher. Aber letztendlich tun sich
beide Werke gegenseitig nicht viel.
Ich finde den Pfeifer auch etwas sympatischer, ich habe Anfangs lange gehadert, welches ich mir denn kaufe… weiß nicht mal mehr, warum ich mich für den Pfeifer entschied.
nicht behaupten, du hast
dich ja nicht damit auseinandergesetzt (in den Kluge oder
Pfeifer gucken zählt da nicht)
Hoppala, warum denn das jetzt? Jeder beruft sich doch auf just
diese beiden Werke *erstaunt guck*
Nachgucken kann jeder, klar. Aber das heißt nicht „sich mit Etymologie auseinandergesetzt haben“. Du könntest das gesamte Buch (oder beide) auswendig lernen, aber du wüsstest trotzdem nichts darüber, *wie* die Experten auf diese Herleitungen kamen.
Dazu müsstest du dich eingehend damit beschäftigen, wie man überhaupt darauf kommt, dass zwei Sprachen miteinander verwandt sind.
Ich finde, du solltest dich viel mehr mal damit befassen und dann auch nicht vor Büchern zurückschrecken, in denen von Indo-Europäisch ausgegenagen wird (nämlich alle minus sehr sehr wenige). Ich denke, irgendwann kannst du vielleicht nachvollziehen, weswegen kaum ein Forscher ernsthaft an der IE-„Theorie“ zweifelt. Dann siehst du auch, dass das nichts mit stumpfen Nach-dem-Mund-reden oder Skepsislosigkeit zu tun hat.
da müsstest du schon die
Wahrscheinlichkeit der Wortverwandtschaften ausrechnen, am
besten noch die jeweiligen Levenshtein-Distanzen der Wörter
ausrechnen,
passe. Hier sind wir wirklich an einem Punkt, an dem ich Dir
definitiv mangels Kenntnissen rein gar nichts entgegensetzen
kann. Und jetzt in Google rüber zu hüpfen ist mir nach dem
doppelten Desaster einfach zu gefährlich. Schließlich sitze
ich jetzt mittlerweile ca. 4 Stunden an dieser Antwort.
Levenshtein-Distanz klingt kompliziert, ist eigentlich nur die Anzahl der „Umwandlungen“ von einem Wort A zu einem Wort B. Als Umwandlung zählen dabei: Weglassung, Hinzufügung und Änderung von Lauten. Sozusagen der kürzeste Abstand zwischen zwei Wörtern. Ein Computerprogramm kann das leicht ausrechnen — diese Methode ist auch die Grundlage von unserem ASJP-Projekt, wo wir die Grundlexik vergleichen. Die folgenden Wortpaare haben jeweils die Levenshtein-Distanz von 1: „Land-Hand“ (Änderung), „Haus-Aus“ (Weglassung), „All-Ball“ (Hinzufügung).
„Fisch-isil“ hätte eine Levenshtein-Distanz von 4:
fiš > iš > is > isi > isil
Zurzeit ist der Abstand zwischen zwei völlig unterschiedlichen Lauten (z.B. „k“ und „a“) noch genauso groß wie zwischen zwei sehr ähnlichen Lauten (z.B. „f“ und „v“), aber wir sind dabei, zu implementieren, phonetische Unterschiede verschieden zu gewichten, so dass „f“ und „v“ eine viel kleinere Distanz erzeugen als z.B. „k“ und „a“.
Wir wissen aber noch nicht, ob dadurch das Ergebis wirklich besser wird. Man wird sehen.
alle anderen verwandten Sprachen berücksichtigen
wie soll das gehen, wenn das Baskische eine so isolierte
Sprache ist, wie Du und die Indogermanisten behaupten? Und
wenn sie nicht isoliert ist, dann kann ich ja vergleichen.
Man kann alle Sprachen der Welt miteinander vergleichen, egal wie verwandt oder unverwandt sie sind. Das ist, was die Typologie macht.
und dich genaustens mit den Regeln der baskischen Phonetik und
Wortbildung vertraut machen, um darüber überhaupt ein Urteil
fällen zu können.
da kommt wieder der André durch, den ich gar nicht mag. Nase
hoch; Du kleiner, nicht Gschdudierter, Du kannst ja gar nicht
mitreden.
Sorry, so sollte das ja auch nicht rüber kommen. So denke ich auch nicht, auch wenn’s manchmal so klingen mag. Ich kenne mich im Baskischen auch nicht aus. Phonetik ja, etwas (ich weiß, wie man’s ausspricht), aber nicht in der Grammatik.
