Hallo Kate,
Ich habe mich durchaus mit dem buddhistischen „Kanon“ (und was
so alles dazugehören kann, denn es ist kein geschlossener
Kanon) auseinandergesetzt, das heißt nicht, dass ich ihn
komplett auswendig kann.
das erwartet ja auch niemand. Aber wenn man derart apodiktische Urteile z.B. über die Aussagen einer Religion zu Frauen fällt, dann sollte man schon wissen, wie die Lehraussagen der betreffenden Religion zu dem Thema aussehen. Deine pauschalen Behauptungen
Wenn man sich insgesamt damit beschäftigt ist es aber schon sehr deutlich, dass eine Frau nur dann das Verwehen oder eines der Paradiese erlangen kann, sobald sie _keine_ Frau mehr ist.
und
Frauen sind Erlösungsfähig (zumindest im Mahayana), aber normalerweise nur dann, wenn sie eine männliche Wiedergeburt erlangen oder im Mahayana, die Frauengestalt ablegen.
hast Du mit keinem einzigen Zitat belegt. Nunja - das ist immer noch besser, als Zitate frech zu fälschen bzw. zu erfinden. Worauf also bitteschön soll sich eine solche angebliche Doktrin stützen?
Als Nicht-Buddhistin wüsste ich nicht, warum ich den gesamten
Buddhistischen Kanon auswendig kennen müsste.
Wenn ich mich als Nichtchrist dezidiert zu Fragen der christlichen Lehre äußere, muss ich auch nicht die gesamte Bibel auswendig kennen - die einschlägigen Stellen sollte ich aber schon mal vorher nachschlagen. Die beiden von mir angeführten Zitate sind auch nicht aus irgendwelchen dubiosen Ecken hervorgekramt - das aus dem Palikanon ist von besonderer Bedeutung, weil es dieses Sutra Fundament der Gründung des buddhistischen Nonnenordens ist. Das aus dem chinesischen Tripitaka wiederum stammt aus einem der bedeutendsten Mahayana-Sutren und wird gerade in Bezug auf die Frauenfrage immer wieder angeführt, weil es explizit die Haltung der für das Mahayana grundlegenden Prajñāpāramitā-Lehre wiedergibt.
Das längere Zitat, dass du hier eingestellt hast, liest sich
sehr interessant doch letztendlich geht es hier auch wieder
nur um eine Neutralisierung, jeder möglicherweise
wahrgenommene Aspekt der Überlegenheit ergibt sich aus dem
Fakt, dass die handelnde weibliche Erscheinung eine Devi ist.
Es geht hier überhaupt nicht um „Überlegenheit“, Du hast die Aussage des Zitates nicht verstanden. Es geht vielmehr darum, dass Geschlecht als Merkmal (svalakṣaṇa, „characteristic“ in McRaes Übersetzung) leer (Śūnya) ist, d.h. dass dem Merkmal Weiblichkeit (bzw. Geschlecht generell) als Akzidens keine Substanz mit einem Eigensein (svabhāva) korrespondiert.
Der Kontrast zum sog.„Hinayana“ ist da übrigens gar nicht so groß. Als Beispiel aus dem Palikanon ein kurzes Sutta, das Somā Sutta (Samyutta Nikaya 5.2):
_>>Sāvatthī ist der Schauplatz. Da nun kleidete sich die Bhikkhunī Somā zur Vormittagszeit an, nahm Almosenschale und Obergewand und ging, Almosen zu sammeln, nach Sāvatthī. Nachdem sie in Sāvatthī ihren Almosengang beendigt hatte, begab sie sich nach der Mahlzeit, vom Almosengang zurückgekehrt, dorthin, wo sich der Andhawald befand, den Tag (dort) zu verbringen. Nachdem sie tief in den Andhawald hinein gegangen, setzte sie sich am Fuße eines Baumes nieder, den Tag (dort) zu verbringen.
Da nun begab sich Māra, der Böse, in dem Wunsche, bei der Bhikkhunī Somā Angst, Zittern, Hautschaudern hervorzurufen und sie von der geistigen Sammlung abzubringen, dorthin, wo sich die Bhikkhunī Somā befand. Nachdem er sich dorthin begeben hatte, redete er die Bhikkhunī Somā mit der Strophe an:
„Die da von den Weisen erreicht werden kann, die schwer zu erlangende Stätte,
Sie kann nimmer von einem Weib mit seinem Zweifingerverstand erreicht werden.“
Da nun kam der Bhikkhunī Somā dieser Gedanke: „Was für ein Mensch oder Nichtmensch spricht denn da die Strophe?“ Da nun kam der Bhikkhunī Somā dieser Gedanke: „Māra, der Böse ist es, der in dem Wunsche, bei mir Angst, Zittern, Hautschaudern hervorzurufen und mich von der geistigen Sammlung abzubringen, die Strophe spricht.“ Da nun wußte die Bhikkhunī Somā, daß das Māra, der Böse, sei, und redete Māra, den Bösen, mit den Strophen an:
„Was sollte das Weibsein bedeuten, wenn das Denken gut gesammelt ist,
Wenn das Wissen vorhanden ist bei einem, der die höchste Wahrheit schaut?
Wer daran denkt: bin ich eine Frau oder bin ich ein Mann,
Oder bin ich überhaupt etwas? - zu dem darf Māra sprechen.“
Da merkte Māra, der Böse: es kennt mich die Bhikkhunī Somā, und verschwand auf der Stelle leidvoll und betrübt.
