Moin Hardy,
ich hatte ja gehofft, Raed würde dir aus erster Hand erzählen,
was Palästinenser inzwischen von Hamas halten, darum hatte ich
mich in diesem Strang zurückgehalten. Er hat das inzwischen
viel glaubhafter geschildert, als ich das je könnte,
Ich bewundere ja euren Optimismus. Wäre es wirklich so, wie ihr es euch vorstellt, bräuchte man ja nur gemütlich die nächsten palästinensischen Parlamentswahlen abwarten und alles wäre gut. Ich befürchte, so einfach wird es dann doch nicht. Aber ich wuder mich ja auch immer, dass Partei xy, die sich jede Menge Skandale und Unfähigkeit leistet, auf welche die Leute schimpfen bis zum Abwinken, dann bei der nächsten Wahl doch wieder in der Regierungsverantwortung ist. „Glaubhaft“ wäre für mich in diesem Zusammenhang die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage.
Sie haben vor den
Wahlen versprochen, alles wird besser - das Gegenteil ist der
Fall.
Ich hab mich vor den Wahlen mit den Wahlprogrammen der größten Parteien beschäftigt. Ich konnte bei der Hamas keine Versprechen in Richtung „alles wird besser“ entdecken. Worauf konkret beziehst du also deine Aussage? Das einzige, was die Hamas versprochen hat, war eine zunehmende islamisierung der Gesellschaft, und das kann man auch ohne Gelder aus Europa vorantreiben. Vielleicht gelingt das in der derzeitigen Situation, wenn die Leute von Politik oder Pseudodemokratie frustriert sind, sogar noch besser, als wenn es allen gut geht und sie anderweitig Hoffnung schöpfen.
Dein Gegenargument, dass die Verschärfung der Lage durch die
Sanktionen von EU herrührt, stimmt bis zu einem gewissen
Punkt. Ich erinnere aber an das laute Tönen eines Herrn
Haniya, der sich rühmte auf solch schmutziges Geld gerne zu
verzichten und es problemlos durch saudisches und iranisches
ersetzen zu können.
Könnte er auch. Das, was die palästinenser an „Haushalt“ haben, wird in andern arabischen Ländern beim Kamelrennen verwettet. Die Summen sind lächerlich gering. Nur gibt es für die palästinensichen Gebiete weder einen freien Warenverkehr, noch einen freien Finanzmarkt. Da hocken nunmal die Israelis drauf, egal ob das Geld aus Steuereinnahmen, Europa oder irgend welchen arabischen Ländern kommt.
Und wie dir Raed schon mitteilte, die
Entwicklung war absehbar und die Hamas hat keine Idee und kein
Konzept, was in der jetzigen Situation zu tun sein könnte.
Ich befürchte, der Schein trügt. Die Hamas ist ziemlich rührig. Vielleicht ist dir die zunehmende Reisetätigkeit führender arabischer (und iranischer) Politiker in letzter Zeit entgangen. Leider erfährt man nicht allzuviel von dem, was da hinter den Kulissen gemurmelt wird. Aber früher oder später werden wir die Ergebnisse schon zu sehen bekommen.
Zudem gibt es ein einfaches Mittel für die Hamas die
internationale Ächtung zu durchbrechen. Es kostet sie zwei
Sätze: „Wir akzeptieren den Staat Israel.“ und „Wir verzichten
auf Gewalt.“.
Entschuldige Hardy, aber unter Zwang gemachte Aussagen gelten nicht mal bei irgend einem Gerichtsverfahren. Das ist doch eine Farce. Aber grundsätzlich hast du natürlicht recht, ich würde die Sätze: „Wir akzeptieren einen souveränen Staat Palästina“ und „Wir verzichten auf Gewalt“ auch gerne aus dem Mund von Olmert hören. Aber wir befinden uns nunmal nicht in einem Hollywoodmärchen.
Wie du sicherlich weißt, hat er mehrmals Neuwahlen angekündigt
und Hamas hat sich mit Händen und Füßen gewehrt, ja
gewaltsamen Widerstand dagegen angekündigt. Im übrigen durfte
Abbas bislang nicht, da das palästinensische Wahlgesetz einen
Mindestabstand von einem Jahr zwischen Parlamentswahl und
-auflösung vorschreibt.
Ich hab nen besseren Vorschlag. Die Israelis ernennen einfach ein paar Leute, die ihnen genehm sind, und wir erklären den Palästinensern, dass diese Sache mit der Demokratie dann doch nicht so ernst gemeint war.
Gruß
Marion