Und trotzdem rede ich mit. Fast schon aus Trotz. Und ich lasse
mir meinen „gesunden Menschenverstand“ auch nicht absprechen.
Versuche ich ja auch nicht. Aber ich denke, dass du den überbewertest. Der „gesunde Menschenverstand“ führt dazu, dass wir zig Hunderte an Religionen auf der Welt haben — vielleicht ist eine davon wahr, vielleicht nicht, vielleicht hat die Wissenschaft recht, vielleicht nicht. Niemand weiß es sicher.
Mein gesunder Menschenverstand sagte mir damals in der 7. oder 8. Klasse, dass das Wort „Sanskrit“ (für die Sprache) wohl aus dem Französischen kommen und ‚ohne Schrift‘ heißen müsse. Putzig, ne? Mein gesunder Menschenverstand sagte mir auch mal, dass „empor“ sicher ein lateinisches Lehnwort ist. Und wenn nicht das, dann griechisch. Hier habe ich mich ebenfalls geirrt. Der gesunde Menschenverstand irrt sich so oft, wie er recht hat. Leider lässt sich das nicht messen und mit den Voraussagungen der Wissenschaft vergleichen…
Aber ich sehe wie gesagt keinen Grund, dem Bauchgefühl mehr zu vertrauen als dem, was in der Wissenschaft als „längst klar“ gilt. Egal ob’s dein oder mein Bauchgefühl ist. Wenn’s mein Bauchgefühl wär, dass mir sagt, IE kann nicht stimmen, dann belese ich mich so lange auf dem Gebiet (indo-europäische Sprachen, historische Linguistik, Statistik), bis ich entweder von der Meinung der Wissenschaftler überzeugt bin, oder aber bis ich wirklich überzeugt bin, dass sie falsch liegen — dann, denn ich habe ja viel gelesen, kann ich versuchen, andere Leute, v.A. ebenjene Wissenschaftler, zu überzeugen, dass sie falsch liegen. Ihnen zeigen, warum ich trotz vielem vielem Lesen immer noch der Meinung bin, ihre Theorie ist falsch — oder wie in diesem Fall: sehr unwahrscheinlich — das kann ich erst, wenn ich so viel gelesen habe, dass ich es mit meinen Argumenten und meinem Wissen (vielleicht auch mit der Erfahrung) mit diesen Wissenschaftlern aufnehmen kann. Ich studiere, um vielleicht irgendwann einmal so weit zu sein und in der Wissenschaft mitzureden, mir irgendwann einen Namen zu machen (nicht nur in Internetforen und auf Esperantotreffen).
Vorher würde ich mir kaum erlauben, so etwas wie IE als „Erfindung“ darzustellen, das ist unglaublich anmaßend. Wenn’s die Theorie einer einzelnen Person wäre, meinetwegen… aber die Theorie praktisch aller Forscher? Hmm… sehr gewagt, gelinde ausgedrückt.
Andererseits ist das ja auch nur ein öffentliches Forum, und keine wirkliche Expertenhochburg.
Daher vertraue ich da viel eher professionellen
Sprachwissenschaftlern, die sich seit Jahrzehnten damit
befassen, Abschlüsse und Publikationen in dem Bereich haben
und über ihr Metier bestens bescheid
Du wolltest sicher schreiben: über die Theorie ihrer Schule
bestens Bescheid wissen, denn sie können über die anderen
Theorien nichts weiter als sie zu negieren oder schlecht zu
machen.
Nein, wollte ich nicht. Man wird kein angesehener Sprachwissenschaftler, wenn man nur seiner „Schule“ (so etwas kenne ich in der Typologie nicht) vertraut und keine eigenen Gedanken entwickelt. Deine Vorstellung der heutigen (Sprach)Wissenschaft ist weit von der Realität entfernt. Sie negieren die anderen Theorien ja nicht ohne Begründung. Ich negiere sie ja auch nicht ohne Begründung — nur bin ich kein Indogermanist und habe keine harten Fakten, die ich dir liefern kann. Höchstens eben die statistischen Sachen aus dem ASJP-Projekt, weil ich dort aktiv mitarbeite (ich habe v.A. Wortlisten erstellt).
oder sogar meinem eigenen „gesunden
Menschenverstand“
Das wiederum kann ich überhaupt nicht verstehen, solltest Du
von DEINEM gesunden Menschenverstand sprechen. Du willst doch
nicht behaupten, dass Du keinen hast (*schmunzel*, bitte
nicht ernst nehmen, war nicht ernst gemeint)
Doch doch, ich hab einen.
