Was ist eine Theorie? (FAQ)

Hallo zusammen,

soweit ich das noch überblicke, haben wir bisher ein paar gute Punkte zusammen, um die Antwort zu konkretisieren:

ERSTENS

Es muss klar gestellt werden, dass der Begriff „Theorie“ im Alltag durchaus eine andere bedeutung hat als in den Naturwissenschaften, und dass es wichtig ist, bei der Diskussion um naturwissenschaftliche Sachverhalte den Begriff in seiner naturwissenschaftlichen Definition zu verwenden, um Missverständnisse zu vermeiden. Dabei kann man auf Michaels Vorschlag aufbauen:

Der Begriff „Theorie“ hat zwei Bedeutungsebenen, die man nicht verwechseln darf. In der Umgangssprache ist eine Theorie etwas abgehobenes, von der Praxis losgelöstes, unwirkliches, … Man sagt z. B.: „Theoretisch weiß ich wie es geht, aber in der Praxis kriege ich es nicht hin.“ In der Fachsprache muss aber die Theorie zwingend einen direkten Bezug zur Wirklichkeit haben. Hätte sie den nicht oder würde sie sich als fehlerhaft erweisen, dann müsste man sie verwerfen. Deshalb formulierte schon Kirchhoff: „Es gibt nichts praktischeres als eine gute Theorie.“

ZWEITENS

Es muss (allgemeinverständlich) erklärt werden, was die wissenschaftliche Definition ist. Hier finde ich die Antwort von Balázs am besten, der Gerhard Vollmer zitiert hat. Man kann das vielleicht sprachlich noch vereinfachen und um ein paar Punkte erweitern, zB:

Eine Theorie im Sinne der Naturwissenschaft ist ein System von logischen Zusammenhängen, welche Beobachtungen beschreiben. Sie muß dabei
* frei von Widersprüchen sein
* mit anderen anerkannten Theorien verträglich sein
* durch empirische Befunde testbar sein
* relevante Fakten erklären (voraussagen oder retroduzieren)
* einschlägige Probleme lösen

In den Naturwissenschaften ist es nicht von Bedeutung, ob eine Theorie im philosophischen Sinne richtig ist oder nicht. Sie ist *besser*,
* je weniger Annahmen sie treffen muss und je einfacher sie ist
* je mehr Beobachtungen sie beschreibt
* je richtiger und präziser ihre Vorhersagen sind
* je größer ihr Gültigkeitsbereich ist

Theorien werden entwickelt. Es muss immer geprüft werden, wie gut sie mit empirische Beobachtungen vereinbar sind. So können neue Beobachtungen dafür sorgen, dass Theorien verändert (verbessert) werden, oder dass sie durch eine andere, bessere Theorie ersetzt werden.

Es stellt sich nicht die Frage, ob eine Theorie bewiesen ist oder nicht. Es ist nicht das Ziel und es ist praktisch auch unmöglich, eine Thorie zu beweisen. Eine Theorie macht entweder korrekte Vorhersagen oder nicht. Je mehr korrekte Vorhersagen sie schon gemacht hat, desto sicherer sind wir uns, dass sie auch zukünftige Beobachtungen korrekt beschreibt (man sagt, die Theorie ist durch viele empirische Befunde gut gesichert). Macht man unter bestimmten Bedingungen Beobachtungen, welche mit der Theorie nicht gut vereinbar sind, muss die Theorie geändert/verbessert werden oder als für dise Bedingungen ungültig erklärt werden.

DRITTENS

könnte man für die Punkte der Definition konkrete Beispiele geben und

VIERTENS

könnte man Gegenbeispiel anführen und klarstellen, warum das keine Theorien im naturwissenschaftlichen Sinne sind. So wie deconstruct das zB. gemacht hat:

Demnach wäre z.B. die Vorstellung von einem Gott auch eine naturwissenschaftliche Theorie, schließlich kann ich jede Beobachtung mit „Gott hat das gemacht“ erklären. Das ist sie aber nicht. Deine Definition kann also so kaum stimmen, weil sie viele wesentliche Punkte die zu einer Theorie gehören gar nicht erfasst. (hier wäre anzugene, welche Punkte konkret und warum)

my2ct

VG
Jochen

Hallo,

Schön, dass Du hierher gefunden hast.

Ich bin und war des Öfteren hier. Wie da und dort. Ob und wo ich schreibe, mache ich an meinen Grenzen fest. Ist nun mal so.

so dass ich mich entschlossen
habe, dieses Thema ein für allemal zu klären

ähnlich wie:

Heute wissen wir es besser. Es gibt keine Gespenster.

?!

Schon alleine der Begriff „Theorie“, griechischen, oder lateinischen Ursprungs, den Übersetzungen, den Interpretationen, über Jahrhunderte hinweg, …

Ich kann deine erneuten Hoffnungen eines „ein für allemal“ nicht teilen. Absolut aussichtslos.

natürlich mit der freundlichen Mitarbeit aller interessierten
Forumsteilnehmer.

