Hallo again Karin,
zunächst mal grundätzlich (passt eher zu Deinem letzten Post):
Ich habe nichts gegen Dich, aber als Schwester zweier Blinder
aber nicht taubblinder.
und mehrfachbehinderter Menschen (sind nicht meine einzigen
Geschwister)
Das ist sicherlich nicht einfach und lässt auch dich die Dinge differenzierter betrachten als Menschen, die damit keine Berührungspunkte haben! Dass du mir diese differenzierte Sichtweise und das Gefühl und Ansichten gegenüber Menschen mit Behinderung absprechen möchtest, kann ich allerdings nur schwer nachvollziehen und definitiv auch nicht annehmen.
kann ich Deine Schwarzseherei gegenüber
Behinderten nicht nachvollziehen.
Vielleicht hast du ja nicht alles von mir gelesen, aber diese „Behauptung“ erachte ich als sehr überzogen. Ich zitiere mich mal selbst, und frage dich, was daran schwarzseherisch sein soll. Im Gegenteil, ich hoffte eigentlich ausdrücken zu können, dass das Leben mit multiplen Behinderungen evtl. nur aus unserer Sicht „unwürdig“ oder „nicht lebenswert“ ist!
Ich habe gesehen, wie schwerst körperlich und geistig Behinderte sich
freuen und jauchzen können. Sie leben in ihrer eigenen kleinen Welt. :Ich kam zu dem Entschluss, dass ich nicht beurteilen kann, ob dieses :Leben für sie nicht lebenswert ist.
Sie spüren, dass da Wesen, sprich andere Menschen sind, die sie :berühren, mit ihnen sprechen, sie versorgen und dass sie nicht :alleine sind. Für einen gesunden Menschen ist dies sicherlich nicht :genug, aber wissen wir, oder dürfen wir aus unserer Sicht :entscheiden, wie das für den anderen, für diese Menschen ist?
Auch in der Physik musste man schon häufig feststellen, dass es Dinge :gibt, die unserer Vorstellungskraft schwer zugänglich sind.
Die meisten finden sich wohl mit ihrer Situation ab. Daran sieht man, :wie sehr der Mensch wohl an seinem Leben hängt, und wie leidensfähig :einige sind.
Das dumme an dem Ganzen ist nämlich, dass es auch schon kleine Wunder :gab, die das schier Unmögliche möglich machten.
Vor längerer Zeit sah ich einen Bericht über eine Komapatientin nicht Wachkoma), die nach, lass mich Lügen, ca. 8 Jahren? wieder aus :dem Koma .erwachte. Sie benötigte Therapien, ist heute aber wieder :voll lebensfähig und führt :ein „normales“ Leben.
Was an diesen zahlreichen Aussagen von mir ist denn so sehr schwarzseherisch?
Der Mensch ist ein kommunikatives Wesen. Kommunizieren tun wir
hauptsächlich mit/durch Augen, Mund und Ohren.
und können es lernen, anders zu kommunizieren.
Vollkommen richtig!!
Ohne Sehen, Hören, Sprechen bist du komplett von deiner Umwelt
abgeschirmt. Der Tastsinn ist zwar vorhanden, aber ohne die
anderen Sinne kannst du diese Reize nicht zuordnen. Hinzu
kommt, dass du ohne diese Sinne keine umfangreichen „normalen“
Erfahrungen sammeln kannst.
Hier habe ich mich wirklich undifferenziert ausgedrückt, indem ich immer von angeborenen Behinderungen ausging. In meiner Grundaussage sehe ich aber keinen Fehler.
Zudem habe ich damit ja nicht behauptet, dass eine Kompensation oder Verbesserung der Situation grundsätzlich nicht möglich ist. Wieso auch, schließlich habe ich ja einen Beruf erlernt, der mir genau das beibrachte. Vielleicht hörst du aus eigener Betroffenheit nur bestimmte Aussagen heraus?
Selbstverständlich hat jede Behinderung zahlreiche Facetten und durch frühzeitige Therapie kann man sehr viel kompensieren. Jemand, der schon Erfahrungen sammeln konnte hat andere Voraussetzungen als jemand der noch nie etwas gehört oder gesehen hat.
Glaube ich in diesem Verdikt nicht. Die von mir schon erwähnte
Helen Keller erblindete und ertaubte mit 19 Monaten. Dennoch
konnte sie nach allen Berichten zu urteilen ein erfülltes
Leben führen.