Aber ich weiß, dass ich ihm nicht *immer* vertrauen kann. Gerade in Sachen, bei denen ich weiß, dass sich andere Leute mehr auskennen als ich. Der Hauptgrund, warum ich mich aus Politik und Geschichte raushalte, übrigens.
Man könnte jetzt sagen, wenn mein Verstand mir manchmal sagt, meinen Verstand zu ignorieren, höre ich doch eigentlich immer auf meinen Verstand, oder? Philosophisch, hm… aber du weißt, was ich meine. Ich vertraue in Sachen, in denen ich mich nicht gut auskenne, eben den Experten.
— der ja gleichbedeutend ist mit
„unbegründetes Bauchgefühl“.
Das Bauchgefühl ist oft richtiger als jede sogenannte
„reiflich überlegte“ Entscheidung - in jeder Lebenslage. In
manchen Situationen ist das Bauchgefühl sogar
überlebenssichernd. Liest man von Zeit zu Zeit immer wieder
mal in der Zeitung mit einem dann gerade aktuellen Fall.
Oft, aber statistisch gesehen vermutlich viel seltener. Nicht umsonst hat es sich früher gelohnt, im Spielcasino Karten zu zählen. Wer sich in etwas auskennt, ist meist im Vorteil vor dem, der nur seinem Bauchgefühl vertraut.
Achso, okay. Verstehe, was du mit Sprachpaar meinst.
Mir ist tatsächlich noch eines eingefallen: Tasse und Teller
(beides aus dem hamito-semitischen). Nur damit Du siehst, dass
ich wirklich nicht auf das Vaskonische fixiert bin.
Tasse und Teller gehören tatsächlich zusammen, semantisch. Viel viel mehr als Vogel+Fisch oder Hund+Katze. Da ich nicht die Diskussion herauszögern möchte, gucke ich jetzt nicht in den Pfeifer und auch nicht ins Hebräisch- oder Arabischwörterbuch. Dass „Tasse“ aus dem semitischen kommen mag, meine ich auch schon gehört zu haben.
Dann sind wir ja letztlich mit unseren Ansichten gar nicht
soooo weit auseinander. Allerdings frage ich mich dann schon,
warum Du weiter oben schreibst, dass (sinngemäß) „es zu weit
führen würde, alle Vorschläge / Theorien zu einem Begriff zu
bringen“.
Weil es einfach übermäßig viel wäre, es würde den Rahmen jedes Lexikons sprengen. Es kann faktisch gar nicht alles aufgenommen werden.
Am Umfang kann es wohl nicht liegen. Wer daran
interessiert ist, kauft sich auch ein zwei oder dreibändiges
Werk. Oder man macht es per IN online zugänglich, mit einer
nutzungsabhängigen Gebühr. Das wäre ja auch eine Möglichkeit.
Genau am Umfang liegt es. Und daran, dass man eben keinen Grund hat, der Meinung einzelner Fachfremder genauso zu vertrauen, wie Experten, die ihr ganzes Leben lang auf dem Gebiet forschten.
Im Internet gibt’s ähnliche Datenbanken schon: http://starling.rinet.ru/cgi-bin/main.cgi?root=config
Starostin war ein recht berühmter historischer Linguist, aber seine Arbeiten sind sehr umstritten. Kein Dozent oder Linguist sagt, Starostin hätte Müll fabriziert, es heißt eher, man solle sehr vorsichtig sein bei den Theorien und Rekonstruktionen Starostins, man solle nicht alles für bare Münze nehmen, sondern lieber hinterfragen und selbst gucken.
Schließlich liest man diese Werke ja nur punktuell und nicht
von der ersten bis zur letzten Seite durchgehend. Fairerweise
muss ich aber dazusagen, dass mir die Papierform wesentlich
angenehmer ist, da man sich dann noch eigene Notizen dazu
machen kann, was online deutlich schwieriger ist.
Mir auch! Ich sammle ja sogar Wörterbücher, und da zähle ich irgendwelche Programme oder PDFs auf dem Computer gar nicht mit.