Es wird eine w-w-w-FAQ, lokal-demokratisch erfasst.

Hast du ernsthafte Gedanken, dass du nun „offiziell“ mit der von dir angeregten FAQ z.B. mir gegenüber argumentieren könntest? Ich befürchte leider ein wenig, ja. In diesem Forum, blockademäßig, wie du es bereits getan hast. Lasst es einfach sein, diese Kompromisslosigkeit. Die wenigen, die sich zu gewissen Themen in gewissen Brettern noch äußern, sind rar geworden.

Zum Thema „Was ist Theorie, wie könnte sie definiert werden“ mag ich mich nicht weiter äußern. Mit Ausnahme, dass du es konkret auf Naturwissenschaften bezogen hast. Hatte ich übersehen. Ansonsten ist es für mich pure Zeitverschwendung, Begriffserklärungen in der Tiefe zu definieren, für bestimmte Einsatzbereiche, dann damit zu argumentieren. Ob der oben oben beschriebenen Aussichtslosigkeit einer „allgemeingültigen“ Definition.

Keine Sorge. Im Parabrett tummle ich mich ohnehin eher selten.

Eigentlich schade. Du aus deiner Motivation (?!), ich aus meiner (Unverständnis?).

Franz

Hallo!

Wieso so gereizt?

Ich möchte niemanden mit dieser FAQ niederbügeln. Sie ist unabhängig von der jeweiligen Auseinandersetzung in der Sache. Aber es gibt nun einmal eine Verwendung des Begriffs „Theorie“ in der Naturwissenschaft, den man kennen muss, um über naturwissenschaftliche Theorien diskutieren zu können. Das hat auch nichts mit Dogmatismus vs. freie Meinung zu tun. Wenn man miteinander kommuniziert, ist es außerordentlich wichtig, dass beide Gesprächspartner unter den verwendeten Begriffen jeweils das gleiche verstehen.

Das „ein für alle mal“ war nicht als ein „Basta!“ gemeint, sondern nur in dem Sinne, dass man ab diesem Punkt nicht immer wieder das Rad von Neuem erfinden muss.

Nimm mal unsere kleine Auseinandersetzung über Theorien. Ich bat Dich, eine Theorie zu nennen, die - nachdem sie einmal verworfen wurde - wieder zum Leben erwachte. Aus Deiner Antwort darauf war klar abzulesen, dass Du „Theorie“ in einem anderen Sinne verwendest als ich. Ich verwende die Definition, wie sie in der Naturwissenschaft üblich ist und spreche demzufolge über naturwissenschaftliche Theorien. Wenn Du über etwas anderes sprichst, dann reden wir aneinander vorbei. Weil das abzusehen war, brach ich die Diskussion ab.

Ich finde es ja gut, dass Du versucht hast, Dich in diese Diskussion hier einzubringen. Leider hast Du die einen Definitionsvorschlag gegeben, der mehr auf „Modell“ als auf „Theorie“ passt.

Ich finde Diskussionen immer höchst spannend, die an den Grenzbereichen zwischen verschiedenen Disziplinen stattfinden. Da ich aufgrund meiner Ausbildung am ehesten aus dem Blickwinkel der Naturwissenschaft sprechen kann, ist es mir auch wichtig dass Menschen mich verstehen, die diesen Hintergrund nicht haben. Das wichtigste Fundament der Naturwissenschaft ist - noch lange vor allen Naturgesetzen und Modellen - ihre Methodik (und dazu gehört ganz zentral der Begriff der Theorie).

Wenn man über naturwissenschaftliche Erkenntnisse diskutiert, ohne ihre Methodik zu kennen, dann ist das so, als wollte man Schach spielen und man hätte Brett und Figuren, würde aber die Regeln nicht kennen. Das Beispiel lässt sich noch erweitern: Man kann unter Schachspielern trefflich darüber streiten, ob ein Zug gut oder schlecht ist. Man kann aber nicht darüber streiten, ob er regelgerecht oder regelwidrig ist. Wenn jemand den Naturwissenschaftlern Engstirnigkeit und Intoleranz vorwirft, dann meistens aus diesem Grund: Man kennt die Regeln des Spiels nicht und kann deswegen einen ungültigen Zug von einem gültigen Zug nicht unterscheiden.

Die nächste spannende Frage wäre die, warum die Naturwissenschaft (zurecht!) für sich auch noch in Anspruch nimmt, die gesamte beobachtbare Natur zu beschreiben, und zwar als einzige Methode. Aber das ist hier jetzt off-topic.

