Hallo,
anders ist der Mangel an kultischer Motivik nicht erklärbar.
doch, recht simpel: Die Funde sind einfach unglaublich spärlich, schon alleine, weil keinerlei aus Holz. Leder, Pflanzenfasern und ähnlichen Materialen hergestellte Gegenstände die Zeit überdauert haben. Letztendlich stochern wir noch ziemlich im Nebel herum, und jeder neue Fund könnte ganze Weltbilder über den Haufen werfen.
Erste kultische Phalli
sowie gemalte Sexualakte tauchen erst im Neolithikum auf (ab
6000 vuZ).
Aus dem Schwabenland stammt ein Phallus, der bereits 28000 Jahre alt ist: http://news.bbc.co.uk/2/hi/science/nature/4713323.stm
Man geht daher in der feministisch orientierten
Religionswissenschaft davon aus, dass Vaterschaft erst durch
die Einführung der Viehzucht bekannt wurde und dass dies der
Initialfunke für den allmählich einsetzenden Anspruch des
Mannes auf Herrschaft über die Frau war. Diese Logik ist
nachvollziehbar und, aus obengenannten Gründen, auch ziemlich
alternativlos.
Nun, Ethnologen trauen vielleicht Jägern und Sammlern mehr Beobachtungsgabe zu als Religionswissenschaftler. ;o)
Daraus, dass heutige Sammler-Jäger-Populationen
die Vaterschaft kennen, kann man nicht auf deren Kenntnis in
der paläolithischen Zeit schließen. In den ca. 12.000 Jahren
seit Einführung der Viehzucht kann sich das Wissen über die
Vaterschaft nämlich locker bis in jeden Winkel der Erde
verbreitet haben.
Manche Winkel kamen bis zur Kolonialzeit nicht in Kontakt mit Ackerbaukulturen - Australien z.B., wo es durchaus Vaterschaftsvorstellungen gab, wenn auch keine rein biologischen. Selbst heute noch sind die Vorstellungen von Vaterschaft sehr uneinheitlich, auch bei den Ackerbau betreibenden Ethnien; die meisten Polyandrie praktizierenden Ethnien sind tatsächlich Ackerbaukulturen.
Um diese Zeit wurden die alten
matrifokalen Gemeinschaften von männlich dominierten
Kriegervölkern vernichtet bzw. gewaltsam in patriarchalische
Systeme umgewandelt.
Nun ja, es gibt auch bis zum heutigen Tag noch Kulturen mit mehr oder weniger stark ausgeprägter matriarchaler Ausrichtung, auch wenn sie natürlich deutlich in der Minderzahl sind.
Die in Wissenschaftskreisen
berühmte anatolische Siedlung Catal Hüyük (um etwa 7000 vuZ)
kannte schon den Ackerbau und die Viehzucht, war aber noch
eindeutig matrifokal und matrilinear organisiert (nachweisbar
u.a. durch Gen-Analysen der Gräberinhalte).
Meines Wissens handelt es sich dabei wie bei Göbekli Tepe „nur“ um eine Vorstufe zum Ackerbau, um eine Ansiedlung sesshafter Jäger und Sammler.
Dein Hinweis an anderer Stelle auf den Wert der weiblichen
Sammlertätigkeit kann durch Prozentzahlen ergänzt werden: Der
Anteil der Sammlerinnen am Erwirtschaften des
´Bruttosozialprodukts´ in Sammler-Jäger-Kulturen wird auf etwa
75 Prozent geschätzt.
Ja, das entspricht etwa der von mir irgendwo weiter oben genannten Schätzung von 80%.
Beste Grüße
=^…^=