Aber du bist ja auch kein Sprachwissenschaftler. Leute, die
sich auf dem Gebiet auskennen (besser als ich und du) sehen
das eben ganz anders.
Schulen - siehe oben.
Eben nicht. Ein Totschlagargument, das auf falschen Annahmen beruht. Auch siehe oben.
Ja, stimmt schon. Aber Linguistik hat auch sehr viel mit
Statistik zu tun, so werden heute viel mehr
Wahrscheinlichkeiten ausgerechnet als früher. Auch in einem so
scheinbar unmathematischen Feld wie der Sprachwissenschaft.
Das wusste ich tatsächlich nicht. Die Frage ist aber, welche
Berechnungsmethoden man zugrunde legt. Stichwort: Traue keiner
Statistik, die Du nicht selbst gefälscht hast! Sprich: nur
derjenige, der die Statistik aufgebaut und geführt hat, weiß,
wie „Schulen-lastig“ diese wirklich ist. Skepsis sehe ich also
auch hier angebracht.
Ja, man kann viele Statistiken zu seinen Gunsten auslegen, aber die Programme, mit denen irgendwas bewiesen wurde, sind eigentlich immer öffentlich zugänglich (für andere Wissenschaftler, tw. auch ganz öffentlich) und in modernen Büchern wird auch genau beschrieben, wie man was ausgerechnet hat. Oft sind das eher einfachere Dinge, bei denen man nicht viel fälschen kann, ohne dass es jedem 2. Wissenschaftler, der das Paper liest, sofort auffallen würde. Auch unser ASJP-Projekt ist in allen Einzelheiten nachles- und nachprobierbar. Zumindest wird es das irgendwann sein.
Das hat sie. Du erkennst es nur nicht (an), aber ohne
Asteriske geht es nun nicht, da du nicht mit zwei heute noch
lebenden Sprachen arbeiten kannst, wenn du über
Sprachverwandtschaft sprechen möchtest, die viele Jahrtausende
zurückliegt und bei denen die eine Sprachfamilie nur aus einer
einzigen Sprache besteht
Damit (eine einzige Sprache) hast Du nicht Recht, meiner
Meinung nach, siehe oben. Dafür haben wir in unseren
europäischen Sprachen m.E. viiiiiel zu viele Relikte aus
dieser Sprache.
Diese Relikte scheinst du aber nur anzunehmen, weil du von der Theorie gehört hast und sie jetzt überall vermutest. Es gibt einiges an Einfluss, sicherlich. Aber nicht so viel, wie du es darstellst.
Ein völlig anderes Beispiel sind die
Tautologien aus Redewendungen:
„Der hat ja von Tuten und Blasen keine Ahnung“ (sagst Du
vielleicht/wahrscheinlich über mich:wink:). Du wirst mir zugeben,
dass man „tuten“ und „blasen“ weitgehend bedeutungsgleich
setzen kann. Somit ist tuten = blasen. Schaut man nun ins
baskische Wöbu, so stolpert man förmlich über „tutu“ in der
Bedeutung „Rohr, Röhre, Horn“. Und zweifelsfrei bläst man in
ein Horn.
Oh Gott… Sorry, aber das ist ja nun extrem weit hergeholt. Das Deutsche stand nie groß in Kontakt mit dem Baskischen und so ein Wort hätte sich auch nie sehr lange gehalten, ohne dass es irgendwelche anderen Kognate im Deutschen gäbe.
;Und noch erstaunlicher ist - wenngleich natürlich
lautlich viel weiter entfernt - , dass es das gleiche
Sprichwort auch im Baskischen gibt. Und wenn man nur flüchtig
hinhört, klingt es dem Deutschen recht ähnlich. „tutik ere ez
daki“ (= er hat von Tuten und Blasen keine Ahnung).
Und was bedeutet dieses Sprichwort wörtlich übersetzt? Hast du nachgeforscht (beim deutschen oder baskischen), wie dieses Sprichwort zustandekam, seit wann es belegt ist, wo die erste Belegstelle war und worauf es sich bezog?
Oder noch so eine Tautologie. Die findest Du ebenfalls in
keinem der etymologischen Wöbü (zumindest nicht in den zweien,
die ich habe):
„fuchsteufelswild“. Was hat ein Fuchs mit „wild“ oder gar mit
„Teufel“ zu tun? In unserem Kulturkreis gilt der Fuchs als
listig und schlau. Vielleicht noch als rothaarig, des Fells
wegen. Schaust Du aber ins baskische Wöbu, so steht dort
„fuxiz(tu)“ = wütend werden. Und ich brauche wieder einmal
keinerlei Asterisken.