Michael

3 Like

Hallo,

Hast du ernsthafte Gedanken, dass du nun „offiziell“ mit der
von dir angeregten FAQ z.B. mir gegenüber argumentieren
könntest? Ich befürchte leider ein wenig, ja. In diesem Forum,
blockademäßig, wie du es bereits getan hast. Lasst es einfach
sein, diese Kompromisslosigkeit.

Wenn jeder seine eigene Definition von Begriffen hier verwendet, dann braucht man gar nicht mehr zu reden, weil ja nicht mal klar ist, über was man redet, wenn der eine von X redet und der andere von Y, obwohl beide den Begriff Z verwenden. Man muss sich deshalb auf eine Definition einigen. Alles andere ist sinnlos.

Und natürlich argumentiert man dann mit diesen Begriffen. Mit was sonst? Wenn du lieber heiße Luft austauschen willst, die nichtssagend ist - weil nicht definiert - dann ist das ehrlich gesagt dein Problem. Zu einem guten Diskussionspartner wird dich das aber eher nicht machen.

vg,
d.

2 Like

Hallo!

Ich kann deine erneuten Hoffnungen eines „ein für allemal“
nicht teilen. Absolut aussichtslos.

Warum denn so pessimistisch? Warte doch erst mal das Ergebnis ab.

…Ansonsten ist es für mich pure Zeitverschwendung,
Begriffserklärungen in der Tiefe zu definieren, für bestimmte
Einsatzbereiche, dann damit zu argumentieren. Ob der oben oben
beschriebenen Aussichtslosigkeit einer „allgemeingültigen“
Definition.

Ich kenne zwar euren genauen Disput nicht, aber ich finde es doch gut, wenn Begriffe exakt gegeneinander abgegrenzt werden. Nur so kann man sich eine klare Vorstellung über deren Anwendbarkeit im speziellen und allgemeinen erarbeiten.
Außerdem hilft dieses oft auch noch zu einem tieferen Verständnis des Begriffes.
Wir sind von der Gehirnstruktur nun mal zum Denken in Begriffen gezwungen. Es schadet doch nicht, sich auch darüber ein paar Gedanken zu machen.
Hoffe, dich etwas ermuntert zu haben, mit der Begrifflichkeit unserer Welt dich auseinanderzusetzen.

Grüße
Peter

Hallo Michael

Vielleicht kann man ja meinen ursprünglichen Text etwas
schärfer fassen. Hier mal ein Vorschlag.

1) Das Gegenteil von „Theorie“ ist nicht „Praxis“.

Meint Ihr nicht, dass eine Vertiefung der Kontrastbildung hilfreich währe?

Irgendwie so: Was is eine Theorie? Und was ist sie def. nicht?

Gruß

Balázs

Dritte Lesung
Hallo zusammen!

Nach den letzten Änderungen, die ich vorgenommen habe, gab es noch einige Änderungswünsche. Den Vorschlag von Balasz, schärfer zu kontrastieren, greife ich gerne auf. Der zweite Teil hat nun eine eigene (andere) Überschrift und die 6 „Missverständnisse“ wurden als (Anti-)Thesen formuliert. Außerdem habe ich die Qualitätskriterien für Theorien in den ersten Teil aufgenommen.

Ich finde, dass das nun eine runde Sache geworden ist und schicke Kubi eine Mail, damit er es in die FAQs einbinden kann.

Nochmal herzlichen Dank an alle, die mitgewirkt haben. Ich hoffe, dass ich niemanden übergangen habe und dass sich alle in diesem Ergebnis wiederfinden können.

Herzliche Grüße,
Euer Michael


Was ist eine Theorie?

Eine Theorie ist in der Naturwissenschaft ein Gedankengebäude, das einen definierten Teilbereich der Natur zu beschreiben versucht. Sie muss in sich widerspruchsfrei und innerhalb ihres Geltungsbereichs mit anderen Theorien verträglich sein.

Sie bedient sich in der Regel mathematischer Mittel. Sie stellt Regeln auf (so genannte Naturgesetze). Aufgrund dieser Regeln lassen sich Voraussagen machen, die sich durch Beobachtungen und Experimente überprüfen lassen. Stimmt eine Beobachtung mit den Voraussagen der Theorie nicht überein, dann muss die Theorie angepasst oder – falls dies nicht möglich ist – verworfen werden. Noch so viele experimentelle Bestätigungen der Theorie führen jedoch niemals zu einem endgültigen Beweis.

Eine Theorie ist dann eine gute Theorie, wenn sie präzise ist, wenn sie einen großen Geltungsbereich hat und wenn sie mit wenigen, möglichst einfachen Annahmen auskommt.

Wird eine alte Theorie durch eine neue ersetzt, dann muss die neue Theorie in diesem Sinne besser sein als die alt, und mindestens alle Aussagen der alten Theorie mit enthalten.

Was ist eine Theorie nicht?