Siehe meine obige Bemerkung mit den Wundern, die das schier Unmögliche möglich machten
Dies wirkt sich auch auf die Entwicklung deiner Motorik aus.
Als ehemals gelernte Ergotherapeutin (und Sohn mit minimaler
„Hirnschädigung“ hier: cerebrale Bewegungs- und
koordinationsstörung) ahne ich nur zu gut, was in einem
solchen Fall durch Training, Stimulation & Co. erreicht werden
kann, aber ich kenne auch die bitteren Grenzen.
Nun ja, Du kennst die Grenzen Deines Sohnes und Deiner
Patienten. Ich kenne die Grenzen meiner Geschwister, und so
geringwertig möchte ich die Leistungen und das Lebensgefühl
derselben nicht bewerten.
Hast du das Gefühl oder irgendwelche Anzeichen in meinen Äußerungen entdeckt, die darauf schließen lassen, dass ich das Lebensgefühl der Behinderten geringwertig, bzw. überhaupt bewerte? Dann nenne mir bitte ein Beispiel!
Deine Bemerkung finde ich echt ein starkes Stück. Kann ja sein, dass ich mich irre, aber du setzt dies in direkten Zusammenhang mit mir, daher lese ich heraus, dass du mir unterstellst ich hätte jemandes Leistungen und Lebensgefühl als geringwertig bewertet.
Eher im Gegenteil. Außerdem muss ich auch hier wieder differenzieren, um weiteren Missverständnissen vorzubeugen. Zw. Blindheit und Taubblindheit besteht ein gravierender Unterscheid, aber das muss ich dir ja nicht erzählen. Auch entscheidend ist der Zeitpunkt, zu welchem die Behinderung eintritt.
Meine Erfahrungen lehrten mich, Behinderungen und das Empfinden selbst von Schwerstbehinderten eben nicht nach unseren Maßstäben zu betrachten. Siehe auch hier meine obigen Äußerungen.
Ich denke ich habe mir nichts vorzuwerfen. Wenn du doch etwas heraus liest, das dich ärgert, oder worin du Menschen mit Behinderungen durch mich „beleidigt“ oder sonstwas siehst, so bedauere ich dies, denn so denke und fühle ich nicht. Bedenke auch, dass ich einen Erstberuf wählte, der genau diese Menschen fördern soll.
Das einzige, das du aufnimmst, ist das Spüren von etwas
Unbekanntem auf deiner Haut. Du kannst hart, weich, warm, kalt
etc. spüren und differenzieren. Und das wars dann auch schon
so ziemlich. Du findest deinen Mund und kannst einige
angelernte Handlungen vollziehen, deren „Sinn“ und Wirkung dir
aber größtenteils verschlossen bleiben.
Hm, da habe ich aber anderes Über besagte Helen Keller
gelesen. Sag mal, kennst Du die wirklich nicht? Kann ich mir
gar nicht vorstellen, dass bei Deiner Ausbildung nichts
darüber erwähnt wurde.
Nein ich kannte dieses Beispiel nicht, und ich kann nicht beschwören, ob es in der Ausbildung erwähnt wurde oder nicht. Meine Ausbildung ging von 1983-1986, ist also ne Weile her. Ich habe aber inzwischen gegoogelt und mich schlau gemacht. Sehr beeindruckend, vor allem für diese Zeit!
Die Regel werden diese Fortschritte sehr wahrscheinlich dennoch nicht sein.
Und jetzt betreibe ich vielleicht wirklich Schwarzseherei.
Schwarzseherei kontra falsche Hoffnungen schüren. Man muss immer den Einzelfall sehen. Beide Extreme sind daher nicht angebracht.
Ich habe auch schon daraus gelernt, dass ich erstens eine
Patientenverfügung getroffen habe, und zweitens meine Tochter
eine Kopie davon besitzt, damit niemand behaupten kann, sie
würde so eine Abschaltung von medizinischen Lebenskrücken,
wenn sie denn notwendig würde, aus Eigennutz verlangen.
Gruß, Karin
Ich denke mit solchen Patientenverfügungen sind wir bezüglich dieser ethisch/moralischen Frage ein großes Stück weiter gekommen und ich begrüße diese Möglichkeiten. Obschon ich mir nicht sicher bin, ob da Missbrauch völlig ausgeschlossen werden kann. (psychischer Druck durch Angehörige etc.) Allerdings kenne ich den genauen Ablauf für diese Patientenverfügungen nicht.
Auch Gruß Diphda