Du machst mir Spaß. =)
Du weißt so gut wie ich, dass „x“ im Baskischen nicht „ks“ gesprochen wird. Ich wage sogar zu behaupten, dass „fuxiz“ ursprünglich ein Lehnwort ins Baskische sein könnte. Mein Bauchgefühl sagt mir, es gibt keine original-baskischen Wörter mit „f“. Ich würde dazu gerne einen Baskischexperten fragen, denn ich könnte wetten, dass das tatsächlich der Fall ist.
Ich habe keine Ahnung, woher „fuchsteufelswild“ kommt, aber gut möglich, dass es eine volksetymologische Bildung zu einem – möglicherweise jiddischen? – Wort ist. Das war ja so ähnlich auch bei „mutterseelenallein“ und „Armbrust“ und „Hängematte“ so — diese Wörter haben nichts mit Mutter, Seele, Arm, Brust, Hängen und Matte zu tun. Zumindest nicht ursprünglich. Oder das berühmte „Guten Rutsch!“ ist ja auch ursprünglich Hebräisch.
Naja, kennst du sicher schon…
Etwas komplizierter wird es beim „Holterdipolter“. Aber auch
das sehe ich als Tautologie an. Und zwar diesmal
baskisch+keltisch. Aber wieder hat es im Deutschen überlebt.
Auch hier traue ich mich nicht, auf meine Worddateien zu
wechseln, da habe ich es detailliert ausgearbeitet, auswendig
weiß ich es nicht mehr genau. Aber ich will jetzt wirklich
unter keinen Umständen riskieren, dass die ganze Arbeit wieder
(das wäre dann zum dritten Mal) weg ist. Notfalls schicke ich
es Dir nach, sollte es Dich interessieren.
Naja. Plausibler als irgendwelche abstrusen Baskisch-Wurzeln (Deutsch hatte wie gesagt nie was mit Baskisch am Hut, geschichtlich gesehen) ist die Erklärung mittels „poltern“ (das Verb) und einer Reduplikation mit verändertem Anlaut, wie’s sie im Deutschen ab und zu gibt (Rumpeldipumpel, Ruckedigu…).
A pros pos schlafen. Gutes Stichwort.
Ich gehe jetzt ins Bett.
Gute Nacht.
Ich würde mich freuen, wieder von Dir zu hören.
Uff, das war viel. Ich glaube fast, die Diskussion wird kein Ende nehmen. Erinnert mich an einst, als ich mit einem bibeltreuen Christen über die Entstehung der Welt und der Arten und des Menschen sprach. Obwohl das schon ein bisschen anders ist.
Leipzig,
Oooch Leipzig…
habe ich da weiter oben nicht was über den Onomastik-Lehrstuhl
der Uni Leipzig geschrieben? Sollte es oben nicht gut
rausgekommen sein: Ich selbst habe mit denen noch nie was zu
tun gehabt, habe aber - via IN - schon ein paar (nicht
besonders viele) Erfahrungsberichte gelesen, und da hieß es
halt „aus dem Slawischen“, „aus dem Slawischen“, „aus dem
Slawischen“ etc. Daraus schließe ich (wie Du bei den Schuhen
Deiner Schwester), dass sie dort etwas Slawisch-lastig
arbeiten.
Ja, das stimmt in der Tat, v.A. mit dem Sorbischen wird hier viel gearbeitet. Ist aber auch die richtige Region. Ich denke aber, die Ableitungen aus dem Slawischen sind meist nachvollziehbar, grad bei Ortsnamen die jetzt irgendwie Wiederitzsch, Großtzschocher, Eutritzsch, Leipzig, Schkeuditz, Plagwitz, Torgau, usw. heißen. Derer gibt’s massigst hier. Die sind wirklich alle slawischen Ursprungs. Mein Heimatdorf „Engelsdorf“ offensichtlich nicht. :>
Mit Familiennamen habe ich mich wenig beschäftigt — ich heiße Müller, das ist sehr langweilig. „TZ“ kommt ja im Baskischen häufiger vor, ich hoffe aber, du hast jetzt nicht für jeden der obengenannten Orte einen möglichen baskischen Ursprung, oder?
Also dann, liebe Grüße!