Hallo Karin,
Es ist vielleicht wirklich nicht so wichtig, aber ich verstehe nicht recht, ob Du das Splitting nun abschaffen würdest, durch Freibeträge ersetzen oder auf Unverheiratete ausdehnen:
als Nicht-Verheiratete wirtschaften mein Freund und ich genauso gemeinsam.
Hier höre ich z.B. ansatzweise heraus, dass Du es sogar eher ausdehnen würdest. Habe ich nicht unbedingt etwas dagegen, von mir aus könnte man sogar WGs gemeinsam veranlagen, wenn sie ihre Einkünfte wirklich zusammenwerfen. (Mag ein Beweisproblem sein, aber - soweit es mich betrifft - kein ideelles).
Du gehst hier von unveränderten Netto-Verdiensten aus. Der
Netto-Verdienst des/der Geringerverdienenden wird aber nach
unten geschmälert dadurch, dass er/sie eine ungünstigere
Steuerklasse hat. Hier setzt schon das erste Argument ein:
„Für die paar Kröten brauchst Du auch nicht arbeiten zu
gehen.“
Nein, ich gehe vom Bruttolohn aus. Um es klar zu machen:
A. Ein Ehepaar, bei dem jeder 2500 Euro verdient
B. Ein Ehepaar, bei dem einer 5000 Euro verdient und einer nichts
C. Ein Ehepaar, bei dem einer 4000 und einer 1000 Euro verdient
D. 2 Singles (zusammenlebend oder nicht), bei denen jeder 2500 Euro verdient
bezahlen alle die gleiche Einkommenssteuer (pro Paar) - Gleichheit aller anderen Parameter vorausgesetzt. Ich kann daran keinen logischen Fehler finden, schliesslich haben sie alle das gleiche Geld zur Verfügung. Man kann natürlich einfordern, dass Unverheiratetet dies auch in Anspruch nehmen könnten (obwohl wir uns ja schon einig waren, dass Unverheiratete an anderer Stelle einen gewissen Vorteil haben) - aber dies liefe nicht aufs Abschaffen des Splittingvorteils hinaus, sondern sogar auf seine Ausdehnung auf andere Paare.
Hier ist ein Freibetrag für die Unterstützung einer
bedürftigen Person, die unterhaltsberechtigt ist, die
sinnvollere Alternative. Dieser kann so angepasst werden, dass
er für unterhaltsverechtigte Kinder (gerne auch nach einer
Trennung) auch wirkt. Somit entfällt das Interesse, gleich gar
nicht mehr arbeiten zu gehen, weil das potentielle
Arbeitsentgelt ja von der Höher-Besteuerung ohne
Ehegatten-Splitting aufgefressen wird.
Ob über Splitting oder Freibetrag - da sehe ich keinen bzw. nur einen rein technischen Unterschied. Entscheidend ist, dass am Ende, diejenigen die ihr Geld mit jemandem teilen entsprechend niedriger besteuert werden als diejenigen, die es für sich alleine haben. Als Vergleichsgröse wird man immer in irgendeiner Form beim Einkommen pro Person landen.
Das Argument mit dem entfallenden Interesse sehe ich nicht: Wenn man Freibeträge schafft, hat man doch die gleiche Situation: wenn beide arbeiten entfiele dann der Freibetrag, so dass das „Haushaltseinkommen“ auf jeden Fall nicht proportional zum Zweiteinkommen wächst.
Die Steuerklassen haben sowieso nur eine psychologische Wirkung, die am Jahresende zu zahlende Steuer hängt davon überhaupt nicht ab. Du kannst als Ehepaar auch jetzt schon freiwillig 4-4 wählen: falls Du dann sehr verschieden verdienst, zahlst Du erstmal zuviel (dafür zwischen den Partnern ausgewogener) und bekommst es im Lohnsteuerjahresausgleich zurück. Du kannst 3-5 wählen: dann sind die beiden Nettoeinkünfte unterschiedlicher (dem 5er wird viel abgezogen, dem 3er wenig), aber die Summe ist höher (und der Lohnsteuerjahresausgleich bringt entsprechend weniger). 2 erwachsene Menschen sollten dies untereinander ausgleichen können!
Nun, und hier liegt eben ein Problem: Meine Schwester und mein
Schwager arbeiten beide, haben 3 Kinder (16, 22 und 25)
großgezogen. Sie wurden und werden - bis auf die damlas sehr
kurzen Erziehungsurlaube - ähnlich besteuert wie Du und Dein
Mann.
Das würde ich erstmal bestreiten. Die Kinder werden über die Freibeträge berücksichtigt, mit Kindern hat man Steuerklasse 2. Mit Sicherheit zahlen sie weniger als wir. (Dass man über Transferzahlungen natürlich trotzdem immer streitet, habe ich auch schon bemerkt, aber Leute mit Kindern zahlen mit Sicherheit keine 2 halben Bruttogehälter.)
Die Steuerersparnis in der Familie Deiner Schwester ist nur
durch ihre "Nicht-Berufstätigkeit ausgelöst. Hat also meine
Schwester gerechtfertigterweise beides zu tragen, die höhere
Steuerlast und die Kindererziehung?
Sagen wir mal, ich finde es ok. Meine Schwester wollte es so, Deine wollte es anders, ich gehöre nicht zu den Leuten, die anderen ihren Lebensstil gerne vorschreiben. Da wir keine Vollbeschäftigung haben, sehe ich nicht, dass meine Schwester unbedingt einen Arbeitsplatz suchen sollte, den sie nicht will und ein anderer gerne hätte. Was jeder zur Gesellschaft beiträgt und auf anderer Seite erhält, ist sowieso viel zu vielschichtig, um es fair abzuschätzen. Vielleicht hat Deine Schwester Kindergartenplätze zur Verfügung oder Kollegen, die ihr den Rücken freihalten, Eltern, die auf die Kinder aufpassen. Vielleicht hilft meine Schwester Nachbarskindern bei den Hausaufgaben - ist doch völlig ok, solange sich alle Beteiligten dabei wohlfühlen. Sollten wir irgendwann mal wieder jede Hand brauchen, um uns alle zu ernähren, sähe das natürlich anders aus …
Viele Grüsse, Walkuerax