Rein wissenschaftlich kann man natürlich zwischen Textreligion
und gelebter Religion unterscheiden, die Frage ist, wieviel
Sinn macht das?
Spricht jemand den heutigen Christen ihr Christsein ab weil
sie Shrimps essen oder Kleidung aus gemischter Faser tragen?
Es ist religionswissenschaftlich wenig sinnvoll (wenn auch anscheinend derzeit in Mode), sich auf deskriptive Methoden zu beschränken und hermeneutische Ansätze souverän zu meiden. Da kommt man dann leicht zu ‚Forschungergebnissen‘ in der Art, dass das katholische Christentum eine polytheistische Religion mit einer Göttertriade (Vater, Sohn und Mutter) an der Spitze ist, die rituell in einem Akt symbolischen Kannibalismus verehrt wird. Dazu kommt dann eine Schar vergöttlichter, lokaler Heroen und Heroinnen, die mit Opfern bewogen werden, ihren Anbetern Schutz und Hilfe zu gewähren …
Es ist ziemlich Olcott aber auch leider typisch für
europäischen Buddhismus davon auszugehen, dass die ganzen
Asiaten die Buddhismus seit Jahrtausenden praktizieren
„eigentlich alles falsch“ machen.
Das ist Unsinn - Du tust gerade so, als würden alle asiatischen Buddhisten per se Frauen diskriminieren (und hätten das seit jeher getan). Die buddhistische Tradition kennt bedeutende Frauengestalten und auch männliche Lehrer haben ihrer Hochachtung für weibliche Praktizierende Ausdruck gegeben - beispielhaft sei hier nur Dōgen Kigen genannt, Gründer des japanischen Sōtō-Zen im 13. Jahrhundert.
Für den Buddhismus gilt das selbe wie für die anderen großen
Religionen: Klar kannst du sie problemlos mit heutigen
westlichen sozialen Idealen praktizieren indem du das, was
nicht passt, ausblendest.
Für den Buddhismus und „die anderen großen Religionen“ kann man ruhig den Begriff „Weltreligionen“ verwenden. Deren gemeinsames Merkmal ist, dass sie unabhängig von einem spezifischen kulturellen Substrat bzw. in Verbindung mit unterschiedlichen kulturellen Substraten ‚funktionieren‘. An der buddhistischen Doktrin gibt es da überhaupt nichts „auszublenden“. Man muss nur hinschauen, was tatsächlich Doktrin ist und was dem kulturellen Substrat geschuldet ist.
offenbar gibt es positive Aussagen wie die von
dir zitierte, aber die negativen Aussagen gibt es nun einmal
auch.
Die Frage ist da doch immer - gerade bei Widersprüchen - wer etwas sagt. Also - wie autoritativ sind denn solche Aussagen? Welches Gewicht hat da beispielsweise ein misogyner burmesischer Dorfbonze gegenüber einem Sutra? Gerade deswegen wäre es hilfreich, Du würdest diese „negativen Aussagen“ mit konkreten Zitaten belegen.
Was soll jetzt ein Laie tun, wenn die Informationen
widersprüchlich sind, wenn die Frau „erlösungsfähig“ ist, aber
gleichzeitig auch eine leicht zu verderbene und verderbende,
dem Mann gefährliche Kreatur?
Umgekehrt wird aber auch ein Schuh draus - Buddha sah das ganz paritätisch: http://www.palikanon.com/angutt/a07_045-050.html#a_v…
Davon malabgesehen - die buddhistischen Laien, die ich so kenne, haben nicht die geringsten Probleme, mit solchen ‚Widersprüchen‘ umzugehen. Nochmals - die Kernfrage dabei ist doch: Wer widerspricht da wem? Jeder Klerus - auch der buddhistische - hat seinen Prozentsatz an Idioten.
Gerade im europäischen Buddhismus wird versucht, einen neuen
„reinen“ Buddhismus vollkommen basierend auf Textreligion zu
erstellen…
Sorry - aber solche Klüngel, die einen „reinen“ oder „Urbuddhismus“ rekonstruieren wollten, sind schon im letzten Jahrhundert ausgestorben. Im europäischen (und amerikanischen) Buddhismus findet in unterschiedlichen Gemeinschaften eine Vielzahl von Inkulturationsprozessen statt, die sich vorrangig in dem Grad unterscheiden, in dem sie den ‚kulturellen Ballast‘ der asiatischen Herkunftsländer abwerfen bzw. Elemente des kulturellen Substrats inkorporieren. Ich kenne kaum eine Gruppe, die da nur mit „Texten“ welcher Art auch immer arbeitet - üblich ist vielmehr die Zusammenarbeit mit Lehrern gerade auch asiatischer Herkunft. Nicht nur männliche Lehrer, versteht sich - hier ein Beispiel. Um die Dame mal zu zitieren:
„When there is a talk about women and Buddhism, I have noticed that people often regard the topic as something new and different. They believe that women in Buddhism has become an important topic because we live in modern times and so many women are practicing the Dharma now. However, this is not the case. The female sangha has been here for centuries. We are not bringing something new into a twenty-five hundred-year-old tradition. The roots are there, and we are simply re-energizing them.“
Diese Lehrer und Lehrerinnen aus Asien sind dem „kulturellen Ballast“ oft weniger verhaftet als so mancher ihrer westlichen Schüler, der sich von exotischem Kolorit beeindrucken lässt.
Zur weiteren Beschäftigung mit der Materie: http://www.sakyadhita.org
Freundliche Grüße,
Ralf_