  1. Eine Theorie ist nicht wirklichkeitsfern.
    Der Begriff „Theorie“ hat zwei Bedeutungsebenen, die man nicht verwechseln darf. In der Umgangssprache ist eine Theorie etwas abgehobenes, von der Praxis losgelöstes, unwirkliches, … Man sagt z. B.: „Theoretisch weiß ich wie es geht, aber in der Praxis kriege ich es nicht hin.“ In der Fachsprache muss aber die Theorie zwingend einen direkten Bezug zur Wirklichkeit haben. Hätte sie den nicht oder würde sie sich als fehlerhaft erweisen, dann müsste man sie verwerfen. Deshalb formulierte schon Kirchhoff: „Es gibt nichts praktischeres als eine gute Theorie.“

  2. Eine Theorie ist nicht ungewiss.
    Das Wort „Theorie“ sagt überhaupt nichts über die Gewissheit der Erkenntnis aus. Viele Menschen glauben, man sei sich nicht sicher, ob die Evolutionstheorie richtig sei, weil sie ja „nur eine Theorie“ sei. Tatsächlich wird in der Naturwissenschaft jedes Erklärungsmodell, das so funktioniert wie oben beschrieben, als Theorie bezeichnet, auch wenn es schon lange als quasi unumstößlich gilt (z. B. die spezielle Relativitätstheorie). Wenn ein Wissenschaftler sagt, dass eine Beobachtung „in der Theorie“ verstanden sei, so ist das nicht einschränkend gemeint, sondern bekräftigend, weil man sie dadurch in einen weiteren Zusammenhang stellen kann. Vorläufige Behauptungen, die noch als ungesichert gelten, werden nicht als Theorie, sondern als „Hypothese“ bezeichnet. Wurde eine Hypothese hinreichend oft empirisch bestätigt, kann sie selbst in den Rang einer Theorie erhoben werden.

  3. Eine Theorie ist nicht beweisbar.
    Dass eine bestimmte Theorie nicht bewiesen werden kann, ist jedoch
    kein Mangel dieser Theorie, sondern hängt zwingend mit der erkenntnistheoretischen Grundlage von Theorie zusammen. Es ist also ein Wesenszug aller Theorien.

  4. Ene Theorie beantworter nicht die Frage nach dem „Warum?“.
    Theorien erklären nicht, sondern sie beschreiben. D. h. das Thema einer Theorie ist nicht der Urgrund eines Phänomens, sondern seine Eigenschaften und die Zusammenhänge zu anderen Phänomenen. z. B. stellt die Urknall-Theorie fest, dass sich das Universum seit einer Singularität an seinem Anfang fortwährend ausdehnt. Diese Singularität wird Urknall genannt. Warum es einen Urknall gegeben hat, beantwortet die Urknalltheorie jedoch nicht.

  5. Eine Theorie ist streng genommen weder wahr noch falsch.
    Ihre Qualität äußert sich darin, dass sie auf konkrete Probleme
    anwendbar ist und zutreffende Vorhersagen macht.

  6. Eine bewährte Theorie „stirbt“ nicht, wenn eine neue Theorie aufgestellt wird.
    Eine Theorie, die sich in einem bestimmten Bereich als zuverlässig erwiesen hat, verliert nicht automatisch ihre Gültigkeit, wenn neuere Beobachtungen außerhalb dieses Bereichs ihr zu widersprechen scheinen. Dadurch wird nur die Grenze des Gültigkeitsbereichs schärfer definiert. Bsp.: Die Newtonsche Mechanik wurde nicht falsch, als man die Quantenmechanik und die Relativitätstheorie aufstellte. Für makroskopische Körper und geringe Geschwindigkeiten gilt sie wie eh und je.

Noch ein paar Typos und Zeilenumbrüche korrigiert:

Was ist eine Theorie?

Eine Theorie ist in der Naturwissenschaft ein Gedankengebäude,
das einen definierten Teilbereich der Natur zu beschreiben
versucht. Sie muss in sich widerspruchsfrei und
innerhalb ihres Geltungsbereichs mit anderen Theorien
verträglich
sein.

Sie bedient sich in der Regel mathematischer Mittel. Sie
stellt Regeln auf (so genannte Naturgesetze). Aufgrund
dieser Regeln lassen sich Voraussagen machen, die sich
durch Beobachtungen und Experimente überprüfen lassen.
Stimmt eine Beobachtung mit den Voraussagen der Theorie nicht
überein, dann muss die Theorie angepasst oder – falls dies
nicht möglich ist – verworfen werden. Noch so viele
experimentelle Bestätigungen der Theorie führen jedoch niemals
zu einem endgültigen Beweis.

Eine Theorie ist dann eine gute Theorie, wenn sie präzise ist,
wenn sie einen großen Geltungsbereich hat und wenn sie mit
wenigen, möglichst einfachen Annahmen auskommt.

