Hallo Michael,
eins vorweg - ich bin weit entfernt davon, Lehrer für „faule Säcke“ zu halten, und ich würde diesen Beruf nicht für viel Geld machen - mir reichen meine eigenen 3 Kinder völlig .
Leider gibt es wirklich zu viele Lehrer, die für das „faule“ Image dieser Berufsgruppe sorgen !
Vor allem in der Grundschule lernt man Lehrerinnen kennen, die eine Vollzeitstelle haben, aber garantiert nur auf einen lächerlichen Halbstagsjob kommen. Bedenke, manche LehrerInnen plaudern ganz gerne, das ist ja auch ganz nett, aber als Eltern bekommt man dabei „nebenher“ auch viel familiäres mit. Von den grob geschätzten 12 Wochen Ferien pro Jahr wird in den unteren Klassenstufen ganz sicher die allerwenigste Zeit für Schulvorbereitung verwendet - da sind die Ferien tatsächliche Urlaubstage.
Lehrer müssen bei uns nicht ganztags an der Schule sein - ich weiß, dass dies momentan nicht einmal platzmäßig möglich wäre, wir hatten hier schon Beiträge dazu. Das bedeutet, Lehrer arbeiten „unsichtbar“ daheim - oder eben nicht. Im Grundschulbereich dürfte nun wirklich nicht so viel vorzubereiten sein, dass unter Einbeziehung der Ferien, bzw. des Teils, der über die auch in der freien Wirtschaft üblichen 6 Wochen hinausgeht, eine Wochenarbeitszeit zwischen 35 und 40 Stunden herauskommt.
Ich habe insgesamt 4 LehrerInnen als Kunden, bin da also wirklich nicht emotional involviert, denn deren Schulen sind nicht im Einzugsbereich und kommen für meine Kinder nicht in Frage. Im Lauf der Jahre ergibt sich ein klares Muster, man führt viele Gespräche. Tatsache ist, dass 3 dieser Lehrkräfte prinzipiell in allen Ferien verreisen (sie sind entweder kinderlos oder haben erwachsene Kinder). Bei allen herrscht entsetzliches Jammern, wenn ein Elternabend stattfindet oder irgendwelche Sitzungen, alle haben Fächer und Klassen, die nicht sehr aufwendig sind, keiner der 4 fährt in Schullandheime. Ich habe bei allen oft das Gefühl, dass sie keine vier Wochen in freier Wildbahn überleben könnten.
Nebenbei: sonst sind sie wirklich angenehm, ich beziehe mich hier nur auf den beruflichen Aspekt.
Solche Lehrer werfen ein schlechtes Bild auf die „normal engagierten“ Kollegen ! Eltern sind nicht alle doof, wir bekommen das mit, und ist es da verwunderlich, wenn man selbst beruflich jonglieren muss, um am Elternsprechtag um 14.15 Uhr pünktlich auf der Matte zu stehen, dass man ab und zu denkt „Lehrer haben ganz schön viel Freizeit“ ?
Ich finde aber, dass diese „Verteidigungsstrategie“ von Grund
auf falsch ist, denn sie impliziert ja, dass nur der Lehrer
ein guter Lehrer ist, der bereit ist, sich für seinen Job
auzuopfern.
Mir würde schon ein ganz normal ausgeführter Job reichen. Lehrer, die im Grundschulbereich 10 Minuten für Hausaufaufgabenkontrolle einplanen zum Beispiel. Bei meiner Ältesten war das laut Lehrerin nicht möglich, da 24 Schüler. Nach dem Wechsel auf das Gymnasium gab es mehrere Elternabende dazu, dass noch nie eine Klasse geschlossen dermaßen die Hausaufgaben verweigert hatte - klar, zwei Jahre lang das Wissen „kontrolliert ja eh keiner“ hatte Früchte getragen.
Oder Lehrkräfte, die den Unterricht pünktlich beginnen und nicht erst an der Schule ankommen, wenn es schon geläutet hat.
Oder Lehrkräfte, die ihren Stoff sinnvoll planen und nicht versehentlich mal vier Wochen lang herumtrödeln und dann erst aufwachen.
Oder Lehrkräfte, die weniger als 4 Wochen für die Korrektur von Klassenarbeiten (nicht Aufsätze) brauchen.
