Ich bleib’ dabei (vorsicht, lang)…
Hallo Yedi!
Weißt Du, was ich denke?
Ich denke, ich hatte recht, wenn ich sage, dass Du einfach nur nicht verstehen kannst, warum die Mädels Deine interessierten Blicke nicht erwidern. Das wäre ja erstmal gar nicht wild. Ich glaube, viele Menschen fragen sich oft, warum sie offenbar vom anderen Geschlecht nicht wahrgenommen werden. Aber dass Du jetzt versuchst, daraus irgendwie eine moralische Diskussion bezüglich allgemein-gesellschaftlicher Missstände zu machen, das ist das, was aufstößt.
Ich denke deshalb außerdem, dass Du es mitnichten so unglaublich wichtig findest, dass man sich ständig gegenseitig anguckt, sondern dass das nur eine Ausrede ist, um darüber hinweg zu täuschen, dass es Dir explizit darum geht, dass Du nicht von Frauen angeguckt wirst.
Ich denke weiterhin, dass Du inzwischen längst begriffen hast, dass Du eigentlich ertappt bist, aber die Blöße willst Du Dir nicht geben, deshalb hälst Du vehement an Deiner Theorie fest, dass man sich doch in einer Gesellschaft unbedingt auch ständig gegenseitig anschauen muss.
Warum ich das alles denke?
1.Du widersprichst Dir teilweise, z.B. sagst Du im Ursprungsposting:
Will Frau damit signalisieren, dass sie nicht so leicht zu haben
ist? Aber warum dann das aufreizende Outfit?
(bedeutet ganz eindeutig: ich verstehe nicht, warum Frauen ein aufreizendes Outfit tragen, wenn sie damit nicht signalisieren wollen, dass man sie anflirten darf)
Und dann sagst Du wieder:
Ich hab das auch nicht zwingend damit verknüpft (aufreizend ge-
kleidet = sie muss Blicke von jedem Mann erwidern), okay?
Zudem hast Du keine klare Linie. Erst geht es Dir nur um die Blicke der Frauen im Speziellen, dann um die Gesellschaft, dann um beides, dann streichst Du den Aspekt mit dem Flirten doch wieder. Dann bist Du mal sehr ernst, dann ist es wieder alles nur Spaß, dann behauptest Du, keiner schaut Dich an, dann kommunizierst Du doch per Blick mit anderen, oder lässt Dir durch Blicke Geschichten erzählen…
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Du betonst stellenweise nochmal neue Theorien extra, was man eigentlich nur tut, wenn man sich gerade irgendwo rauswindet und hofft, der andere nimmt es einem ab. Z.B das, was Du „eigentlich“ mit „Jäger und Gejagte“ meintest (wobei ja bereits der Titel darauf hinweist, dass Du in Wirklichkeit doch eher das meintest, was ich schrieb), wiederholst Du extra nochmal deutlich in einer Antwort an Tantamount, die zudem eigentlich gar nicht so richtig auf das eingeht, was Tantamount schrieb.
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Du weichst aus, oftmals mit Antworten, die nicht nur Allgemeinplätze sind, sondern noch dazu übertrieben lyrisch-poetisch, wie das mit dem alten Gesicht, aus dem man eine Geschichte lesen kann, oder dass Du angeblich auch mit Hunden und Katzen kommunizierst. Das wirkt nicht sehr authentisch.
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Die Sozialpsychologie spricht gegen Dich. Jedes Individuum einer Gesellschaft lernt bestimmte Verhaltensmuster und teilt bestimmtem Verhalten anderer bestimmte Bedeutungen zu. Das passiert natürlich nicht bewusst. Das ist jedem unbewusst ‚eingepflanzt‘, da können wir gar nichts dafür. Z.B. klatschen wir nach einer Darbietung, auch wenn es nicht immer etwas zu klatschen gibt. Dieses Verhaltensmuster ist einfach in uns drin, ohne dass wir uns dessen erwehren könnten.
Dass Du jetzt erwartest, dass jeder Blick von Fremden aus Höflichkeit erwidert werden muss, oder auch dass Du lieber einen abweisenden Blick hättest, als gar keinen, wäre ein abnormales Sozialverhalten (im wissenschaftlich-neutralen Sinn). Gut, kommt natürlich auch vor, da würde ich mir an Deiner aber Gedanken machen, denn dann hättest Du offenbar bestimmte wichtige gesellschaftliche Verhaltensweisen (im wissenschaftlich-neutralen Sinn) nicht erlernt und könntest Probleme im Umgang mit Deiner Umwelt bekommen.
Du argumentierst zudem mit einem Songtext von Xavier Naidoo, den Du Dir so zurechtlegst, dass er auf Deine These passt. Nungut, da Du Dich so gerne auf große Künstler berufst:
Auszug aus „L’école des femmes“ von Molière, Akt II, Szene 5 in der deutschen Übersetzung:
„Kaum glaubhaft scheint’s und äußerst wunderlich.
Auf dem Balkon im Kühlen saß ich stickend;
Da sah ich einen jungen hübschen Mann
Dort unterm Baum vorbeigehn; mich erblickend
Hielt er mit einem tiefen Bückling an.
Ich, um an Höflichkeit ihm nicht zu weichen,
Gab meinerseits das Kompliment ihm wieder:
Drauf neigt’ er sich zum zweiten Male nieder,
Und ohne Säumen ich desgleichen.
Dann, wie er mir den dritten Gruß bezeugte,
Sandt’ ich ihm ebenfalls den dritten Gruß.
Er ging und kam zurück mit raschem Fuß,
Wobei er immer netter sich verbeugte,
Und ich, die aus dem Aug’ ihn nicht verlor,
Erwiderte mit Knicksen wie zuvor
Und hätt’ es fortgesetzt noch lange Zeit,
Wär’ mittlerweile nicht die Nacht erschienen:
Ich wollte doch den Vorwurf nicht verdienen,
Daß er mich übertraf’ an Höflichkeit.“
Warum haben sich die Franzosen da wohl weggeschmissen? Die arme Agnès, die hier spricht, ist wortwörtlich die Unschuld vom Lande. Sie wurde fern ab von jeglichen größeren gesellschaftlichen Kontakten erzogen und hat somit keine Ahnung von entsprechenden Verhaltensweisen, bzw. kann sie nicht richtig einordnen oder interpretieren. Daher reagiert sie nicht regelkonform, indem sie den Flirtversuch des jungen Mannes nicht als solchen identifiziert und grüßt aus Höflichkeit zurück – und das immer wieder, was der junge Herr natürlich ausnutzt. Du siehst – schon im 17. Jahrhundert ordnete man bestimmten Gesten bestimmte Absichten zu – hier Verneigung = Flirt - und es entsprach nicht den gesellschaftlichen Konventionen, diverse Versuche zur Kontaktaufnahme aus reiner Höflichkeit zu erwidern, das ist also kein Phänomen unserer ach so kalten und anonymen Zeit.
Wie gesagt, ich denke nicht, dass Du wirklich selbst an diese Theorie glaubst, die die uns da auftischst. Und falls doch wäre es ja vielleicht mal nen Versuch wert, einfach umzudenken?
Ich jedenfalls kann auch sehr gut „bewsst und lebendig“ durch’s Leben gehen und herzlich mit meinen Mitmenschen umgehen, ohne mich genauer mit jedem Menschen (oder Tier) zu befassen, der (oder das) mir über den Weg läuft. Das wäre ja eine nicht zu bewältigende Reizüberflutung. Da spar ich mir dann gleichzeitig auch den täglichen Groll über Menschen, die nicht zurückgucken.
Grüße,
Polymnia