Wird eine alte Theorie durch eine neue ersetzt, dann muss die
neue Theorie in diesem Sinne besser sein als die alte, und
mindestens alle Aussagen der alten Theorie mit enthalten.

Was ist eine Theorie nicht?

  1. Eine Theorie ist nicht wirklichkeitsfern.
    Der Begriff „Theorie“ hat zwei Bedeutungsebenen, die man nicht
    verwechseln darf. In der Umgangssprache ist eine Theorie etwas
    abgehobenes, von der Praxis losgelöstes, unwirkliches, … Man
    sagt z. B.: „Theoretisch weiß ich wie es geht, aber in der
    Praxis kriege ich es nicht hin.“ In der Fachsprache muss aber
    die Theorie zwingend einen direkten Bezug zur Wirklichkeit
    haben. Hätte sie den nicht oder würde sie sich als fehlerhaft
    erweisen, dann müsste man sie verwerfen. Deshalb formulierte
    schon Kirchhoff: „Es gibt nichts praktischeres als eine gute
    Theorie.“

  2. Eine Theorie ist nicht ungewiss.
    Das Wort „Theorie“ sagt überhaupt nichts über die Gewissheit
    der Erkenntnis aus. Viele Menschen glauben, man sei sich nicht
    sicher, ob die Evolutionstheorie richtig sei, weil sie ja „nur
    eine Theorie“ sei. Tatsächlich wird in der Naturwissenschaft
    jedes Erklärungsmodell, das so funktioniert wie oben
    beschrieben, als Theorie bezeichnet, auch wenn es schon lange
    als quasi unumstößlich gilt (z. B. die spezielle
    Relativitätstheorie). Wenn ein Wissenschaftler sagt, dass eine
    Beobachtung „in der Theorie“ verstanden sei, so ist das nicht
    einschränkend gemeint, sondern bekräftigend, weil man sie
    dadurch in einen weiteren Zusammenhang stellen kann.
    Vorläufige Behauptungen, die noch als ungesichert gelten,
    werden nicht als Theorie, sondern als „Hypothese“
    bezeichnet. Wurde eine Hypothese hinreichend oft empirisch
    bestätigt, kann sie selbst in den Rang einer Theorie erhoben
    werden.

  3. Eine Theorie ist nicht beweisbar.
    Dass eine bestimmte Theorie nicht bewiesen werden kann, ist
    jedoch kein Mangel dieser Theorie, sondern hängt zwingend mit der
    erkenntnistheoretischen Grundlage von Theorie zusammen. Es ist
    also ein Wesenszug aller Theorien.

  4. Ene Theorie beantworter nicht die Frage nach dem
    „Warum?“.

    Theorien erklären nicht, sondern sie beschreiben. D. h. das
    Thema einer Theorie ist nicht der Urgrund eines Phänomens,
    sondern seine Eigenschaften und die Zusammenhänge zu anderen
    Phänomenen. z. B. stellt die Urknall-Theorie fest, dass sich
    das Universum seit einer Singularität an seinem Anfang
    fortwährend ausdehnt. Diese Singularität wird Urknall genannt.
    Warum es einen Urknall gegeben hat, beantwortet die
    Urknalltheorie jedoch nicht.

  5. Eine Theorie ist streng genommen weder wahr noch
    falsch.

    Ihre Qualität äußert sich darin, dass sie auf konkrete
    Probleme anwendbar ist und zutreffende Vorhersagen macht.

  6. Eine bewährte Theorie „stirbt“ nicht, wenn eine neue
    Theorie aufgestellt wird.
    Eine Theorie, die sich in einem bestimmten Bereich als
    zuverlässig erwiesen hat, verliert nicht automatisch ihre
    Gültigkeit, wenn neuere Beobachtungen außerhalb dieses
    Bereichs ihr zu widersprechen scheinen. Dadurch wird nur die
    Grenze des Gültigkeitsbereichs schärfer definiert. Bsp.: Die
    Newtonsche Mechanik wurde nicht falsch, als man die
    Quantenmechanik und die Relativitätstheorie aufstellte. Für
    makroskopische Körper und geringe Geschwindigkeiten gilt sie
    wie eh und je.

Hallo,

die ersten Entwürfe waren mir etwas langatmig, aber in der jetzigen Form gefällt es mir ganz gut!

Gruß
Moriarty

Also ich finds so gut. Alles wesentliche ist drin.

Moin,

und
schicke Kubi eine Mail, damit er es in die FAQs einbinden
kann.

kannst Du, aber es wird nichts nützen, weil bei den FAQ nur ich hier das Sagen haben :wink:
Aber ich war so frei
FAQ:3337

Gandalf

1 Like

Hallo Michael.

Erlaube mir noch paar Bemerkungen.