Lauter Dinge eben, die in jedem Beruf unterster Standard sind - es gibt zu viele Lehrer, bei denen das nicht gegeben ist !
Und wenn wir mal von diesem Status quo ausgehen und dann
fragen, wie viele Lehrer in einem typischen Kollegium darüber
hinaus zusätzliche Leistungen erbringen, für die sie keinen
Pfennig mehr Gehalt sehen, dann wird man die
Leistungsbereitschaft des Lehrers ganz anders einschätzen
müssen.
Wenn nachvollziehbar ist, dass es zusätzliche Leistungen sind, würde dies auch anerkannt. Leider haben sich wohl einige Lehrer schon so an ihren indirekten Halbtagsjob gewöhnt, dass sie gar nicht bedenken, dass manches ihrer Meinung nach zusätzliches Engagement bei genauer Zeiterfassung sehr wohl in ihrer Soll-Arbeitszeit liegt.
Nochmal - ich kenne mehrere (!!!) solcher Lehrer, ich möchte nicht pauschalieren, aber es gibt sie !
Und es ist eine Binsenweisheit, dass der Lehrer viel Arbeit
verrichtet, von der niemand sonst etwas weiß.
Einverstanden. Das ist in meinem Beruf übrigens auch so. Es liegt mit an den Lehrern, dies den Eltern zu vermitteln, aber bitte nicht im Jammerton. So wie mir mal eine Lehrerin vorheulte „Sie haben ja nur 3 Kinder, ich aber 24!“. Privat hatte sie ein erwachsenes „Kind“, sie konnte ihre „24 Kinder“ morgens angezogen und gefüttert *g* in Empfang nehmen und um 12.45 Uhr entlassen - bei meinen „nur“ 3 Kindern war noch ein Windelträger dabei, und mein Dienst als Eltern endet jahrelang nicht
Um nur ein
einziges Beispiel zu nennen: Vor ein paar Jahren wurden bei
uns die Bildungspläne abgeschafft und durch
„Bildungsstandards“ ersetzt. Die Schulen sollten sich selbst
ihr eigenes „Schulcurriculum“ geben. In der Öffentlichkeit
klang das hervorragend. Die alten Strukturen wurden
aufgebrochen. Man gab den Schulen viel mehr Flexibilität.
Pah ! Es ist völlig off topic, aber wenn ich nur „Bildungsstandard“ höre, womöglich noch G8 in B-W (meine Tochter ist im ersten G8-Jahrgang sozusagen Versuchkaninchen…), wird mir schlecht !!! Das ist ein unsägliches Thema, da kann man sich nur aufregen !
Zeit und Nerven, die dafür geopfert wurden, haben nicht im
Geringsten zu einer Verbesserung unseres Schulsystems geführt.
Stimmt leider absolut.
Und noch ein Wort zu den Ferien, auf die ein Lehrer angeblich
so scharf ist: Ich glaube, dass die meisten Lehrer gerne dazu
bereit wären, auf ein bis zwei Wochen Ferien zu verzichten,
wenn
- das Engagement angemessen gewürdigt würde (ich meine nicht
einmal finanziell).
- das Deputat angemessen wäre.
- das Ministerium seine Hausaufgaben machen würde.
- die Schulen in Ruhe arbeiten könnten und nicht durch
ständige Scheinreformen durcheinander gebracht werden würden.
- die Klassen kleiner wären (Wichtigster Punkt!)
Das sind überwiegend politische Forderungen, die ich grundsätzlich unterstütze. Leider sehe ich momentan sehr schwarz. Reformen, auch noch so unsinnige, zieren doch die Politiker *kotz*, kleinere Klassen können (wollen) wir uns doch nicht leisten, lieber legen wir Klassen zusammen, verkaufen das als neueste pädagogische Errungenschaft und SPAREN mal wieder an der Bildung. Und da es immer weniger Kinder gibt, Eltern zum Thema Schule aus nachvollziehbaren Gründen zurückhaltend sind, wird das auch nicht besser werden . Ich rechne lieber nicht aus, wie viele Schuljahre insgesamt in unserer Familie noch anstehen
Ganz off topic: Ich finde den Austausch in diesem Brett zwar immer sehr spannend, aber leider, leider werden genau DIE Lehrer, die die Kritik betrifft, hier sicher nicht mitlesen.
Trotzdem schönes Wochenende,
Inselchen
Michael