Ich finde, als Titel währe „Was ist eine naturwissenschaftliche Theorie?“ präziser.
Mit dieser Einschränkung könnte man klarstellen, dass hier der exakte Begriff absolute Wahrheit nicht uneingeschränkt gilt wie in der formalen Wissenschaften.
Das kompliziert natürlich die Sache und ich bin wirklich ratlos wie ich, dass kurz und bündig formulieren/erklären sollte. Bei mir hat es ziemlich lange gedauert bis ich selbst das kapiert/verdaut und vor allem akzeptiert habe.
Vielleicht mit einem Hinweis auf die Erkenntnistheorie, wonach alle synthetische Sätze letztendlich hypothetisch, nur analytische und diese auch nicht alle, streng beweisbar sind. Die Wahrheit hat sich allgemein als ein stärkerer Begriff als der Beweis erwiesen (Gödel). In der Naturwissenschaften konvergieren die Theorien aber klar erkennbar in eine Richtung, die nähern sich an die Wahrheit.
Erschwerend kommt noch dazu das unsere Denkapparat nur für mesokosmische Dimensionen geeicht ist. Die verschiedene Erkenntnisstufen könnten dieses Grundproblem verdeutlichen.

Wahrnehmung: unbewusst, unkritisch.

Erfahrung: bewusst, unkritisch.

Theorie: bewusst, kritisch.

Nur in der Theoriebildung sind wir relativ frei.
Als entspannendes Schlusswort würde ich vorschlagen: Mangels endgültige, gesicherte Wahrheit in der Naturwissenschaften haben wir zur Zeit leider nicht besseres zur Hand als eine gut funktionierende Theorie. Nutzen wir sie:smile:)

Gruß

Balázs

Guten Morgen,

Wieso so gereizt?

Beim Nachlesen: Ja, kann so rüberkommen, ist aber völlig unbeabsichtigt.

Ich habe die FAQ in ihrer derzeitigen Fassung jetzt nochmal gelesen. Zwei Punkte möchte ich hier ansprechen (die auch von anderer Seite angesprochen wurden):

Gedankengebäude:
Ein Gebäude beschreibt nicht. Ich würde weiter eher in Richtung „Eine Theorie umfasst in der Naturwissenschaft eine Sammlung von Gedankenmodellen (alternativ: Erklärungsmodelle oder Denkansätze), die einen definierten Teilbereich der Natur zu beschreiben versuchen“ tendieren. Modell deswegen, weil sie zum Zwecke des Abbilds und Beschreibung von Beobachtungen etc. dienen und Bestandteil von Theorien sind.

Sie stellt Regeln auf (so genannte Naturgesetze).
M.E. versucht Theorie Gesetzmäßigkeiten von Beobachtungen etc. zu erkennen, zu erfassen. Und formuliert diese anschließend z.B. mittels Mathematik.
Keinesfalls stellt eine Theorie Regeln/Gesetzmäßigkeiten/Naturgesetze auf.

Mir ist bis heute nicht klar, weshalb du im Parabrett deine von mir kritisierte Aussage als Theorie bezeichnest. Wenn du es aber so machst, dann nehme ich
Wird eine alte Theorie durch eine neue ersetzt, dann muss die neue Theorie in diesem Sinne besser sein als die alt, und mindestens alle Aussagen der alten Theorie mit enthalten.
der FAQ als mein Argument auf. Du lebst Erkenntnis ist irreversibel!, ich möchte diese Erkenntnis aber nicht als auf ewig unwiderrufbar sehen. Darin unterscheiden wir uns.

Also, nix für ungut, die FAQ passt schon soweit im Brett Naturwissenschaften.

Franz

Hallo Franz,

deinen Einwurf am 04.11. in die Diskussion um des Kaisers Bart:

Eine Theorie ist ein Erklärungsmodell aufgrund und zur
Erklärung von Beobachtungen. Fertig.

finde ich zutreffend.

  1. Der erste Anlaß für diesen Definitions-Kraftakt sollte ja sein, daß es ein www-Mitdiskutant leid ist: “, immer wieder aufs Neue erklären zu müssen, was eine naturwissenschaftliche Theorie ist (und vor allem was sie nicht ist)“.
    Normalerweise wird bei derartigen „Theorie“-Definitionsproblemen auf google verwiesen etwa so: gebe doch bitteschön: „define: theorie“ ein.

  2. Als Antwort auf dein Posting erfährt die Gemeinde nun von Michael Bauer am 5.11.2010 einen weiteren Grund für dieses basisdemokratische Bemühen:
    „Viel häufiger braucht man diesen Text bei der Argumentation gegen Kreationisten („Die Evolutionstheorie ist ‚nur‘ eine Theorie.“) und gegen Relativitätsgegner („Die Relativitätstheorie ist ‚nur‘ eine Theorie.“)“

Diese „nur“ Bewertung des Begriffs „Theorie“ bringt man mit der schönsten Definition nicht weg. Dieses „nur“ bleibt per definitionem, was man auch nach der „dritten Lesung“ erkennen kann:
– „Eine Theorie ist in der Naturwissenschaft ein Gedankengebäude, das einen definierten Teilbereich der Natur zu beschreiben versucht.“ Und weiter
– „Noch so viele experimentelle Bestätigungen der Theorie führen jedoch niemals zu einem endgültigen Beweis.“ Und als Wiederholung:
– „3) Eine Theorie ist nicht beweisbar.“

Der oben genannte Anspruch unter 2), daß man diesen Text bei der Argumentation gegen Kreationisten und Gegner der Relativitätsthorie brauche, ist vergebene Liebesmühe.

Einen Vorteil hatte die Diskussion, jetzt ist die Hackordnung zwischen den Moderatoren Kubi und Gandalf bekannt. Siehe das Posting Gandalf vom 06.11.: „ …, weil bei den FAQ nur ich hier das Sagen haben :wink:

Grüße

watergolf

Danke! (owt)
.

Hallo Franz,

Gedankengebäude:
Ein Gebäude beschreibt nicht.

„Gebäude“ ist hier ein Modell für die Struktur einer Theorie.
Diese Begriffszuordnung paßt wie jede andere auch - ein Vorrang von
Begriffszuordnungen,welche hier eingebracht wurden,kann ich nicht
erkennen.
Die Aspekte des Theoriebegriffs sind vielschichtig und es macht
keinen großen Sinn, da eine eigene oder neue „endgültige“
Definition dieses Begriffes kreieren zu wollen.
Man braucht z.Bsp. nur mal hier nachschauen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Theorie#Qualit.C3.A4tsk…
um zu verstehen, daß da kein großer Handlungsbedarf besteht, sich zu
profilieren.
Gruß VIKTOR

Hallo!

Gedankengebäude:
Ein Gebäude beschreibt nicht. Ich würde weiter eher in
Richtung „Eine Theorie umfasst in der Naturwissenschaft eine
Sammlung von Gedankenmodellen (alternativ: Erklärungsmodelle
oder Denkansätze), die einen definierten Teilbereich der Natur
zu beschreiben versuchen“ tendieren. Modell deswegen, weil sie
zum Zwecke des Abbilds und Beschreibung von Beobachtungen etc.
dienen und Bestandteil von Theorien sind.

Ich weiß, dass das Wort Gedankengebäude nicht jedem gefällt. Ich findes es auch komisch, habe aber kein besseres gefunden. Unter einem „Gebäude“ stelle ich mir ein Ding vor, dass aus vielen Einzelteilen in sinnvoller Art und Weise zusammengefügt ist. Man hätte es auch „Konstruktion“ nennen können, wobei es das Wort „Gedankenkonstruktion“ meines Wissens nicht gibt. Es ist mehr als eine „Sammlung“ (denn diese legt ja nicht notwendigerweise Wert auf einen guten Zusammenhalt). Den Modellbegriff habe ich in der Definition vermieden, weil sonst die Theorie über einen anderen Fachterminus definiert werden würde. Dann müsste man erst noch definieren, was ein Modell ist und hat die Schwierigkeit nicht beseitigt, sondern nur verlagert.

Letztendlich ist es aber nur ein Wort und bei weitem nicht das wichtigste.

Sie stellt Regeln auf (so genannte Naturgesetze).
M.E. versucht Theorie Gesetzmäßigkeiten von Beobachtungen etc.
zu erkennen, zu erfassen. Und formuliert diese anschließend
z.B. mittels Mathematik.
Keinesfalls stellt eine Theorie
Regeln/Gesetzmäßigkeiten/Naturgesetze auf.

Tja, das ist - wie ich an anderer Stelle schon sagte - eine schwierige philosophische Frage. Nehmen wir mal eine Messreihe zum Ohmschen Gesetz:

U in V | 0 10 21 33
I in A | 0 1 2 3
-------------+----------------------------
R = U/I in Ω | - 10 10,5 11

Daraus kann man ableiten, dass R = const. ist. Ist das die Realität? Wäre es nicht richtiger zu sagen, dass R ≠ const.? Schließlich scheinen die Werte ja zuzunehmen? Oder sind nicht vielmehr die hier einzeln aufgelisteten Werte die Realität und jede Formel, die wir zur Beschreibung verwenden eine Extrapolation des Menschen?

Ich glaube, beide Standpunkte haben ihre Berechtigung:
a) Es gibt Naturgesetze und der Mensch versucht sie zu erraten.
b) Der Mensch schafft Naturgesetze, indem er Beobachtungen in mathematischen Formeln fasst.

Aber für die tatsächliche Arbeit ist es unerheblich, welcher der beiden Standpunkte der richtige ist.

Mir ist bis heute nicht klar, weshalb du im Parabrett deine
von mir kritisierte Aussage als Theorie bezeichnest.

Auch wenn es hier offtopic ist: Das bezog sich nicht auf eine Aussage von Dir sondern von mir. Ich sagte, Gespenster kann es nicht geben, weil sie sämtlichen Naturgesetzen (und damit Theorien) widersprechen. Daraufhin sagtest Du (sinngemäß), dass wir in ein paar Jahrhunderten vielleicht auf unsere Zeit zurückblicken und feststellen, dass unser heutiges Weltbild unzureichend war und dass wir dann vielleicht glauben, dass es Geister doch gibt. Dem habe ich entgegnet, dass einmal erworbenes Wissen durch besseres Wissen nicht falsch wird.

Das meinte ich genau in diesem Sinne:

Wird eine alte Theorie durch eine neue ersetzt, dann muss
die neue Theorie in diesem Sinne besser sein als die alte, und
mindestens alle Aussagen der alten Theorie mit enthalten.

Du lebst Erkenntnis ist
irreversibel!
, ich möchte diese Erkenntnis aber nicht als
auf ewig unwiderrufbar sehen. Darin unterscheiden wir uns.

Das mag sein. Ich hatte Dich gebeten ein Gegenbeispiel für diese Irreversibilität zu nennen. Dazu hast Du Dich nicht geäußert. Deswegen halte ich daran fest.

Ich halte diese Aussage übrigens für wichtig. Viele Esoteriker möchten uns glauben lassen, dass die Druiden, Hexen und Schamanen im Mittelalter über viele Dinge bescheid wussten, die heute längst in Vergessenheit geraten seien. Ich glaube aber, dass wir heute über diese Welt mehr, besser und präziser bescheid wissen, als jede Generation vor uns.

Michael

2 Like

Moin,

Ich finde, als Titel währe „Was ist eine
naturwissenschaftliche Theorie?“ präziser.

ich war so frei, die FAQ in etwa so zu betiteln (FAQ:3337)

Gandalf

Hallo,

Gedankengebäude:
Ein Gebäude beschreibt nicht.

„Gebäude“ ist hier ein Modell für die Struktur einer Theorie.

Oh, jetzt wird es schwierig. Ich schlage den Begriff Modell von Haus aus vor, Michael scheut ihn wie der Teufel das Weihwasser :smile:

Neben meiner inhaltlichen Kritik könnte man gewisse sprachliche Konventionen durchaus einhalten:
Eine Theorie ist in der Naturwissenschaft ein Gedanken gebäude , das einen definierten Teilbereich der Natur zu beschreiben versucht.
Das geht nun wirklich nicht (ein Fall für das Deutschbrett).

Man braucht z.Bsp. nur mal hier nachschauen:
http://de.wikipedia.org/wiki/Theorie#Qualit.C3.A4tsk…
um zu verstehen, daß da kein großer Handlungsbedarf besteht,
sich zu profilieren.

Ich denke, keiner hier hat die Absicht sich in irgendeiner Form zu profilieren, …

wobei ich Michael deutlich Respekt zolle, dass er sich soviel Mühe für w-w-w gemacht und eine insgesamt gute FAQ kreiert hat. Insofern hat er sich für mich durchaus profiliert. POSITIV.

Franz

Mittlerweile nur OT, dennoch…
Hallo,

Wenn jeder seine eigene Definition von Begriffen hier
verwendet, dann braucht man gar nicht mehr zu reden, weil ja
nicht mal klar ist, über was man redet, wenn der eine von X
redet und der andere von Y, obwohl beide den Begriff Z
verwenden.

Ich kam mit Hintergedanken aus dem Parabrett hier in die Diskussion. Auch wenn ich gegenüber der neuen FAQ für dieses Brett keine größeren Einwendungen habe, im Parabrett ist eine Diskussion über „Theoriebegriffsdefinition“ für mich mehr oder weniger tabu.

Man muss sich deshalb auf eine Definition
einigen. Alles andere ist sinnlos.

Schon, aber wessen Definition, wessen Spielregeln? Wenn ich z.B. in Verhandlungsgespräche gehe, ist mir bewusst, dass zuerst verschiedene Spielregeln sich gegenüber stehen. Weshalb sollte es im Parabrett anders sein?

Wenn du lieber heiße Luft austauschen willst, die
nichtssagend ist - weil nicht definiert - dann ist das ehrlich
gesagt dein Problem.

Völlig falsch. Ich habe lediglich andere Spielregeln. Ich definiere sie ebenso wie andere die ihrigen. Für dich heiße Luft, für mich nicht.

Zu einem guten Diskussionspartner wird
dich das aber eher nicht machen.

Für dich? Möglicherweise. Sofern du auf deine Spielregeln kompromisslos beharrst, wird es zwangsläufig so sein.

Franz